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Kunstseide bezeichnet synthetische Filamentgarne die Naturseide nachahmen Der Begriff geht auf Joseph Wilson Swan zuruck der 1885 die Bezeichnung artifical silk fur die von ihm kunstlich erzeugten Nitratcellulosefilamente einfuhrte Spater wurden auch die auf Basis von Cellulose ersponnenen Kupfer Viskose und Acetatfilamentgarne als Kunstseide bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 2 Entwicklungsgeschichte der Kunstseidenherstellung 2 1 Erste Ideen und Entwicklungen zur Erzeugung kunstlicher Filamente 2 2 Filamentgarne auf Basis Cellulosenitrat 2 3 Filamentgarne auf Basis Cuprammoniumcellulose 2 4 Filamentgarne auf Basis Celluloseacetat 2 5 Filamentgarne auf der Basis von Viskose Cellulose Xanthogenat 3 Eigenschaften 4 Kulturelle Rezeption 5 Literatur 6 Weblinks 7 Siehe auch 8 EinzelnachweiseBegriffsgeschichte BearbeitenUnter dem Oberbegriff Kunstseide wurden noch bis in die 1950er 1960er Jahre allgemein und offiziell die Cellulosefilamentgarne zusammengefasst denn schon Anfang des 20 Jahrhunderts hatte sich herausgestellt dass sich diese Bezeichnung durch den Begriff Glanzstoff nicht verdrangen liess 1 2 Die Bezeichnung Glanzstoff war 1899 mit der Grundung der Vereinigten Glanzstoff Fabriken AG fur die in ihrem Werk hergestellte kunstliche Seide Cupro eingefuhrt worden auch mit der Absicht die Kunstseide nicht nur als ein Surrogat fur Naturseide erscheinen zu lassen Es sollte vielmehr ein neues Textilprodukt fur neue und besondere Verwendungszwecke geschaffen werden 3 4 Im Zusammenhang mit einem juristisch ausgetragenen Markenschutzstreit fur Gutermanns Nahseide durften in der Bundesrepublik Deutschland seit den 1950er Jahren bei Chemiefasern Wortverbindungen mit Seide z B Viskoseseide oder Kupferseide nicht mehr benutzt werden weshalb auch die Oberbegriffe Kunst bzw Chemieseiden fur diese Erzeugnisse hinfallig wurden 5 6 Entwicklungsgeschichte der Kunstseidenherstellung BearbeitenErste Ideen und Entwicklungen zur Erzeugung kunstlicher Filamente Bearbeiten Die Idee kunstlicher Textilfasern ist erstmals von dem englischen Forscher Robert Hooke in seinem 1665 erschienenen Buch Micrographie or some Physiological Descriptions of Minute Bodies made by Magnifying Glasses with Observations and Inquieries thereupon beschrieben worden Er schlug darin vor aus einer leimartigen Holzfasermasse feine Faden zu ziehen ahnlich dem Produkt der Seidenraupe 7 Diese Anregung hatte aber keine praktischen Versuche zur Folge Rene Antoine Ferchault de Reaumur dachte im Jahr 1734 daran aus Gummilack oder dergleichen genugend feine Faden auszuziehen 7 die von ihm durchgefuhrten Laborversuche ergaben allerdings keine brauchbaren Fasern 8 Das grundlegende Ziel beider Wissenschaftler einen gunstigen Ersatz fur Seide zu finden konnte wegen des Fehlens einer geeigneten Spinnduse und Spinnlosung nicht erreicht werden 9 Im Jahr 1842 konnte der Seidenweber Louis Schwabe auf einer Tagung der British Association eine Art Spinnduse vorstellen mit der er aus einer Glasschmelze durch eine feine Offnung Glasfasern erzeugen konnte 10 Bei Experimenten mit Baumwolle und unterschiedlichen Holzsorten entdeckte der franzosische Chemiker Anselme Payen im Jahr 1839 die Cellulose als Baustein des Holzes 8 Schon 1832 erzeugte Henri Braccanot losliche Cellulose mit Hilfe von Salpetersaure und 1846 stellte Christian Friedrich Schonbein durch Behandlung von Baumwolle mit einem Salpetersaure Schwefelsaure Gemisch Schiessbaumwolle her George Audemars erhielt danach aus sorgfaltig gereinigten und gebleichten Bastfasern des Maulbeerbaums mit Hilfe von Salpetersaure Cellulosenitrat das er unter Zusatz von Kautschuk in einem Alkohol Ather Gemisch aufloste Die so gebildete Kollodiummasse liess sich mittels einer