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Soziale Gruppenarbeit Social Groupwork ist neben Einzelfallhilfe und Gemeinwesenarbeit eine der grundlegenden Methoden der sozialen Arbeit und des sozialen Lernens Soziale Gruppenarbeit ist in spezieller Bedeutung ein Rechtsbegriff fur die Leistungen gemass 29 SGB VIII Inhaltsverzeichnis 1 Definition und Abgrenzung 1 1 Theorie der Sozialen Gruppe 2 Historische Entwicklung der Sozialen Gruppenarbeit 3 Techniken und Einsatzbereiche 4 Gruppenarbeit als rechtlich festgelegte erzieherische Massnahme 4 1 Gruppenarbeit als Hilfe zur Erziehung im deutschen SGB VIII Kinder und Jugendhilfe 4 2 Im Sinne der Hilfen zur Erziehung 27 Abs 1 SGB VIII 4 3 Im Sinne des 27 Abs 3 SGB VIII bzw des JGG 5 Versicherungsschutz 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 Siehe auch 9 WeblinksDefinition und Abgrenzung BearbeitenGisela Konopka definiert Soziale Gruppenarbeit als eine Methode der Sozialarbeit die dem Einzelnen hilft seine soziale Funktionsfahigkeit durch sinnvolle Gruppenerlebnisse zu erkennen und um personlichen Gruppen oder gesellschaftlichen Problemen besser gewachsen zu sein 1 Lernziele in padagogisch betreuten Gruppen sind z B Rucksichtnahme Kooperationsbereitschaft und Empathie Diese Ziele werden individuell fur jedes Gruppenmitglied festgelegt und konnen sich auch voneinander unterscheiden Davon unabhangig werden manchmal auch Gruppenziele formuliert Zur Zielerreichung werden Gruppenprozesse initiiert und Methoden der Gruppendynamik genutzt Im Unterschied zum arbeitsorganisatorischen Konzept Gruppenarbeit ist einfach ausgedruckt der Weg das Ziel Ziele der Sozialen Gruppenarbeit sind sinnvolle Gruppenerlebnisse bzw erfahrungen unter professioneller padagogischer Leitung Sie sollen Einzelnen helfen ihre psycho soziale Funktionsfahigkeit zu verbessern und damit ihre Probleme personliche Gruppen und des offentlichen Lebens besser zu meistern Psycho sozial umfasst zwei Dimensionen und fokussiert sowohl auf das Erleben psycho als auch auf das Verhalten sozial Theorie der Sozialen Gruppe Bearbeiten Homans 1972 Theorie der sozialen Gruppe definiert eine Gruppe als eine uberschaubare Personenmehrheit die uber langere Zeit in Interaktion steht Mit uberschaubarer Personenmehrheit ist gemeint die einzelnen mussen sich von Angesicht zu Angesicht gegenubertreten konnen Die Dauerhaftigkeit die im Terminus uber langere Zeit ihren Ausdruck findet gilt als primares Bestimmungsmerkmal Die Ausformung bestimmter Strukturen und Verhaltensrichtlinien haben hingegen nur eine abgeleitete Bedeutung d h sie entstehen wenn die notwendigen Bedingungen vorhanden sind 2 Nach Antons 1992 Praxis der Gruppendynamik ist die Gruppe mehr als die Summe ihrer Mitglieder Antons 1992 beschreibt die Gruppe zudem noch aus systemischer Sicht Die Gruppe ist ein Bezugssystem und besteht aus den Beziehungen und Interaktionen ihrer Mitglieder Gruppe ist das was zwischen den Gruppenmitgliedern geschieht 2 Vier Pramissen mussen gegeben sein damit man von Gruppe sprechen kann 2 Gruppengrosse die optimale Gruppengrosse hangt von der Aufgabe ab idealerweise hat eine Gruppe zwischen 3 und 12 Mitgliedern kleinen Gruppen fehlt es oft an Gruppendynamik zu grosse Gruppen werden unuberschaubar und es bilden sich Untergruppen selbstregulierend Gruppenziel