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Der im 14 Jahrhundert errichtete Innsbrucker Spitalsfriedhof gehorte zu dem am nordlichen Ende der Maria Theresien Strasse Marktgraben gelegenen Stadtspital Von 1510 bis 1856 diente er auch als stadtischer Friedhof Der Spitalsfriedhof um 1865 mit der Veitskapelle und dem Turm der Spitalskirche im Hintergrund Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Archaologische Forschung 3 Grabbeigaben 4 Anthropologische Untersuchung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 WeblinksGeschichte BearbeitenSchon 1320 erhielt das um 1300 bis 1307 in der Neustadt errichtete Heilig Geist Spital heutiger Bereich am Nordende der Maria Theresien Strasse Marktgraben das Begrabnisrecht fur Innsbrucker Burger obwohl der stadtische Friedhof um St Jakob erst 1509 wegen des Ausbaues der Hofburg aufgehoben wurde Der vergrosserte sich hinter der Spitalskirche erstreckende Bestattungsplatz wurde 1510 mit der vom Apotheker Rumler gestifteten Michaelkapelle an der Westseite des Spitalsfriedhofes geweiht In den Folgejahren wurden entlang der Umfassungsmauer Arkaden mit Saulen aus Nagelfluh Breccie errichtet und die Kapelle aufgestockt das obere Geschoss der Hl Anna geweiht Uberliefert ist die Doppelkapelle als Veitskapelle Eine Erweiterung erfolgte 1576 Richtung Westen und 1742 43 bis zur heutigen Fallmerayerstrasse 1784 verlangte Kaiser Joseph II dass aus hygienischen Grunden Friedhofe ausserhalb der Stadt angelegt werden mussen und verbot Bestattungen auf einem Teil des Areals Der Friedhof wurde daher erneut nach Westen und Suden in den Bereich des heutigen Adolf Pichler Platzes erweitert 1854 kurz vor Auflassung des Friedhofes wurde er noch einmal nach Westen bis zur Colingasse vergrossert nbsp Das vom alten Friedhof ubertragene Saturndenkmal auf dem WestfriedhofBereits 1852 gab es die ersten Plane zur Verlegung des Friedhofs die schliesslich 1855 von der Statthalterei genehmigt wurde 1856 wurde der neue Friedhof der heutige Westfriedhof in den Wiltener Feldern errichtet Am 31 Dezember 1856 wurde die Auflassung des alten Friedhofs beschlossen bis zur vollstandigen Raumung des Gelandes dauerte es aber noch etliche Jahre 1869 wurden die Veitskapelle und die Grabmaler geschleift einzelne Graber wurden auf neuen Friedhof ubertragen Die Einrichtung der Kapelle Altar Kirchenbanke Statuen wurde in die Pfarrkirche St Nikolaus gebracht 1873 liess die Stadt das Saturndenkmal ein marmornes Denkmal vom Grab der Grafen Wolkenstein Trostburg restaurieren und auf den Westfriedhof uberfuhren Es erinnert an alle Verstorbenen deren Gebeine vom alten auf den neuen Friedhof ubertragen wurden An der Stelle der Kapelle wurde ein neuer Spitalstrakt heute Westtrakt des Gymnasiums errichtet die Hauser an der Nord und Westseite des Adolf Pichler Platzes erst um 1878 1889 wurde das Spital in den Neubau im Westen der Stadt verlegt die alten Spitalsgebaude wurden 1890 zur Realschule heute Bundesrealgymnasium Innsbruck Die vielen Bauarbeiten fur Hauser und Turnhalle die Errichtung des Sockels fur das Adolf Pichler Denkmal und der 470 m umfassenden unterirdischen Loschwasserbehalter sowie Bombentrichter wahrend des Zweiten Weltkrieges und die Anlage der Strassen und Kanalisation haben den ehemaligen Friedhof und seine Grablegen stark beschadigt Im Jahre 2000 im Zuge der Rathaus erneuerung inklusive Tiefgaragen und Hotelerrichtung konnten Teile des noch ubrigen Graberfeldes und Bestattungsreste archaologisch befundet und geborgen werden Archaologische Forschung BearbeitenDie archaologische Ausgrabung am ehemaligen Spital und Stadtfriedhof die aus politischen und okonomischen Grunden sehr unter Zeitdruck stand erfasste 444 Graber und mehrere Ossuarien Ein Teil der Skelette konnte aus Zeitgrunden nur geborgen aber nicht dokumentiert werden einige mussten direkt aus der Baggerschaufel geklaubt werden circa 300 bis 400 Skelette des Graberfeldes sowie Ossuarien wurden mit Baumaschinen unwiederbringlich zerstort und entfernt und konnten deshalb auch nicht weiter wissenschaftlich bearbeitet