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Als Indusschrift bezeichnet man das Korpus linearer und piktographischer Zeichen auf Gegenstanden der Indus Kultur Diese Zeichen fanden wahrend der urbanen Phase der Indus Kultur ca 2500 1900 v Chr auf diversen Objekten Verwendung Mit dem Ende der urbanen Phase der Indus Kultur verschwanden sie ebenso plotzlich wie sie in Erscheinung getreten waren Bis zum Aufkommen der Brahmi Schrift ab ca 3 Jh v Chr blieben sie lange Zeit die einzige Schrift des indischen Subkontinents Die Zeichen sind bislang nicht entschlusselt Ihr Charakter als Schrift wird von den meisten Forschern akzeptiert ist aber bei einigen umstritten 1 Siegel der Indus Kultur Britisches Museum Eine interpretative Vereinfachung der Symbole die am Nordtor der Dholavira Zitadelle in Indien gefunden wurden Ausbreitung bzw Verbreitung der Indus Kultur im 26 Jahrhundert v Chr Inhaltsverzeichnis 1 Details 1 1 Herkunft 1 2 System 1 3 Verwendung 1 4 Ende 2 Entzifferung 2 1 Schreibrichtung 2 2 Zahlen 2 3 Sprache 2 4 Siegel und Marken 3 Sudindische Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDetails BearbeitenHerkunft Bearbeiten Die Herkunft der Indus Schrift ist bislang nicht zweifelsfrei geklart Vermutungen dass sie mit der proto elamischen Schrift gemeinsame Ursprunge haben konnte haben sich nicht erhartet Moglicherweise wurde das System in der Ubergangszeit von der protourbanen zur urbanen Phase 26 Jh v Chr aus einzelnen auf Gebrauchskeramik nachweisbaren Zeichen entwickelt System Bearbeiten Bislang geht man davon aus dass es sich um eine logo syllabische Schrift handelt da die Zahl der Zeichen je nach Autor 400 650 zu klein fur eine rein logografische und zu gross fur eine rein syllabische Schrift ist Damit ware das System strukturell etwa mit der Keilschrift oder der Maya Schrift vergleichbar Eine rege Diskussion wird um die genaue Anzahl der Zeichen gefuhrt da in vielen Fallen unklar ist ob bestimmte Zeichen Varianten Allographen desselben Grundzeichens Graphems sind oder jeweils als eigenstandige Symbole Grapheme gewertet werden mussen Konsens herrscht daruber dass von rechts nach links geschrieben wurde Die langste Inschrift besteht aus 27 Zeichen der Durchschnitt liegt bei 4 7 Zeichen pro Text Zahlreiche Texte bestehen nur aus einem einzigen Zeichen Verwendung Bearbeiten Die Zeichen der Indus Schrift finden sich vornehmlich auf den zumeist rechteckigen Stempelsiegeln der Indus Kultur sowie in geringem Umfang auf deren Siegelabdrucken und auf Kupfertafeln und Metallgegenstanden Insgesamt wurden ca 4 350 Objekte aus diversen Grabungen vor allem in Pakistan aber auch in Indien Afghanistan und vereinzelt in Mesopotamien geborgen 2 Ende Bearbeiten Mit dem Ende der urbanen Phase der Partialisierung und Regionalisierung der Gemeinschaften des indischen Subkontinents bricht um 1900 v Chr ebenso wie das einheitliche Gewichtssystem und die Tradition der Indus Siegel auch die Tradition der Verwendung des Schriftsystems vollstandig ab Entzifferung BearbeitenEs ist trotz vieler serioser und etlicher weniger serioser Versuche bislang nicht gelungen die Indus Schrift zu entziffern Alles in allem sind seit den ersten Publikationen zu diesem Thema in den 1920er Jahren in der Entzifferung der Schrift nur geringe Fortschritte zu verzeichnen Mit dem Fehlen einer Bilingue haben bisher computergestutzte Studien den grossten Fortschritt gebracht So ergibt eine Studie von 2009 von Rajesh P N Rao die sich auf Markov Ketten stutzt ahnliche Befunde wie sie bei Schriften mit logografischen und phonetischen Zeichen vorkommen 3 Fruhere Untersuchungen zur Frequenz zeigen dass nur 67 Zeichen rund 80 Prozent des untersuchten Textkorpus ausmachen Die Gesamtliste von Iravatham Mahadevan aus den 1970er Jahren weist dagegen ein Inventar von 419 Zeichen aus Schreibrichtung Bearbeiten Die bisher grosste Einigkeit besteht in der Annahme einer Schreibrichtung von rechts nach links Dies stutzt sich wesentlich auf Beobachtungen dass am linken Rand haufiger Schriftzeichen gestaucht werden oder das letzte Zeichen unter die Linie ruckt als sei dem