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Das KZ Aussenlager Konigs Wusterhausen war ein KZ Aussenlager des KZ Sachsenhausen im ostlichen Bereich der Stadt Konigs Wusterhausen Das Aussenlager entstand im Fruhjahr 1944 und wurde am 26 April 1945 endgultig befreit und aufgelost Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangssituation 2 Errichtung und Betrieb 3 Auflosung und Befreiung 4 Nachkriegsentwicklung und Gedenken 5 Bekannte Gefangene 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAusgangssituation BearbeitenNachdem die letzten Juden aus dem Getto Litzmannstadt nach Auschwitz deportiert wurden blieben etwa 1 200 Juden in Lodz zuruck welche einerseits der judischen Verwaltung etwa 600 Personen des Ghettos angehorten oder aber fur Aufraumarbeiten etwa 500 bis 600 Personen zuruckbehalten wurden Laut Benz et al sollen vor allem Angehorige der Verwaltung fur das Lager in Konigs Wusterhausen ausgesucht worden sein welche sogar durch die SS wieder zusammengefuhrt wurden 1 Die Anzahl der Funktionare an den Gefangenen war tatsachlich sehr hoch darunter beispielsweise der Graphiker der Ghettoverwaltung Pinchas Shaar und der Leiter des Zentralburos des Arbeitsressorts in Lodz Aron Jakubowicz nebst deren Familien Letzterer war gleichzeitig der ehemalige Stellvertreter des Ghettoaltesten Chaim Rumkowski welcher selbst in Auschwitz umgebracht wurde Die Produktion von Behelfsheimen durch die Firma Kelterbron amp Stenvers musste durch die Auflosung verlegt werden Da die Stadt sich bereits seit einiger Zeit um den Bau von Behelfsheimen bemuht hatte um neue Burger in Konigs Wusterhausen anzusiedeln wurde die Stadt als Ersatzstandort fur die Herstellung ausgesucht Errichtung und Betrieb BearbeitenUber den genauen Zeitpunkt der Lagergrundung sind unterschiedliche Angaben zu finden Wahrend sowohl Schwarz als auch die 6 DV BEG als Grundungsdatum den 9 Februar 1943 angeben 2 3 benennen Benz et al den Februar 1944 und Morsch et al den November 1944 als Datum 4 Bertram legt sich in seinem Buch Wer baut der bleibt neues judisches Leben in Deutschland nicht auf den Monat aber auf das Jahr 1944 fest 5 Aufklarung konnte die Aussage des Augenzeugen David Grunstein geben welcher angibt dass die gedankliche Grundung bereits 1943 im Ghetto von Litzmannstadt stattfand Damals wurde bereits in Lodz die Produktion der Behelfswohnheime gestartet welche erst bei der Liquidierung des Ghettos nach Konigs Wusterhausen uberfuhrt wurden 6 Ebenfalls zur Aufklarung konnten die Aussagen von Zeitzeugen aus der Stadt beitragen welche in einem Interview fur Nachforschungen zum Lager befragt wurden Diese geben an dass das Lager am Krebssee ein reines Kriegsgefangenen bzw Zwangsarbeiterlager war welches bereits vor dem KZ Aussenlager existierte 7 Auch uber den Zeitpunkt des Transports der Gefangenen aus dem aufgelosten Ghetto Lodz sind verschiedene Angaben zu finden Nach Meyer et al sind die Gefangenen im September 1944 aus dem Ghetto nach Konigs Wusterhausen gebracht worden 8 Der Stadtchronist Ernst Piel hat herausgefunden dass am 4 September 1944 die Absicht zum Bau eines Aussenlagers bekannt gegeben wurde Am 21 September billigte der Burgermeister den Beschluss der Erschliessung von drei Hektar sudlich und nordlich der Senziger Landstrasse 7 Der Augenzeuge und KZ Uberlebende David Grunstein welcher in dem ersten Transport von judischen