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Iwan Iwanowitsch Sollertinski russisch Ivan Ivanovich Sollertinskij 20 Novemberjul 3 Dezember 1902greg in Wizebsk 11 Februar 1944 in Nowosibirsk Sowjetunion war ein sowjetischer Universalgelehrter und Publizist Grab von Sollertinski in Nowosibirsk Friedhof Sajelzowskoje kladbischtsche Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Zitate 2 1 Aus dem Tagebuch 1924 2 2 Das ethische Prinzip in der russischen Musik 2 3 Uber Schostakowitsch 3 Zeugnisse 4 Veroffentlichungen Russ 5 Musikfestival 6 Anmerkungen 7 Bibliografie 8 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSollertinskis Vater Iwan Iwanowitsch Sollertinski entstammte einer russisch orthodoxen Priesterfamilie und diente als Oberlandesgerichtsrat 1 Die Mutter Jekaterina Josefowna Bobaschinskaja kam aus einer Aristokratenfamilie und lebte nach dem Tod von Sollertinskis Vater 1907 mit den Kindern in armlichsten Verhaltnissen Von 1921 an lebte Sollertinski bis zum Kriegsbeginn in Petrograd dem spateren Leningrad Sollertinski war Theaterhistoriker Literaturwissenschaftler insbesondere fur spanische und franzosische Literatur Philologe Lektor Padagoge Organisator Dozent Geschichte der Philosophie und Asthetik sowie Kulturpolitiker Herausragend war jedoch seine Rolle im Aufbau des sowjetischen Musiklebens besonders in Leningrad seit 1929 Referent der Leningrader Philharmonie nicht zuletzt als Musikologe und Kritiker Er wurde 1936 zum Professor des dortigen Konservatoriums ernannt und 1939 zum kunstlerischen Leiter der Leningrader Philharmonie berufen Er war auch Vorsitzender der Sektion fur Kritik im Komponistenverband der Sowjetunion In diesen Positionen setzte er sich mit Leidenschaft fur die klassische Sinfonik ein siehe sein Referat auf dem Allunionskongress des Komponistenverbandes der UdSSR Mai 1941 in Leningrad Historische Typen der sinfonischen Dramaturgie 2 267 ff und er wirkte engagiert fur die Verbreitung v a der Musik von Gustav Mahler in der Sowjetunion Sollertinski interessierte sich auch fur Ballett 1930 erhielt er die Dozentur zur Geschichte des Balletts an der Leningrader Schule fur Choreografie und so trug er entscheidend zur Weiterentwicklung der sowjetischen Ballettkunst bei siehe u a sein Aufsatz uber Boris Assafjews Ballett Fontane von Bachtschissarai 1934 2 S 236 ff 1941 wurde er Repertoireleiter des Puschkintheaters in Leningrad 1943 wurde Sollertinski als Professor ans Moskauer Konservatorium berufen und Leiter des Lehrstuhls fur Kunstwissenschaft des Leningrader Instituts fur Theaterkunste das sich wahrend der faschistischen Blockade wie die Philharmonie in Nowosibirsk befand wo er Kurse in Logik und Psychologie gab Bereits fruh traf Iwan I Sollertinski auf Michail Bachtin und nahm an dessen philosophischen Vorlesungen teil Der hyperaktive und hochnervose Sollertinski hatte ein phanomenales Gedachtnis und beherrschte uber 25 Sprachen und 100 Dialekte 3 Nach Schostakowitschs Zeugnis kannte er weite Teile der Werke von Aristoteles Platon Shakespeare Puschkin und Gogol auswendig 4 Es werden auch Homer und Cicero genannt die er auf Altgriechisch bzw Latein zu rezitieren vermochte Zu Sollertinskis Freunden zahlten fuhrende Musiker der Epoche allen voran Jewgenij Mrawinski Otto Klemperer Fritz Stiedry Ernest Ansermet und nicht zuletzt Hermann Scherchen aber auch Kurt Sanderling Im Jahr 1927 wurde Sollertinski der engste Freund von Dmitri Schostakowitsch den er seit 1921 kannte und einer der wichtigsten Vorkampfer fur das Werk dieses genialen Komponisten 1936 im Zuge der ersten Angriffe gegen Schostakowitsch wurde Sollertinski von der Prawda als der Troubadour des Formalismus bezeichnet 5 Nach den Urauffuhrungsabenden 5 und 6 Februar 1944 der Achten Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch