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Gustav Adolfs Page ist eine 1882 erschienene tragische Novelle von Conrad Ferdinand Meyer in der eine in den meisten Teilen fiktive Handlung um ein als Junge verkleidetes Madchen erzahlt wird das als Page in den Dienst des Schwedenkonigs und Feldherrn im Dreissigjahrigen Krieg Gustav II Adolf tritt Julius Scholtz 1825 1893 Gustav Adolf an der Leiche seines Pagen Leubelfing Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Motive 3 Geschichtlicher Hintergrund 4 Entstehung und Rezeption 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHandlung Bearbeiten nbsp Konig Gustav II Adolf von SchwedenDie Handlung spielt 1632 wahrend des Schwedenfeldzugs in und um Nurnberg sowie bei Lutzen und gliedert sich in funf Kapitel Den Nurnbergischen Kaufmann Leubelfing erreicht ein Schreiben in dem Konig Gustav Adolf ihn auffordert seinen jugendlichen Sohn August als Leibpagen in den koniglichen Dienst zu schicken Leubelfing hatte dies dem Konig einst leichtfertig versprochen August allerdings ist wie sein Vater eine angstliche Kramerseele und ihm graut vor der erwiesenermassen lebensgefahrlichen Stellung Ganz anders Augusts verwaiste Kusine Gustel ein wildes abenteuerlustiges Madchen das den Schwedenkonig auf schwarmerische Weise liebt Nun wird dem wartenden schwedischen Offizier die jungenhafte in Mannerkleidern steckende Gustel als Leubelfings Sohn ubergeben wahrend der echte August Leubelfing inkognito unter dem ursprunglichen Familiennamen Laubfinger nach Leipzig geschickt wird Im Feldlager Gustav Adolfs ist Gustel nahezu standiger Begleiter ihres Idols gewinnt sein volles Vertrauen und muht sich ihre wahre weibliche Identitat geheimzuhalten Im Vorzimmer des Konigs wartet eine Slawonierin namens Korinna die Matresse des mit einer Kusine der schwedischen Konigin verheirateten Herzogs von Lauenburg Gustav Adolf hat sie aus moralischer Emporung uber den fortgesetzten Ehebruch festsetzen lassen Sie erkennt schnell das Geschlecht des sich neugierig nahernden Pagen Als Gustav Adolf Korinna jedoch vor die Wahl stellt an ihren Vater ausgeliefert oder nach Schweden geschickt zu werden nimmt sie sich das Leben Noch mehr ist der Konig uber mit ihm verbundete deutsche Adlige erbost die einen Haufen von der katholischen Seite in das schwedische Lager gefluchtete Bauern kurzerhand ausgeraubt haben mit ihren Untertanen so der Lauenburger als Wortfuhrer konnten sie als deutsche Reichsfursten schliesslich nach Belieben verfahren Gustav Adolf halt dem Adel eine derbe Predigt Nach des Konigs Abgang spottet der Lauenburger uber den auslandischen Konig und wunscht ihm den Untergang wird darin jedoch von seinen Standesgenossen allein gelassen Gustel bemerkt mit Grausen dass die Stimme des Herzogs ihrer stark ahnelt nbsp Gustav Adolf Gedenkkirche Meuchen Am Abend kommt ein Gesandter der Wallensteinschen Truppen in das Lager des Konigs und bittet Gustel beilaufig einen kleinen Handschuh anzuprobieren der ihr wie angegossen passt Als der Konig ankommt gibt sich der Gesandte als Wallenstein hochstpersonlich zu erkennen Gustel belauscht das Gesprach aus dem Nebenraum Wallenstein offenbart dem Konig dass am Mittag desselben Tages ein wegen einer Erbsache bei ihm Vorsprechender aus dem protestantischen Lager im Mittagsschlaf laut geredet habe namlich dass er den Schwedenkonig aufgrund einer erlittenen Beleidigung toten wolle Er selber wolle ihn warnen und auch darauf hinweisen dass sein Page dieselbe Stimme habe wie der Traumsprecher und ihm auch der kleine Handschuh passe den sein Gast bei ihm vergessen habe Der Konig weist die Verdachtigung zunachst zuruck doch als er seinem Pagen in einem abendlichen Gesprach Fragen uber seinen Aufenthalt