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Das Liebeslied einer Frau auf Schusuena von Ur III 1 ist ein sumerisches Liebesgedicht das vermutlich vom Ende des 3 Jahrtausends v Chr datiert und in der angelsachsischen Literatur auch als Shu Suen B bekannt ist 2 Das Gedicht ist auf einer Tontafel mit Keilschrift uberliefert die nach dem Fundort Nippur als Ni 2461 oder nach dem Aufbewahrungsort im Archaologischen Museum Istanbul als Istanbul 2461 bezeichnet wird 3 Ni 2461Samuel Noah Kramer der den Text 1952 erstmals publizierte stellte das Gedicht in einem popularen Buch uber erstmalige Leistungen der sumerischen Kultur als erstes Liebeslied vor und als solches wird es auch im Archaologischen Museum Istanbul prasentiert Das Guinness Buch der Rekorde bezeichnete den Text als altestes Liebesgedicht der Welt Inhaltsverzeichnis 1 Fundgeschichte und Rezeption 2 Inhalt 3 Interpretation 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseFundgeschichte und Rezeption BearbeitenDie 10 7 cm 6 cm 3 1 cm grosse Tafel war eine unter mehreren tausend die Archaologen bei Ausgrabungen zwischen 1889 und 1900 in Nippur in Mesopotamien fanden 3 1951 wurde sie von Samuel Noah Kramer wahrend seiner Studienjahre im Istanbuler Museum publiziert und ubersetzt 4 In seinem 1956 erschienenen Buch History Begins in Sumer beschreibt Kramer ruckblickend wie er sich seinerzeit einen Uberblick uber die ungeordneten und ungesichteten Bestande des Museums zu verschaffen versuchte und dabei auf Tafel Nummer 2461 stiess Sein Buch tragt den Untertitel 39 erste Male in der Geschichte und so steht das in Kapitel 25 behandelte 1951 gefundene Gedicht fur das erste Liebeslied Dementsprechend benannte das Guinness Buch der Rekorde den Text als altestes Liebesgedicht der Welt 5 2006 wurde das Gedicht im Rahmen einer Werbekampagne einer US Firma zum Valentinstag einer grosseren Offentlichkeit bekannt gemacht In diesem Zusammenhang wurde das Tontafelchen im Archaologischen Museum Istanbul prominent prasentiert 4 Inhalt BearbeitenDas Gedicht besteht aus 29 Zeilen und ist ein Liebeslied in dem die Sprecherin ihre Sehnsucht und ihr Begehren ausdruckt das sich an Su Sin auch als Schusuena transkribiert richtet der um 2000 v Chr Konig von Ur war Die letzte Zeile die nicht Teil des Lieds ist lautet Es ist ein Balbale Lied von Inanna Inanna war die sumerische Gottin der Fruchtbarkeit Die Bedeutung von Balbale ist nicht klar moglicherweise bezeichnet Balbale eine sumerische Gedichtform Der Erhaltungszustand der Tafel ist relativ gut allerdings gibt es Fehlstellen an Versanfangen und enden wobei die Fehlstellen an den Versenden durch Entsprechungen in anderen Versen weitgehend erganzt werden konnen Die letzten beiden Zeilen 28 und 29 weisen erhebliche Fehlstellen auf und ihr Inhalt bleibt unklar Gefunden wurde die Tafel zusammen mit zwei weiteren Tafeln die zwei Balbalen ahnlichen Inhalts Shu Suen A und Shu Suen C uberliefern Kramer behandelt in History Begins in Sumer auch Shu Suen A das an Deutlichkeit Shu Suen B wohl ubertrifft aber noch mehr unklare Stellen aufweist Die beiden Gedichte unterscheiden sich dabei unter anderem durch die Hauptlinien der Metaphorik die im Fall von Shu Suen B um Honig und in Shu Suen A um Bier kreist 3 2 6 So heisst es in Shu Suen B Zeile 9 bis 14 in der Ubersetzung von Kramer 7 Bridegroom let me caress you My precious caress is more savory