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Das Kreuzabnahmerelief an den Externsteinen ist ein grosses in den Sandstein der Externsteine im Teutoburger Wald gehauenes Relief auf dem die Kreuzabnahme zu sehen ist Es gilt als die alteste aus massivem Fels gehauene Steinmetz Grossplastik nordlich der Alpen Das Kreuzabnahmerelief am Grottenstein 2007 Lithografie des Reliefs vor 1825Zeichnung des Reliefs 1862Inhaltsverzeichnis 1 Befund 2 Entstehungszeit 3 Interpretation 4 Forschungsgeschichte 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBefund BearbeitenDie Externsteine sind ein Sekundargestein also aus Sedimenten aufgebaut Es handelt sich um einen Kalk Sandstein der recht weich und darum bildhauerisch leicht zu bearbeiten ist Das Relief ist in drei Teile sogenannte Register gegliedert Im mittleren grossten Register zeigt es die Kreuzabnahme In der Mitte steht das Kreuz Nikodemus dessen Helm in den Nacken gerutscht ist steht die Beine sind zerstort auf einem gebogenen pflanzenartigen Gebilde von dem aus er den Leichnam Jesu Christi vom Kreuz gelost hat Josef von Arimathaa fangt mit expressiv hervorgehobener Anstrengung den herabsinkenden Leib auf dessen Haupt Maria in die Hande nimmt und ihm ihren eigenen Kopf zu neigt der Kopf der Maria ist durch Zerstorung verloren Ihr gegenuber steht der an seinem Buch zu erkennende Junger Johannes unter dem Kreuz Im oberen Register kommt der Oberkorper einer festlich gekleideten Figur die mit den Symbolen des Auferstandenen Kreuzaura und Siegesfahne ausgestattet ist hinter dem Kopfbalken des Kreuzes hervor Ferner tragt sie eine kleine ihr ahnlich gekleidete Gestalt im Arm Seitlich sind die Tucher haltenden Figuren von Sonne und Mond angebracht Im unteren Register knien zu Fussen des Kreuzes ein nackter bartiger Mann und eine in ein langes Gewand gehullte Figur mit einem Halsschmuck die vom Schwanz und Hals eines zweibeinigen geflugelten Drachen umschlungen werden Das Relief weist Beschadigungen auf so fehlen insbesondere der Kopf der Maria und die Unterschenkel von Nikodemus Der unterste Teil des Reliefs ist insgesamt undeutlicher als der obere also weniger gut bearbeitet starker zerstort oder unfertig Entstehungszeit BearbeitenGoethe sah 1824 das Relief als karolingisch an und bemerkte byzantinische Einflusse Er ruckte es in den Zusammenhang einer Umwidmung eines vorchristlichen Heiligtums in eine Statte der christlichen Gottesverehrung Ohne also weitlaufiger zu sein geben wir gerne zu dass ein monchischer Kunstler unter den Schaaren der Geistlichen die der erobernde Hof Carl des Grossen nach sich zog dieses Werk konne verfertigt haben Nahezu gleichzeitig veroffentlichte Karl Theodor Menke seine gegenteilige Ansicht dass das Relief aus dem 12 Jahrhundert stamme Der glaubige Christ zog dahin in frommem Sinne mit Andacht im Herzen wie nach einem anderen Jerusalem um seine Demuth zu erkennen zu geben Busse zu thun Vergebung der Sunden zu erlangen und des Reiches Gottes theilhaftig zu werden Schon diese Idee macht es wahrscheinlich dass jene Sculpturarbeit in das Zeitalter der Kreuzzuge fallt bei deren Unternehmung dieselben frommen Absichten jener Wallfahrten zum Grunde lagen Urkundliche Uberlieferungen konnten beide nicht fur sich anfuhren Bis zur Mitte des 19 Jahrhunderts schlossen sich die Kunsthistoriker Goethes Ansicht an Als 1846 eine Inschrift im Inneren der Grotte gefunden wurde die eine Weihe der Grotte im Jahr 1115 zu dokumentieren schien schloss man sich der Ansicht Menkes an indem man die Grotteninschrift auch auf das aussen angebrachte Relief bezog Eine Kaufurkunde des Klosters Abdinghof vom Jahre 1093 lenkte den Blick weiterhin auf die Kreuzzugszeit Freilich geriet die Echtheit der Urkunde bald in Zweifel und ist heute als unsicher erkannt Inzwischen muss auch die Inschrift der unteren Grotte als zweifelhaft erscheinen Der Bildhauer Niedhorn kam nach eigenen Untersuchungen zu dem Ergebnis dass die schwer leserliche Inschrift in einem Arbeitsgang geschaffen und durch gleichzeitige Meisselschlage undeutlich gemacht worden war