Haftlingen in das Lager der Stadt kam gibt an dass sie am 6 Oktober 1944 uber Sachsenhausen nach Konigs Wusterhausen gebracht wurden 6 Sowohl Benz et al als auch Feuchert et al schreiben dass am 22 Oktober 1944 die Gruppe judischer Gefangener aus Lodz in Richtung Sachsenhausen transportiert worden sein soll 9 10 Fest steht dass als Standort die Nahe zum Guterbahnhof Konigs Wusterhausen gewahlt wurde Das Lager lag an der Ostseite des Bahnhofs zwischen der ehemaligen Senziger Landstrasse heute Storkower Strasse und dem Priestergraben 5 Laut Morsch waren die Baracken auf beiden Seiten der Senziger Landstrasse zu finden Das eine Lager lag dabei am Krebssee bzw Guterbahnhof und das andere Teillager wurde weiter in Richtung Hafen am heutigen Fliederweg errichtet Widerspruchliche Angaben von bis zu funf Zwangsarbeiterlagern in der Stadt so z B fur die Reichsbahn oder die Reichspost konnten nicht belegt werden 11 Geplant waren ein oder zwei Mustersiedlungen von Behelfsheimen welche durch die Haftlinge errichtet werden sollten 7 Zu Beginn bestand das Lager aus einer SS und einer Kuchenbaracke wahrend die ersten Gefangenen Ende November Anfang Dezember unter freiem Himmel schlafen mussten Das eigentliche Haftlingslager war recht klein und innerhalb einer Produktionsflache Hallen Werkstatten und Materiallager Im Lager gab es eine Schreinerei sowie eine Schneider und Schusterwerkstatt Ebenfalls gab es ein vollstandig eingerichtetes Labor und Medikamente welche aus Lodz mitgebracht wurden Betreut wurde das Revier durch Dr Leon Szykier und den Chirurgen Dr Szyja Widzer Das Lager war unterteilt in ein Manner und ein Frauen bzw Kinderlager Das Frauenlager war in einer separaten Baracke untergebracht und durch Stacheldraht vom Mannerlager getrennt Benz et al fuhren eine genaue Listung der Veranderungsbestande auf 3 November 1944 153 Manner werden nach Konigs Wusterhausen gebracht Grunstein und Morsch fuhren hier die Zahl von 165 Haftlingen an 6 16 Dezember 1944 50 Manner kommen hinzu 17 Dezember 1944 46 Manner kommen hinzu 19 Februar 1945 150 Frauen werden nach Konigs Wusterhausen uberstellt 7 Marz 1945 Uberstellung von 9 Frauen nach Auer Laut Morsch et al waren dies sowohl ungarische als auch polnische Judinnen 12 17 April 1945 Uberstellung von 44 Frauen nach SachsenhausenAm 9 April wird ein Bestand von 238 Haftlingen im Lager festgestellt Am 20 April bestand das Frauenlager noch aus 88 Gefangenen Der Tod von 7 Frauen konnte nachgewiesen werden Laut Angaben von David Grunstein waren bis zu 650 Gefangene in dem KZ inhaftiert 6 Auch Piel stellte fest dass das Lager fur bis zu 700 Haftlinge ausgelegt sein sollte 7 Wahrend die Frauen im Lager Munitionskisten fur die Firma Krupp zusammennageln und Winterbaukisten fur LKW Motoren der Firma Siemens herstellen mussten haben die Manner im Lager die Behelfsheimbauten herstellen mussen Laut Piel waren die Arbeiten fur die Firma Krupp spater nicht mehr nachweisbar so dass dieser Einsatz nur als sehr wahrscheinlich anzunehmen ist 7 Da die Behelfsheimarbeiten uber einige Versuchsstucke nicht hinauskamen wurden die Haftlinge auch zu Schanzarbeiten an Panzergraben am Nottekanal und fur Waldarbeiten eingesetzt Die Hauser waren fur Angehorige des Reichsrundfunks gedacht deren Hauser durch Bomben zerstort wurden und sollten an der Potsdamer Strasse vom Friedhof bis zur Scheune am Mittelweg erstellt werden