Schreiber der Platz ausgegangen Bei Abdrucksiegeln ist entsprechend zu beachten dass sie im Abdruck gelesen werden und die Zeichen auf dem Siegeln entsprechend von links nach rechts gesetzt werden Ausnahmen und das Vorkommen von Bustrophedon werden jedoch ebenfalls vermutet Zahlen Bearbeiten Ebenfalls besteht grosse Einigkeit dass Reihungen von vertikalen Strichen auf Symbole fur Zahlen deuten Ahnlich den Zahlzeichen in Babylonien liegen fur grossere Zahlwerte dann Halbkreise und Kreise vor die summiert werden 4 Sprache Bearbeiten Zur Frage welche Sprache in den Texten geschrieben wird gibt es zahlreiche Ansatze Das Indoarische Sanskrit ist unwahrscheinlich da die Indoarier vermutlich erst um 1700 v Chr also nach dem Ende der Induskultur in Nordindien eintrafen Eine weitere Moglichkeit ist eine fruhe Munda Sprache allerdings gibt es kaum Vertreter dieser Hypothese Alle anderen Hypothesen wie das Sumerische Agyptische oder eine aufgrund der Ahnlichkeit zur Rongorongo Schrift angenommene malayo polynesische Sprache sind bislang theoretisch Am plausibelsten scheint der Ansatz dass es sich um eine fruhe drawidische Sprache handelt Dazu gehort der Hinweis dass einige Kombinationen aus Tieren und Zahlen jenen Bezeichnungen entsprechen die in Tamil fur Sternbilder verwendet werden Eine computergestutzte Analyse von Frequenzen mit dem Vergleich heute bekannter Sprachen weist die grosste Ahnlichkeit mit Alt Tamil aus Sehr wahrscheinlich ist die Schrift auch fur andere Sprachen verwendet worden So weisen Funde in Mesopotamien andere Frequenzen von Symbolen und Paarungen aus Da jedoch unbekannt ist welcher Name beispielsweise einer Stadt gemeint ist hat dies bisher nicht zur Entzifferung des Lautbestandes der Indusschrift gefuhrt Siegel und Marken Bearbeiten nbsp Bildsiegel und ihre Abdrucke in Ton nbsp Langste Indus Inschrift nbsp Marke fur Gefasse und HandelDie Funde lassen sich in mehrere Klassen einteilen auf denen die Schrift verwendet wurde So lassen sich viele viereckige Bildsiegel feststellen auf denen eine Tierfigur abgebildet ist die von Schriftzeichen begleitet ist die typisch daruber angebracht sind Die Indus Siegel mit einer Kantenlange von 2 3 cm und einem durchbohrten Vorsprung auf der Ruckseite fur die Befestigung an einer Schnur sind die mit Abstand haufigsten Funde mit Indusschrift etwa Dreiviertel Die Funde lassen die Definition von Perioden in der Induskultur zu Die Fruhzeit Early Harappan im Zeitraum 2800 2600 v u Z zeigt die Entwicklung von Topfermarken mit Schriftzeichen Die Entwicklung der Graffiti als Topfermarken lasst sich auch in der vorherliegenden Phase von 3500 2800 v u Z an Funden am Ravi beobachten Die Reifezeit Mature Harappan im Zeitraum 2600 1900 v u Z weist eine Standardisierung der viereckigen Bildsiegel auf die hier verschiedene Tiere zeigen Bekannt sind Bullen Wasserbuffel Elephanten Nashorner und das Einhorn Der Abdruck findet sich nun auch als Ornament auf Stuhlen und Tellern oder das Bild ist eingemeisselt in Steine oder Metalle Die Spatzeit Late Harappan im Zeitraum 1900 1300 v u Z zeigt auf Bildsiegel fast nur noch das Einhorn Dies ist begleitet von einer Verringerung der Funde insgesamt und einer Fragmentierung der Gebiete in denen es auftritt Obwohl das Bild vermutlich nur einen Bullen in seitlicher Ansicht zeigt hat es gegebenenfalls die mythische Idee des Einhorns in spateren Kulturen hervorgebracht Der Zweck der Siegel da auch als Ornamente auf verschiedensten Gegenstanden gebraucht ist unbekannt Hier konnen Opferkulte gemeint sein deren ortliche Gruppen sich an Schriftzeichen unterscheiden oder die eine Beschworungsformel neben die Figur zeichneten Auch weltliche Petschafte bei denen die Schriftzeichen auf den Status des Beamten hinweisen sind nicht ausgeschlossen Die Befestigung an einer Schnur erlaubt auch das Tragen als Amulett Schmuck Bei den Marken aus vier oder funf Zeichen vermutet man dagegen einen Gebrauch im Handel Sie kommen als Abdruck auf Tongefassen vor und konnten den Inhalt oder die Adresse bezeichnen fur die das Handelsgut bestimmt ist Diese Handelsmarken beginnen sehr