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Die Familie Knutgen in anderen Schreibweisen auch Knuytgin Knytgen Cnytgen Kneutgen u a war eine einflussreiche Topferdynastie in der Siegburger Aulgasse Sie dominierte zwischen dem 15 und 17 Jahrhundert die Siegburger Steinzeugproduktion und das Ulnerhandwerk 1 der Stadt Ihren Reichtum schopften die Knutgens aus der kunstvollen Herstellung von feinem Steinzeug und deren Fernhandel Die Familie erlebte im 16 Jahrhundert ihren wirtschaftlichen Hohepunkt in Siegburg bevor sie in Folge von Kriegen und Repressalien ins Kannenbackerland und ins Bergische auswanderte Inhaltsverzeichnis 1 Die Familie 1 1 Anno Knutgen 1 2 Hans Hilgers 1 3 Christian Knutgen 2 Hexenprozesse und Ubersiedlung nach Troisdorf Altenrath 3 Verbleib in Siegburg 3 1 Familiengrab in St Servatius 4 Kunsthistorische Bedeutung 5 Varia 6 Literatur 7 AnmerkungenDie Familie BearbeitenNeben der Familie Flach Vlach waren die Knutgens die grosste und bedeutendste Topferfamilie Siegburgs In den Zunftlisten sind allein fur die Jahre 1564 und 1572 sechs Werkstatten belegt die einem Knutgen zuzuordnen sind 2 Mitglieder der Familie Knutgen spielten auch in der Politik Siegburgs eine Rolle 1655 ist ein Johann Knutgen Burgermeister von Siegburg nbsp Das Kloster Bodingen heute Erstmalige Erwahnung findet die ursprunglich aus Koln stammende Familie Knutgen 1427 als Stifter im Memorienregister des Klosters Bodingen 3 Die Verbundenheit der Familie Knutgen mit dem Kloster bleibt offenbar im gesamten 15 Jahrhundert bestehen 1494 stiftet eine Adelheid Knutgen die Witwe des Topfers Peter Knutgen dem Kloster 40 Gulden fur ein ewiges Jahresamt zu Ehren ihres verstorbenen Mannes 4 Ein Jahr spater 1495 stiftet ein Tillmann Knutgen vermutlich der Sohn des Peter Knutgen ebenfalls 40 Gulden fur die gleiche jahrliche Andacht 5 Dieselbe Quelle berichtet dass Tillmann Knutgens Sohn Johannes seinerzeit Novize in dem Kloster war Bereits 1488 nennt eine stadtische Rechnung uber Reparaturarbeiten an der Stadtmauer mit Heyntz Knuytgijns erstmals einen Topfer der Familie namentlich 6 Besonders der Vorname Johann war in der verzweigten Familie Knutgen weit verbreitet Familienverhaltnisse sind hier nur schwer zu unterscheiden In einem Gerichtsprotokoll von 1637 tauchen gleich drei unterschiedliche Johann Knutgens auf Als Unterscheidungsmerkmal erhalten sie in den Urkunden einen Namenszusatz meist einen Flurnamen wie uff der Bach oder unter der Eich 7 Anno Knutgen Bearbeiten nbsp Schnelle des Franz Trac mit biblischen Szenen nach 1560 Der bedeutendste Vertreter der Familie war Anno Knutgen um 1590 in Hohr Grenzhausen 8 Er besuchte eine Klosterschule und erwarb sich juristische Kenntnisse Ab 1568 wird Anno Knutgen als herzoglich bergischer Vogt gefuhrt der somit direkter Vertreter des Herzogs von Julich Kleve Berg bei der Stadt und der Abtei Siegburg war Als Topfermeister taucht er ab 1564 auf den Zunftlisten auf Auch wenn Anno Knutgen selbst nicht ein bekanntes Gefass zuzuordnen ist stammen aus seiner Werkstatt die feinsten und kunstlerisch hochstehendsten Steinzeugprodukte seiner Zeit Fur Anno Knutgen waren fahige Werkmeister wie Franz Trac tatig In den 60er Jahren des 16 Jahrhunderts wahrend des Beschaftigungszeitraums Tracs erlebte die Anno sche Topferei ihren wirtschaftlichen Hohepunkt Eine Innovation Annos war die Einfuhrung einer blauen Salzglasur um 1587 in