Er erklart den Befund so dass der Verfertiger die Inschrift viel alter erscheinen lassen wollte als sie war Walther Matthes und Rolf Speckner kommen aufgrund eines Vergleichs aller Einzelmotive zu der Goethe bestatigenden Interpretation dass das Relief zwischen 816 und 822 geschaffen worden sei Interpretation BearbeitenDas mittlere Register zeigt mit der Kreuzabnahme ein christliches Motiv das im Abendland deutlich seltener verwendet wird als die Kreuzigung Die Figuren und Handlungen sind aus der christlichen Uberlieferung gut bekannt Einzig der Gegenstand auf dem Nikodemus steht fuhrte zu einer kontroversen Diskussion Im Jahre 1929 stellte Wilhelm Teudt die These auf es handele sich um die gebeugte Irminsul Die heutige Fachwissenschaft steht dieser Aussage uberwiegend skeptisch gegenuber vereinzelt wird sie aber bejaht 1 Zwangloser wird die Darstellung als die einer Palme beziehungsweise Dattelpalme bewertet zumal diese kunstgeschichtlich belegt ist und zudem in regionalen mittelalterlichen Sakralbauten als Dekor rezipiert wurde 2 Das obere Register steht in direkter inhaltlicher Beziehung zum Geschehen in dem mittleren Register Die Figur mit Kreuzaura und Siegesfahne welche den auferstandenen sieghaften Christus kennzeichnen tragt ein kleines Kind auf dem Arm das ihm auffallig ahnlich gekleidet ist Hier konnte es sich um die Selbst Darreichung des Christus handeln wie sie in der Messe bei der Darreichung des Brotes zelebriert wird Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der Figur im oberen Register um Gott Vater Das untere Register steht ebenfalls in Beziehung zum Geschehen im mittleren Es zeigt ein drachenartiges Wesen dem Jonaswalfisch der Katakomben ahnelnd das zwei kniende Menschen umfangen halt von denen der eine bartig ist und kein Gewand tragt der andere in ein langes Gewand gekleidet ist Die beiden heben je eine Hand zum Fuss des Kreuzes hinauf wohin auch ihr Blick gerichtet ist Die beiden werden teils als Adam und Eva gedeutet teils als ein sachsischer Krieger und ein Priester wobei der letzte traditionell Frauenkleider getragen haben soll Insgesamt spiegelt das Relief nach dieser Deutung auch die mittelalterliche Weltordnung von Himmel Erde und Holle wider Forschungsgeschichte BearbeitenGoethe und Wilhelm Dorow haben die Entstehung des Reliefs in den Zusammenhang der Christianisierung des Ortes durch Karl den Grossen geruckt Wie kleinere Gegenstande aus heidnischem Besitz durch das Einritzen eines Kreuz Zeichens geheiligt wurden so sei man an den Externsteinen durch das Einmeisseln des Reliefs verfahren Diese Auffassung hielt sich weitgehend bei den Verfechtern einer heidnischen Nutzung der Externsteine vor Eintreffen der christlichen Eroberer Seit dem letzten Drittel des 19 Jahrhunderts trat die mit gegensatzlichen Empfindungen verbundene Vorstellung hinzu das Bild solle den Triumph des Christentums uber das Heidentum zum Ausdruck bringen Die Anhanger eines romanischen Ursprungs der Monumentalplastik am Anfang des 12 Jahrhunderts ruckten es in den Zusammenhang einer mutmasslichen Pilgerstatte Das Relief sei Bestandteil einer Nachahmung der heiligen Statten Oben auf dem Turmfels habe das Golgathakreuz gestanden Der Kreuzabnahme habe man am Relief andachtig gedacht Das Arcosolgrab sei eine Nachahmung des Grabes Christi und die Hohlen fasste man als Kreuzauffindungsgrotte auf Die Zuspitzung des Gegensatzes in der moralischen Beurteilung des Sieges des Christentums uber das Heidentum zog in den zwanziger und dreissiger Jahren auch die Auseinandersetzungen um das Relief in ihren Sog und die nationalsozialistische Propaganda hatte leichtes Spiel Nach 1945 war es umgekehrt den Verfechtern einer Spatdatierung ein leichtes jeden Anhanger der Fruhdatierung des Reliefs politischer Hintergrundigkeiten zu bezichtigen Ohne neue Beweise oder auch nur Argumente setzte sich die Spatdatierung um 1115 durch 1934 hatte aber der Katholik Alois Fuchs im Kampf um die Externsteine noch zugestanden Mag ein vorchristlicher Kult dort in den naturlichen Hohlen vorausgegangen sein Das kann