haufig mit der Darstellung eines Rades Blattes und enden mit einem Topf Die Zeichen dazwischen weisen dagegen eine hohe Variation auf Versuche der Entzifferung haben die verschiedenen Prafixe Suffixe und mittleren Teile dieser Marken aufgezahlt jedoch keine Zuordnung gefunden So sind zwar verschiedene grosse Stadte der Indus Kultur aus Ausgrabungen bekannt aber deren damaliger Name bleibt unbekannt Andere Darstellungen als die genannten Siegel und Marken sind selten Die langste Inschrift findet sich auf einer kleinen Kupferplatte die moglicherweise eine Beschworung darstellt Sudindische Schriften BearbeitenAuf Tonscherben in Sudindien wurden Graffiti gefunden die eine Ahnlichkeit mit den Zeichen der Indussschrift haben Die Funde datieren auf das Ende der Induszivilisation Bei einer vergleichenden Analyse 1960 fand B B Lal fur 89 der Graffiti Entsprechungen in der Indussschrift Die Hypothese einer Verbindung wurde weiter unterstutzt als 2019 in der Fundstelle Keeladi weitere Tonscherben mit diesen Graffiti gefunden wurden englisch Megalithic graffiti symbols Die Forschung in der Entwicklung der Brahmischriften fuhrte zur Ansicht einiger Wissenschaftler in Indien dass deren fruhen Formen in Sudindien liegen Tamil Brahmi Die fruhen Formen auf Tongefassen konnen auf etwa 450 v Chr datiert werden Ob diese Formen von den Graffiti beeinflusst sind ist umstritten immerhin liegen uber tausend Jahre zwischen den bisherigen Funden Literatur BearbeitenIravatham Mahadevan What do we Know about the Indus Script In Journal of the Institute of Asian Studies Band 7 Nr 1 1989 ISSN 0970 2814 S 1 37 Walter A Fairservis The Harappan Civilization and its Writing A Model for the Decipherment of the Indus Script Brill Leiden u a 1992 ISBN 90 04 09066 5 Asko Parpola Deciphering the Indus Script Cambridge University Press Cambridge u a 1994 ISBN 0 521 43079 8 Michael D Coe On not Breaking the Indus Code In Antiquity Band 69 Nr 263 1995 S 393 395 doi 10 1017 S0003598X00064826 Reaktion auf Parpola 1994 Gregory L Possehl Indus Age The Writing System University of Pennsylvania Press Philadelphia PA 1996 ISBN 0 8122 3345 X Andrew Robinson Lost Languages The Enigma of The World s Undciphered Scripts McGraw Hill New York NY u a 2002 ISBN 0 07 135743 2 Kapitel X Steve Farmer Richard Sproat Michael Witzel The Collapse of the Indus Script Thesis The Myth of a Literate Harappan Civilization In Electronic Journal of Vedic Studies EJVS 11 2004 Nr 2 S 19 57 Andrew Robinson The Indus Reaktion Books London 2015 ISBN 978 1 78023 502 8 insbesondere Kapitel 10 Bryan K Wells The Archaeology and Epigraphy of Indus Writing Archaeopress Oxford 2015 ISBN 978 1 78491 047 1 Weblinks BearbeitenRajesh Rao Universitat von Washington Seattle u a Entropic Evidence for Linguistic Structure in the Indus Science Express 23 April 2009 Artikelsammlung auf Harappa com Ancientscripts com How come we can t decipher the Indus script Michael Witzel The Languages of Harappa Early linguistic data and the Indus civilization Archiv Universitat Heidelberg 2000 Vortrag von Rajesh Rao Marz 2011Einzelnachweise Bearbeiten Steve Farmer Richard Sproat Michael Witzel The Collapse of the Indus Script Thesis The Myth of a Literate Harappan Civilization In Electronic Journal of Vedic Studies EJVS Band 11 Nr 2 2004 S 19 57 Andreas Fuls Ancient Writing and Modern Technologies Structural Analysis of Numerical Indus Inscriptions In Studies on Indus Script Conference on Indus Script Mohenjodaro 2020 National Fund for Mohenjodaro s l 2020 S 57 90 hier S 58 Rajesh P N Rao Nisha Yadav Mayank N Vahia Hrishikesh Joglekar Ronojoy Adhikari Iravatham Mahadevan Entropic Evidence for Linguistic Structure in the Indus Script In Science Band 324 Nr 5931 2009 S 1165 doi 10 1126 science 1170391 Puja Kumari Sriv Astava Originity of The Number Symbol in The Indus Valley Civilization International Journal for Research in Engineering Application amp Management IJREAM Dezember 2018 abgerufen im 1 Januar 1 englisch Normdaten Sachbegriff GND 4335089 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Indusschrift amp oldid 239074870