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Als Kohlengraberei bezeichnet man eine Methode der Kohlengewinnung 1 bei der die zutage tretenden Steinkohlenfloze mit einfachen Werkzeugen abgebaut wurden 2 In einigen Regionen wurde die Kohlengraberei auch Kohlengrafften Kohlpfutzen oder Kaulen genannt 3 Diese Form der Gewinnung von Bodenschatzen ist kein Bergbau im bergmannischen Sinn 4 Streng genommen lasst sich die Kohlengraberei auch als wilder Bergbau bezeichnen 5 Inhaltsverzeichnis 1 Anfange 2 Die Methode 3 Nachteile und Probleme 4 Ende der Kohlengraberei in Europa 5 Einzelnachweise 6 WeblinksAnfange Bearbeiten nbsp Ausbiss des Russkohlenflozes am Westufer der Zwickauer Mulde nahe dem Cainsdorfer BahnhofWann genau die ersten Kohlengrabereien stattgefunden haben ist nicht bekannt 1 Der Beginn wird jedoch in einer Sage beschrieben 6 Mit ziemlicher Sicherheit kann man den Zeitraum der Kohlengraberei in einigen deutschen Steinkohlerevieren nennen 2 Im Bereich des Ruhrgebietes fanden bereits um das Jahr 1000 erste Kohlengrabereien statt 6 Allerdings wird erst in einem Dokument aus dem Jahr 1129 den Burgern der Stadt Duisburg von Seiten des Kaisers erlaubt nach Steinkohlen zu graben 2 Im Aachener Bergrevier wird der Zeitraum von 1113 bis 1125 genannt in dem mittels sogenannter Kalkulen nach Kohle gegraben wurde 7 Im 13 Jahrhundert begann die Kohlengraberei im gesamten sudlichen Ruhrgebiet von Unna bis Mulheim Ruhr 8 Der Grund fur die Kohlengraberei war die Preissteigerung des knapper werdenden Brennholzes 9 Begunstigt wurde diese Art der Kohlengewinnung dadurch dass die unedle Steinkohle nicht unter das Bergregal fiel 3 Deshalb waren die Kohlenfloze Eigentum des jeweiligen Grundbesitzers 2 Viele Bauern oder Kleinbauern sogenannte Kotter betrieben diese Kohlengewinnung nur neben ihrer eigentlichen Feldarbeit fur den eigenen Bedarf z B fur den Hausbrand 10 Die Gewinnung der Kohlen auf dem eigenen Grundstuck unterstand zunachst keinen bergrechtlichen Gesetzen hier griff vielmehr das Gewohnheitsrecht 2 Aber auch in anderen Bergbaugebieten gab es die Kohlengraberei Im Saarland gab es gemass urkundlicher Erwahnungen in der Stadt Sulzbach im Jahr 1462 erste Kohlengrabereien Auch hier wurde die Kohlengewinnung unplanmassig durch Bauern und Handwerker getatigt 5 Begunstigt wurde die Kohlengraberei dort wo durch Gebirgsverwerfungen und Aufschiebungen die Kohlenfloze bis an die Tagesoberflache traten 11 Der Ausbiss der Floze war an der Tagesoberflache haufig als Schweif dem sogenannten Hakenschlag ausgebildet dem man dann einfach folgen konnte 9 Die Methode Bearbeiten nbsp Entstehung einer Pinge durch KohlengrabereiDie Methode der Kohlengewinnung mittels Kohlengraberei lasst sich nicht eindeutig bestimmen 2 Zunachst sammelte man falls vorhanden die direkt auf dem Boden liegenden Kohlenstucke auf anschliessend ging man dazu uber nach der Kohle zu graben 7 Hochstwahrscheinlich benutzten die Kohlengraber fur die Kohlengraberei dann die Werkzeuge die sie auch fur die Feldarbeit brauchten 2 Mit Hacke und Schaufel wurden Locher in den Erdboden gegraben das Kohlenfloz freigelegt und die Kohle losgehackt und eingesammelt 12 Allerdings wurden nur die