am Tage stellt nimmt Gustel verzweifelt Reissaus Sie gelangt auf der Flucht an den schwedischen Oberst Ake Tott der in ihr die Tochter seines verstorbenen Kampfgefahrten Hauptmann Leubelfing erkennt Gegen Ende des Sommers hebt Gustav Adolf sein Lager bei Nurnberg auf und sucht die Schlacht in Sachsen Am Vorabend der Schlacht bei Lutzen stosst Gustel wieder zu ihm um ihn zu schutzen Gemeinsam mit dem Herzog von Lauenburg begleitet sie den Konig in die Schlacht Als der Pfarrer der Dorfkirche von Meuchen nachts die Tur offnet steht dort der schwer verwundete Page und fuhrt auf seinem Pferd den Leichnam des Schwedenkonigs mit Zufallig treffen sowohl Oberst Ake Tott als auch Vetter Laubfinger ein Sterbend offenbart Gustel dass der Konig im Nebel vom Herzog von Lauenburg erschossen wurde Konig und Page werden nebeneinander in der Dorfkirche aufgebahrt Motive Bearbeiten nbsp Stadtkirche St Wenzel in Naumburg Saale Figurenzeichnung Fast alle die Handlung tragenden Figuren werden vom Autor eindeutig als positiv Gustel Gustav Adolf oder negativ Lauenburg Laubfinger charakterisiert Lediglich Nebenfiguren Korinna Wallenstein bleiben ambivalent Besonders deutlich tritt der Unterschied zwischen dem gottgesandten Schwedenkonig und dem diabolischen Herzog von Lauenburg zutage Tausch der Geschlechterrollen Vom strahlenden Helden Gustav Adolf abgesehen sind es die weiblichen Figuren Gustel und Korinna die die typisch mannlichen Eigenschaften Mut und Entschlossenheit an den Tag legen wahrend die weiteren mannlichen Figuren durch Angstlichkeit Vater und Sohn Leubelfing oder Hinterlist Lauenburg hervorstechen und von ihrer Physis her weibliche Elemente tragen Konfessionelle Polarisierung Die zu Zeiten des im Deutschen Reich aber auch der Schweiz tobenden Kulturkampfs geschriebene Novelle bezieht hier deutlich Stellung Evangelische Rechtschaffenheit erscheint an verschiedenen Stellen als beispielhaft Der Schwedenkonig wird in der Tradition der protestantischen Erzahlung des Lowen von Mitternacht als frommer gerechter und unanfechtbarer Heiliger dargestellt und in einigen Parallelen zu Jesus Christus Einzug in Naumburg verglichen mit Jesu Einzug in Jerusalem Todesankundigung vor Getreuen vor der Schlacht bei Lutzen als geradezu messianisch Das Deutsche Reich wird als evangelisches Reich bezeichnet dem Habsburger darf es unmoglich langer gehoren Dagegen wird der Katholizismus negativ konnotiert und mit Verschlagenheit Verfuhrung der Konigstochter Christel zum Rosenkranz durch einen verkappten Jesuiten Verstocktheit Korinna und Aberglauben Wallenstein in Verbindung gebracht Geschichtlicher Hintergrund Bearbeiten nbsp Das Leublfingsche Wappen in Scheiblers WappenbuchMeyer griff bei der Abfassung der Novelle weitgehend auf historische Personlichkeiten der Zeit zuruck Der Schwedenkonig Gustav II Adolf Laut einer Grabplatte in der Naumburger Stadtkirche St Wenzel hatte Gustav Adolf tatsachlich einen etwa 18 jahrigen Pagen namens Augustus v Leubelfing der in der Schlacht bei Lutzen todlich verwundet wurde 1 Der Legende nach zahlte er zu acht Begleitern des Schwedenkonigs die an dessen Seite von kaiserlichen Reitern niedergemacht worden sein sollen Zuvor hatte Leubelfing angeblich noch versucht dem verwundeten Konig wieder aufs Pferd zu helfen wurde dabei aber selbst von drei Stichen todlich getroffen 2 Vom Schlachtfeld geborgen verstarb er trotz arztlicher Hilfe wenige Tage spater 3 Meyers wiederholte Bezugnahme auf den Pagen als Hund oder Hundchen auch im Vergleich zum Lowen Gustav Adolf referiert auf den kleinen Hund bzw Bracken im Wappen des niederbayerischen Adelsgeschlechts Leublfing Ein Johann von Leubelfing war im Dreissigjahrigen Krieg Stadtobrist von Nurnberg und 1632 