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Das Kunstmuseum Marburg oder Kunstgebaude der Philipps Universitat Marburg ist ein 1925 bis 1927 errichtetes Institutsgebaude der Philipps Universitat Marburg Es gehort zu den wichtigsten deutschen Bildungsbauten der 1920er Jahre Das von Hubert Lutcke entworfene Gebaude trug in Anlehnung an die 400 jahrige Wiederkehr der Universitatsgrundung ursprunglich den Namen Jubilaumsbau Im Jahre 1950 erfolgte die Umbenennung in Ernst von Hulsen Haus um so des Universitatskurators Ernst von Hulsen zu gedenken der sich fur die Errichtung des Baus eingesetzt hatte Da diese Gebaudebenennung wegen der Rolle des Namensgebers im Nationalsozialismus als nicht mehr tragbar erachtet wurde beschloss das Prasidium der Philipps Universitat 2016 die Umbenennung in Kunstgebaude 1 Spater wurde es umbenannt in Kunstmuseum Marburg 2 Hauptfassade des Kunstgebaudes Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Architektur 3 Heutige Nutzung 4 Galerie der Fensterschlusssteine 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Sanierung des Kunstmuseums 2015Zu Beginn der 1920er Jahre waren die Kunst und Kulturwissenschaftlichen Institute der Philipps Universitat Marburg uber mehrere Standorte in der Stadt verteilt Richard Hamann Professor fur Kunstgeschichte und damaliger Leiter des kunstwissenschaftlichen Instituts entwarf zusammen mit Paul Jacobsthal Professor fur Klassische Archaologie und damaliger Leiter des archaologischen Instituts ein Konzept um die geisteswissenschaftlichen Institute unter einem Dach zu vereinen und in Verbindung mit einem Museum und einer Bibliothek einen Ort zu schaffen an dem ein Austausch und Einblick in Kunst und Kultur fur die Offentlichkeit besser zuganglich gemacht werden sollte Oft wird dieses integrative Konzept als nahezu einzigartig beschrieben und ein Vergleich mit der Harvard University in Cambridge angestellt die als einzige ebenfalls dieses Konzept genutzt haben soll 2017 kam es zu einer Neubewertung von Hamanns Beitrag und der Einzigartigkeit des Konzeptes Nach Sigrid Hofer kann Richard Hamann nicht als alleiniger Visionar genannt werden sondern Paul Jacobsthal hatte bereits vor Hamanns Zeit in Marburg Konzepte vorgestellt Kunst und Lehre in einem Gebaude zu vereinen Hamann unterstutzte diese Vorschlage und arbeitete die Konzepte weiter aus Die Idee Kultur und Lehre zu vereinen und einem breiteren Publikum zuganglich zu machen war keinesfalls einzigartig sondern steht im Kontext der Neuausrichtung der Museumslandschaft um die Jahrhundertwende Bereits Alfred Lichtwark hatte fur die Hamburger Kunsthalle integrative Konzepte vorgesehen und selbst Jacobsthal beschreibt in seinen ersten Entwurfen die Kieler Kunsthalle die zwei Universitatsinstitute mit einem Kunstmuseum vereinte als Vorbild fur ein Kunstgebaude in Marburg Dieser Sachverhalt verringert aber nicht die Bedeutung des Marburger Kunstmuseums als wichtigen Schritt in der Marburger Universitatslandschaft und auch Hamanns Andenken werde dadurch keinesfalls geschmalert 3 Ursprunglich wurde das Kunstmuseum als Jubilaumsbau bezeichnet da man plante das Gebaude zur 400 Jahr Feier der Philipps Universitat fertigzustellen 1924 trug der damalige Universitatskurator Ernst von Hulsen das Baukonzept vor den Marburger Universitatsbund und im selben Jahr wurde ein Arbeitsausschuss unter dem Vorsitz von Walter Troeltsch kreiert In die weiteren Planungen des Gebaudes wurden die eigentlichen Ideengeber Richard Hamann und Paul Jacobsthal nicht miteinbezogen Hamann sah in den Planungen des Architekten Hubert Lutcke viele Schwierigkeiten Lutcke selbst kam als leitender Regierungsbaurat nach Marburg um den ersten Bauentwurf der preussischen Staatshochbauverwaltung vor Ort prufen zu konnen Sein ausfuhrlicher Entwurf erfolgte am 27 Marz 1926 Eigentlich hatte der Arbeitsausschuss einen Wettbewerb fur Kunstler und Architekten veranstalten