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In der Materialwissenschaft sind Gleitspuren mit dem Mikroskop sichtbare Spuren auf Metalloberflachen die zur Einschatzung der durch Uberbeanspruchung hervorgerufenen bleibenden plastischen Deformationen eines Bauteils ausgewertet werden konnen Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Wahrscheinlichkeitsanalyse zur Richtungsverteilung von Gleitspuren 2 1 Wahrscheinlichkeitsverteilung der Richtungen von Gleitspuren bei festgehaltenem Orientierungswinkel F der Gleitebenennormale 2 2 Beanspruchungsgeometrie und Orientierungswinkel F 2 3 Wahrscheinlichkeitsverteilung fur die Orientierung der Gleitspuren bei vorgegebener Beanspruchung 3 Einfluss der Kristallstruktursymmetrie 4 Vergleich mit experimentellen Ergebnissen 5 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenIn vielen Bereichen der Technik gibt es Maschinen und Anlagen deren Bauteile wahrend des Betriebes hohen und hochsten mechanischen Beanspruchungen ausgesetzt werden In Kraftwerken sind es insbesondere jene Bauteile in denen im Betriebsmedium Wasser oder Dampf hohe Temperaturen und damit verbunden hohe Drucke herrschen wie Rohrleitungen und Druckgefasse Insbesondere beim An und Abfahren ist auch mit mechanischen Spannungen durch ortlich unterschiedliche thermische Ausdehnung des Materials zu rechnen Alle diese Beanspruchungen werden bei der Konstruktion solcher Maschinen und Anlagen rechnerisch erfasst und so bemessen dass es wahrend des Betriebs nicht zu gefahrlichen Bruchen kommt Ganz besondere Aufmerksamkeit wird dabei solchen Beanspruchungen geschenkt die sich mehr oder weniger regelmassig wiederholen und schliesslich zur Materialermudung fuhren konnen Die Berechnungen beruhen dabei auf Kennwerten der Werkstoffe welche an Prufkorpern mit bestimmten Prufmaschinen zuvor bestimmt werden Vorausgesetzt wird dabei dass das in den Maschinen und Anlagen verwendete Material die gleichen Eigenschaften hat wie in den zur Bestimmung der Kennwerte benutzten Prufkorpern und dass diese Eigenschaften sich im Laufe des Betriebs uber viele Jahre nicht andern Eine absolute Sicherheit gibt es jedoch nicht und es werden regelmassige Kontrollen an den am meisten gefahrdeten Stellen der Bauteile durchgefuhrt durch welche zu einem moglichst fruhen Zeitpunkt Schaden an den Bauteilen erkannt werden konnen Zu derartigen Schaden konnen ortliche oder ausgedehnte Uberschreitungen der Elastizitatsgrenze fuhren welche Ursache fur plastische Verformungen der Bauteile sein konnen Die dabei angewendeten Methoden sind in erster Linie die visuelle Inspektion Sichtprufung und die Suche nach eventuellen Rissen mit Ultraschall und Wirbelstromverfahren Eine Erganzung durch mikroskopische Untersuchung mit transportablen Auflichtmikroskopen oder Abdrucktechniken zur Oberflachenuntersuchung von Gleitspuren im Labor ist denkbar weil hoch beanspruchte Bauteile aus polykristallinen metallischen Werkstoffen ihre schliesslich zur Materialermudung fuhrende Belastungsgeschichte selbst aufzeichnen Die an der Oberflache von Bauteilen mit den Mitteln der Metallografie nachweisbaren Gleitspuren Gleitstufen und Atzgrubenreihen sind die hierbei zu untersuchenden Anzeichen Gleitstufen entstehen dort wo die bei der plastischen Deformation betatigten Gleitebenen die Oberflache des Bauteils