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Dieser Artikel beschreibt den Kreisarzt im fruheren Deutschland Fur den Kreisarzt im Burgenland siehe Sanitatskreis Der Kreisarzt fruher auch Kreisphysikus war in Preussen der staatliche Gesundheitsbeamte des Kreises Kreisarzte nahmen offentliche Aufgaben wie Seuchenabwehr die Kontrolle von Medizinalpersonen und gerichtsarztliche Angelegenheiten wahr Das preussische Kreisarztgesetz vom 16 September 1899 wies ihnen daruber hinaus auch sozialhygienische Aufgaben zu Mit dem Gesetz uber die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens GVG vom 3 Juli 1934 wurden die Kreisarzte zum 1 April 1935 durch staatliche Gesundheitsamter ersetzt Inhaltsverzeichnis 1 Vom Physikus zum Kreisarzt 2 Preussisches Kreisarztgesetz vom 16 September 1899 3 Offentliches Gesundheitswesen in der Weimarer Republik 4 Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3 Juli 1934 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 WeblinksVom Physikus zum Kreisarzt BearbeitenSeit Anfang des 16 Jahrhunderts begannen Stadte Stande und Landesherren besoldete Arzte anzustellen die Stadtphysicus Kreis Amts Landphysiker etc genannt wurden Die Berufung von Stadtarzten ist sogar bis in das 13 Jahrhundert nachweisbar Ihre Aufgaben die seit Ende des 16 Jahrhunderts auch in Medizinalordnungen niedergelegt wurden lagen vor allem auf dem Gebiet der offentlichen Gesundheitsvorsorge Sie waren fur die Seuchenbekampfung zustandig und beaufsichtigten das Medizinalwesen hatten aber auch Arme zu behandeln 1 Auf Landesebene wurde nach diesem kommunalen Vorbild zum Beispiel in Preussen durch das Medizinaledikt vom 12 November 1685 ein zentrales Collegium medicum geschaffen das die Heilberufe zu beaufsichtigen hatte Wohl anlasslich der Pest von 1709 gesichert aber 1719 wurde ausserdem das Collegium sanitatis fur sanitatspolizeiliche Aufgaben wie Seuchenbekampfung gegrundet Beide Institutionen wurden 1799 im Ober Collegium Medicum et Sanitatis vereinigt 2 Die Pflichten der Kreis Physiker lagen lange Zeit ausschliesslich in der speziellen Aufsicht des Medizinalwesens in ihrem Amtsbezirk und im gerichtsmedizinischen Bereich weniger jedoch auf sanitatspolizeilichem Gebiet 3 Ein Arzt der Kreisphysiker werden wollte musste schon seit 1764 eine besondere Prufung ablegen Mit der Neuordnung der Physikatsprufung 1825 gehorte dazu ausser einer schriftlichen Arbeit uber ein Problem der Staatsarzneikunde entweder eine Leichenobduktion oder eine praktische Apothekenvisitation Das Gehalt der ausschliesslich nebenamtlich tatigen Kreisphysiker war eher gering und ihre Stellung den Landraten untergeordnet Der Physikus bestritt seinen Lebensunterhalt in der Regel mit einer privaten Arztpraxis Gleichwohl waren Stellen etwa in grosseren Stadten begehrt weil sie den Aufbau einer Praxis erleichterten Das Verhaltnis der Physiker zu den niedergelassenen Arzten gestaltete sich dagegen oftmals schwierig weil diese den Physikus gewissermassen als Rauber der Praxis ansahen und der Physikus als Vertrauensarzt ausserdem Atteste der niedergelassenen Arzte uberprufte 4 Preussisches Kreisarztgesetz vom 16 September 1899 BearbeitenIndem sich die Hygiene zur experimentellen Wissenschaft entwickelte nahmen die sanitatspolizeilichen Aufgaben der Kreis Physiker an Bedeutung und Aufwand zu Aus diesem Grund konzentrierten sich die seit den 1840er Jahren erhobenen Forderungen nach einer Medizinalreform zunehmend auf die Stellung des Kreis Physikus Den Anstoss zu einer umfassenden Reform gab schliesslich die Choleraepidemie von 1892 In Preussen wurde am 16 September 1899 das Kreisarztgesetz erlassen das den Kreis Physikus durch den Kreisarzt als einem