Stuckkohlen verwendet Die beim Bearbeiten des Kohlenflozes unweigerlich anfallende Feinkohle wurde weil sie in den damaligen Feuerstellen nicht gebraucht werden konnte auf kleine Halden in der Nahe der Grabestelle aufgehauft 13 Damit die gewonnenen Kohlen transportiert werden konnten wurde sie in Weidenkorbe oder ahnliche Gefasse geladen und abtransportiert 14 Die Kohlengraberei wurde meist plan und regellos betrieben denn die Abbaupunkte wurden mehr oder weniger zufallig gefunden 15 Vermutlich orientierte man sich zunachst an den Flozausbissen 16 Dort folgte man wo moglich dem Hakenschlag des Flozausbisses 9 Als man die Kohlengraberei schon langer betrieb richtete man sich wohl auch an schwarz gefarbten Maulwurfshugeln aus 14 Diese Schwarzfarbung entstand durch die knapp unter der Bodenschicht liegende Kohle die durch den Maulwurf hochgeworfen wurde 16 Die Abbaupunkte wurden dann in Streichrichtung der Floze bearbeitet 15 Dadurch entstanden Pingen als Vertiefungen im Boden 17 Abgebaut wurde an einem Punkt so lange bis die Grube voll Wasser gelaufen war danach wurde an einer anderen Stelle ein neuer Arbeitsplatz errichtet 15 Die zuruckgelassenen Wasserpfutzen wurden als Kohlenpfutzen bezeichnet aus diesem Begriff entstand dann im Ruhrgebiet der volkstumliche Name Putt fur die Steinkohlenzechen 9 Auch wenn sich die Gewinnung an einer Stelle als zu schwierig erwies wurde die Kohlengraberei dort beendet und an einer anderen Stelle neu gegraben 14 In der Regel wurde dabei dann dasselbe Floz nur an einer anderen Stelle bearbeitet 1 Belegt wurden die einzelnen Abbaupunkte mit nur wenigen Leuten Oftmals nahm der Grundeigentumer seine Frau die Kinder Knechte und Magde zu Hilfe Es wurde nur so viel Steinkohle abgebaut wie benotigt wurde 11 Die Kohlengraberei diente uberwiegend der Deckung des Eigenbedarfs 14 Sie geschah hauptsachlich in der Winterzeit wenn die Felder nicht bestellt werden mussten 6 Insbesondere bestand zu dieser Jahreszeit auch ein grosserer Bedarf an Brennstoff 1 Zum Teil wurden die Kohlen auch an ortliche Handwerksbetriebe wie z B Schmieden verkauft 5 Eine andere Methode der Kohlengewinnung neben der Kohlengraberei war das sogenannte Kohlenbrechen Diese Methode war dem Brechen von Steinen sehr ahnlich Die beiden Methoden werden in den Urkunden oftmals miteinander gleichgesetzt und nicht eindeutig auseinandergehalten sodass es heute manchmal problematisch ist genaue Aussagen uber die jeweils verwendete Methode zu treffen 6 Nachteile und Probleme BearbeitenDie obere abgebaute Kohlenschicht brannte nur sehr schlecht im Schmiedefeuer und in den Feuerstellen im Wohnbereich 14 Das lag daran dass die obere Kohlenschicht die auch als Blume des Flozes bezeichnet wird sehr weich ist und nur wenig stuckreich gewonnen werden konnte 17 Ausserdem war diese oberflachennahe oftmals frei liegende Kohle auch verwittert 14 Problematisch war dass bei dieser Methode das Kohlenfloz an immer neuen Stellen abgebaut wurde Verstarkt wurde dies auch durch den Umstand dass die Pingen je nach Tiefe des Grundwasserspiegels schnell voll Wasser liefen 11 Hinzu kam dass je nach Beschaffenheit des Bodens die nicht gesicherten Gruben bereits nach einigen Metern einsturzen