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Chemische Reaktionen finden in der Chemischen Reaktionstechnik in Reaktoren statt Da die Hydrodynamik solcher Reaktoren ausserst kompliziert ist werden diese Reaktoren idealisiert betrachtet Dies nennt man Idealreaktor abgekurzt IR Das bedeutet dass mathematisch schwierig erfassbare reale Bedingungen die in der Praxis jedoch immer in einem gewissen Rahmen vorhanden sind z B unvollstandige Ruckvermischung oder turbulente Stromung mit laminaren Bereichen an der Reaktorwand durch einfache Bedingungen ersetzt werden z B durch vollstandige Ruckvermischung oder ideale Pfropfenstromung Dies ermoglicht es Konzentrations oder Temperaturverlaufe als analytische Losung der Bilanz Differentialgleichungen zu gewinnen Inhaltsverzeichnis 1 Die Grundlagen der Berechnung von Konzentrations und Temperaturverlaufen 2 Diskontinuierlicher Betrieb 2 1 Der diskontinuierliche ideale Ruhrkessel 3 Kontinuierlicher Betrieb 3 1 Kontinuierlicher idealer Ruhrkessel KIK 3 1 1 Anwendung des Massenerhalts auf eine Reaktion erster Ordnung 3 1 2 Ruhrkesselkaskade 3 2 Ideales Stromungsrohr IR 3 2 1 Anwendung des Massenerhalts auf eine Reaktion erster Ordnung 4 EinzelnachweiseDie Grundlagen der Berechnung von Konzentrations und Temperaturverlaufen BearbeitenAls Basis der Reaktorberechnung dienen die Erhaltungsgleichungen fur Masse und Energie welche zuerst in allgemeiner Schreibweise fur eine Komponente dargestellt sind 1 Masse c t c u D c n r displaystyle frac partial c partial t nabla cdot c cdot vec u nabla cdot D cdot nabla c nu cdot r nbsp Dabei steht c displaystyle c nbsp fur die molare Konzentration u displaystyle vec u nbsp fur die Stromungsgeschwindigkeit D displaystyle D nbsp fur den Diffusionskoeffizienten und n r displaystyle nu cdot r nbsp fur eine Reaktion n A k A P displaystyle ce nu A gt k A P nbsp wobei n displaystyle nu nbsp der stochiometrische Koeffizient der Komponente A und r displaystyle r nbsp die Reaktionsgeschwindigkeit ist Im einfachsten Fall einer Reaktionskinetik erster Ordnung entspricht der Term n r displaystyle nu cdot r nbsp k A c A displaystyle k A cdot c A nbsp Wird obige Gleichung auf eine Dimension reduziert ergibt sich folgender Ausdruck c t u c x D 2 c x 2 n r displaystyle frac partial c partial t u cdot frac partial c partial x D cdot frac partial 2 c partial x 2 nu cdot r nbsp Dabei wird angenommen dass sowohl die Stromungsgeschwindigkeit als auch der Diffusionskoeffizient nicht vom Ort abhangen Mithilfe dieser Gleichung konnen die Konzentrationsverlaufe von dem kontinuierlichen diskontinuierlichen Ruhrkessel und dem idealen Stromungsrohr hergeleitet werden Energie T t T u l c p r T D R H r c p r k A c p r V R T K T displaystyle frac partial T partial t nabla cdot T cdot vec u nabla cdot left frac lambda c mathrm p cdot rho cdot nabla T right frac Delta R H cdot r c mathrm p cdot rho frac k cdot A c mathrm p cdot rho cdot V R cdot T K T nbsp Dabei steht T displaystyle T nbsp fur die Temperatur des Reaktionsmediums l displaystyle lambda nbsp fur die Warmeleitfahigkeit des Reaktionsmediums c p displaystyle c mathrm p nbsp fur die Warmekapazitat des Reaktionsmediums r displaystyle rho nbsp fur die Dichte des Reaktionsmediums D R H displaystyle Delta R H nbsp fur die