neuzeitlichen Gesundheitsbeamten ersetzt Die Anstellung erforderte nun das Ablegen einer besonderen Prufung nach gemeinhin funfjahriger arztlicher Praxis und der Absolvierung obligatorischer Kurse und Praktika in Hygiene pathologischer Anatomie Gerichtsmedizin und Psychiatrie Der Kreisarzt fungierte als Berater des Landrates bzw in Stadtkreisen der Polizeibehorde Ihm oblag vor allem die Beobachtung der gesundheitlichen Verhaltnisse seines Kreises Dazu gehorte sowohl die Medizinalaufsicht etwa uber die Anstaltsfursorge als auch die Beaufsichtigung des Impfgeschafts und der Gewerbehygiene Weitere Dienstanweisungen spezifizierten dass der Kreisarzt sich bspw uber die Abwasserentsorgung und Trinkwasserversorgung zu informieren und den Bau einer Kanalisation zu betreiben hatte aber auch Schlafstellen Herbergen Massenquartiere und Arbeiterwohnungen kontrollieren sollte Ausserdem hatte der Kreisarzt sozialhygienische Aufgaben wie Schulhygiene wahrzunehmen Weiterhin blieb er der Gerichtsarzt seines Amtsbezirks wenngleich unter besonderen Verhaltnissen besondere Gerichtsarztstellen eingerichtet werden konnten Hauptamtliche vollbesoldete Kreisarztstellen waren andererseits ebenfalls nur unter besonderen Verhaltnissen zugelassen Dementsprechend gab es erst nach dem Ersten Weltkrieg in grosserem Umfang vollbesoldete Kreisarzte 5 Offentliches Gesundheitswesen in der Weimarer Republik BearbeitenAuf der untersten Verwaltungsebene regelte das Kreisarztgesetz auch nach 1918 das staatliche Gesundheitswesen Allerdings wurde gerade in Preussen der staatliche Zugriff auf das kommunale Gesundheitswesen reduziert wo die Aufgaben offentlicher Gesundheitspflege sukzessive von neu gegrundeten kommunalen Gesundheitsamtern wahrgenommen wurden Die preussische Entwicklung wurde dementsprechend von der Konkurrenz zwischen den Kreisarzten als staatlichen Verwaltungsarzten und den Kommunalarzten als Fursorge und Vorsorgearzten gekennzeichnet Klagen uber die Desorganisation des offentlichen Gesundheitswesens und die Forderungen nach einer Vereinheitlichung erhielten vor allem im Gefolge der Weltwirtschaftskrise Auftrieb Im Rahmen der Not und Sparverordnungen wurde beschlossen die Medizinalverwaltung bis Ende 1932 zu vereinheitlichen wenngleich die rechtliche Form Kreisarzt oder Kommunalarzt umstritten blieb Die Verordnung zur Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung vom 3 September 1932 sah bereits vor dass Kreisarzte in Landkreisen in denen Kreisamter gebildet wurden keine Zustandigkeit mehr haben sollten 6 Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3 Juli 1934 BearbeitenNach der letzten Zahlung vor der Durchfuhrung des GVG gab es in 471 preussischen Kreisen und kreisfreien Stadten 397 Kreisarzte die in der Regel als Ein Mann Betriebe ohne eigenes Amt oder Hilfspersonal tatig waren und zum Teil auch fur zwei oder mehr Kreise zustandig waren Daneben existierten nach einer Zahlung von 1931 in Preussen etwa 50 kommunale mit Raumlichkeiten und Sachmitteln ausgestattete Gesundheitsamter in denen mehrere hundert Arzte haupt und nebenamtlich tatig waren 7 Durch das GVG vom 3 Juli 1934 wurden kommunales und staatliches Gesundheitswesen in der lokalen Instanz der Gesundheitsamter vereinigt Als eigenstandige Institution der unteren Verwaltung verfugte das Gesundheitsamt uber eine eigene Ausstattung und Raume sowie eigenes Personal Es sollte von einem staatlichen Amtsarzt geleitet werden der bisher als Kreisarzt tatig war oder durch einen hinreichend qualifizierten Kommunalarzt Die Aufgaben wurden in Durchfuhrungsverordnungen festgelegt die auf die preussische Dienstanweisung fur Kreisarzte vom 5 Marz 1934 und damit letztlich auf die Dienstanweisung fur