Stahlspitze zu Faden ausziehen zu einer praktischen Anwendung kam es aber nicht da geeignete Apparaturen fehlten 7 Ab den 1880er Jahren konnte ein homogenes Fadenmaterial auf Cellulosebasis erzeugt werden Daraus konnten Kohlefaden hergestellt werden was die Massenproduktion von Gluhlampen ermoglichte Bei dem Verfahren wurde erstmals eine Kollodiumlosung durch feine Offnungen in eine Erstarrungsflussigkeit ausgepresst Das dabei entstehende Filament wurde unter gleichzeitigem Ausziehen zum Koagulieren gebracht Joseph Wilson Swan bezeichnete seine so ahnlich erzeugten Filamente erstmals als artifical silk also Kunstseide 7 11 Filamentgarne auf Basis Cellulosenitrat Bearbeiten 1664 untersuchte Robert Hooke Seidenmaterial erstmals mikroskopisch um die Struktur zu entschlusseln 1839 entwickelte Anselme Payen die Grundlage fur die Herstellung von cellulosischen Filamentgarnen indem er ein Verfahren fand mit dem sich aus Holz Cellulose gewinnen liess 1845 gelang es Christian Friedrich Schonbein Cellulosenitrat in Alkohol und Ather zu losen 1855 Erstmals wurde von George Philippe Audemars die Herstellung von Nitratcellulose Filamentgarnen beschrieben indem er Cellulosenitrat in Alkohol und Ather loste Das Verfahren hat keine praktische Bedeutung erlangt 1883 Joseph Wilson Swan stellte erstmals Fasern aus Cellulosenitrat her 1890 Die Societe Anonyme pour le fabrication de la soie de Chardonnet nahm die fabrikmassige Herstellung von cellulosischen Filamentgarnen auf 12 Filamentgarne auf Basis Cuprammoniumcellulose Bearbeiten Hauptartikel Cupro 1857 Der Zurcher Chemieprofessor Matthias Eduard Schweizer entdeckte dass sich Cellulosefasern in wassrigen Losungen aus Kupfer II hydroxid und Ammoniakwasser Schweizers Reagens losen lassen 1881 82 Der Brite William Crookes und der Amerikaner Edward Weston versuchten erfolglos aus Cuoxamlosung brauchbare Faden zu erhalten 13 1892 Der Chemiker Max Fremery und der Ingenieur Johann Urban nutzen in ihrer Rheinischen Gluhlampenfabrik Dr Max Fremery amp Co erstmals in Schweizers Reagens aufbereitete Cellulose Losung zur Herstellung von Gluhfaden Das Verfahren wurde soweit verfeinert dass sich die gelosten Cellulosefasern auch zur Weiterverarbeitung zu Textilgewebe nutzen liessen 1897 Fremery und Urban meldeten unter dem Namen des deutschen Chemikers Hermann Pauly ihr Verfahren aus in Kupferoxydammoniak geloster Cellulose Faden herzustellen zum Patent an die Pauly Seide DRP 98642 14 wird zur Grundlage fur das heute gangige Herstellungsverfahren 15 1899 Fremery und Urban grundeten die Vereinigte Glanzstoff Fabriken zur Herstellung von Kupferseide 12 Filamentgarne auf Basis Celluloseacetat Bearbeiten Hauptartikel Celluloseacetat 1865 Erstmalige Gewinnung von Celluloseacetat aus Baumwollfasern und Essigsaureanhydrid durch den franzosischen Chemiker Paul Schutzenberger 1907 Erstmalige Produktion von Acetatseide in der Kunstseidenfabrik Julich 1920 Erfindung eines Farbeverfahrens fur die bis dahin nicht farbbare Acetatseide durch den Schweizer Rene Clavel 1921 Beginn der Massenproduktion von Acetatseide unter dem Handelsnamen Celanese durch die Gebruder Dreyfus und deren British Celanese Ltd gefolgt von der Eroffnung weiterer Produktionsstandorte in den USA und im ubrigen Europa Filamentgarne auf der Basis von Viskose Cellulose Xanthogenat Bearbeiten nbsp Gewebe aus Viskose 1891 entdeckten Charles Frederick Cross Edward John Bevan und Clayton Beadle ein Verfahren zur Herstellung von Viskose die aus Cellulose Xanthogenat gewonnen wird Viskose ist in der Herstellung okonomischer als Filamentgarne auf Nitrat und Cuprammoniumbasis da als Grundstoff der billige Holzzellstoff dient wahrend fur Nitrat und Cuprammonium Filamentgarne das kostspieligere Baumwoll Linters benotigt wird 12 Eigenschaften