wollen um einen geeigneten Bauentwurf ermitteln zu konnen doch der preussische Finanzminister Hermann Hopker Aschoff lehnte diesen Vorschlag im September 1925 ab weil es an Zeit und finanziellen Mitteln mangelte einen Wettbewerb stattfinden zu lassen Der preussische Freistatt hatte dem Projekt zugestanden die hohen laufenden Betriebskosten fur das Gebaude zu ubernehmen und wollte deshalb den einen zugigen Baubeginn forcieren 4 In Marburg selbst stiess dieses Vorgehen auf Kritik da man gehofft hatte fur den Bau einen namhaften Architekten gewinnen zu konnen um dem Gebaude eine gewisse Reputation zu verleihen Es sollte aus der dem Stadtbild ahnlich der Elisabethkirche oder dem Landgrafenschloss hervorstechen und bekannt werden 5 Am 9 Mai 1926 kam es zur feierlichen Grundsteinlegung und die Bauplane fur das Gebaude wurden im Kunstgeschichtlichen Seminar der Universitat offentlich ausgestellt 6 Die Stadt Marburg hatte den 7500 m grossen Bauplatz zur Verfugung gestellt Die Baukosten wurden zu grossen Teilen durch Spenden aus Stadten der Provinz Hessen Nassau finanziert 7 Das Gebaude wurde in zwei Bereiche eingeteilt Fur das Universitatsmuseum wurden im Westflugel auch Museumsflugel genannt an der Seite zur Biegenstrasse grosszugige Prasentationsraume eingerichtet fur die Bestande des Hessischen Geschichtsvereins und des Kunst und Altertumsvereins mit seinen uberwiegend hessischen Gemalden Plastiken Grafiken und kunstgewerblichen Exponaten insbesondere hessischer Volkskunst Die von Ludwig von Sybel begrundete Gipsabgussssammlung antiker Plastiken fungierte als Lehrsammlung des Archaologischen Seminars Zu den weiteren Sammlungen gehorten unter anderem Hessische Altertumer von Ludwig Bickell Der Institutsteil der im Ostflugel lahnseitig eingerichtet wurde zeichnete sich besonders durch eine Zentralbibliothek fur kunstwissenschaftliche Werke und dazugehorigem Lesesaal aus in der die zerstreuten Sammlungen zusammengefuhrt werden konnten Ausserdem Platz fanden das kunstgeschichtliche und das archaologische Seminar mit Horsaal der christlich archaologische Apparat das vorgeschichtliche Seminar Theaterwissenschaften Musikwissenschaften mit Konzert und Ubungssaal sowie akademischer Zeichenunterricht und die photographische Abteilung des kunstgeschichtlichen Seminars 8 Zudem brachte Richard Hamann in den Jubilaumsbau den von ihm zunachst als kunstwissenschaftliche Lehrsammlung gegrundeten Photographischen Apparat unter aus dem spater unter Hamanns Leitung das Bildarchiv Foto Marburg hervorging Es ist heute mit knapp zwei Millionen unikal uberlieferten Fotografien eines der weltweit grossten wissenschaftlichen Fotoarchive fur Archaologie und Kunstgeschichte Am ursprunglichen Konzept der integrierten Nutzung durch kulturwissenschaftliche Lehr und Forschungsinstitute sowie damit verbundener Sammlungen hat sich kaum etwas verandertZur 400 Jahrfeier der Universitat am 30 Juli 1927 war der Jubilaumsbau zum Grossteil fertiggestellt und konnte nach 15 Monaten Bauzeit feierlich eingeweiht werden Bereits im selben Jahr grundete Hamann zusammen mit anderen Professoren den Marburger Museumsverein nach dessen Vorbild sich heute Freunde des Museums fur Kunst und Kulturgeschichte Marburg e V 9 fur die Belangen des Kunstmuseums starkmachen und unter anderem Spendenkampagnen organisieren 1930 31 wurde der Konzertsaal fertiggestellt der mit 200 Sitzplatzen und einer Buhne bis heute der Auffuhrung auch offentlicher Konzerte dient Architektur BearbeitenDie vierflugelige nahezu quadratische Anlage mit Massen von etwa 60 55 Metern vom Architekten und preussischen Baubeamten Hubert Lutcke entworfen prasentiert sich im Inneren wie im Aussenbau als eine architektonische Verbindung aus Regionalstil Expressionismus und Art deco Selbst die Innenausstattung wurde von Lutcke bis in Einzelheiten wie den gezackten Lehnen der Stuhle entworfen die mit den zackenformigen Fenstergittern