schneiden Reihen von Atzgruben markieren die Schnittpunkte der bei der Gleitung betatigten Versetzungen mit der Oberflache Bei mechanisch bearbeiteten Bauteiloberflachen wird der Austritt der Gleitvorgange an die Oberflache behindert 1 Die Entwicklung der Atzgrubenreihen gelingt jedoch nach vorherigem Abtragen der Bearbeitungsschicht durch elektrolytisches Polieren 2 Eine besondere Bedeutung kommt der azimutalen Richtungsverteilung der Gleitspuren zu deren Gesetzmassigkeiten durch eine Wahrscheinlichkeitsanalyse aufgedeckt werden konnen Eine Verteilungslucke liegt symmetrisch zur Richtung der Hauptbeanspruchung 3 4 Wahrend es relativ leicht ist an der Oberflache von Einkristallen Gleitspuren als Gleitstufen Gleitlinien oder Gleitbander dort zu erzeugen wo bei der plastischen Deformation betatigte Gleitebenen die Oberflache schneiden und mit dem Auflichtmikroskop insbesondere bei schiefer Beleuchtung zu beobachten ist dies bei metallischen Konstruktionswerkstoffen keineswegs selbstverstandlich Bei der ublichen Oberflachenbearbeitung durch Drehen Frasen Feilen oder Schleifen entsteht eine oberflachennahe Verformungsschicht die den kristallgeometrisch gesteuerten Gleitvorgang behindert An der Oberflache ublicher Zugproben in der Umgebung von Harteeindrucken oder in der Nachbarschaft der Bruchflache von Kerbschlagbiegeproben beobachtet man lediglich eine zusatzliche eigenartige Aufrauung der Oberflache die manchmal als Orangenschaleneffekt bezeichnet wird Diesen Effekt kann man als Folge der gegenseitigen Verdrehung der unter der Bearbeitungsschicht liegenden Kristallite verstehen Seitliche Auslenkungen von Schleifriefen konnen auf unter der Bearbeitungsschicht stattgefundene plastische Verformungen hinweisen wie in Bild 1 Nachtragliche Abtragung der Bearbeitungsschicht durch elektrolytisches Polieren und anschliessendes Atzen ergibt den direkten Nachweis von Gleitspuren als Atzgrubenreihen wie in Bild 2 Um die Gleiterscheinungen an der Oberflache beobachten zu konnen benutzt man Proben mit elektrolytisch oder chemisch polierter Oberflache Aus diesem Grunde wurden auch bei den Untersuchungen an austenitischem Chrom Nickel Titan Stahlproben einige der Proben vor der mechanischen Beanspruchung mit einem Elektrolyten aus Perchlorsaure und Essigsaure in wassriger Losung elektrolytisch poliert Bild 3 zeigt die Umgebung eines Eindrucks zur Harteprufung nach Vickers 30 kp auf der zuvor elektrolytisch polierten Oberflache einer Probe aus dem Stahl X8CrNiTi18 10 Zu erkennen sind relativ gleichmassig verteilte Gleitstufen die innerhalb der einzelnen Korner parallele Scharen bilden deren Richtung sich beim Ubergang uber Korn und Zwillingsgrenzen andert Wegen der offenbar geringen Hohe der meisten Gleitstufen ist deren Kontrast sehr schwach In Bild 4 wird die gleiche Stelle wie in Bild 3 gezeigt nachdem die Oberflache vorsichtig einige Sekunden mit V2A Beize geatzt wurde Der Gleitspurenkontrast ist wesentlich starker Die Gleitspuren werden durch Atzgrubenreihen markiert An besonders gunstigen Stellen lassen sich die einzelnen Atzgruben getrennt abbilden Wie in Bild 5 mit der hochstmoglichen lichtmikroskopischen Aufnahmevergrosserung Original 2000 1 zu erkennen ist sind die Atzgruben offenbar spitz und markieren die Durchstosspunkte einzelner Versetzungen Dies entspricht den Erfahrungen