than honey In the bedchamber honey filled Let us enjoy your goodly beauty Lion let me caress you My precious caress is more savory than honey Vergleicht man damit die deutsche Ubersetzung der gleichen Stelle bei Romer und Hecker 1 so werden durch die inhaltlichen Unterschiede die Unsicherheiten der Interpretation derartiger altorientalischer Texte deutlich Mann susse Sachen will ich dir zubereiten mein Guter Teurer zu Honig will ich sie bringen Im Betthaus in dem man Honig hat tropfen lassen wollen wir uns an deinem Reize dem Sussen erfreuen Liebling susse Sachen will ich zubereiten mein Guter Teurer zu Honig will ich sie bringen Demgegenuber hat in Shu Suen A das sumerische Bier dessen Zubereitung Frauensache war die Rolle des Honigs in Shu Suen B 8 eine deutsche Ubersetzung liegt nicht vor My god of the wine maid sweet is her drink Like her drink sweet is her vulva sweet is her drink Like her lips sweet is her vulva sweet is her drink Sweet is her mixed drink her drink Liebesgedichte waren in der sumerischen Literatur keineswegs selten In einer Titelliste auf einer mesopotamischen Keilschrifttafel mit 400 Titeln hatten von den 275 noch entzifferbaren Titeln 55 Liebe und Sexualitat zum Gegenstand Und was fur die sumerische Literatur galt galt ebenso fur die anderen Literaturen des Alten Orients 3 Interpretation BearbeitenEs wird gemeinhin angenommen dass das Gedicht sich auf die heilige Hochzeit bezieht einen Ritus bei dem der Konig sich symbolisch der Gottin Inanna vermahlte sich mit ihr geschlechtlich vereinigte und derart Fruchtbarkeit und Wohlstand fur das kommende Jahr sichern wurde Eine Priesterin wurde Inanna verkorpern und der Konig wurde die Rolle Dumuzis spielen des Gottes der Hirten In seinem Buch History Begins in Sumer beschreibt Kramer die Feierlichkeiten der heiligen Hochzeit in uberraschendem Detail Es ist allerdings nicht gesichert dass das Gedicht tatsachlich als kultischer Text zu lesen ist Das weitgehende Fehlen von Bezugnahmen auf religiose Gegenstande spricht eher fur das Gegenteil abgesehen von der letzten Zeile in der das Gedicht als Balbale Inannas bezeichnet wird Thorkild Jacobsen zufolge erklare sich die Schlusszeile der ansonsten durchweg weltlichen Lieder als eine Widmung fur die Konigin die hier als Verkorperung Inannas zu sehen ist 9 Romer und Hecker 1 vermuten als Sprecherin die Priesterin Kubatum die in einem anderen Gedicht als Gemahlin Su Sins erscheint 10 Ahnliches gilt fur die als Hohelied Salomos bekannte Sammlung hebraischer Liebeslyrik Diese Gedichte sind Teil des Alten Testaments und waren durch ihre direkte Darstellung von Sexualitat und Begehren seit jeher fur judische und christliche Theologie gleichermassen problematisch weshalb man die Gedichte dahingehend interpretierte dass es nicht um Sexualitat gehe sondern metaphorisch ausschliesslich von spirituellen Dingen die Rede sei Shu Suen B bildet hier eine Parallele insofern auch hier nicht klar ist ob es sich um einen primar religiosen Text handelt oder beispielsweise um eine Art von Lied wie es bei Hochzeiten oder anderen Festen vorgetragen worden sein mag Diese Parallele ist der Grund dafur dass Shu Suen B in mehreren Werken uber biblische Archaologie erwahnt wird 2 3 Literatur BearbeitenBendt Alster Sumerian Love Songs In Revue d assyriologie et d archeologie orientale Band 79 1985 S 135 138 Samuel Noah Kramer Five New