werden Die Skelette sind nun in einem Sammelgrab am Innsbrucker Westfriedhof beigesetzt die Funde harren noch einer wissenschaftlichen Bearbeitung Die Graber lagen dicht beisammen viele Grabschachte wurden mehrfach belegt und zeugten von einer intensiven Nutzung des Friedhofes Die Hauptbelegung des archaologisch erfassten Friedhofteiles erfolgte nach 1785 Der alteste Teil des Friedhofes direkt an der Spitalskirche war schon unter Kaiser Joseph II aufgelassen worden und wurde bei der Errichtung des Gymnasiums vollkommen zerstort sodass keine Funde aus der Fruhzeit der Friedhofsbelegung wissenschaftlich erfasst werden konnten Die Graber folgten dem christlichen Grabbrauchtum gestreckte Korperlage nach Osten ausgerichtet Die meisten Skelette waren in einem ausgezeichneten Zustand nur wenige zeigten auf Grund von ungunstigen Bodenbedingungen Zerfallserscheinungen Eisennagel Griffe und Beschlage in Kreuzform belegen die Bestattung in Sargen Lose daruber liegende Knochen durften von fruheren Bestattungen stammen die aus und wieder zuruckgeschaufelt wurden Unter den Grabern kamen auch noch Scherben der Fritzens Sanzeno Keramik sowie Fibelfragmente aus der Latenezeit zum Vorschein so dass dieser Platz von einer fruhen Besiedelung noch vor der Zeitenwende zeugt wie schon 1877 der Fund eines Negauer Helmes in der angrenzenden Fallmerayer Strasse andeutete Grabbeigaben BearbeitenCirca 75 Rosenkranze 70 Pilgermedaillen 60 Kreuze Reliquienbehalter Munzen Bekleidungsreste Sargholzstucke Schmuck und personliche Gegenstande wurden gefunden und sind im Innsbrucker Stadtarchiv gelagert und konnten aus Geldmangel bis heute keiner wissenschaftlichen Bearbeitung zugefuhrt werden Anthropologische Untersuchung BearbeitenDie anthropologische Felddokumentation der ersten 200 Skelette wurde vom Institut fur Anatomie der Universitat Innsbruck durchgefuhrt und ist bis heute unpubliziert weitere 189 Skelette konnten von George McGlynn und Alexander Zanesco ebenfalls nur in einer Felddokumentation untersucht werden da der finanzielle Rahmen beschrankt war Die Stadt Innsbruck liess die Skelette am Innsbrucker Westfriedhof beisetzen Die meisten der untersuchten Skelette stammen wahrscheinlich aus der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts und zeigen Merkmale von schwerer physischer Belastung wie Wirbelveranderungen und degenerative Gelenkserkrankungen der Extremitatenknochen Infektionserkrankungen Verletzungen sowie Erkrankungen der Zahne hervorgerufen durch kariogene Nahrungsmittel und mangelnder Mundhygiene Die Erwartung Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen des fruhen 19 Jahrhunderts zu finden wurde nicht erfullt Die anthropologische Untersuchung konnte aber zeigen dass viele Skelette Schnittspuren von Skalpellen aufwiesen und von Amputationen und Trepanationen zeugten Diese Spuren stammten wohl nicht von therapeutischen Massnahmen sondern von der Einubung von Operationstechniken durch Medizinstudenten und Chirurgen sowie von Autopsien Siehe auch BearbeitenFriedhofe in InnsbruckLiteratur BearbeitenAlexander Zanesco Friedhofe im alten Innsbruck Die Grabungen am Adolf Pichlerplatz In Zeit Raum Innsbruck Schriftenreihe des Innsbrucker Stadtarchivs 1 Innsbruck 2001 S 7 30 George McGlynn und Alexander Zanesco The skeletal series from the hospital cemetery at Adolf Pichler Platz Innsbruck Tirol Austria In Documenta Archaeobiologiae Skeletal Series and their socio economic context Rahden Westfalen 2007 S 57 66 Konrad Fischnaler Innsbrucker Chronik II Kunst und Musikchronik Innsbruck 1930 Franz Heinz Hye Innsbruck Geschichte und Stadtbild Tiroler Heimatblatter Sonderband 800 Jahre Stadt Innsbruck 55 Jahrgang Nr 2 1980 Der Adolf Pichler Platz und seine bewegte Geschichte In Innsbruck informiert August 2000 Sonderbeilage Rathausprojekt Innsbruck S 10 11 Digitalisat Weblinks BearbeitenAlter stadtischer Friedhof Spitalsfriedhof auf tirolensien at47 2658 11 3923 Koordinaten 47 15 56 9 N 11 23 32 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Innsbrucker Spitalsfriedhof amp oldid 230936672