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Keine Gleichheit im Unrecht ist eine Formulierung aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 1 welche die Absage an ein gleichformig unrechtmassiges Verhalten eines Tragers offentlicher Gewalt im Bereich der Leistungsverwaltung kennzeichnet 2 In der rechtswissenschaftlichen Literatur sind auch die Schlagworte Keine Gleichbehandlung im Unrecht 3 4 5 oder Kein Anspruch auf Fehlerwiederholung gebrauchlich 6 7 Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung 2 Osterreich 3 Schweiz 4 Liechtenstein 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBedeutung BearbeitenNach standiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht 8 9 Damit ist nach einer gangigen Umschreibung gemeint dass aufgrund des in Artikel 3 des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland verankerten Gleichbehandlungsgrundsatzes keine Gleichbehandlung beansprucht werden kann die dem objektiven Recht zuwiderlauft 2 Der offentlichen Gewalt ist es lediglich verwehrt bei Massnahmen die in die Rechte der Betroffenen eingreifen systemlos und willkurlich vorzugehen 10 Zum Beispiel kann die Erteilung einer Baugenehmigung fur ein baurechtswidriges Bauvorhaben nicht deshalb beansprucht werden weil in anderen Fallen trotz der gleichen Baurechtswidrigkeit eine Baugenehmigung erteilt wurde 11 12 Ein weiteres Beispiel aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ein Berufssoldat hatte entgegen den einschlagigen Rechtsvorschriften Briefpapier und Hinweisschilder beschafft Gegen die gegen ihn verhangte Disziplinarmassnahme hatte er sich erfolglos mit der Begrundung gewandt er habe diese rechtswidrige Praxis so vorgefunden 9 Besteht fur die staatliche Verwaltung ein Ermessensspielraum oder ein Beurteilungsspielraum so erstreckt sich der Gleichheitssatz auf die sogenannte Selbstbindung der Verwaltung Eine Behorde muss demnach soweit sich eine Verwaltungspraxis gebildet hat tatsachlich gleiche Falle auch rechtlich gleich behandeln Eine allgemeine Anderung der Verwaltungspraxis bleibt dabei moglich Ist aber die von der Behorde geubte Verwaltungspraxis rechtswidrig so ist aufgrund der aus Art 20 Abs 3 GG folgenden Verpflichtung der Behorde zu richtiger Rechtsanwendung eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht rechtmassig und die Behorde nicht gebunden Der Burger kann sich niemals erfolgreich darauf berufen dass in anderen Fallen auch unrechtmassig gehandelt worden sei Osterreich BearbeitenAus der in Art 18 Abs 1 B VG angeordneten Bindung der Vollziehung an das Gesetz folgt dass der allgemeine Gleichheitssatz des Art 7 Abs 1 BV G dem Rechtsunterworfenen keinen Anspruch darauf verschaffen kann ebenso wie ein anderer nicht gesetzeskonform behandelt zu werden Dementsprechend stellen sowohl der Verfassungs als auch der Verwaltungsgerichtshof in standiger Rechtsprechung fest 13 dass aus dem Fehlverhalten der Behorde in anderen Fallen kein Recht auf ein gleiches Fehlverhalten abgeleitet werden kann Denn das Ergebnis ware ein Anspruch auf die Nichtanwendung des Gesetzes trotz gegebener Tatbestandsmassigkeit was ein innerer Widerspruch ware 14 Schweiz BearbeitenNach der Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichtes ergibt sich aus der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft grundsatzlich kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht Wenn jedoch eine Behorde in standiger Praxis von dem Gesetz abweicht und zu erkennen gibt dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden werde kann der