Oberst in schwedischem Dienst 4 und konnte fur Gustes Vater oder Onkel Pate gestanden haben allerdings war er weder ein kriegsscheuer Kaufmann wie der Onkel noch fruh verstorben wie der Vater er lebte bis 1648 Der Herzog von Lauenburg in der Novelle verweist am ehesten auf den Lauenburgischen Prinzen Franz Karl von Sachsen Lauenburg der als General im Dreissigjahrigen Krieg zu verschiedenen Zeiten auf unterschiedlichen Seiten kampfte Dieser hatte 1628 die verwitwete brandenburgische Prinzessin Agnes von Brandenburg geheiratet eine Grosstante von Gustav Adolfs Ehefrau Maria Eleonora von Brandenburg die aber schon 1629 starb so dass Franz Karl zur Handlungszeit der Novelle unverheiratet war Franz Karl stand seinerzeit in schwedischen Diensten nahm an Gustav Adolfs Feldzug in Suddeutschland Teil und naherte sich nach dessen Tod wieder der kaiserlichen Seite an 5 Die Charakterisierung Lauenburgs und das Mordkomplott durfte Meyers Dichtung entstammen nbsp Der schwedische General Ake Tott nbsp Der kaiserliche Feldherr WallensteinAke Tott war ein schwedischer General im Dreissigjahrigen Krieg Wallenstein war der kaiserliche Oberbefehlshaber in der zweiten Halfte des Schwedenfeldzugs Durch sein Feldlager bei Nurnberg zwang er Gustav Adolf zur Verteidigung der mit diesem verbundeten Stadt ebenfalls dort zu lagern Entstehung und Rezeption BearbeitenMeyer hat in seinem Werk wohl Elemente von Goethes Egmont aber auch nicht ausgearbeitete Ideen von Heinrich Laube u a Madchen als Page Lauenburg verarbeitet und sich hinsichtlich des historischen Rahmens an August Friedrich Gfrorers geschichtlicher Gustav Adolf Darstellung orientiert Die ursprungliche Anlage als Drama lasst sich an der Struktur der Novelle bis hin zur Kapiteleinteilung noch erkennen Die Abfassung der Novelle geschah nach Meyers eigener Darstellung sehr rasch es sei ein plotzlich entstandener u ohne Unterbruch ausgefuhrter Gedanke gewesen 6 Wahrend die Novelle beim Publikum guten Erfolg hatte wurde das Werk in der Kritik eher negativ aufgenommen wobei insbesondere die vielen erzahlerischen Kunstgriffe und unwahrscheinlichen Wendungen in der Handlung kritisiert wurden 7 Die Novelle wurde 1960 von Rolf Hansen unter dem Originaltitel Gustav Adolfs Page verfilmt wobei die Handlung deutlich abgewandelt wurde Literatur BearbeitenChristof Laumont Kapitel VI Einer ist undenkbar ohne den anderen Gustav Adolfs Page In Jeder Gedanke als sichtbare Gestalt Formen und Funktionen der Allegorie in der Erzahldichtung Conrad Ferdinand Meyers Wallstein Gottingen 1997 ISBN 3 89244 248 7 S 195 214 Sjaak Onderdelinden Nachwort In C F Meyer Gustav Adolfs Page Reclam Stuttgart 1977 ISBN 3 15 006945 9 S 65 78 Weblinks BearbeitenGustav Adolfs Page Novelle im Projekt Gutenberg DEEinzelnachweise Bearbeiten Grabplatte fur den Pagen des Konigs Gustav Adolf von Schweden August von Leubelfing Bildindex der Kunst und Architektur abgerufen am 9 Marz 2018 Eugen Geiger C F Meyers Page Leubelfing in Die Alpen Monatsschrift fur schweizerische und allgemeine Kultur Band 6 1911 1912 Heft 12 S 713 720 hier S 715 doi 10 5169 seals 751282 abgerufen am 14 November 2019 Johann Eduard Hess Gottfried Heinrich Graf zu Pappenheim Leipzig 1855 S 280 Bernd Warlich Der Dreissigjahrige Krieg in Selbstzeugnissen Chroniken und Berichten Leubelfing Johann von 2010 Abgerufen am 9 Marz 2018 Johann Samuel Ersch Allgemeine Encyclopadie der Wissenschaften und Kunste in alphabetischer Folge Band 48 J f Gleditsch 1848 S 94 ff Digitalisat Onderdelinden Nachwort 1977 S 66 ff Onderdelinden Nachwort 1977 S 67 ff Normdaten Werk GND 4243324 1 lobid OGND AKS VIAF 191840556 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gustav Adolfs Page Novelle amp oldid 226070902