Reaktionsenthalpie der ablaufenden Reaktion k displaystyle k nbsp fur den Warmedurchgangskoeffizienten zwischen Reaktionsmedium und Kuhlmittel A displaystyle A nbsp fur die Warmeaustauschflache V R displaystyle V R nbsp fur das Volumen des Reaktionsmediums und T K displaystyle T K nbsp fur die Temperatur des Kuhlwassers Auch diese Gleichung kann auf eine Dimension reduziert werden wodurch sich folgender Ausdruck ergibt T t u T x l c p r 2 T x 2 D R H r c p r k A c p r V R T K T displaystyle frac partial T partial t u cdot frac partial T partial x frac lambda c mathrm p cdot rho cdot frac partial 2 T partial x 2 frac Delta R H cdot r c mathrm p cdot rho frac k cdot A c mathrm p cdot rho cdot V R cdot T K T nbsp Dabei wird angenommen dass sowohl die Stromungsgeschwindigkeit als auch die Warmeleitfahigkeit nicht vom Ort abhangen Im Allgemeinen wird zwischen folgenden idealen Reaktoren unterschieden Diskontinuierlicher Betrieb BearbeitenBeim diskontinuierlichen Betrieb wird der leere Reaktor mit den Ausgangsstoffen und den gegebenenfalls notwendigen Losemitteln befullt und die chemische Reaktion lauft an Nach Abschluss der Reaktion wird der Inhalt mit den Produkten und den ubriggebliebenen Edukten entnommen Der Reaktor wird gesaubert bevor er wieder eingesetzt wird Wird ein Reaktor so verwendet so bezeichnet man ihn auch als Satzreaktor engl batch reactor Der diskontinuierliche ideale Ruhrkessel Bearbeiten In einem idealen diskontinuierlichen Ruhrkessel engl Stirred tank reactor STR oder auch Batch Reaktor wird die Reaktionsmasse vorgelegt Die Zusammensetzung im Reaktor bzw die Konzentrationen verandern sich dann uber die Zeit c t 0 displaystyle frac partial c partial t neq 0 nbsp Es erfolgt eine ideale also beliebig schnelle Durchmischung des Reaktorinhalts Dadurch sind im Reaktionsraum zu jedem diskreten Zeitpunkt die Konzentrationen und die Temperatur an jedem Ort gleich c x 0 displaystyle frac partial c partial x 0 nbsp und T x 0 displaystyle frac partial T partial x 0 nbsp der Zustand ist also raumlich nicht aber zeitlich gradientenfrei Kontinuierlicher Betrieb BearbeitenBeim kontinuierlichen Betrieb wird der Reaktor an einer Stelle kontinuierlich mit neuen Edukten befullt und diese an anderer Stelle zusammen mit den gebildeten Produkten kontinuierlich entnommen Kontinuierlicher idealer Ruhrkessel KIK Bearbeiten Beim kontinuierlichen idealen Ruhrkessel engl Continuously stirred Tank reactor CSTR findet eine vollstandige Ruckvermischung statt Unter ideal sei hier gleichzeitig auch verstanden dass die zufliessenden Edukte mit unendlich hoher Geschwindigkeit mit der Masse im Reaktionsraum Ruhrkessel vermischt werden Die Massenkonzentrationen aller Stoffe also auch der Produkte sind sowohl im Kessel selbst als auch im Auslauf ortlich und zeitlich konstant ortlich und zeitlich stationar raumzeitstationar c x 0 displaystyle frac partial c partial x 0 nbsp und c t 0 displaystyle frac partial c partial t 0 nbsp Dies ist fur reaktionstechnische und kinetische Untersuchungen positiv weil stationar anfallende Messwerte besser oder genauer erfasst werden konnen Weil die jeweiligen Edukte im Reaktor miteinander reagieren und damit Edukt verbraucht wird wird die Menge pro Volumeneinheit d h die Konzentration der Edukte im Reaktionsraum niedriger