Burger verlangen gleich behandelt d h ebenfalls gesetzwidrig begunstigt zu werden sofern dem keine anderen berechtigten Interessen entgegenstehen 15 Das Bundesgericht nimmt jedoch an die Behorde werde aufgrund seiner Feststellungen im Urteil zur Gesetzwidrigkeit der betreffenden Verwaltungspraxis zu einem gesetzmassigen Handeln zuruckkehren Liechtenstein BearbeitenEine gesetzwidrige Gleichbehandlung Gleichbehandlung im Unrecht ist nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes an strenge Voraussetzungen gebunden StGH 1997 12 LES 1999 1 ff und in aller Regel zu verneinen StGH 1998 68 Erw 3 3 16 Eine solche stehe unter anderem im krassen Gegensatz zu den demokratisch legitimierten Interessen an der Gesetzmassigkeit von Normen und Entscheiden Grundsatzlich vermittelt der Gleichheitssatz nach Art 31 Abs 1 LV nur ein Recht auf Gleichbehandlung innerhalb der Gesetze und kein Recht auf deren Verletzung 17 Der StGH fuhrt dazu auch aus dass das Interesse an einer gesetzwidrigen Gleichbehandlung nur dann uberwiegen konne wenn die zustandigen Behorden erkennen liessen dass sie auch in Zukunft nicht gewillt waren auf den gesetzmassigen Pfad zuruckzufinden 18 Literatur BearbeitenPhilipp Reimer Keine Gleichheit im Unrecht dogmatische Rekonstruktion eines Verfassungssprichworts Rechtswissenschaft Zeitschrift fur rechtswissenschaftliche Forschung 2017 S 1 24 PDF Detlef Merten Hans Jurgen Papier Hrsg Handbuch der Grundrechte Grundrechte in der Schweiz und in Liechtenstein Dike Verlag in Kooperation mit C F Muller 2007 ISBN 978 3 03751 041 4 Einzelnachweise Bearbeiten vgl beispielsweise BVerwG Urteil vom 13 April 2005 6 C 5 04 II 3 b cc a b Christoph Kolbel Gleichheit im Unrecht Univ Diss Tubingen ohne Jahr S 2 S 139 Michael Kloepfer Gleichheit als Verfassungsfrage Duncker amp Humblot Berlin 1980 S 26 Albrecht Randelzhofer Gleichbehandlung im Unrecht JZ 1973 536 ff Joachim Burmeister Selbstbindungen der Verwaltung DOV 1981 S 503 ff Gubelt in Ingo von Munch Philip Kunig Hrsg Grundgesetz Kommentar Bd 1 4 Auflage 1992 Art 3 Rz 42 Jorn Ipsen Staatsrecht II Grundrechte 24 uberarbeitete Auflage Vahlen 2021 ISBN 978 3 8006 6619 5 S 111 148 BVerwG Urteil vom 6 Juni 1975 Az II C 68 73 Volltext BVerwGE 47 330 379 a b BVerwG Urteil vom 21 Juli 1994 Az 2 WD 6 94 Volltext BVerwGE 103 143 148 BVerwG Beschluss vom 22 April 1995 Az 4 B 55 95 Volltext BRS 57 Nr 248 1995 BVerwG DOV 1977 S 830 831 Hans Cord Sarnighausen Zur Gleichbehandlung von Baugesuchen MDR 1969 S 1 VfSlg 11 435 1987 VfSlg 6072 1969 7306 1974 8790 1980 9683 1983 11 512 1987 12 796 1991 15 903 2000 16 209 2001 s auch VwGH Erkenntnis vom 7 November 1989 88 14 0220 Erkenntnis vom 9 September 1998 98 14 0145 Magdalena Poschl 14 Gleichheitsrechte In Detlef Merten Hans Jurgen Papier Hrsg Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa Gesamtwerk in 12 Teil Banden Band VII 1 Grundrechte in Osterreich C F Muller Verlag 2014 ISBN 978 3 8114 3330 4 S 568 Bundesgericht BGE 115 Ia 81 zu Unrecht unterbliebene Strafverfolgung Liechtensteinischer Staatsgerichtshof in StGH 2008 129 StGH 2008 129 Der StGH zitiert dazu Andreas Kley Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts LPS Band 23 Vaduz 1998 S 209 Hugo Vogt Das Willkurverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes LPS Band 44 Schaan 2008 S 233 f Der StGH zitiert hierzu als Referenz Andreas Kley Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts LPS Band 23 Vaduz 1998 S 210 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Keine Gleichheit im Unrecht amp oldid 238312861