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Die Lese und Redehalle der deutschen Studenten in Prag auch zu Prag kurz Halle Lesehalle war eine von 1848 bis 1939 bestehende Vereinigung liberaler deutschsprachiger Studenten in Prag die die nach der Universitatsbibliothek zweitgrosste Bibliothek der Stadt mit 80 000 Buchern besass Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Couleur 3 Bibliothek und Standort 4 Hallen an anderen Orten 5 Bekannte Mitglieder 6 Veroffentlichungen 7 Literatur 8 Einzelnachweise 9 WeblinksGeschichte BearbeitenDie Lese und Redehalle der deutschen Studenten in Prag wurde am 8 November 1848 dem Jahrestag der Schlacht am Weissen Berg gegrundet Treibende Kraft und offizieller Grunder war Hieronymus Roth Im November 1848 trat sie in Eger auf dem Kongress der deutschen Vertrauensmanner aus Bohmen erstmals offentlich in Erscheinung Der akademische Senat der Universitat Prag erkannte sie am 17 Januar 1849 offiziell als studentischen Zusammenschluss an Ihr konnten einzelne Studenten aber auch Studentenverbindungen korporativ angehoren Im letzten Viertel des 19 Jahrhunderts hatte die Halle mehr als 1 200 Mitglieder Die Halle bestand aus einem zwolfkopfigen Vorstand Ausschuss und zahlreichen Sektionen und Abteilungen Literatur Theater Bildende Kunst Naturwissenschaft Sprachen Medizin Stenographie Ab 1864 wurde ein Jahresbericht gedruckt Pfingsten 1873 feierte die Halle ihr 25 Stiftungsfest Beim Festakt waren alle farbentragenden Verbindungen Prags und zahlreiche auswartige Korporationen vertreten Im Zuge des wachsenden Antisemitismus ab den 1880er Jahren verliessen mehrere Mitglieder und Studentenverbindungen die Halle so die Burschenschaften Carolina Ghibellinia und Teutonia die keine Juden mehr aufnahmen Am 13 Mai 1892 wurde mit dem Lese und Redeverein der deutschen Hochschuler Germania ein Konkurrenzverein gegrundet der sich ganz an Georg von Schonerer orientierte Der daraus resultierende Ruckgang der Mitglieder der Halle veranlasste den Vorstand der Halle einen korporativeren Charakter zu geben mit Zirkel Wahlspruch und der Einfuhrung des Lebensbundprinzips Eine neue Fahne wurde 1898 beim 50 Stiftungsfest geweiht eine der Fahnenjungfern war Olly Schwarz 1905 entstand eine Altherrenschaft innerhalb der Halle nachdem bereits seit 1896 ein externer Altherrenverein bestanden hatte Doch nicht nur der Austritt der Antisemiten hatte einen Mitgliederruckgang zur Folge denn auch die sich in eigenen Studentenverbindungen sammelnden Juden gingen der Halle verloren So entstand in Prag 1908 die judische Studentenverbindung Judaea die sich ab 1911 Lese und Redehalle judischer Hochschuler nannte blau weiss goldene Nadeln trug und bis 1940 bestand Die katholischen Studenten die sich ab 1886 in eigenen Korporationen Ferdinandea Saxo Bavaria Vandalia organisierten grundeten am 20 Mai 1910 den Lese und Redeverband christlich deutscher Studenten Akademia wodurch der Halle weitere Mitglieder entgingen Die Fussball Sektion der Halle war am 7 November 1900 an der Grundung des Verbandes der Prager Deutschen Fussball Vereine beteiligt Im Wintersemester 1930 31 bestand die Halle aus 1 760 Mitgliedern In den 1930er Jahren geriet sie zunehmend unter Druck durch die Bewegung von Konrad Henlein und wurde schliesslich 1939 aufgelost Couleur BearbeitenDie Lese und Redehalle der deutschen Studenten in Prag hatte seit der Grundungsphase die Farben Schwarz Rot Gold die zeitweise in Form eines Couleurbandes bestickt mit der Jahreszahl 1848 1 getragen wurden Bibliothek und Standort BearbeitenUm 1850 umfasste die Bibliothek der Halle ungefahr 2 000 Bande Sie wurde am Grundungstag 1859 in Schillerbibliothek 1862 in Schiller Goethe Bibliothek umbenannt 1868 bestand sie aus 13 000 1870 aus 17 000 Titeln Ein 1930 gedruckter Katalog enthalt mehr als 80 000 Bande Sie war in den Vereinsraumen untergebracht die sich im Laufe der Zeit immer wieder anderten Anfangs befand sich der Sitz der Halle in der Hibernergasse Hybernska beim Pulverturm Prasna brana 1849 in der Karlsgasse Karlova beim Moldauufer und 1856 in der Dominikanergasse Husova Nach weiteren Zwischenquartieren wurden 1875 im Haus Nr 20 der Ferdinandstrasse Narodni trida zehn Raume angemietet 1889 verlegte man in das Haus Nr 12 1904 wurde ein eigenes Haus in der Krakauergasse Krakovska Nr 14 in der Prager Neustadt bezogen im Erdgeschoss und in der ersten Etage waren Vereinsraume mit Ausschuss und Lesezimmer Vortragssaal Fechtsaal untergebracht daruber Wohnungen Nebenan befanden sich die Mensa Academica sowie einige Studentenverbindungen Wegen hoher Erhaltungskosten musste das Haus 1912 veraussert werden neue Raumlichkeiten fand man im Deutschen Studentenheim in der Mariengasse Opletalova Nr 34 