und Lampen korrespondieren Die Seitenflugel des Baus sind durch Fensterreihung schlicht gehalten Die Gartenfassade am Ostflugel wurde mit stockwerkubergreifenden Fensterrahmungen und hohen Saalfenstern im Erdgeschoss ausgestattet Im mittleren Teil der Fassade finden sich Fensterschlusssteine in Art einer Palmette An den ausseren Fenstern und dem Eingang zum Institutsteil des Gebaudes befinden sich runde strahlenformiger Ornamente als Schlusssteine Die Hauptfassade ist deutlich prunkvoller gestaltet neun geschossubergreifende Nischen sind in die Fassade eingelassen wodurch das Gebaude an dynamischer Tiefe gewinnt Die mittleren drei Nischen bilden den Eingang in eine eher unscheinbare Vorhalle Uber den Fenstern und Eingangen dieser Nischen sind ebenfalls Schlusssteine angebracht die aber weitaus gestaltungsvoller erscheinen als die der Gartenfassade Um der Bauspenden durch Stadte und Gemeinden der Provinz Hessen Nassau zu gedenken entschloss man sich die Schlusssteine an der Hauptfassade den Wahrzeichen der Spenderstadten und deren Wappen zu widmen Walter E Lemcke Berliner Bildhauer hatte die Schlusssteine nach Lutckes Entwurfen die weitaus detaillierter waren angefertigt Umrahmt werden alle Plastiken von floralen Motiven An den Seiten des Museumsflugel finden sich noch jeweils drei weitere Fensterschlusssteine die dem Typ der Hauptfassade entsprechen nbsp Eingangstur zum KunstmuseumLemcke fertigte auch die Eingangstur nach Lutckes Entwurfen an Auf dem linken Turflugel befindet sich ein Arbeiter und auf dem Rechten ein Angestellter Die beiden Figuren stehen fur die Mitarbeiter der Universitat die auf ihren eigenen Wunsch hin fur zwei Jahre 0 5 Lohnabzug in Kauf nahmen damit der Bau finanziert werden konnte Um das Gebaude besser ins Stadtbild einzugliedern nutze man fur Sockel Gewande Simse Rahmungen Verzierungen und auch fur die bildhauerischen Fensterschlussplastiken heimischen Rotsandstein und das Dach wurde mit der hessischen Schieferdeckung gelegt 10 Der etwa 23 28 Meter grosse Innenhof des Gebaudes besitzt einen Art deco Brunnen von ausserordentlich kunstlerischer Qualitat Naturlich ganz im Zackenstil von Lutcke entworfen steht der 4 5 Meter hohe Brunnen auf einem dreistufigen Podest In der Mitte der Brunnenschale wird eine dreielementige Saule von einer Keramikkugel oben auf abgeschlossen Lange Zeit floss kein Wasser durch den Brunnen weil er seit vielen Jahrzehnten in einem schlechten Zustand verweilen musste Ein Gutachten stellte in 2020 fest dass der Brunnen dringend restauriert werden musste Dem Verein der Museumsfreunde der eine Spendenkampagne zur Sanierung des Brunnens organisierte ist es zu verdanken dass im Mai 2022 der restaurierte Brunnen mit einem Fest wieder in Betrieb genommen werden konnte und in altem Glanz erstrahlt 11 Von Sommer 2011 bis Herbst 2018 wurde das Gebaude umfangreich saniert Die Arbeiten umfassten die Erneuerung des mit Schiefer gedeckten Dachs die Erneuerung der Fenster und eine Warmedammung in Verbindung mit einer Fassadenerneuerung Ebenfalls wurde das Entwasserungssystem erneuert Insbesondere das im vorderen Teil des Gebaudes ansassige Kunstmuseum mit einer Sammlung moderner Kunst wurde grundlegend saniert und im Oktober 2018 mit einem Burgerfest wieder geoffnet 12 Die denkmalgerechte Sanierung der Aussenfassade von 2013 bis 2015 wurde durch das Land Hessen getragen Die Kosten beliefen sich auf 6 9 Millionen Euro Die 3 9 Millionen Euro teure Innensanierung bezahlte die Philipps Universitat Marburg 1 3 Millionen Euro konnte die Universitat hierfur durch Spenden gewinnen 13 Im September 2020 wurde die Sanierung des Gebaudes mit dem hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichnet 14 Heutige Nutzung BearbeitenAm ursprunglichen Konzept der integrierten Nutzung durch kulturwissenschaftliche Lehr und Forschungsinstitute sowie damit verbundener Sammlungen hat sich kaum etwas verandert Das