ein gemeinsames Gruppenziel sichert die Attraktivitat und den Fortbestand der Gruppe die gemeinsame Zielsetzung ist der Motor fur das Engagement und die Identifikation Dauer hier wird ein langerer Zeitraum genannt der den Mitgliedern die Moglichkeit gibt sich einzubringen und die eigene Rolle zu finden und zu stabilisieren Identitatsentwicklung Wechselseitige Beziehungen Die Mitglieder kennen sich und bauen dynamische Beziehungen zueinander auf sie sind Teil eines Rollengeflechts innerhalb dessen Rollen ubernommen werden oder auch abgelegt werden ein Status erreicht wird Einfluss genommen wird und Gruppenwerte und normen entwickelt werden Historische Entwicklung der Sozialen Gruppenarbeit BearbeitenGisela Peiper Konopka 1910 2003 gilt als Mutter der Sozialen Gruppenpadagogik 3 Sie entwickelte in den 1930 40er Jahren die Gruppenarbeit in den USA zur Gruppenpadagogik weiter und hielt in den 1960er Jahren Vorlesungen und Schulungen in Deutschland Nach Gisela Konopka 1968 umfasste die Soziale Gruppenarbeit zunachst nur die Arbeit mit Kranken und mit Kindern 4 Eine weitere Pionierin auf dem Gebiet der Sozialen Gruppenarbeit war Magda Kelber Sie war als Erwachsenenpadagogin in England tatig und beteiligte sich am Quakerhilfsdienst Nach ihrer Ruckkehr nach Deutschland lehrte sie im Haus Schwalbach Gruppenpadagogik Das Haus Schwalbach war eine Bildungsstatte fur Sozialpadagogik in Theorie und Praxis fur eine gezielt padagogische anstelle einer en passant Arbeit mit Kindern Jugendlichen sowie Erwachsenen 5 Die Soziale Gruppenarbeit basiert auf den Konzepten der U S amerikanischen Social Work Group 1935 verstand man darunter einen padagogischen Prozess zur Entwicklung und sozialen Anpassung von Individuen durch freiwillige Gruppenmitgliedschaft sowie durch Mitgliedschaft als Mittel zur Forderung anderer sozialer Ziele 1956 wurden soziale Anpassungsprobleme fokussiert und andere Ziele gerieten in den Hintergrund Heute liegt der Schwerpunkt auf Gruppendiskussion und interaktion Die Soziale Gruppenarbeit entwickelte sich in Deutschland aus der Praxis der Jugendarbeit heraus Ein massgebliches Kriterium war die Freiwilligkeit sozialen Lernens Anfangs waren die Adressaten Sozialer Gruppenarbeit lediglich Kinder Ziel dieser Intervention war es Verhaltensprobleme und Entwicklungsschwierigkeiten zu uberwinden Dieses Ziel wird heute als Soziale Gruppenarbeit im engeren Sinne verstanden Im weiteren Sinne umfasst die Soziale Gruppenarbeit alle Handlungsformen in denen die padagogisch geleitete Gruppe sowohl Ort als auch Medium der Erziehung ist Es handelt sich hierbei um eine Kombination aus Fursorge und entwicklungsfordernden Prozessen 6 Die Zielgruppe wurde um altere Jugendliche und Erwachsene in spezifischen Problemlagen erweitert In den 1950 60er Jahren verbreitete sich die Soziale Gruppenarbeit in unterschiedlichen Arbeitsfeldern Die Adressaten dieser Arbeitsfelder wurden zu Namensgebern der daraus resultierenden Handlungsfelder der Sozialen Arbeit Jugendarbeit Straffalligenarbeit Altenarbeit Erwachsenenbildung Diese Handlungsfelder sind heute weitgehend identisch mit jenen der zentral praventiven professionellen padagogischen Klinischen Sozialen Arbeit In den 1970er Jahren erlitt die Soziale Gruppenarbeit als methodisch geschlossenes Konzept einen Bedeutungsverlust