Sumerian Literary Texts In Belleten Band 16 1952 S 360 363 Samuel Noah Kramer History Begins at Sumer Thirty Nine Firsts in Recorded History 3 Auflage University of Pennsylvania Press Philadelphia 1981 ISBN 0 8122 1276 2 S 245 249 Samuel Noah Kramer The Sacred Marriage Rite Aspects of Faith Myth and Ritual in Ancient Sumer Indiana University Press Bloomington 1969 ISBN 0 253 35035 2 S 92 f Willem H Ph Romer Karl Hecker Lieder und Gebete I Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Hrsg von Otto Kaiser Bd II Lfg 5 Gutersloher Verlagshaus Gutersloh 1989 ISBN 978 3 641 21768 6 S 689 691 Yitschak Sefati Love Songs in Sumerian Literature Critical Edition of the Dumuzi Inanna Songs Dissertation Bar Ilan University Ramat Gan 1985 S 400 406 hebraisch Englische Ausgabe Bar Ilan University Press Ramat Gan 1998 ISBN 965 226 203 X S 353 359 Yitschak Sefati Sumerian Canonical Compositions A Divine Focus 6 Love Poems Dumuzi Inanna Songs 1 169 In William W Hallo Hrsg The Context of Scripture I Canonical Compositions from the Biblical World Brill Leiden New York Koln 1997 ISBN 90 04 13105 1 S 541 542 Thorkild Jacobsen The Harps that Once Sumerian Poetry in Translation Yale University Press New Haven London 1987 ISBN 0 300 03906 9 S 88 89 Weblinks BearbeitenA love song of Shu Suen Shu Suen B im Electronic Text Corpus of Sumerian Literature Ubersetzung transkribierter Text Bibliographie Einzelnachweise Bearbeiten a b c Willem H Ph Romer Karl Hecker Lieder und Gebete I Gutersloh 1989 S 689 691 a b c Tremper Longman III Peter Enns Dictionary of the Old Testament Wisdom Poetry amp Writings A Compendium of Contemporary Biblical Scholarship InterVarsity Press 2008 ISBN 978 0 8308 1783 2 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3DS 20756 GB 3DkE2k36XAkv4C IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3DPA756 doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D a b c d e Clyde E Fant Mitchell Glenn Reddish Lost Treasures of the Bible Understanding the Bible through Archaeological Artifacts in World Museums Eerdman Grand Rapids Mich 2008 ISBN 978 0 8028 2881 1 S 247 250 a b The Oldest Line in the World Artikel von Sebnem Arsu in The New York Times vom 14 Februar 2006 abgerufen am 1 Marz 2020 Oldest love poem Guinness World Records Read the oldest love poem in the world Artikel von Shane Croucher in der International Business Times vom 21 Marz 2017 abgerufen am 7 Marz 2020 Samuel Noah Kramer History Begins at Sumer 3 Auflage Philadelphia 1981 S 246 f Ubersetzung von Samuel Noah Kramer in History Begins at Sumer 3 Auflage Philadelphia 1981 S 248 Kramer ubersetzt drink also Trank In der Ubersetzung des Electronic Text Corpus of Sumerian Literature lautet die betreffende Stelle My the barmaid s beer is sweet Like her beer her genitals are sweet her beer is sweet Like her mouth her genitals are sweet her beer is sweet Her diluted beer her beer is sweet Vgl A love song of Shu Suen Shu Suen A translation abgerufen am 8 Marz 2020 Thorkild Jacobsen The Harps that Once Sumerian Poetry in Translation New Haven amp London 1987 S 87 SRT 23 in Bendt Alster Sumerian Love Songs In Revue d assyriologie et d archeologie orientale 79 1985 S 138 Vgl auch Samuel Noah Kramer The Sacred Marriage Rite Bloomington 1969 S 93 95 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liebeslied einer Frau auf Schusuena von Ur III amp oldid 230245005