man sogar fur wahrscheinlich halten Auch Friedrich Focke bestatigte 1943 bei aller Dezidiertheit seines spaten zeitlichen Ansatzes den germanisch deutschen Gehalt des Werkes Nach 1945 hatte man leichtes Spiel nun nichts Vorgeschichtliches mehr gelten zu lassen Selbst Fockes Versuch den Gegensatz zu schwachen indem er darauf hinwies dass der Baum sich nicht bog weil Nikodemus darauf steht sondern damit er darauf stehen konne fand zunachst keinen Eingang in die Literatur 1978 konnte die Amerikanerin Elizabeth Parker eine bislang wenig beachtete These aufstellen das Relief sei geschaffen worden um den Hintergrund fur im Freien aufgefuhrte Osterspiele vor den Externsteinen abzugeben Die Datierung beliess sie im 12 Jahrhundert 3 1997 legten W Matthes und R Speckner eine Deutung vor die unausgesprochen auf dem mittelalterlichen Prinzip des dreifachen Schriftsinns beruht der auch fur Bilder galt Der sensus historicus der die offensichtlichen Tatsachen umfasst den ausseren Bedeutungsgehalt der dargestellten Bilder stellt einen Bezug zur biblischen Erzahlung der Kreuzabnahme her Als Sondergut des Reliefs lassen sich das Kind im Arm des oberen Christus und der gebogene Stamm nicht in diese Erklarung einordnen Die zweite Ebene ist der sensus allegoricus die allegorische Auslegung Durch Amalarius von Metz 775 850 ist ein allegorisches Verstandnis in die westliche Auffassung der Messe eingezogen Er hatte diese Auffassung auf einer Reise nach Byzanz kennengelernt Danach wiederholen Priester und Diakon wahrend der Messe in jedem Augenblick in jedem Handgriff eine Station des Leidensweges Christi Nach Amalarius sind Priester und Diakon im Augenblick der kleinen Elevation dem Hinaufheben des Kelches Josef und Nikodemus die den Herrn vom Kreuz nehmen 4 Amalars Zeitgenosse Radbert von Corbie hat beschrieben dass wahrend der Wandlung von Brot und Wein in Leib und das Blut des Herrn die gewandelten Substanzen als kleines Kind wahrgenommen wurden Er hat tradierte Beispiele fur diese Schau in seine Erklarung des Abendmahls eingewoben die er fur die Monche des Corveyer Klosters 831 bis 833 verfasst hat 5 Die allegorische Auslegung umfasst also die Geheimnisse des Altarsakraments Wahrend sich die am Altar Handelnden vor dem inneren Blick in Joseph von Arimathia und Nikodemus verwandeln kommt Christus von oben herab und schenkt die Weltverjungungskrafte in der Form des Kindes Der sensus eschatologicus sieht auf die zentrale Handlung auf den Sinn den das ganze im Hinblick auf die Ewigkeit hat Was bedeutet die Ubergabe des Leibes Christi aus der Hand des einen Jungers in die des anderen Nikodemus gehort nach Johannes einer Gruppe an die Christus als Meister in Israel ansehen Er fragt wie er das ewige Leben gewinnen konne wie das Ewige in ihm so stark werden konne dass es das ganze Leben bestimme Er fragt nach der Initiation Und Christus der Meister sagt ihm er musse noch einmal geboren werden Ein judischer Einweihungsschuler der im Externsteinrelief durch den sich biegenden Baum als Vertreter der vorchristlichen Geistigkeit sich kennzeichnet findet den Weg zu Christus Joseph von Arimathia andererseits ist der Begrunder der Gralsstromung der christlichen Einweihungsstromung Christus kam zu ihm in das Gefangnis ubergab ihm den Kelch und lehrte ihn die Messe So begegnen sich bei der Kreuzabnahme ein vorchristlicher Initiierter der den Weg zu Christus gefunden hat und in der Darstellung an den Externsteinen uber den Weltenbaum zu ihm hinaufsteigen kann und Joseph von Arimathia der erste christliche Eingeweihte der der Christustrager wird Sie wirken zusammen Uta Halle fasst die Forschungsgeschichte der Nachkriegszeit auch bzgl des Reliefs wie folgt zusammen Neben zahlreichen Broschuren bzw einigen Buchern von Teudt Anhangern erschienen von wissenschaftlicher Seite noch einige weitere Bucher zu der Externsteine Problematik Es handelt sich hierbei zum einen um die Arbeiten von Walther Matthes Corvey und die Externsteine Schicksal eines vorchristlichen Heiligtums in karolingischer Zeit 1982 und zusammen mit Rolf Speckner