Eines der Holzheime mit quadratischem Grundriss welches als Versuchsstuck gefertigt wurde soll noch immer in der Hafenstrasse zu sehen sein 7 Obwohl die meisten Haftlinge ihre zivile Kleidung anbehalten durften und die sanitaren Verhaltnisse als vergleichsweise gut bezeichnet wurden waren Schikane und Misshandlung durch die Wachmannschaften sowie die Ausbeutung durch die Produktionsfirmen insbesondere durch Fritz Stenvers an der Tagesordnung Zur Strafe wurde mindestens ein Haftling nackt in eine Grube geschickt und musste dort die Nacht verbringen in dem Glauben jeden Moment erschossen zu werden Auch andere Haftlinge mussten die Winternachte im Frost verbringen Kommandofuhrer war SS Unterscharfuhrer Willi Meifert Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt da der nach dem Krieg in Bielefeld Lebende wegen Geisteskrankheit nicht mehr vernommen und ihm keine Morde nachgewiesen werden konnten Auflosung und Befreiung BearbeitenEin Teil der mannlichen Gefangenen wurde wenige Tage vor der Befreiung nach Sachsenhausen zuruckgebracht wo sie auf den Todesmarsch nach Mecklenburg geschickt wurden Unter anderem war Mendel Grossman einer der Haftlinge welcher von den Strapazen entkraftet auf dem Marsch erschossen wurde 13 Zwischen dem 18 und 20 April 1945 wurde eine zweite Gruppe diesmal aus Frauen und Kindern bestehend losgeschickt welche zu Fuss laufen mussten Einige wurden auf dem Weg nach Sachsenhausen befreit Die Wachmannschaften und Stenvers verliessen das Lager am 22 April 1945 in zivil Befreit wurde das Lager dann endgultig am 26 April 1945 von der Roten Armee 2 4 14 Die Bestande des Lagers sollen nach Angaben des Architekten W Dahlke der die Auflosung leitete sehr umfangreich gewesen sein Obwohl grosse Teile des Bestandes gestohlen geplundert oder als Entschadigungsleistung abtransportiert wurden konnten noch Materialien im Wert von 39 921 10 Reichsmark an Privatleute verkauft werden 7 Nachkriegsentwicklung und Gedenken Bearbeiten nbsp Gedenktafel am ehemaligen KZ Aussenlager Konigs WusterhausenBald nach der Befreiung wurde das komplette Lager abgerissen Auf dem Gelande des Kriegsgefangenenlagers wurde ostlich der Chaussee das Land an Neubauern vergeben die die bis zu 50 cm dicken Betonwerke freigraben zerschlagen und wegschaffen mussten Erst danach liess sich mehr oder weniger erfolgreich Ackerbau betreiben 7 Heute sind auf dem Gelande vornehmlich Kleingartenanlagen und Einfamilienhauser zu finden Westlich der Storkower Strasse sind ebenfalls Einfamilienhauser und vereinzelte Gewerbeunternehmen angesiedelt Da zu DDR Zeiten eine offizielle Nachforschung nicht gewunscht war wurden auch keine Untersuchungen zur Aufarbeitung getroffen und eine angemessene Betrachtung der Umstande konnte erst 50 Jahre spater stattfinden Ein Gedenkstein fur die Verfolgten des Naziregimes in der Puschkinstrasse gegenuber dem Amtsgarten trug spatestens ab 1980 den Schriftzug VdN Gedenkstein fur die gefallenen Antifaschisten der Stadt und Gefangenen des KZ Aussenlagers Mit dem Gedenken zum 50 Jahrestag der Befreiung des Lagers am 28 April 1995 wurde eine intensivere Untersuchung zum Aussenlager angestossen welches durch den Besuch des KZ Uberlebenden David Grunstein mit Augenzeugenberichten massgeblich unterstutzt wurde Als im Jahr 2000 die Entschadigung der NS Zwangsarbeiter geregelt wurde war die Stadt Konigs Wusterhausen eine von anfangs