konnten 14 Dies fuhrte dazu dass auch aufgrund des steigenden Bedarfs an Brennmaterial immer mehr Pingen entstanden 11 Im Laufe der Jahre entstanden so in einigen Gegenden ganze Pingenzuge die aus perlenschnurartig aneinandergereihten Pingen bestanden 18 Etwa um das Jahr 1285 war das Gelande bei Newcastle in England mit sechs bis funfzehn Meter tiefen Trichtergruben verwustet Aus diesem Grund war es bei Dunkelheit nur unter Lebensgefahr moglich das Gelande zu betreten 6 Aber auch im Ruhrgebiet kam es im 16 Jahrhundert immer haufiger zu Flurschaden und Verwustungen ganzer Landstriche Aus diesem Grund beschlossen im Jahr 1578 die Herren von Witten und Steinhausen die Kohlengraberei einzuschranken Diese ersten Regelungsversuche konnten sich jedoch nicht genugend durchsetzen 4 Ein weiteres Problem der verstarkten Kohlengraberei ergab sich fur den weiteren geordneten Bergbau im Stollenbau 17 Die Gruben liefen allmahlich voll Wasser und gingen zu Bruch Bedingt durch die aneinandergereihten mit Wasser gefullten Pingen versumpften diese Bereiche im Laufe der Jahre 1 Dies fuhrte dazu dass die Bereiche in denen dieser ungeordnete Abbau stattgefunden hatte fur den weiteren geordneten Bergbau unbrauchbar waren 17 Ende der Kohlengraberei in Europa BearbeitenDie Kohlengraberei ging im Ruhrgebiet etwa ab der Mitte des 18 Jahrhunderts allmahlich zu Ende Die Grunde hierfur waren vielfaltig Ab Anfang des 17 Jahrhunderts wurde auch die Steinkohle unter das Bergregal gestellt Durch die Abgaben des Kohlenzehnten wurde die Kohlengraberei unrentabel Ausserdem regelte der Staat von diesem Zeitpunkt an durch Berggesetze den Bergbau wilde Kohlengraberei und Raubbau wurden so stark eingeschrankt Zur Uberwachung wurden Bergbeamte eingesetzt In der Grafschaft Mark wurde etwa um das Jahr 1609 der erste Bergmeister ins Amt gesetzt 3 Spater wurden mit Hilfe des Staates Bergleute aus den alten Erzrevieren im Ruhrgebiet angesiedelt Diese brachten ihr bergmannisches Fachwissen und ihre Erfahrung uber einen zeitgemassen Bergbau mit in das Ruhrrevier Ausserdem liess sich der gestiegene Bedarf an Brennmaterial fur die Industrie nicht mehr durch die Kohlengraberei decken Die Verwendung von Holzkohle war Zum Schutz der Walder per Gesetz durch den preussischen Staat unter Strafandrohung verboten worden 19 Auch im Saarland wurde die Kohlengraberei ab der Mitte des 18 Jahrhunderts stark eingeschrankt 5 Im Jahr 1754 wurde der gesamte Kohlenabbau durch Wilhelm Heinrich von Nassau Saarbrucken unter landesfurstliche Verwaltung genommen 20 Die wilde Kohlengraberei wurde unter Strafe gestellt 5 Letztmals wurde die Kohlengraberei in Deutschland in den ersten zehn Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg durchgefuhrt In dieser Zeit war die Kohlennot sehr gross und so wurde auch aus Kostengrunden die Kohle nach dieser Methode von oberflachennahen Restflozteilen hereingewonnen 6 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Walter Gantenberg Rolf Kohling Wilhelm Spieker Kohle und Stahl bestimmten ihr Leben 1 Auflage Klartext Verlag Essen 2000 ISBN 3 88474 281 7 S 19 a b c d e f g Ralf Volkert Stadt Witten Hrsg Geschichte des markischen Steinkohlenbergbaus Von den Anfangen