Nach der Auflosung 1939 konnte die Bibliothek durch Josef Becker vor der Vernichtung durch die Hitler Jugend gerettet werden Hallen an anderen Orten BearbeitenIn Wien entstanden am 14 Februar 1871 die Akademische Lesehalle 1872 der Leseverein der deutschen Studenten und am 15 Januar 1877 der Deutschosterreichische Leseverein der Wiener Hochschulen die aber eingingen oder in den 1880er Jahren verboten wurden 1894 entstand in Wien eine Deutsch akademische Lese und Redehalle die bis 1907 bestand und im selben Jahr als Lese und Redehalle der deutschen Studenten weitergefuhrt wurde Am 16 September 1894 wurde mit Unterstutzung der Kadimah die Judische Akademische Lesehalle gegrundet die sich bald in Lese und Redehalle judischer Hochschuler umbenannte 2 Sie war Ende 1896 die zweitgrosste studentische Organisation an der Universitat Wien und hatte bald 1 000 Mitglieder Sie war 1909 an der Grundung des SC Hakoah Wien beteiligt und bestand bis 1938 In Czernowitz wurde am 26 Oktober 1875 die Akademische Lesehalle gegrundet die bis zur Ubernahme der Universitat in die rumanische Verwaltung Ende des Ersten Weltkrieges bestand In Lemberg entstand 1897 in Brunn 1902 eine judische Lese und Redehalle nach dem Wiener Vorbild Die judischen Lese und Redehallen aus Brunn Lemberg Prag und Wien schlossen am 19 Marz 1914 ein Kartell der judisch akademischen Lese und Redehallen Osterreichs das 1923 noch einmal wiederbelebt wurde Bekannte Mitglieder BearbeitenFriedrich Adler 1857 1938 Schriftsteller Ubersetzer und Jurist Paul Adler 1878 1946 Schriftsteller Journalist und Ubersetzer Ernst Bareuther 1838 1905 Abgeordneter des osterreichischen Reichsrates und des Bohmischen Landtags Rechtsanwalt Max Brod 1884 1968 Schriftsteller und Komponist Franz Kafka 1883 1924 Schriftsteller 3 Paul Kisch 1883 1944 Journalist und Literaturkritiker Oskar Pollak 1883 1915 Kunsthistoriker Hieronymus Roth 1826 1897 Landtagsabgeordneter und Abgeordneter zum Reichsrat Viktor Wilhelm Russ 1840 1920 Abgeordneter des osterreichischen Reichsrates und des Bohmischen Landtags Verkehrsfachmann Hugo Salus 1866 1929 Gynakologe und Schriftsteller Ludwig Schlesinger 1838 1899 Abgeordneter des Bohmischen Landtags Historiker Wilhelm Fridolin Volkmann 1822 1877 Philosoph und Hochschullehrer 4 Joseph Willomitzer 1849 1900 Journalist und Schriftsteller Karl Hermann Wolf 1862 1941 Abgeordneter des Bohmischen Landtags Reichsratsabgeordneter 1897 Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung Herausgeber und SchriftstellerAufgrund ihres Prestiges hatte die Halle zahlreiche Ehrenmitglieder Ferdinand von Arlt 1812 1887 Arzt und Ophthalmologe Johannes Brahms 1833 1897 Komponist Pianist und Dirigent Joseph Hyrtl 1810 1894 Anatom Horaz Krasnopolski 1842 1908 Rechtswissenschaftler Peter Rosegger 1843 1918 Schriftsteller Oskar Scheuer 1876 1941 Hautarzt burschenschaftlicher Studentenhistoriker Thomas Mann 1875 1955 Schriftsteller Ehrenmitglied 1923 Veroffentlichungen BearbeitenJahresberichte teils mit Mitgliederverzeichnissen jeweils online abrufbar 1862 63 1864 65 1865 66 1866 67 1867 68 1868 69 1869 70 1870 71 1871 72 1872 73 1876 77 1877 78 1878 79 und 1879 80 1880 81 1884 85 1885 86 1887 1888 1889 1891 1893 1894 1895 1908 Bucher Verzeichnis der Lesehalle der deutschen Studenten in Prag Prag 1861 Online Literatur BearbeitenViktor Wilhelm Russ Die Lesehalle der deutschen Studenten zu Prag 1848 1862 Prag 1862 Online Gregor Gatscher Riedl Lese und Redehallen deutscher Studenten in Prag 1848 1938 Erste Formen studentischer Breitenorganisation und Bildungsarbeit Einst und Jetzt Jahrbuch des Vereins fur corpsstudentische Geschichtsforschung Bd 66 2021 S 151 182 Josef Cermak Das Kultur und Vereinsleben der Prager Studenten Die Lese und Redehalle der deutschen Studenten in Prag In brucken Germanistisches Jahrbuch Tschechien Slowakei Jahr 09 1 2 2001 S 107 179 Online als pdf Einzelnachweise Bearbeiten Ernst Hans Eberhard Handbuch des studentischen Verbindungswesens Leipzig 1924 25 S 188 Gregor Gatscher Riedl Ein geistiges Zentrum der Wiener judischen Studentenschaft Die Lese und Redehalle judischer Hochschuler 1894 1938 In David 31 Jahrgang Nr 123 Dezember 2019 S 54 57 Vitalis Verlag Die Lese und Redehalle Max Heinze Volkmann Wilhelm Fridolin In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 40 Duncker amp Humblot Leipzig 1896 S 244 f Weblinks BearbeitenEintrag zu Lese und Redehalle der deutschen Studenten in Prag in Kalliope Sammlung von Couleurkarten der Lese und Redehalle der deutschen Studenten in PragNormdaten Korperschaft GND 4704125 0 lobid OGND AKS VIAF 100150565679906251264 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lese und Redehalle der deutschen Studenten in Prag amp oldid 236358405