www.wikidata.de-de.nina.az
Dieser Artikel behandelt den Begriff Idioblast in der Biologie Zu dem Begriff Idioblast in der Geologie siehe Idioblast Geologie Idioblasten sind in ein pflanzliches Gewebe eingestreute Zellen oder Zellgruppen die sich in ihrem Aufbau und ihren Aufgaben von den umgebenden Zellen unterscheiden Der Begriff Idioblast geht auf Julius Steiner 1844 1918 zuruck 1 der sie 1874 als Zellen die sich in ihrer Grosse ihrem Bau oder in ihrem Inhalt in einem sonst gleichmassigen Gewebe wesentlich von ihrer Nachbarschaft unterscheiden beschrieb Das Wort Idioblast ist abgeleitet von ἰdioths idiotes Privatperson Eigentumlichkeit Eigenart siehe Idiot und blastem griech Keim Spross Man kann sie deshalb auch als Sonderlinge im Zellverband ansehen Im Strasburger 2 wird dazu festgestellt dass je reichhaltiger die Gewebegliederung eines Organismus desto hoher ist der von ihm erreichte Differenzierungsgrad bzw die Arbeitsteilung seiner Zellverbande Damit ergibt die Anzahl an Zellsorten und Gewebensorten ein Mass fur die Organisationshohe eines Organismus Diese Sonderlinge kommen sowohl in pflanzlichem Grundgewebe Parenchym als auch in Abschlussgewebe Epithel und seltener auch in Leitbundeln vor Dazu werden nun einige Beispiele angefuhrt Inhaltsverzeichnis 1 Idioblasten in Abschlussgewebe Epidermis 2 Idioblasten in Grundgewebe Parenchym 3 Bedeutung von Idioblasten 4 Ungeklarte Aspekte 5 Anwendungen 6 Idioblasten in der mikroskopischen Analytik 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseIdioblasten in Abschlussgewebe Epidermis BearbeitenIn pflanzliche Epidermis eingelagerte Idioblasten sind zumeist Haarzellen oder Drusenzellen manchmal auch eine Kombination aus beiden wie die Brennhaare der Brennnessel Eine besonders wichtige Aufgabe besitzen die Stoma Zellen der Spaltoffnungen fur den Gasaustausch der Pflanzen Idioblasten in Grundgewebe Parenchym Bearbeiten nbsp Eingesenkte Spaltoffnung beim Oleander mit Haarzellen 100fach vergrossert gefarbt nbsp Wachsdrusenzellen von der Blattoberseite schwarzer Holunder nbsp Kristallidioblast Aloe 400fach vergrossert gefarbtViele Pflanzen besitzen im Grundgewebe besonders im Palisadenparenchym und im Schwammparenchym der Blatter sogenannte Ausscheidungsidioblasten Diese stellen oftmals spezielle sekundare Pflanzenstoffe her wie etwa atherisches Ol Harze Alkaloide Gerbstoffe aber auch Schleim oder Milchsafte bei Wolfsmilchgewachsen Die Zellen bilden diese Stoffe mittels des endoplasmatischen Retikulums ER und des Golgi Apparates und fullen damit die Vakuolen auf bis diese die Zellen vollig ausfullen Beispiele dazu sind die Olzellen in den Avocadofruchten in den Wurzeln der Ingwer in der Rinde des Zimt Baumes und in vielen Rutacea Citrus In Blattern ist die Ausscheidung von Calciumoxalat das in Kristallidioblasten Raphiden uberraschend grosse Kristallbundel bildet sehr verbreitet Eine Kombination aus wurfelformigen Salzausscheidungen verbunden mit stark verdickten Zellwanden und einer sternformigen Haarform haben die Sternhaarzellen Astrosklereiden die bei Seerosenblattern zum Teil bizarr in das Luftgewebe Aerenchym hineinragen Wolfsmilchgewachse Oleander und Gummibaum besitzen als Besonderheit ungegliederte Milchrohren fur die fruhzeitig in der Entwicklung viele typische Absonderungszellen verschmelzen Diese vielkernigen verzweigten Rohren durchwuchern dann als Riesenzellen das ganze Parenchym Solche Rohren dienen dann als Speicher fur Milchsaft und konnen mehrere Meter lang werden Sie gehoren so den grossten Zellen uberhaupt 2 3 Bedeutung von Idioblasten Bearbeiten nbsp Astrosklereide Seerosenblatt 200fach vergrossert gefarbtDie Idioblasten ermoglichen Anpassungen an okologische Bedingungen vielfaltiger Art Haarzellen und Stoma Zellen ermoglichen zum Beispiel die Kontrolle der Wasserverdunstung Dem gleichen Ziel dienen die Wachsdrusen in der Epidermis die die Kutikula von Blattern ausbilden Wasserausscheidende Hydathoden dienen durch aktive Wasserabgabe bei Feuchtgebietspflanzen Hygrophyten dem gleichen Zweck Exkretion Pflanzen auf salzhaltigen Boden z B der Queller an Meereskusten sind durch Salzdrusen fahig uberschussige Mineralien auszuscheiden und kontrollieren so den osmotischen Druck Osmose in den Geweben Andere Zelltypen dienen vor allem dem Frassschutz gegenuber pflanzenfressenden Insekten oder auch Wirbeltieren denn viele Sekrete sind entweder giftig Calciumoxalat Alkaloide oder schmecken bitter Gerbstoffe Einige dieser Sekrete wirken auch pilzhemmend oder und antibakteriell