nur sechs Stadten in Deutschland die zu den Entschadigungszahlungen der offentlichen Hand welche ausschliesslich vom Bund getragen werden sollten freiwillig Geld sammelte 15 16 Insgesamt sollten am Ende 200 Stadte und Gemeinden Geld sammeln In Konigs Wusterhausen spendeten bis auf einen Abgeordneten alle Stadtvertreter sowie weitere 48 Burger insgesamt knapp 15 000 DM Das gesammelte Geld wurde fur Jugendarbeit im Rahmen von Aufklarung und Begegnung mit Zeitzeugen verwendet 17 Auf Initiative des Vereins Kulturlandschaft Dahme Spreewald e V wurde am 18 April 2005 am ehemaligen Lagergelande im Fliederweg eine Gedenktafel angebracht 18 Bekannte Gefangene BearbeitenJurek Becker Schriftsteller und Drehbuchautor Jakob der Lugner Pinchas Shaar Szwarc Graphiker der Ghettoverwaltung Lodz und Textilfabrikant Mendel Grossman Photograph vor allem bekannte Fotos des Ghettos Aron Jakubowicz Leiter des Zentralburos des Arbeitsressorts in LodzLiteratur BearbeitenAndreas Weigelt Konigs Wusterhausen In Wolfgang Benz Barbara Distel Hrsg Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager Band 3 Sachsenhausen Buchenwald C H Beck Munchen 2006 ISBN 3 406 52963 1 S 214 218 Frank Stier Kriegsauftrag 160 Behelfsheimbau im Ghetto Litzmannstadt Lodz und im KZ Aussenlager Konigs Wusterhausen durch das Deutsche Wohnungshilfswerk Arenhovel Berlin u a 1999 ISBN 3 922912 47 8 Einzelveroffentlichung der Brandenburgischen Historischen Kommission 1 Einzelnachweise Bearbeiten W Benz B Distel A Konigseder Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager S 214 a b G Schwarz Die nationalsozialistischen Lager S 191 Sechste Verordnung zur Durchfuhrung des Bundesentschadigungsgesetzes a b G Morsch S Zur Nieden Judische Haftlinge im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 bis 1945 S 268 a b J Bertram Wer baut der bleibt neues judisches Leben in Deutschland S 17 a b c d Vergangenheit aus Anonymitat geholt In Berliner Zeitung 28 April 1995 zum Besuch David Grunsteins in Konigs Wusterhausen a b c d e f g h Fast 600 judische Haftlinge arbeiteten im KZ In Berliner Zeitung 31 Marz 1995 mit ausfuhrlichen Informationen zu den Nachforschungen im Jahr 1995 W Meyer K Neitmann Zwangsarbeit wahrend der NS Zeit in Berlin und Brandenburg Formen Funktion und Rezeption Band 7 S 170 W Benz B Distel A Konigseder Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager S 215 S Feuchert E Leibfried J Riecke J Baranowski Die Chronik des Gettos Lodz Litzmannstadt Band 1 S 10 Morder sind nicht darunter In Berliner Zeitung 31 Mai 1995 G Morsch S Zur Nieden Judische Haftlinge im Konzentrationslager Sachsenhausen 1936 bis 1945 S 250 A Low Juden im Ghetto Litzmannstadt Lebensbedingungen Selbstwahrnehmung Verhalten S 426 W Benz B Distel A Konigseder Der Ort des Terrors Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager S 217 NS Zwangsarbeiter Zwei Stadte bitten jetzt auch die Burger um Spenden In Berliner Zeitung 22 September 2000 Zwangsarbeiter in Brandenburg In Die Welt 23 Marz 2000 Stadte sammeln fur Zwangsarbeiter doch kaum einer will zahlen In Berliner Zeitung 20 Februar 2001 Fruhere Haftlinge des KZ Aussenlagers zu Gast in der Stadt In Markische Allgemeine 52 293051 13 634652 Koordinaten 52 17 35 N 13 38 4 7 O Normdaten Korperschaft GND 4552214 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title KZ Aussenlager Konigs Wusterhausen amp oldid 227007890