mit der Leningrader Philharmonie unter Mrawinski zu denen Sollertinski wie gewohnlich die Einfuhrungsvortrage gehalten hatte starb er seit langerer Zeit seine Herzerkrankung verdrangend an einem Infarkt in der Nacht vom 10 zum 11 Februar und wurde in Nowosibirsk beigesetzt 2 Dmitri Schostakowitsch widmete dem Gedenken des Freundes sein Klaviertrio Nr 2 in e moll op 67 begonnen 1943 Sollertinski war Anfang 1944 in Nowosibirsk wahrend der Notevakuierung gestorben Von seinen Reisen hatte er sehr viele Musikdrucke westeuropaischer Komponisten mitgebracht darunter von Werken Ernst Kreneks und Kurt Weills Von Alma Mahler Werfel der Witwe Gustav Mahlers dessen Werke er in der Sowjetunion propagiert hatte wurde ihm eine Photokopie der Zehnten Sinfonie ubergeben die Schostakowitsch als abgeschlossen betrachtete So ist Schostakowitschs erster Einsatz von Klezmer Musik im tragischen Finale des e moll Trios weniger verwunderlich als Ausdruck der Referenz fur die beiden ihm so wichtigen Toten und verwebt die Trauer mit dem Dank Zitate BearbeitenAus dem Tagebuch 1924 Bearbeiten In Worten kann ich nicht von mir berichten Die Musik ist jene ideale Sprache der jedes Teilchen meines Ethos gehort Sollertinski 4 S 17 Das ethische Prinzip in der russischen Musik Bearbeiten Das Grundprinzip der russischen Musik das sie von anderen nationalen Musikkulturen unterscheidet ist die konsequente Durchsetzung der Idee des musikalischen Realismus verstanden als moralisch gesellschaftliche Pflicht des Kunstlers gegenuber dem Volk Dieser Realismus bedeutet alles andere als eine Registrierung oder Kollektionierung der Gefuhle und Empfindungen durch den Kunstler oder eine klingende Photographie der Wirklichkeit Er widerspricht jeder Ohrengefalligkeit ein ironischer Begriff von Balakirew jeder hedonistischen Asthetik und der Auffassung der Musik als Zerstreuung oder tonender Gastronomie Er beruht auf philosophischen Verallgemeinerungen auf der kuhnen Formulierung der sogenannten verfluchten Fragen und ist durchdrungen von flammendem moralischem Pathos und leidenschaftlicher Wahrheitsliebe Wenn in der westeuropaischen Musik das ethische Moment nur bei einzelnen grossen Musikern das vorherrschende war und diese gerade deshalb gewohnlich in tragische Vereinsamung gerieten Beethoven Mahler teilweise auch Berlioz so zieht es sich in der russischen Musik gleich einem roten Faden durch alle Epochen ihres historischen Werdens unabhangig von den Auseinandersetzungen einzelner schopferischer Gruppierungen Das ist die allgemeine Pramisse ohne welche sich die russischen Klassiker unter den Komponisten ein musikalisches Schaffen uberhaupt nicht denken konnten Sollertinski 4 S 281 Uber Schostakowitsch Bearbeiten In Zusammenhang mit seiner Achten Sinfonie Das Recht auf die Tragodie und die tragische Kunst Aus dem Pessimismus Byron Maeterlinck L Andrejew wird die Tragodie nicht geboren Die Tragodie als Frucht der Reife der Kraft der Tapferkeit der sittlichen Freiheit und des Konflikts von Willenskraften die Hellenen Shakespeare die Klassiker der spanischen Dramatik Corneille Das Tragische ist nicht das Pessimistische Tschaikowski Carmen von Bizet Volkstumlichkeit und Festlichkeit Uber den Begriff optimistische Tragodie Uber die Furcht vor dem Tragischen Das Erwachsen der Tragodie aus dem Epos Marx zur sozialen Tragodie Schostakowitsch als tragischer Poet in der Musik Die Uberwindung der Tragodie Der Triumph der mannhaften Kraft Transparente Trauer Das Pastoral Heroische vergleiche die Zuge des heroisch Pastoralen in Beethovens Dritter Sinfonie Idylle Die Beziehung zu den Tragodien Tschaikowskis und Mussorgskis Schmerz Zorn Versammlung boser Krafte Kampf um das Gluck Sollertinski 4 S 297f Zeugnisse BearbeitenDmitri Schostakowitsch Sollertinski war