Kreisarzte vom 1 September 1909 zuruckgingen Neben den Aufgaben die bis dato von den Kreisarzten wahrgenommen wurden waren dies nicht zuletzt Aufgaben der Erb und Rassenpflege einschliesslich der Eheberatung sowie gesundheitliche Volksbelehrung im Sinne der Ausbreitung erbbiologischer und rassekundlicher Kenntnisse Unterstellt waren die neuen Gesundheitsamter direkt dem Reichsinnenministerium Diese massgeblich von dem ehemaligen Kreisarzt Arthur Gutt betriebene Reform verfolgte somit das Ziel einerseits Erb und Rassenpflege zu treiben und andererseits das offentliche Gesundheitswesen zu zentralisieren um einheitliches staatliches Verwaltungshandeln zu garantieren 8 Im Sommer 1935 wurden in Preussen in 424 von 474 Kreisen Gesundheitsamter eingerichtet 9 Literatur BearbeitenIsak Schlockow Der Preussische Physikus Anleitung zum Physikatsexamen zur Geschaftsfuhrung der Medizinalbeamten und zur Sachverstandigen Thatigkeit der Aerzte Berlin 1886 Isaak Schlockow Der Kreisarzt Anleitung z Kreisarztprufung z Geschaftsfuhrung d Medizinalbeamten u z Sachverstandigen Thatigkeit d Aerzte Unter Berucks d Reichs u Landesgesetzgebung bearb von Dr Emanuel Roth u Arthur Leppmann 2 Bde 5 verm Aufl Berlin 1900 1901 Alfons Labisch Florian Tennstedt Der Weg zum Gesetz uber die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3 Juli 1934 Entwicklungslinien und Entwicklungsmomente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland Schriftenreihe der Akademie fur offentliches Gesundheitswesen 13 1 2 Dusseldorf 1985 ISSN 0172 2131 xxxi 601 Seiten in 2 Teilbanden Alfons Labisch Florian Tennstedt Gesundheitsamt oder Amt fur Volksgesundheit Zur Entwicklung des offentlichen Gesundheitsdienstes seit 1933 In Norbert Frei Hrsg Medizin und Gesundheitspolitik in der NS Zeit Munchen 1991 S 35 66 Ragnhild Munch Gesundheitswesen im 18 und 19 Jahrhundert Das Berliner Beispiel Berlin 1995 Einzelnachweise Bearbeiten Ulrich Knefelkamp Stadt und Spital in Oberdeutschland im spaten Mittelalter Am Beispiel suddeutscher Reichsstadte In Peter Johanek Hrsg Stadtisches Gesundheitswesen und Fursorgewesen vor 1800 Koln 2000 S 19 40 Ranghild Munch Gesundheitswesen im 18 und 19 Jahrhundert Das Berliner Beispiel Berlin 1995 S 28 52 Sandra Kramer Die Pest die weisse Frau und eine weitgreifende Kabinettsorder In Deutsches Arzteblatt Jg 107 2010 A331 Es existiert nur eine allgemeine Instruktion Instruction fur die Land Creyss und Stadt Phisicos in denen Konigl Preuss Landern De Dato Berlin den 17 October 1776 In Novum Corpus Constitutionum Prussico Brandenburgensium Praecipue Marchicarum Theil 6 1780 Nachtrag der Verordnungen zum Jahrhg v 1780 No 12 Sp 3315 3322 Claudia Huerkamp Der Aufstieg der Arzte im 19 Jahrhundert Vom gelehrten Stand zum professionellen Experten Das Beispiel Preussens Gottingen 1985 S 167 171 Alfons Labisch u Florian Tennstedt Der Weg zum Gesetz uber die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3 Juli 1934 Entwicklungslinien und momente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland Dusseldorf 1985 S 7 17 zit S 17 Huerkamp Aufstieg S 171 177 Labisch u Tennstedt Weg Teil 1 S 42 57 Labisch u Tennstedt Weg Teil 1 63 116 Alfons Labisch u Florian Tennstedt Gesundheitsamt oder Amt fur Volksgesundheit Zur Entwicklung des offentlichen Gesundheitsdienstes seit 1933 In Norbert Frei Hrsg Medizin und Gesundheitspolitik in der NS Zeit Munchen 1991 S 38 42 Labisch u Tennstedt Gesundheitsamt S 38 39 Labisch u Tennstedt Weg S 313 332 Labisch u Tennstedt Gesundheitsamt S 49 Weblinks BearbeitenProtokoll einer kreisarztlichen Inspektion in Niedersaubach am 20 Januar 1909 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kreisarzt amp oldid 235988516