sein als im Zulaufstrom Daher liegt an der Eintrittsstelle ein Konzentrationssprung vor d h sowie die Edukte in den Kessel kommen ist ihre Konzentration sofort auf die im Kessel herrschende niedrigere Konzentration abgesunken c Kessel lt c Zulauf displaystyle c text Kessel lt c text Zulauf nbsp Anwendung des Massenerhalts auf eine Reaktion erster Ordnung Bearbeiten Wird die auf eine Dimension reduzierte Gleichung des Massenerhalts auf einen CSTR fur eine Reaktion erster Ordnung A k A P displaystyle ce A gt k A P nbsp angewendet konnen die oben beschriebenen Vereinfachungen vorgenommen werden Zusatzlich kann der Diffusionsterm aufgrund der vollstandigen Ruckvermischung vernachlassigt werden Aufgrund der Annahme der zeitlichen Stationaritat hangt die Differentialgleichung nur noch von einer Variablen ab wodurch die partiellen Ableitungen durch Ableitungen fur Funktionen einer Variablen ersetzt werden 1 D d 2 c d x 2 0 displaystyle D cdot frac mathrm d 2 c mathrm d x 2 0 nbsp Wird wie oben das Innere des Reaktors betrachtet so ist die ortliche Anderung der Konzentration gleich null Wird der Reaktor jedoch als Bilanzraum betrachtet in den lediglich ein Eduktstrom ein und ein Produktstrom ausfliesst kann der Teil der ortlichen Ableitung als Differenzquotient geschrieben werden u d c d x u D c D x u c 0 c L 1 t c 0 c displaystyle u cdot frac mathrm d c mathrm d x u cdot frac Delta c Delta x u cdot frac c 0 c L frac 1 tau cdot c 0 c nbsp Wobei c 0 displaystyle c 0 nbsp die Eingangskonzentration des Edukts A und t displaystyle tau nbsp die hydrodynamische Verweilzeit des Reaktors ist welche sich wie folgt berechnet t L u V R V displaystyle tau frac L u frac V R dot V nbsp Die hydrodynamische Verweilzeit gibt an wie lange das Fluid eines gegebenen Volumenstroms V displaystyle dot V nbsp braucht um durch das Volumen des Reaktors V R displaystyle V R nbsp zu stromen Mit den gegebenen Relationen lasst sich die Gleichung des Massenerhalts wie folgt schreiben 0 1 t c 0 c k A c displaystyle 0 frac 1 tau cdot c 0 c k A cdot c nbsp Wird die nun algebraische Gleichung nach der Konzentration c displaystyle c nbsp des Edukts A aufgelost kann folgender Ausdruck fur die Konzentration im Reaktor bzw am Ausgang des Reaktors erhalten werden c c 0 1 k A t c 0 1 D a I displaystyle c frac c 0 1 k A cdot tau frac c 0 1 mathrm Da I nbsp Hierbei wurde die Damkohler Zahl mit der Definition D a I k A t c 0 n 1 displaystyle mathrm Da I k A cdot tau cdot c 0 n 1 nbsp und der Reaktionsordnung n 1 displaystyle n 1 nbsp verwendet Dieses Vorgehen kann fur Reaktionen beliebiger Reaktionsordnung angewendet werden indem lediglich der Reaktionsterm n r displaystyle nu cdot r nbsp auf die jeweilige Reaktion angepasst wird Reagiert die betrachtete Komponente in mehr als einer Reaktion so setzt sich der Gesamt Reaktionsterm additiv aus den einzelnen Reaktionen zusammen Bedingt durch den Volumenstrom durch den Kessel hat die Reaktionsmasse eine begrenzte Verweildauer im Reaktionsraum und dies zu allem Uberfluss auch noch mit einer Verlassens Wahrscheinlichkeit gepragt also nicht diskret sondern in einer Bandbreite Verweilzeitverteilung Fur Reaktionen positiver Ordnung ist die spezifische Produktleistung daher immer kleiner als in einem Idealreaktor Ruhrkesselkaskade Bearbeiten