des Autors aus einer fruheren Arbeit zur Plastizitat organischer Molekulkristalle niederer Symmetrie 5 nbsp Bild 1 CrNiTi Stahl Deformierte Schleifriefen nbsp Bild 2 Cr Ni Ti Stahlprobe nach Zugschwellversuch geatzt nach Beseitigung der Schleifriefen durch elektrolytisches Polieren nbsp Bild 3 Ursprungliche Gleitspuren neben einem Eindruck zur Harteprufung nach Vikkers auf elektrolytisch polierter Oberflache einer CrNiTi Stahlprobe nbsp Bild 4 Gleitspuren in der Nahe eines Vickers Eindrucks auf einer elektrolytisch polierten CrNiTi Stahlprobe geatzt nbsp Bild 5 Atzgrubenreihen als Gleitspuren auf einer CrNiTi Stahlprobe neben einem Vickers EindruckWahrscheinlichkeitsanalyse zur Richtungsverteilung von Gleitspuren Bearbeiten nbsp Bild 6 Skizze zur Analyse der Richtungsverteilung von GleitspurenDie Wahrscheinlichkeitsanalyse kann zunachst fur einen festgehaltenen Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp der Normalen aktivierter Gleitebenen durchgefuhrt werden und dann in Abhangigkeit von der Belastungsgeometrie auf den Orientierungswinkel selbst ausgedehnt werden Wahrscheinlichkeitsverteilung der Richtungen von Gleitspuren bei festgehaltenem Orientierungswinkel F der Gleitebenennormale Bearbeiten Das Problem wird in einem probenfesten Koordinatensystem X Y Z untersucht Bild 6 Dabei sei X senkrecht zur Probenoberflache und Z parallel zur Lastrichtung Einheitsvektor k displaystyle vec k nbsp orientiert In einem beliebig herausgegriffenen Korn der polykristallinen Probe mit isotroper Kornorientierungsverteilung moge eine plastische Deformation in einem Gleitsystem mit der Gleitebene h k l g displaystyle hkl rm g nbsp der Normaleneinheitsvektor der Gleitebene sei n displaystyle vec n nbsp und der Gleitrichtung u v w g displaystyle uvw rm g nbsp Einheitsvektor g displaystyle vec g nbsp stattgefunden haben Dann finden sich in der Oberflache Y Z Ebene der Probe Gleitspuren parallel zur Spur S p displaystyle Sp nbsp der Gleitebene und damit senkrecht zur Projektion des Normalenvektors n displaystyle vec n nbsp in die Y Z Ebene Wenn man mit f z displaystyle varphi rm z nbsp und f x displaystyle varphi rm x nbsp die Azimute von n displaystyle vec n nbsp bezuglich Drehung um die Z bzw X Achse bezeichnet dann ergibt sich zugleich f x S p Y displaystyle varphi rm x angle Sp mathrm Y nbsp Es sei F n k displaystyle Phi angle vec n vec k nbsp der Orientierungswinkel der Gleitebenennormale Den Zusammenhang von f z displaystyle varphi rm z nbsp und f x displaystyle varphi rm x nbsp findet man mit Hilfe der Angaben in Bild 6 leicht wenn man berucksichtigt dass f x displaystyle varphi rm x nbsp zugleich der Winkel zwischen der Projektion von n displaystyle vec n nbsp in die Y Z Ebene und der Z Achse ist Es gilt sin f z tan f x tan F displaystyle sin varphi rm z tan varphi rm x tan Phi nbsp oder tan f x sin f z tan F displaystyle tan varphi rm x sin varphi rm z tan Phi nbsp 1 Der Betrag von f x displaystyle varphi rm x nbsp kann nicht grosser sein als der Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp Dieser Grenzwert wird erreicht wenn der Normalenvektor der Gleitebene n displaystyle vec n nbsp in der Probenoberflache liegt mit f z p 2 displaystyle varphi rm z pm pi 2 nbsp Wenn es im Zusammenhang mit der Belastungsgeometrie einen oberen Grenzwert fur F displaystyle