bis zur Bergrechtsreform 1865 Druck Stadt Witten Witten 1986 S 4 12 13 a b c Heinrich Achenbach Geschichte der Cleve Markischen Berggesetzgebung und Bergverwaltung Verlag von Ernst amp Korn Berlin 1809 a b Gerhard Gebhardt Ruhrbergbau Geschichte Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen Verlag Gluckauf Essen 1957 S 2 5 a b c d e Stadtverband Saarbrucken Hrsg Der Saarkohlenwald Geschichte und Zukunft Druck SDV Saarlandische Druckerei und Verlag Saarbrucken 2005 S 10 a b c d e f Joachim Huske Der Steinkohlenbergbau im Ruhrrevier von seinen Anfangen bis zum Jahr 2000 2 Auflage Regio Verlag Peter Voss Werne 2001 ISBN 3 929158 12 4 a b Erik Zimmermann Schwarzes Gold im Tal der Ruhr Die Geschichte des Werdener Bergbaues Verlagsgruppe Beleke Nobel Verlag GmbH Essen 1999 ISBN 3 922785 57 3 S 7 9 Joachim Huske Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier Daten und Fakten von den Anfangen bis 2005 Veroffentlichungen aus dem Deutschen Bergbau Museum Bochum Bd 144 3 uberarbeitete und erweiterte Auflage Selbstverlag des Deutschen Bergbau Museums Bochum 2006 ISBN 3 937203 24 9 S 12 a b c d Karl Heinz Bader Karl Rottger Manfred Prante 250 Jahre markischer Steinkohlenbergbau Ein Beitrag zur Geschichte des Bergbaues der Bergverwaltung und der Stadt Bochum Studienverlag Dr N Brockmeyer Bochum 1987 ISBN 3 88339 590 0 S 22 23 Thomas Schafer Stefanie Marsch Bernard Bernarding Als die Bauern nach Kohlen gruben In Saarbrucker Zeitung Nr 8 Saarbrucken 10 Januar 2012 S A2 a b c d K C v Leonhard Naturgeschichte des Steinreichs Neue durchaus umgearbeitete und vermehrte Auflage Verlag von J B Muller Stuttgart 1854 Wilhelm Hermann Gertrude Hermann Die alten Zechen an der Ruhr Reihe Die Blauen Bucher Verlag Langewiesche Nachfolger Konigstein im Taunus 6 erweiterte und aktualisierte Aufl 2008 ISBN 978 3 7845 6994 9 S 14 Walter E Gantenberg Auf alten Kohlenwegen Band 1 1 Auflage Klartext Verlag Essen 2009 ISBN 978 3 8375 0110 0 S 21 a b c d e f g Gerhard Koetter Hrsg Bergbau im Muttental 1 Auflage Druckstatt Wohrle Witten 2001 ISBN 3 00 008659 5 S 16 a b c Delf Slotta Von Pingen Schurfen und Hohlwegen In Steinkohle 9 2003 a b Ralf Volkert Kleine Geschichte des Ruhrbergbaus Informationsschrift Verkehrsverein Witten Hrsg a b c d Kurt Pflaging Steins Reise durch den Kohlenbergbau an der Ruhr 1 Auflage Geiger Verlag Horb am Neckar 1999 ISBN 3 89570 529 2 S 19 20 Till Kasielke Bochum Sundern Spuren des fruhen Steinkohlenbergbaus am Baaker Berg Exkursionsbericht In Bochumer Botanischer Verein e V Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins Band 8 Bochum 2016 ISSN 2190 3972 S 133 139 B M Krooss A Busch L Benner Exkursion Geo Energiegewinnung im Ruhrgebiet RWTH Aachen online Memento vom 19 Juli 2007 im Internet Archive zuletzt abgerufen am 15 Oktober 2012 PDF Datei 1 13 MB Delf Slotta RAG Aktiengesellschaft Hrsg Das Steinkohlenrevier an der Saar RAG Aktiengesellschaft Kommunikation Saar Druck und Verarbeitung Lithos Verlag Saarbrucken S 8 Weblinks BearbeitenUwe Kortengraber Kleine Geschichte des Ruhrbergbaus zuletzt abgerufen am 15 Oktober 2012 PDF Datei 26 kB Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kohlengraberei amp oldid 236975669