Durch die Hintereinanderschaltung mehrerer KIK zu einer Kaskade nahert sich ein derartiges System mit steigender Anzahl der Ruhrkessel dem Verhalten des Idealreaktors an ab zehn Ruhrkesseln ist im Realfall kein Unterschied mehr messbar Ideales Stromungsrohr IR Bearbeiten In einem idealisierten rohrformigen Reaktor engl Plug flow reactor PFR bzw Plug flow tubular reactor PFTR liegt eine Pfropfenstromung vor Man kann sich diese Stromung als eine Wanderung einer sehr langen Reihe sehr dunner Scheibchen der Reaktionsmasse durch das Rohr vorstellen die untereinander keinen Stoff oder Warmeaustausch haben Hier finden die Stoffumwandlungen entlang des Fliessweges x statt die Konzentrationen der Stoffe andern sich entlang des Rohres c x 0 displaystyle frac partial c partial x neq 0 nbsp An einem bestimmten Ort x im Rohr hingegen liegen zu jedem Zeitpunkt die gleichen Konzentrationen vor da die Reaktion innerhalb aller Scheibchen gleich schnell ablauft c t x 0 displaystyle left frac partial c partial t right x 0 nbsp Betrachtet man den Reaktionsverlauf innerhalb eines bestimmten Scheibchens wahrend seiner Wanderung durch das Rohr so lasst er sich genauso betrachten wie in einem diskontinuierlichen idealen Ruhrkessel c t 0 displaystyle frac partial c partial t neq 0 nbsp Innerhalb eines einzelnen Scheibchens Radius R Laufvariable r sind zu einem bestimmten Zeitpunkt alle Konzentrationen und die Temperatur raumlich konstant c r 0 displaystyle frac partial c partial r 0 nbsp und T r 0 displaystyle frac partial T partial r 0 nbsp Anwendung des Massenerhalts auf eine Reaktion erster Ordnung Bearbeiten In diesem Beispiel wird eine Reaktion erster Ordnung A k A P displaystyle ce A gt k A P nbsp in einem PFR betrachtet und ein Ausdruck hergeleitet der den Konzentrationsverlauf entlang des Rohrreaktors beschreibt Werden die obigen Annahmen der zeitlichen Stationaritat und der ausbleibenden axialen Vermischung auf die Gleichung des Massenerhalts angewendet kann folgender Ausdruck erhalten werden 1 0 u d c d x k A c displaystyle 0 u cdot frac mathrm d c mathrm d x k A cdot c nbsp Wobei der Diffusionsterm durch die Forderung ausbleibender axialer Vermischung gleich null gesetzt wird Diese homogene Differentialgleichung erster Ordnung kann uber die Trennung der Variablen integriert werden Dabei kann als Randbedingungen der Ein und Ausgang des Rohrreaktors verwendet werden um die Konzentration c e displaystyle c e nbsp am Ende des Reaktors zu erhalten u c 0 c e 1 c d c k A 0 L d x displaystyle u cdot int c 0 c e frac 1 c mathrm d c k A int 0 L mathrm d x nbsp ln c e c 0 k A L u k A t displaystyle ln left frac c e c 0 right k A cdot frac L u k A cdot tau nbsp c e c 0 e k A t displaystyle c e c 0 cdot e k A cdot tau nbsp Wird als Randbedingung der Reaktoreingang und ein beliebiger Ort x displaystyle x nbsp im Reaktor verwendet ergibt sich dadurch der Konzentrationsverlauf entlang des Rohrreaktors wie folgt c x c 0 e k A x u displaystyle c x c 0 cdot e k A cdot frac x u nbsp Einzelnachweise Bearbeiten a b c G Herbert Vogel Verfahrensentwicklung Von der ersten Idee zur chemischen Produktionsanlage 1 Auflage Wiley 2002 ISBN 978 3 527 28721 5 doi 10 1002 9783527611232 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Idealreaktor amp oldid 222754660