Phi nbsp gibt existiert eine Verteilungslucke fur f x displaystyle varphi rm x nbsp symmetrisch um die Belastungsrichtung k displaystyle vec k nbsp Diese Verteilungslucke ermoglicht eine unabhangige Bestimmung der Haupbelastungsrichtung aus der Richtungsverteilung der Gleitspuren Die zufallige Verteilung der Orientierung der einzelnen Kristallite in dem polykristallinen Material kann simuliert werden indem alle moglichen Orientierungen von n displaystyle vec n nbsp im dreidimensionalen Raum zugelassen werden die nicht zu Dopplungen der Orientierungsverteilung der Gleitstufen fuhren Die Spiegelung von n displaystyle vec n nbsp an der zur Probenoberflache parallelen Y Z Ebene fuhrt zu identischen Lagen der Gleitspuren Das bedeutet dass nur der nach der positiven X Achse weisende Halbraum zu berucksichtigen ist Die Probenoberflache ist Symmetrieebene fur das Problem Spiegelung von n displaystyle vec n nbsp an der X Z Ebene fuhrt zum Vorzeichenwechsel von f x displaystyle varphi rm x nbsp und damit nicht zu einer Dopplung Spiegelung von n displaystyle vec n nbsp an der X Y Ebene fuhrt zur Spiegelung der Richtungsverteilung und damit zur Dopplung Damit beschrankt sich die Variationsmoglichkeit fur die Orientierung von n displaystyle vec n nbsp auf das vordere obere Raumviertel Bei festgehaltenem Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp liegt Winkel f z displaystyle varphi rm z nbsp mit Sicherheit zwischen p 2 displaystyle pi 2 nbsp und p 2 displaystyle pi 2 nbsp Die Wahrscheinlichkeit P f z displaystyle P varphi rm z nbsp dafur ist gleich 1 Die Grosse des Variationsintervalls ist p displaystyle pi nbsp Bei isotroper Kornorientierungsverteilung aber auch bei Fasertextur mit Z als Faserachse sind alle Werte von f z displaystyle varphi rm z nbsp gleich wahrscheinlich und die Gesamtwahrscheinlichkeit 1 ist auf das Variationsintervall von f z displaystyle varphi rm z nbsp mit der Breite p displaystyle pi nbsp gleichmassig aufgeteilt so dass man fur die auf f z displaystyle varphi rm z nbsp bezogene Wahrscheinlichkeitsdichte p f x displaystyle p varphi rm x nbsp erhalt p f z d P f z d f z c o n s t 1 p 1 180 displaystyle p varphi rm z mathrm d P varphi rm z mathrm d varphi rm z rm const 1 pi 1 180 circ nbsp 2 Fur die Wahrscheinlichkeitsdichte p f x displaystyle p varphi rm x nbsp ergibt sich mit Benutzung von 1 p f x d P f x d f x d P f z d f x d P f z d f z d f z d f x 1 p arcsin tan f x tan F displaystyle p varphi rm x mathrm d P varphi rm x mathrm d varphi rm x mathrm d P varphi rm z mathrm d varphi rm x mathrm d P varphi rm z mathrm d varphi rm z cdot mathrm d varphi rm z mathrm d varphi rm x 1 pi cdot arcsin tan varphi rm x tan Phi nbsp 3 Die Wahrscheinlichkeit P f x i displaystyle P varphi rm x rm i nbsp dafur dass der Winkel f x displaystyle varphi rm x nbsp in einem bestimmten Intervall f x i f x i 1 displaystyle varphi rm xi varphi rm xi 1 nbsp angetroffen wird ist gleich der Wahrscheinlichkeit P f z i displaystyle P varphi rm z rm i nbsp dass sich f z displaystyle varphi rm z nbsp in dem nach Beziehung 1 zugeordneten Intervall befindet Es gilt P f x i f x i 1 p f x i 1 p f x i f x i 1 f x i displaystyle P varphi rm xi varphi rm xi 1 p varphi rm xi 1 p varphi rm xi varphi rm xi 1 varphi rm xi nbsp 4 Beanspruchungsgeometrie und Orientierungswinkel F