Auch die stark verharteten Sklereiden Steinzellen und die Sternzellen Astrosklereiden mussen unter diesem Aspekt des Frassschutzes gesehen werden Austretender Milchsaft oder Harz kann Verletzungen von Geweben schnell verschliessen Eine andere Funktion ist die Anlockung von Tieren durch Atherische Ole oder andere Duftstoffe zum Zweck der sexuellen Fortpflanzung Nektarien mit zuckerhaltigen Sekreten dienen dabei als Belohnungsmittel fur dabei nutzliche Insekten Andererseits konnen solche Lockstoffe bei Fleischfressenden Pflanzen auch zur Mineralienversorgung beitragen zum Beispiel Sonnentau Drosera 4 Ungeklarte Aspekte BearbeitenDa Idioblasten meist als Einzelzellen eingestreut in einheitlichem Gewebe vorkommen bedeutet es zugleich dass sie durch inaquale ungleiche Teilungen aus oder mit diesen Zellen entstehen mussen Das wirft zwangsweise die Frage nach ihrer Ontogenie beziehungsweise der Genregulation auf denn sie besitzen ja offensichtlich einen von den Umgebungszellen abweichenden Baustoffwechsel Obwohl Einzelzellen liegen die Idioblasten doch nicht wahllos im Gewebe sondern bilden eine gewisse sich wiederholende Anordnung Dies wirft die Frage nach der Koordination ihrer Entstehung auf Siehe dazu den Artikel uber die Ontogenie der Spaltoffnungen Stoma Botanik Anwendungen BearbeitenVermutlich seit Anbeginn der menschlichen Kulturgeschichte wissen Menschen von den besonderen Inhaltsstoffen der Pflanzen und nutzen sie auch seit Tausenden von Jahren fur Drogen Heilkunde als auch fur diverse Zauberei Viele hohere Pflanzen sammeln extrahierbare organische Stoffe in ausreichenden Mengen die okonomisch interessant genug sind um als chemisches Ausgangsmaterial fur verschiedene wissenschaftliche oder technische Anwendungen dienen zu konnen Die okonomisch wichtigen Pflanzen dienen der Industrie als Quelle fur Ole Tannine Saponine naturliches Gummi Wachse Pharmazeutika und viele weitere spezielle Produkte 5 Unter den 25 weltweit am meisten verkauften pharmazeutischen Produkten sind 12 aus Naturprodukten abgeleitet 6 Geht man davon aus wie verbreitet die sekretorischen und exkretorischen Idioblasten in den Pflanzen sind so ist es erstaunlich wie wenige bisher auf biologisch aktive Substanzen untersucht sind Balandrin 7 schatzt dass nicht mehr als 15 der 250 000 750 000 bekannten Arten hoherer Pflanzen auf besondere Inhaltsstoffe untersucht wurden Die Chancen sind also gut bis exzellent dass viele Pflanzeninhaltsstoffe mit potentiell nutzlichen biologischen oder technologischen Eigenschaften bislang unentdeckt und damit ungenutzt sind 5 Idioblasten in der mikroskopischen Analytik BearbeitenWenn Stoffe aus Pflanzenteilen z B Blattbruch vorliegen so konnen diese Stoffe mikroskopisch sehr oft einfach identifiziert oder auch auf Qualitat und Reinheit uberpruft werden So wird etwa importierter gruner Tee dadurch identifiziert und uberpruft indem man nach den stark verzweigten dickwandigen Astrosklereiden in den alteren Blattern von Camellia sienensis sucht 8 Fur die Zielsetzungen des Zolls bzw der Drogenfahndung Kriminalistik werden Pflanzenprodukte auf Hanfanteile Cannabis sativa uberpruft indem man mikroskopisch nach sog Retortenhaaren sucht die an der Basis mit einem Cystolithen Steinchen aus Calciumcarbonat CaCO3 Kalkstein versehen sind 9 Siehe auch BearbeitenSekundare PflanzenstoffeLiteratur BearbeitenJulius Sachs Lehrbuch der Botanik 4 Auflage Leipzig 1874 G Wanner Mikroskopisch botanisches Praktikum Thieme Stuttgart 2004 ISBN 3 13 440312 9 S 68f S 98f P Sitte et al Strasburger Lehrbuch der Botanik 34 Auflage Heidelberg 1999 ISBN 3 8274 0779 6 S 117 123 172 Liselotte Langhammer Bildatlas zur mikroskopischen Analytik pflanzlicher Arzneidrogen de Gruyter 1986 ISBN 3 11 010210 2 JA Klocke ES Wurtele WH Bollinger Natural plant chemicals sources of industrial and medicinal materials MF Balandrin In Science Vol 228 Nr 4704 American Association for the Advancement of Science 1985 S 1154 1160 Friedl Weber Negative Idioblasten Ferdinand Berger amp Sohne GmbH Horn Austria 1958 1 PDF 649 kB Weblinks BearbeitenDarstellung von abweichenden pflanzlichen Zelltypen und pflanzlichen Geweben Ausfuhrliche Beschreibung Mikroskopische Analytik von Pflanzenteilen und Inhaltsstoffen PDF 419 kB Einzelnachweise Bearbeiten Steiner 1874 a b Sitte et al 1999 Wanner 2004 Sitte et al S 140 a b Balandrin et al 1985 Baker et al 1985 Balandrin et al 1999 L Langhammer 1986 Uni Graz Script Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Idioblast amp oldid 236559773