Siegburg mit der bereits drei Jahre zuvor Jan Emens Mennicken in Raeren experimentiert hatte In Siegburg brachte dieser Versuch zwar nicht den gewunschten Erfolg erwies sich aber fur die Steinzeugherstellung im Westerwald als wegweisend In den Jahren 1569 bis 1571 fuhrte Peter Knutgen die Werkstatt Annos weiter und ubernahm etliche Vorlagen von Franz Trac Nach dem Truchsessischen Krieg verlasst er mit seinen Sohnen Bertram und Rutger die stark in Mitleidenschaft gezogene Aulgasse und siedelt sich um 1590 in Hohr Grenzhausen im Kannenbackerland Westerwald an wo er kurz darauf verstirbt Ein weiterer Sohn Annos Hermann zog im Jahr 1600 nach 9 Die anderen Teile der Familie Knutgen darunter Christian Knutgen bleiben zunachst in Siegburg und produzieren weiter Hans Hilgers Bearbeiten nbsp Links im Bild eine Schnelle von Hans Hilgers 1570 V amp A London Hans Hilgers eigentlich mit Geburtsnamen Johann Knutgen war der Sohn des 1564 oder 65 verstorbenen Hilger Knutgen Nach dem Tod des Vaters wuchs er bei seinem Onkel Peter Knutgen auf und erlernte dort das Topferhandwerk Seinen ersten grossen Auftrag erhielt Hans Hilgers im Juli 1570 als er 3900 Ziegelsteine fur den Umbau des Siegburger Rathauses liefern sollte Kurz darauf heiratete er Apolonia 10 Hans Hilgers ist der Kunstgeschichte vor allem durch seine Matrizen bekannt die auch in den Topferzentren Raeren Langerwehe und im Kannenbackerland verwendet wurden Dennoch war er mehr Handwerker denn Kunstler 11 Sein Tatigkeitszeitraum lag zwischen 1565 und 1595 Christian Knutgen Bearbeiten Die genaue Verwandtschaftsbeziehung zu Anno Knutgen ist bei Christian Knutgen 12 nicht eindeutig Als Topfermeister war er in den Jahren 1568 bis 1605 tatig und fuhrte innovative Techniken wie den Kerbschnitt ein Er ist der dominierende Siegburger Topfermeister der Spatrenaissance und gilt neben Franz Trac zu den kunstgeschichtlich bedeutendsten Personlichkeiten in der Herstellung von feiner Steinzeugware Hexenprozesse und Ubersiedlung nach Troisdorf Altenrath BearbeitenAls nach dem Dreissigjahrigen Krieg schwedische Truppen unter General Baudissin 1632 Siegburg und die Aulgasse verheert hatten erlitt auch die Siegburger Topferindustrie einen massiven Einbruch In der Folge versuchten der Abt und die Zunfte das Handwerk zu starken indem sie strengere Konditionen festlegten Dies wirkte sich jedoch gegenteilig auf die Topferproduktion aus Zudem litt die Familie Knutgen neben einer zunehmenden Verschuldung unter juristischen Repressalien Fur die Jahre 1636 und 1638 sind Hexenprozesse gegen Familienmitglieder uberliefert 13 1638 wurde der Topfermeister Dietrich Kneutgen an der Linden festgenommen und von dem betrugerischen Hexenjager Franz Buirmann der Hexerei angeklagt und offentlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt Dietrichs Witwe musste fur die Prozesskosten in Hohe von 86 Reichstalern aufkommen Zwei Drittel der Summe bekam der Hexenjager 14 1647 wurde eine gewalttatige Auseinandersetzung zwischen einem Johann Knutgen und Franz Buirmann aktenkundig 15 So verliessen weitere Teile der Familie Knutgen die wahrend der schwedischen Besatzung ausgeharrt hatten die Aulgasse und liessen sich in Troisdorf Altenrath am Rand des Bergischen Landes nieder wo sie neuerlich mit der Steinzeugproduktion begannen Der Siegburger Abt Bertram von Bellinghausen unternahm nach Abzug der Schweden den Versuch die Familie Knutgen zur