Gebaude wird wegen seines integrativen Konzeptes und des einzigartigen Zackenstils als eines der wichtigsten Gebaude der Universitat und der Stadt Marburg angesehen Neben Gruppenfuhrungen und wechselnden Ausstellungen bietet das Kunstmuseum in Zusammenarbeit mit der Deutschen Blindenstudienanstalt Fuhrungen zum Anfassen und Erleben an 15 Galerie der Fensterschlusssteine BearbeitenDie folgenden Fensterschlusssteine an der Hauptfassade Westseite zeigen Wappen auf dem Sockel mit zugehorigem Rathaus oder Dom Kirche oben auf von den grossten Spenderstadten der Provinz Hessen Nassau Von links nach rechts nbsp Rathaus in Frankenberg Eder nbsp Stadtkirche St Marien in Homberg Efze nbsp Walpurgiskirche in Alsfeld nbsp Hessischer Lowe nbsp Elisabethkirche in Marburg nbsp Nassauischer Lowe nbsp Der Romer in Frankfurt Main nbsp Dom St Salvator zu Fulda nbsp Georgsdom zu LimburgAn der Nordseite von links nach rechts nbsp Stiftskirche in Bad Hersfeld nbsp Marienkirche in Gelnhausen nbsp Stadtkirche St Georg in SchmalkaldenAn der Sudseite von links nach rechts nbsp Schloss Weilburg nbsp Schloss Hadamar nbsp Dom St Peter zu FritzlarLiteratur BearbeitenHessenland Band 38 1926 S Kunstinstitut der Universitat Marburg Erbauung und Ausstellungen Sammelband Universitatsbibliothek Marburg Signatur VIII B 1095 Hubert Lutcke Der Jublaumsneubau des Kunstinstituts der Universitat Marburg In Zeitschrift fur Bauwesen Nr 1 1930 S 1 12 zlb de Martin Warnke Richard Hamann In Marburger Jahrbuch fur Kunstwissenschaft Band 20 1981 S 11 20 Katharina Krause Ein Kunstinstitut fur Marburg Konzeptionen und ihr architektonischer Ausdruck In alma mater philippina Ausgabe Wintersemester 1998 1999 S 12 18 Kathryn Brusch Marburg Harvard and purpose built architecture for art history 1927 In Elizabeth Mansfield Hrsg Art History and Its Institutions The Nineteenth Century London 2002 S 65 84 Thomas Jahn Das Kunstinstitut der Philipps Universitat Marburg In Jorg Jochen Bruns Hrsg Marburg Bilder Eine Ansichtssache Zeugnisse auf funf Jahrhunderten Marburger Stadtschriften zur Geschichte und Kultur Band 53 Band 2 Marburg 1996 S 321 356 Sigrid Hofer Ein Grundriss von erschreckender Unzulanglichkeit Richard Hamann und der Jubilaumsbau in Marburg 1927 Moderne Mythenbildung In Marburger Jahrbuch fur Kunstwissenschaft Band 44 2017 S 239 266 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kunstmuseum Marburg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Mutmasslicher Grundsteinbrief des Jubilaumsbaus Quellen und Volltexte Webseite der Philipps Universitat Marburg Website des Kunstmuseums MarburgEinzelnachweise Bearbeiten Ernst von Hulsen als Namensgeber nicht mehr tragbar Memento vom 18 Februar 2020 im Internet Archive Internetseiten der Philipps Universitat Marburg abgerufen am 15 September 2016 Offizielle Website des Kunstmuseums Marburg Hofer S 239 266 Zum Streit um den Jubilaumsbau der Universitat Marburg Universitatsbibliothek Marburg Signatur VIII B 1095 t 4 Hofer S 249 Die Grundsteinlegungsurkunde des Gebaudes liegt editorisch aufbereitet in Wikisource vor Aufruf zu einer Jubilaums Gabe der gesamten Provinz Hessen Nassau aller alten Marburger Studenten und aller Freunde deutscher Wissenschaft an die Universitat Marburg aus Anlass der Feier ihres vierhundertjahrigen Bestehens Marburg 1925 Hessenland Band 38 1926 S Website des Vereins Jahn S 337 349 Bekanntmachung der Philipps Universitat zur Spendenkampagne Mehr als 3 500 Gaste bei Museumsfest Philipps Universitat Marburg 22 Oktober 2018 abgerufen am 23 Oktober 2018 Der Brunnen des Kunstmuseum ist saniert In Oberhessische Presse 10 Mai 2022 op marburg de Kunstgebaude Marburg Deutsche Stiftung Denkmalschutz Bekanntmachung der Philipps Universitat zum Termin50 809959 8 774799 185 Koordinaten 50 48 35 9 N 8 46 29 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kunstgebaude der Philipps Universitat Marburg amp oldid 238821987