Bearbeiten nbsp Bild 7 Skizze zur Belastungsgeometrie eines GleitsystemsZur Herleitung der Grenzbedingungen fur den Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp der Normalen aktivierter Gleitebenen wird die Wahrscheinlichkeit P g displaystyle P vec g nbsp eingefuhrt dass bei einer ausseren Beanspruchung durch die Zug oder Druckspannung s z displaystyle sigma rm z nbsp ein beliebig herausgegriffenes Korn in der polykristallinen Probe mit isotroper Kornorientierungsverteilung sich in einer gleitgunstigen Orientierung befindet so dass in diesem Korn wenigstens ein Gleitsystem aktiviert wird Ein Gleitsystem wird aktiviert sobald die darauf einwirkende Schubspannung t displaystyle tau nbsp einen bestimmten mit der Fliessgrenze des Werkstoffes zusammenhangenden Grenzwert t g displaystyle tau rm g nbsp erreicht oder uberschreitet Den geometrischen Verhaltnissen gemass Bild 7 ist s z F z A o displaystyle sigma rm z F rm z A rm o nbsp und t F g A displaystyle tau F rm g A nbsp Mit A A o cos F displaystyle A A rm o cos Phi nbsp und F g F z cos l displaystyle F rm g Phi rm z cdot cos lambda nbsp ergibt sich t s z cos F cos l s z s t g displaystyle tau s rm z cos Phi cos lambda sigma rm z cdot s geq tau rm g nbsp 5 als Gleitbedingung Dabei ist s cos F cos l displaystyle s cos Phi cos lambda nbsp der von Schmid und Boas eingefuhrte Orientierungsfaktor Die Gleitbedingung 5 kann in eine rein geometrische Bedingung fur den Orientierungsfaktor umgeformt werden s t g s z s m i n displaystyle s geq tau rm g sigma rm z s rm min nbsp 6 nbsp Bild 8 An das Gleitsystem gebundenes Koordinatensystem X Y Z Die geometrische Bedeutung der Gleitbedingung in der Gestalt von Beziehung 6 lasst sich in einem mit dem Gleitsystem fest verbundenen Koordinatensystem X Y Z auf der darin dargestellten Einheitskugel mit den Polarkoordinaten ϑ displaystyle vartheta prime nbsp und f displaystyle varphi prime nbsp in der stereographischen Projektion von Bild 8 veranschaulichen Fur X g displaystyle mathrm X prime parallel vec g nbsp Z n displaystyle mathrm Z prime parallel vec n nbsp ϑ F displaystyle vartheta prime Phi nbsp und f f n displaystyle varphi prime varphi rm n nbsp Azimut von k displaystyle k nbsp bezuglich Drehung um n displaystyle n nbsp erhalt man cos l sin F cos f n displaystyle cos l sin Phi cos varphi rm n nbsp so dass mit Berucksichtigung der Beziehung sin F cos F 1 2 sin 2 F displaystyle sin Phi cos Phi 1 2 sin 2 Phi nbsp die Gleitbedingung 6 eine neue Gestalt 7 erhalt s 1 2 cos f n sin 2 F gt s m i n displaystyle s 1 2 cos varphi rm n sin 2 Phi gt s rm min nbsp 7 Mit dem Gleichheitszeichen vor s m i n displaystyle s rm min nbsp erhalt man die implizite Darstellung einer geschlossenen Kurve auf der Einheitskugel F f n F s m i n displaystyle F varphi rm n F s rm min nbsp Die Gleitbedingung ist fur alle Punkte in dem von dieser geschlossenen Kurve berandeten Gebiet W g displaystyle W rm g nbsp erfullt Fallt fur ein bestimmtes Korn die Lastrichtung k displaystyle vec k nbsp in das Gebiet W g displaystyle Omega rm g nbsp so ist fur dieses Korn die Gleitbedingung 5 erfullt das betreffende Gleitsystem wird aktiviert In expliziter Form lautet die die Randkurve von W g displaystyle Omega rm g nbsp beschreibende Funktion nach Auflosung der Gleichung 7 nach f n displaystyle varphi rm n nbsp