Das Relief an den Externsteinen Ein karolingisches Kunstwerk und sein spiritueller Hintergrund 1997 In der alteren Arbeit versucht Matthes nachzuweisen dass sich zu Beginn des 9 Jahrhunderts das Kloster Hethis an den Externsteinen befunden haben soll und dass daraus abgeleitet werden kann dass an den Externsteinen ein vorchristliches Heiligtum bestand Die Arbeit uber das Kreuzabnahmerelief baut auf der ersten Arbeit auf und versucht die karolingische Datierung fur das Kunstwerk nachzuweisen Seine Informationen uber das Fundmaterial der Externsteine hat Matthes in seinen Arbeiten nicht benutzt Zum anderen ist hier noch das vierbandige Werk von Johannes Mundhenk Forschungen zur Geschichte der Externsteine aus den Jahren 1980 1988 zu nennen 6 Sie fuhrt dann weiter aus dass durch die Zusammenarbeit wahrend der NS Zeit mit der SS nach 1945 eine Tabuisierung des Themas zustande kam Das Thema war hochgradig ideologisch belastet und wurde den Laienforschern uberlassen Deshalb ist neben den o a wissenschaftlichen Veroffentlichungen die Felsgruppe seit den Sechziger Jahren wieder Schwerpunkt in Laienforscherkreisen 7 Literatur BearbeitenFranz Flaskamp Externsteiner Urkundenbuch Gutersloh 1966 Friedrich Focke Beitrage zur Geschichte der Externsteine Verlag W Kohlhammer Stuttgart Berlin 1943 Alois Fuchs Im Streit um die Externsteine Ihre Bedeutung als christliche Kultstatte Bonifacius Druckerei Paderborn 1934 Johann Wolfgang von Goethe Die Externsteine In Goethes Werke Weimarer Ausgabe Abt I Bd 49 2 Weimar 1900 S 46 52 Erstmals in Kunst und Altertum 5 1824 S 130 139 Wilhelm Lubke Max Semrau Die Kunst des Mittelalters 15 Auflage Paul Neff Verlag Esslingen 1923 Walther Matthes Rolf Speckner Das Relief an den Externsteinen Ein karolingisches Kunstwerk und sein spiritueller Hintergrund edition tertium Ostfildern vor Stuttgart 1997 Karl Theodor Menke Lage Ursprung Namen Beschreibung Altherthum Mythus und Geschichte der Externsteine Coppenrathsche Buch und Kunsthandlung Munster o J 1824 Neudruck Verlag der Manufactur Horn 1981 Ulrich Niedhorn Die Weihinschrift in der unteren Grotte der Externsteine In Lippische Mitteilungen 55 1986 S 9 44 Thies Jurgen Die Symbole der Romanik und das Bose Band I Die Externsteine und die Werke Bernward in Hildesheim im Fokus Verlag und Galerie fur Kunst und Kunsttherapie 2007 Elke Treude Michael Zelle Die Externsteine bei Horn Lippische Kulturlandschaften Heft 18 Lippischer Heimatbund Detmold 2011 ISBN 978 3 941726 18 5 ISSN 1863 0529 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kreuzabnahmerelief Externsteine Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Externsteine Quellen und Volltexte Informationszentrum Externsteine Schutzgemeinschaft Externstein e V Einzelnachweise Bearbeiten So von Walther Matthes Rolf Speckner Das Relief an den Externsteinen Ein karolingisches Kunstwerk und sein spiritueller Hintergrund edition tertium Ostfildern vor Stuttgart 1997 Klemens Hochst Eine Deutung des Stuhls auf dem Kreuzabnahmerelief der Externsteine In Lippische Mitteilungen aus Geschichte und Landeskunde Band 52 1983 S 11 17 Elizabeth C Parker The Descent from the Cross Its relation to the Extra Liturgical Depositio Drama London New York 1978 Konrad Burdach Der Gral Forschungen uber seinen Ursprung und seinen Zusammenhang mit der Longinuslegende Stuttgart 1938 Kap 9 Die erweiterte griechische Messe S 144 145 Corpus Christianorum Continuatio mediaevalis Bd XVI Pascasius Radbertus de corpore et sanguine domini Turnholt 1969 Die deutsche Ubersetzung in Paschasius Radbertus Vom Leib und Blut des Herrn Trier 1988 lasst diese Erzahlungen leider als unzeitgemass aus Uta Halle Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch Prahistorische Archaologie im Dritten Reich Bielefeld 2002 S 517 Uta Halle Die Externsteine sind bis auf weiteres germanisch Prahistorische Archaologie im Dritten Reich Bielefeld 2002 S 51851 868953 8 917272 Koordinaten 51 52 8 2 N 8 55 2 2 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kreuzabnahmerelief an den Externsteinen amp oldid 219612513