Ruckkehr in die Aulgasse zu bewegen Als diese sich verweigerten liess der Abt am 12 Mai 1636 alle Besitztumer der Familie Knutgen in Siegburg beschlagnahmen Die Knutgens ersuchten bei ihrem neuen Landesherrn dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm um Hilfe 16 Wolfgang Wilhelm setzte den Abt mit einem harschen Schreiben vom 6 April 1637 unter Druck Ob diese Intervention Erfolg hatte ist nicht uberliefert Noch im Fruhjahr 1637 war ein Johann Knutgen nach Altenrath ubergesiedelt 1651 folgte Heinrich Knutgen mit dessen Frau Maria 17 Die Familie Knutgen jedenfalls blieb in Altenrath ansassig wo sie noch bis Ende des 17 Jahrhunderts Topferwaren herstellte Verbleib in Siegburg Bearbeiten nbsp Die Aulgasse auf der Karte von Tranchot um 1810Trotz der widrigen Bedingungen unter denen die Familie Knutgen in Siegburg in der ersten Halfte des 17 Jahrhunderts lebten waren einige Familienmitglieder als Topfermeister in der Aulgasse verblieben Ein stadtisches Pachtregister von 1646 fuhrt sieben Siegburger Topferwerkstatten auf von denen funf Betriebe Mitgliedern der Familie Knutgen gehorten Diese sind namentlich Dietrich Knuetgen der Junger Johannes Knuetgen Heinrich Knuetgen Wilhelm Knuetgen und Johannes uff der Bach 18 Ein Jahrzehnt spater sind von diesen sieben Werkstatten nur noch drei verblieben Wie viele von diesen letzten Siegburger Topfermeistern noch zur Familie Knutgen zahlten ist unbekannt Abt Johann von Bock zu Pattern war 1654 gezwungen einen ortsfremden Topfermeister in die bis dahin geschlossene Siegburger Ulnerzunft aufzunehmen da diese auszusterben drohte 19 Die Siegburger Steinzeugproduktion erlangte jedoch nie mehr die Bedeutung und dieselbe kunstlerische Hohe die sie in der zweiten Halfte des 16 Jahrhunderts hatte Familiengrab in St Servatius Bearbeiten nbsp Die St Servatiuskirche unterhalb der Abtei Johann Knutgen der Jungere genannt der Reiche Jan hatte vor seinem Ableben 1548 in der Kirche St Servatius eine Begrabnisstatte fur sich und seine Nachfahren gekauft Beigesetzt sind hier neben dem Reichen Jan Peter Knutgen 1571 und Johann Hans Hilgers 1610 20 Kunsthistorische Bedeutung BearbeitenTopfereiprodukte aus den Werkstatten der Familie Knutgen finden sich in Kunstmuseen auf der ganzen Welt Das Deutsche Keramikmuseum zeigt als Hauptwerk der rheinischen Topferkunst eine reich verzierte Gurde von Anno Knutgen um 1570 21 Eine Sammlung bedeutender Stucke sind ebenfalls im Museum fur Angewandte Kunst Koln ausgestellt 22 Besonders aus der Werkstatt des Anno Knutgen die zwischen 1560 und 1570 ihren wirtschaftlichen Hohepunkt hatte stammen kunstlerisch hochstehende Gefasse Varia BearbeitenIn Siegburg erinnert heute noch die Knutgenstrasse an die Topferdynastie Nordlich zweigt der Franz Trac Weg ab Das Wohnhaus und eine Werkstatt des Anno Knutgen stand in der Aulgasse auf Hohe des heutigen Grundstucks Nummer 8 innerhalb des Topfereibezirks Untere Aulgasse 23 Literatur BearbeitenJohann Baptist Dornbusch Die Kunstgilde der Topfer in der abteilichen Stadt Siegburg und ihre Fabrikate Mit Berucksichtigung von anderen bedeutenden rheinischen Topferniederlassungen besonders von Raeren Titfeld Nendorf Merols Frechen Hohr und Grenzhausen Ein Beitrag zur Geschichte des Kunsthandwerkes am Niederrheine Heberle Koln 1873 S 1 130 Nachdruck Rheinlandia Siegburg 1986 ISBN 3 925551 00 X Elsa Hahnel Siegburger Steinzeug Bestandskatalog Band 1 