Um diesem entgegenzuwirken nahm das Konzept Anleihen aus Bezugsdisziplinen und ubernahm Begriffe wie Gruppendynamik oder Gruppentherapie Dies wiederum hatte zur Folge dass die Methodenoffenheit zu fliessenden Grenzen zwischen Gruppentherapien und Sozialer Gruppenarbeit fuhrte Mittlerweile handelt es sich bei dieser Intervention um eine eigenstandige Arbeitsform die in Deutschland im Kinder und Jugendhilfegesetz 1991 als Hilfen zur Erziehung verankert ist Die Gruppendynamik ist ein wichtiges Medium mit dem und gleichzeitig geschutzter Raum Ort in an dem soziale Kompetenzen Kommunikationsverhalten oder die Wirkung unterschiedlicher Copingstrategien erarbeitet und gleichzeitig erprobt werden konnen Techniken und Einsatzbereiche BearbeitenJeder sozialen Gruppe wohnen dynamische Prozesse z B der Rollenfindung und Rollenzuschreibung inne So lassen sich bei allen Gruppen Gruppenphasen beobachten Auch wird die Rolle des Gruppenleiters und der einzelnen Gruppenglieder in der Sozialarbeit betrachtet Wesentliche Techniken der sozialen Gruppenarbeit sind das Spiel und die methodische Vermittlung von Bildungsinhalten Rhetorische Vortrage stehen nachrangig zu interaktiven Elementen Hier gilt das Motto So viel wie notig so wenig wie moglich Dem Gruppenleiter kommt meist eine moderierende Rolle zu Ein nach den Regeln der Didaktik erfolgter Aufbau der Angebote innerhalb der sozialen Gruppenarbeit sollte immer auch Evaluationselemente enthalten Gruppenarbeit als rechtlich festgelegte erzieherische Massnahme BearbeitenGruppenarbeit als Hilfe zur Erziehung im deutschen SGB VIII Kinder und Jugendhilfe Bearbeiten Mit Einfuhrung des Kinder und Jugendhilfegesetzes Art 1 SGB VIII 1991 gehort die Soziale Gruppenarbeit gemass 29 SGB VIII zu den Hilfen zur Erziehung 27 41 SGB VIII Die Teilnahme soll Kindern und Jugendlichen bei der Uberwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen helfen Soziale Gruppenarbeit ist ein Angebot zum sozialen Lernen in Gruppen das auf der Freiwilligkeit der Inanspruchnahme beruht und neben Jugendlichen auch zunehmend Kinder einbezieht Sie hat sich aus der Praxis der Jugendhilfe in den 1970er und 1980er Jahren aus zwei verschiedenen Richtungen parallel entwickelt Daraus folgend sind in der Praxis zwei sehr verschiedene Grundtypen anzutreffen Im Sinne der Hilfen zur Erziehung 27 Abs 1 SGB VIII Bearbeiten Die Sozialpadagogische Gruppenarbeit ist in der Regel fur Kinder und Jugendliche gemass 27 Abs 1 SGB VIII im schulfahigen Alter ausgelegt selten auch fur jungere bzw altere Jugendliche da hier meist andere Massnahmen geeigneter sind Hierunter fallt auch das Konzept der Familienklassen Soziales Lernen in der Gruppe Uberwindung von Verhaltensproblemen und Entwicklungsschwierigkeiten stehen bei den ein bis dreimal wochentlichen zwei bis dreistundigen Treffen im Vordergrund Die Gruppenarbeit kann durch Gruppenfahrten und ahnliche Veranstaltungen erganzt werden Die Gruppengrosse min 3 bis in der Regel max 12 Personen hangt u a von der Starke des Hilfebedarfs ab Grundsatzlich konnen zwei verschiedene Ansatze unterschieden werden Kursform Sie wird in der Regel fur ein bis sechs Zeitstunden in der Woche geplant und dauert sechs bis zwolf Monate Die Gruppentreffen sind dabei meist ein bis 3 mal in der Woche Die Aufnahme in den Kurs erfolgt