folgendermassen cos f n 2 s m i n sin 2 F displaystyle cos varphi rm n 2s rm min sin 2 Phi nbsp oder f n arccos 2 s m i n sin 2 F displaystyle varphi rm n arccos 2s rm min sin 2 Phi nbsp 8 Wegen der symmetrischen Gleichberechtigung von n displaystyle vec n nbsp mit n displaystyle vec n nbsp und g displaystyle vec g nbsp mit g displaystyle vec g nbsp ist es sicher die Richtung von k displaystyle vec k nbsp in der in Bild 8 dargestellten Viertelkugel mit dem Raumwinkel P displaystyle Pi nbsp anzutreffen die Wahrscheinlichkeit dafur ist gleich 1 Die Wahrscheinlichkeit dafur dass bei isotroper Kornorientierung d h bei fehlender Textur die Lastrichtung k displaystyle vec k nbsp in das Gebiet W g displaystyle Omega rm g nbsp fallt und damit Gleitung erfolgt ist P g W g P displaystyle P vec g Omega rm g Pi nbsp In Bild 8 sind die Randkurven von P displaystyle Pi nbsp fur verschiedene Werte von s m i n displaystyle s rm min nbsp dargestellt Extremwerte von F displaystyle Phi nbsp ergeben sich fur die Orientierung der Lastrichtung k displaystyle vec k nbsp in der X Z Ebene mit f n 0 displaystyle varphi rm n 0 nbsp aus Gleichung 8 zu F m i n arcsin 2 s m i n 2 displaystyle Phi rm min arcsin 2s rm min 2 nbsp und F m a x p 2 F m i n displaystyle Phi rm max pi 2 Phi rm min nbsp 9 Die Verteilungslucke der Gleitspuren um die Lastrichtung hat die Breite 2 F m i n displaystyle 2 Phi rm min nbsp Aus deren Vorhandensein lasst sich die Lastrichtung aus der Richtungsverteilung der Gleitspuren unabhangig bestimmen Die Wahrscheinlichkeitsdichte fur das Auftreten eines bestimmten Orientierungswinkels F displaystyle Phi nbsp bei gleitgunstiger Kornorientierung innerhalb von W g displaystyle Omega rm g nbsp ist langs des Meridians mit f n 0 displaystyle varphi rm n 0 nbsp proportional zur Bogenlange 2 f n sin F displaystyle 2 varphi rm n sin Phi nbsp auf dem betreffenden Breitenkreis Damit ergibt sich p F g s 2 arccos 2 s m i n sin F p displaystyle p Phi rm g rm s 2 arccos 2s rm min sin Phi pi nbsp 10 Der Index s kennzeichnet das vorgegebene Beanspruchungsniveau Wahrscheinlichkeitsverteilung fur die Orientierung der Gleitspuren bei vorgegebener Beanspruchung Bearbeiten nbsp Bild 9 Rechnerisches Ergebnis der Richtungsverteilung von GleitspurenBei der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Richtungen von Gleitspuren bei vorgegebener Beanspruchung handelt es sich um die Wahrscheinlichkeit fur das gleichzeitige Eintreten zweier voneinander abhangiger Ereignisse dass das betreffende Gleitsystem aktiviert wird und die Gleitspuren in ein bestimmtes Azimutintervall fallen Die Einzelwahrscheinlichkeiten bzw ihre Dichten nach den Gleichungen 4 und 10 werden nach der sowohl als auch Regel miteinander multipliziert und anschliessend nach dem Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp integriert Das rechnerische Ergebnis wird fur eine Verteilung auf f x displaystyle varphi rm x nbsp Intervalle mit der Breite 5 displaystyle 5 circ nbsp in Bild 9 dargestellt Wegen der Symmetrie hinsichtlich des Vorzeichens beschrankt sich die Darstellung auf positive Werte von f x displaystyle varphi rm x nbsp Die einzelnen Kurven wurden fur die angezeigten Werte von s m i n displaystyle s rm min nbsp berechnet Die fur Intervallbreiten Df z 5 displaystyle varphi rm z 5 circ nbsp berechneten