Koln 1992 ISBN 3 7927 0894 9 S 69ff Fuhrer und Schriften des Rheinischen Freilichtmuseums und Landesmuseums fur Volkskunde in Kommern Nr 31 Wolfgang Herborn Die wirtschaftliche und soziale Bedeutung und die politische Stellung der Siegburger Topfer In Rheinisches Jahrbuch fur Volkskunde Band 24 1982 Otto von Falke Das rheinische Steinzeug 2 Bande Berlin 1908 Nachdruck Zeller Osnabruck 1977 ISBN 3 535 02416 1 Wilhelm Felten Die Siegburger Topferfamilie Knutgen In Heimatblatter des Siegkreises 2 1926 Heft 7 S 56 60 Ursula Francke Kannenbacker in Altenrath Fruhneuzeitliche Steinzeugproduktion in Troisdorf Altenrath Rheinlandia Siegburg 1999 ISBN 3 931509 82 6 Gero Fuchs Gewinn als Umbruch der Ordnung Der Fall des Siegburger Topfers Peter Knutgen im 16 Jahrhundert In Rechtsordnung und Wirtschaftsgeschichte Nr 19 Mohr Siebeck Tubingen 2019 ISBN 978 3 16 156852 7 Dissertation Rheinischen Friedrich Wilhelms Universitat Bonn 2018 Karl Koetschau Rheinisches Steinzeug Munchen 1924 DNB 361082975 S 25 37 Manfred Rech Zur Einfuhrung Topfereigewerbe in der Siegburger Aulgasse In Andrea Korte Boger Gisela Hellenkemper Salies Eine Siegburger Topferwerkstatt der Familie Knutgen Neue archaologische und historische Forschungen zur Unteren Aulgasse Rheinland Verlag Koln 1991 ISBN 3 7927 1223 7 S 1 13 Gisela Reineking von Bock Steinzeug Kunstgewerbemuseum der Stadt Koln Koln 1986 DNB 870235346 S 53ff Johann Schmitz Der Ausklang der Siegburger Topferzunft in Altenrath In Heimatblatter des Siegkreises 1 1925 Heft 1 S 14 16 Otto Treptow Miscellen zu verschiedenen Personlichkeiten der Siegburger Ulnerzunft im spaten 16 Und zu Beginn des 17 Jahrhunderts In Andrea Korte Boger Gisela Hellenkemper Salies Eine Siegburger Topferwerkstatt der Familie Knutgen Neue archaologische und historische Forschungen zur Unteren Aulgasse Rheinland Verlag Koln 1991 ISBN 3 7927 1223 7 S 103ff Redaktion Knutgen In Neue Deutsche Biographie NDB Band 12 Duncker amp Humblot Berlin 1980 ISBN 3 428 00193 1 S 230 Digitalisat Anmerkungen Bearbeiten Der Ausdruck Ulner Topfer leitet sich vom althochdeutschen aul bzw vom lateinischen olla Topf her Hahnel 1987 S 86f Dornbusch 1873 S 38 Hahnel 1987 S 75 76 Hahnel 1987 S 76 Hahnel 1987 S 75 Francke 1999 S 49 Siehe zu Anno Gisela Reineking von Bock Knutgen Anno In Neue Deutsche Biographie NDB Band 12 Duncker amp Humblot Berlin 1980 ISBN 3 428 00193 1 S 230 Digitalisat Koetschau 1924 S 33 Treptow 1991 S 106 Koetschau 1924 S 35f Siehe zu Christian Gisela Reineking von Bock Knutgen Christian In Neue Deutsche Biographie NDB Band 12 Duncker amp Humblot Berlin 1980 ISBN 3 428 00193 1 S 230 Digitalisat Peter Gansen Die Hexenprozesse des 17 Jahrhunderts in Siegburg In Heimatblatter des Siegkreises 27 1959 Heft 77 S 59ff Dornbusch 1873 S 38 Anm 3 Francke 1999 S 35 Dornbusch 1873 S 47 48 Francke 1999 S 49 Hahnel 1987 S 79 Dornbusch 1873 S 48 49 Treptow 1991 S 111 Joachim Naumann Hetjens Museum Dusseldorf Deutsches Keramikmuseum Keramik aus 8000 Jahren Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 1994 S 54 55 Bock 1986 S 175ff Otto Treptow Die Topographie der Unteren Aulgasse In Andrea Korte Boger Gisela Hellenkemper Salies Eine Siegburger Topferwerkstatt der Familie Knutgen Neue archaologische und historische Forschungen zur Unteren Aulgasse Rheinland Verlag Koln 1991 S 29 58 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Knutgen amp oldid 232372930