fur alle Teilnehmer gleichzeitig Die praktische Umsetzung kann hier relativ leicht nach gruppendynamischen Ansatzen gestaltet werden Fortlaufende Gruppen Sie wird fur selten langer als zwei Jahre initiiert Zu Beginn der Hilfe werden Zielvereinbarungen mit den Sorgeberechtigten getroffen und halbjahrlich im Hilfeplanverfahren uberpruft und gegebenenfalls verandert Aufnahme der Teilnehmer kann zu jedem Zeitpunkt erfolgen ebenso wie individuelle Beendigung Die solchen Gruppen innewohnende Gruppendynamik ist zu denen der Kursform sehr verschieden Welches Konzept umgesetzt wird hangt von den Praferenzen des anbietenden Jugendhilfetragers und vom qualitativen wie quantitativen Bedarf ab Gruppendynamisch gesehen wird der Kursform haufig hohere Leistungsfahigkeit zugesprochen Auf der anderen Seite kann mit fortlaufenden Gruppen oft dem Leistungsanspruch Hilfebedurftiger schneller nachgekommen werden Im Sinne des 27 Abs 3 SGB VIII bzw des JGG Bearbeiten Die Form ist eine Hilfe fur altere Jugendliche junge Volljahrige und laut gesetzlicher Definition bis max zum 27 Lebensjahr diese werden dann junge Erwachsene genannt in schwierigen Lebenssituationen z B nach Drogenabhangigkeit oder Gefangnisaufenthalt oder anderen devianten Verhalten Die angewandten Konzepte sind sehr vielfaltig Nicht immer liegt der Teilnahme das Prinzip der Freiwilligkeit zugrunde da diese Jugendhilfe auch vom Richter nach dem Jugendgerichtsgesetz fur 14 21 Jahrige als Massregel angeordnet werden kann Versicherungsschutz BearbeitenDer Versicherungsschutz fur Klienten Teilnehmende Kinder und Jugendliche liegt in der privaten Krankenversicherung Sollte eine Betriebserlaubnis nach gemass 45 SGB VIII fur dieses Angebot vorliegen so sind die Teilnehmenden uber die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert Literatur BearbeitenClaus Bernet Gruppenpadagogik am Anfang der Bundesrepublik Deutschland Methodenlehre Sexualerziehung padagogische Arbeit mit Soldaten In Soziale Arbeit 59 2010 S 341 346 Luise Hartwig Hg Gruppenpadagogik in der Heimerziehung Frankfurt am Main 2010 Astrid Hedtke Becker Jochen Peter Gruppenarbeit und Gruppenpadagogik in Kilb Rainer Hg Methoden der Sozialen Arbeit in der Schule Munchen 2009 S 182 188 Einzelnachweise Bearbeiten Gisela Konopka Soziale Gruppenarbeit ein helfender Prozess Beltz Verlag Weinheim 1968 S 67 a b c Ningel Rainer 2011 Methoden der Klinischen Sozialarbeit 1 Auflage Bern Stuttgart Wien Haupt Verlag Kapitel 8 2 Soziale Gruppenarbeit S 264 288 S 264 265 Feidel Mertz Hildegard 1990 Padagogik im Exil nach 1933 Erziehung zum Uberleben Frankfurt am Main dipa Verlag ISBN 3 7638 0520 6 S 211 Konopka Gisela 1968 Soziale Gruppenarbeit ein helfender Prozess Weinheim Beltz Verlag S 67 Kelber Magda 1959 Was verstehen wir unter Gruppenpadagogik Eine Einfuhrung in die Gruppenpadagogik In Haus Schwalbach Hrsg Auswahl aus den Schwalbacher Blattern 1949 1959 Wiesbaden S 11 Galuske Michael 2007 Methoden der sozialen Arbeit Eine Einfuhrung 7 erganzte Auflage Weinheim Juventa Beltz S 93 Siehe auch BearbeitenErlebnispadagogikWeblinks BearbeitenSoziale Gruppenarbeit an Forderschulen Datenbank Spiele und UbungenBitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4181929 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Soziale Gruppenarbeit amp oldid 232878473