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Mit dem Begriff Innere Kolonisation wurde zeitgenossisch die Parzellierung und Aufsiedlung von Gutern in der zweiten Halfte des 19 und der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts insbesondere in den ostlichen Provinzen Preussens bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Ursache 2 Folgen 2 1 Im Kaiserreich 2 2 In der Weimarer Republik 2 3 Im Dritten Reich 3 Literatur 4 EinzelnachweiseUrsache BearbeitenSie war eine direkte politische Reaktion auf die seit der Mitte des 19 Jahrhunderts in diesen Gebieten zu beobachtende Landflucht d h auf das massenhafte Abwandern aus dem landlichen Raum Die Befurworter der Siedlungsbewegung gaben der ihrer Meinung nach ungesunden Verteilung des Grundbesitzes bei der sich ein Grossteil meist mehr als die Halfte des Grund und Bodens im Besitz von Grossgrundbesitzern befand die Schuld Sie propagierten deshalb eine Verringerung des Anteils des Grossgrundbesitzes und die gezielte Schaffung von bauerlichen Familienbetrieben 1 Folgen BearbeitenIm Kaiserreich Bearbeiten Hauptartikel Drang nach Osten Eine erweiterte Zielsetzung erfuhr die Siedlungsbewegung im letzten Viertel des 19 Jahrhunderts durch die Einwanderung von polnischen Bauern in die vormaligs polnischen Gebiete die mit den Teilungen Polens von Preussen annektiert und als Provinzen Posen und Westpreussen verwaltet wurden Man befurchtete eine Polonisierung der Gebiete und erklarte die Siedlung zu einer Art Volkstumskampf 2 Dementsprechend wurde die erste mit der Siedlung beauftragte Behorde auch fur diese Gebiete geschaffen Die 1886 ins Leben gerufene Konigliche Ansiedlungskommission fur Westpreussen und Posen entstand infolge des im selben Jahr erlassenen Gesetzes betreffend die Beforderung deutscher Ansiedlungen in den Provinzen Westpreussen und Posen Ihm folgte 1890 das Gesetz uber die Bildung von Rentengutern mit dem die Innere Kolonisation im eigentlichen Sinne begann Da die staatliche Kommission fur Westpreussen und Posen zu ineffektiv arbeitete ubertrug man deren Aufgaben in den anderen Provinzen Provinzialsiedlungsgesellschaften die zwar vom Staat finanziert und kontrolliert wurden sonst aber privatwirtschaftlich arbeiteten Hierzu gehoren die 1903 gebildete Pommersche Ansiedlungsgesellschaft und die zwei Jahre spater gebildete Ostpreussische Landgesellschaft Die Uberwachung seitens des Staates ubernahmen die Generalkommissionen die zu Beginn des 19 Jahrhunderts zur Durchfuhrung der Regulierung der gutsherrlich bauerlichen Verhaltnisse gebildet worden waren Trotzdem blieb der Erfolg bis zum Ende des Ersten Weltkriegs vergleichsweise gering Auf der Insel Rugen wurden zum Beispiel in dieser Zeit nur vier Gemarkungen mit etwas mehr als 1 000 Hektar aufgesiedelt 3 Hauptursache war dass man bei der Uberlassung von Siedlungsland auf die Freiwilligkeit der Grossgrundbesitzer angewiesen war In der Weimarer Republik Bearbeiten Am 11 August 1919 erliess die sozialdemokratische Regierung unter Friedrich Ebert das Reichssiedlungsgesetz 4 Dadurch sollte die Bereitstellung von Land notfalls auch zwangsweise in grosserem Masse als bisher abgesichert werden In den Provinzen bildete man Landlieferungsgesellschaften die mindestens ein Drittel der Flache von Gutern mit mehr als 100 Hektar zur Siedlung zur Verfugung zu stellen hatten Tatsachlich kam die Aufsiedlung jedoch erst rund zehn Jahre spater in grosserem Umfang in Gang Begunstigt wurde sie durch die Agrarkrise ab 1929 der zahlreiche Guter zum Opfer fielen die nun zwangsversteigert oder von ihren Besitzern verkauft wurden Im Dritten Reich Bearbeiten Hauptartikel Lebensraum im Osten Den Hohepunkt erreichte die Innere Kolonisation in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft Sie wurde jetzt in die Blut und Boden Ideologie des NS Regimes eingefugt Fortan sprach man auch nicht mehr von Siedlung sondern von der Neubildung deutschen Bauerntums Gesetz vom 14 Juli 1933 5 Die Siedler hiessen jetzt Neubauern ein Begriff ubrigens den Besatzungsmacht und deutsche Verwaltung in der Sowjetischen Besatzungszone bei der Durchfuhrung der Bodenreform im Herbst 1945 auch verwendeten Literatur BearbeitenZeitschriften Archiv fur innere Kolonisation 1908 1933 Hg Heinrich Sohnrey fortgesetzt als Neues Bauerntum 1934 1944 Hg und Verlag wie vor fortgesetzt als Zeitschrift fur das gesamte Siedlungswesen 1952 1955 fortgesetzt als Innere Kolonisation 1956 1972 fortgesetzt als Innere Kolonisation Land und Gemeinde 1972 1981Monographien Max Sering Die innere Kolonisation im ostlichen Deutschland Leipzig 1908 mehrfach nachgedruckt Kurt Mirow Die innere Kolonisation von Neu Vorpommern und Rugen unter besonderer Berucksichtigung der Rentengutsgesetze auf Grund der Spezialakten der Landeskulturamter in Greifswald Demmin und Stralsund Greifswald 1931 Roland Baier Der deutsche Osten als soziale Frage Eine Studie zur preussischen und deutschen Siedlungs und Polenpolitik in den Ostprovinzen wahrend des Kaiserreichs und der Weimarer Republik Koln Wien 1980 ISBN 3 412 04479 2 Wilhelm Abel Leitbilder der Agrar und Siedlungspolitik Hannover 1966 Jan G Smit Neubildung deutschen Bauerntums Innere Kolonisation im Dritten Reich Fallstudien in Schleswig Holstein Kassel 1983 ISBN 3 88122 128 X Einzelnachweise Bearbeiten Max Sering Die Verteilung des Grundbesitzes und die Abwanderung vom Land Rede gehalten im Koniglich Preussischen Landes Okonomie Kollegium am 11 Februar 1910 Berlin 1910 Max Sering Die Verteilung des Grundbesitzes und die Abwanderung vom Land Rede gehalten im Koniglich Preussischen Landes Okonomie Kollegium am 11 Februar 1910 Berlin 1910 S 24 ff Karl Heinz Salomon Die Innere Kolonisation auf Rugen 1890 1945 und ihre Auswirkungen auf die Besitzstruktur In Greifswald Stralsunder Jahrbuch Bd 10 1973 S 145 Reichsgesetzblatt 1919 S 1249 Reichsgesetzblatt 1933 I S 517 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Innere Kolonisation amp oldid 225330707