BearbeitenCellulosische Filamentgarne sind der echten Seide in Optik und Haptik sehr ahnlich auch cellulosische Filamentgarne bestehen aus sehr feinen Faden und weisen einen charakteristischen Glanz auf Allerdings besteht Naturseide aus Proteinfasern wahrend Cellulose eine polysaccharidische Struktur hat 16 Kulturelle Rezeption BearbeitenDie UFA hat 1938 unter der Regie von Robert A Stemmle einen Spielfilm Am seidenen Faden produziert und in die Kinos gebracht der die Geschichte eines Kunstseidenfabrikanten erzahlt Literatur BearbeitenRobert Bauer Das Jahrhundert der Chemiefasern Goldmann Munchen 1958 DNB 450262812 G J Beer The Beginning of Rayon Paignton 1962 L G Fauquet Histoire de la Rayonne et des Textiles Synthetiques Armand Colin Paris 1960 Kurt Gotze Chemiefasern nach dem Viskoseverfahren Springer Berlin Heidelberg New York 1967 ISBN 3 642 85886 4 Hans J Koslowski Chemiefaser Lexikon Begriffe Zahlen Handelsnamen 12 Auflage Deutscher Fachverlag Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 87150 876 9 R B Seymour R S Porter Man made Fibers Their Origin and Development London New York 1993 ISBN 1 85166 888 8 Hans Wilhelm Marquart Hermann Pauly In Neue Deutsche Biographie NDB Band 20 Duncker amp Humblot Berlin 2001 ISBN 3 428 00201 6 S 137 f Digitalisat Klaus Muller Georg Heinrich Treitschke Kunstseide aus Pirna Ein Unternehmen in Deutschlands Zeitlaufen Verlag Gunter Oettel 2014 ISBN 978 3 944560 12 0 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Kunstseide Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenSiehe auch BearbeitenDas kunstseidene MadchenEinzelnachweise Bearbeiten Paul August Koch Gunther Satlow Grosses Textil Lexikon Fachlexikon fur das gesamte Textilwesen Band A K Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1965 S 749 Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 25 Paul August Koch Gunther Satlow Grosses Textil Lexikon Fachlexikon fur das gesamte Textilwesen Band A K Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1965 S 524 25 Jahre Glanzstoff Vereinigte Glanzstoff Fabriken A G Elberfeld 1899 1924 Eckstein Biographischer Verlag Berlin 1924 S 48 Seide Das reizendste Hemdchen In DER SPIEGEL 29 1951 18 Juli 1951 abgerufen am 3 Dezember 2020 Wolfgang Bobeth Hrsg Textile Faserstoffe Beschaffenheit und Eigenschaften Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1993 ISBN 3 540 55697 4 S VIII a b c d Valentin Hottenroth Die Kunstseide 2 erweiterte Auflage Verlag S Hirzel Leipzig 1930 S 7 9 a b Calvin Woodings Hrsg Regenerated cellulose fibres Woodhead Publishing Cambridge 2001 ISBN 1 85573 459 1 S 1 Menachem Lewin Hrsg Handbook of Fiber Chemistry 3 Auflage Taylor amp Francis Group Boca Raton 2007 ISBN 978 0 8247 2565 5 S 713 Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 20 Patent DE30291C Neuerungen in der Herstellung der Kohlen fur elektrische Gluhlampen Angemeldet am 4 Mai 1884 veroffentlicht am 22 Januar 1885 Erfinder Joseph Wilson Swan a b c Deutsches Strumpfmuseum Kunstseide Memento vom 29 August 2010 im Internet Archive Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 30 Patent DE98642C Verfahren zur Herstellung kunstlicher Seide aus in Kupferoxydammoniak geloster Cellulose Angemeldet am 1 Dezember 1897 veroffentlicht am 7 Juli 1898 Erfinder Hermann Pauly Nach der Festschrift 25 Jahre Glanzstoff 1924 der Vereinigten Glanzstoff Fabriken AG zitiert in Hermann Klare Geschichte der Chemiefaserforschung Akademie Verlag Berlin 1985 S 32 Mirjam Brockmann Kunststoffe zum Kennenlernen Kunstseiden Nicht mehr online verfugbar 2000 archiviert vom Original am 4 November 2017 abgerufen am 22 Oktober 2017 nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot kirste userpage fu berlin de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kunstseide amp oldid 230693688