ein unermudlicher Denker und Wissenschaftler ein origineller Publizist und zugleich ein packender Theoretiker Es hatte den Anschein als spreche er unnotig schnell und nervos als sei er standig in Eile und jage irgend etwas hinterher und manchmal kam er sogar ausser Atem dabei Aber das lag nur daran dass Worter Sprache und Zunge nicht Schritt halten konnten mit dem ungestumen Lauf seiner Gedanken die stets originell und uberzeugend waren Das literarische Vermachtnis ist relativ bescheiden Er starb noch sehr jung aber die Rolle die er bei der Entfaltung der sowjetischen Musikkultur spielte ist enorm Er hat den sowjetischen Komponisten tatsachlich neue schopferische Wege erschlossen Komponistenverband der UdSSR 1944 Veroffentlichungen Russ Bearbeiten Der Bolzen Ballett von Schostakowitsch Leningrad 1931 Hector Berlioz Moskau 1932 Gustav Mahler Leningrad 1932 Die Symphonischen Dichtungen von Richard Strauss Leningrad 1932 Jacques Offenbach Leningrad 1933 Arnold Schonberg Leningrad 1934 Lady Macbeth von Mzensk Oper von Schostakowitsch Leningrad 1934 Die Vierte Sinfonie von Brahms Leningrad 1935 Brahms Zweite Symphonie Leningrad 1935 Giacomo Meyerbeer Leningrad 1936 Rigoletto von Verdi Leningrad 1936 Gluck Leningrad 1937 Carmen Oper von Bizet Leningrad 1937 Die Zauberflote von Mozart Leningrad 1940 Beethovens Fidelio Leningrad 1940 Bruckners Siebente Symphonie Leningrad 1940 Die Dritte Sinfonie von Brahms Leningrad 1941 Ausgewahlte Aufsatze zur Musik Leningrad 1946 Die Sinfonien von Brahms Moskau 1959 Romantik ihre allgemeine und musikalische Asthetik Moskau 1962 Hinweise zur komischen Oper Moskau 1962 Kritiken Leningrad 1963 Historische Studien Leningrad 1963 Aufsatze zum Ballett Leningrad Musik 1973 208 S Musikfestival BearbeitenSeit 1989 wird in Sollertinskis Heimatstadt Witebsk Beloruss alljahrlich ein internationales Musikfestival veranstaltet das zu seinem Gedenken Internationales Sollertinski Musikfestival heisst Anmerkungen BearbeitenAlexander Puschkanski Phanomen Sollertinski Belaruss Sollertinski S 307 Irakly Andronikow 1971 Zum ersten Mal auf der Buhne Verlag des ZK der KPdSU Das Wahre Moskau 1985 Russ Sollertinski S 10 Glikman S 220 Russ Bibliografie Bearbeiten In memoriam I I Sollertinski Erinnerungen Materialien Studien Leningrad Moskau 1974 Iwan Sollertinski Von Mozart bis Schostakowitsch Essays Kritiken Aufzeichnungen hrsg v Michail Druskin Verlag Philipp Reclam jun Leipzig 1979 Mikheeva Ludmila I I Sollertinsky Life and Legacy Leningrad 1988 Sovetsky kompozitor ISBN B 85285 043 8 Shostakovich Dmitri and Glikman Isaak Story of a Friendship The Letters of Dmitry Shostakovich to Isaak Glikman Cornell University Press 2001 ISBN 0 8014 3979 5 Alexander Puschkanski Phanomen Sollertinski Belaruss Shostakovich D Pisma I I Sollertinskomu Schostakowitsch D BRIEFE AN SOLLERTINSKI 2006 SPb Kompozitor 2006 300 s 1000 ekz ISBN 5 7379 0304 4 Der Berliner Musikwissenschaftler Ubersetzer und Musiker Gottfried Eberle bereitet 2016 eine deutschsprachige Ausgabe dieser kompletten Ausgabe der Briefe von Dmitri Schostakowitsch an Iwan Sollertinski zur Veroffentlichung vor Einzelnachweise Bearbeiten Alexander Puschkanski Phanomen Sollertinski Belaruss Memento des Originals vom 29 August 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot old zviazda byNormdaten Person GND 119393867 lobid OGND AKS LCCN n81149606 VIAF 188470 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sollertinski Iwan IwanowitschALTERNATIVNAMEN Sollertinskij Ivan Ivanovich russisch KURZBESCHREIBUNG sowjetischer Universalgelehrter und PublizistGEBURTSDATUM 3 Dezember 1902GEBURTSORT WizebskSTERBEDATUM 11 Februar 1944STERBEORT Nowosibirsk Sowjetunion Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Iwan Iwanowitsch Sollertinski amp oldid 231461976