Wahrscheinlichkeiten haben ein flaches Minimum bei f x 0 displaystyle varphi rm x 0 nbsp mit einer vom Beanspruchungsparameter s m i n displaystyle s rm min nbsp unabhangigen Hohe 2 78 Es existiert eine Lucke fur f z gt F m a x s m i n displaystyle varphi rm z gt F rm max s rm min nbsp deren Lage zur unabhangigen Bestimmung der Richtung einer ausseren Beanspruchung benutzt werden kann Mit wachsender Beanspruchung abnehmendem Parameter s m i n displaystyle s rm min nbsp wird das Maximum flacher und verschiebt sich nach kleineren Azimutwerten Einfluss der Kristallstruktursymmetrie BearbeitenDer Einfluss der Kristallstruktursymmetrie wurde fur die kubisch flachenzentrierte Struktur kfz zugleich kubisch dichteste Kugelpackung naher untersucht In dieser existieren 12 symmetrisch gleichwertige Gleitsysteme Die Gleitebene liegt in den dichtest gepackten Flachen der Form 111 die Gleitrichtung parallel zu den dicht gepackten Gitterlinien der Form 01 1 Das Ergebnis besteht in der Feststellung dass mit zunehmender Belastung in den einzelnen Kristallkornern verschiedene Gleitsysteme nacheinander aktiviert werden so dass es zur Mehrfachgleitung praktisch beobachtet bis zur Dreifachgleitung z B in Bild 4 unten kommt Auf die Richtungsverteilung der Gleitspuren hat die Mehrfachgleitung keinen Einfluss wenn die verschiedenen Gleitspurenscharen in den einzelnen Kristallkornern gesondert gezahlt werden Vergleich mit experimentellen Ergebnissen Bearbeiten nbsp Bild 8 Vergleich der experimentel bestimmten Richtungsverteilung von Gleitspuren mit der berechnetenIn Bild 8 wird das Ergebnis einer ersten Prufung der Theorie durch Vergleich mit der durch Ausmessen der Azimute von Gleitspurenscharen an der Oberflache von Flachproben aus Cr Ni Ti Stahl nach einem Zugschwellversuch erhaltenen Verteilungen dargestellt Im ersten Fall Bild 8a war die Oberflache vor der Belastung mit 5 Zyklen s z m a x 433 M P a displaystyle s rm zmax 433 mathrm M Pa nbsp poliert und geatzt worden die akkumulierte plastische Dehnung betrug 10 Im zweiten Fall Bild 8b war die Oberflache nur mechanisch poliert worden 5 Zyklen mit s z m a x 501 M P a displaystyle s rm zmax 501 mathrm M Pa nbsp fuhrten zu einer akkumulierten Dehnung von 36 Die Richtungsverteilung wurde durch zwei unabhangige Beobachter mit einem Stichprobenumfang von mehr als 700 Gleitspurenscharen x bzw mehr als 400 Scharen o bestimmt nbsp Bild 9 Direktbestimmung der Richtungsverteilung von Gleitspuren an einem Matrizenabdruck mit dem TEMBei der geringeren Beanspruchung Bild 8a gibt es eine befriedigende Ubereinstimmung mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung fur s m i n displaystyle s rm min nbsp zwischen 0 273 und 0 350 Bei der zweiten Beobachtung o erwies sich die Verteilungslucke in der Umgebung von f z 90 displaystyle varphi rm z 90 circ nbsp als nicht vollig leer Dies ist vermutlich auf die Verwechslung von Zwillingsgrenzen mit Gleitspuren an der geatzten Oberflache zuruckzufuhren Bei der grosseren Beanspruchung Bild 8b zeigte sich eine starke Abweichung von den theoretischen Wahrscheinlichkeitsverteilungen man vergleiche mit der fur s m i n 0 350 displaystyle s rm min 0 350 nbsp berechneten Kurve Die von Gleitspurenazimuten vollig freie Lucke fur f z gt 80 displaystyle varphi rm z gt 80 circ nbsp war deutlich schmaler als erwartet das Maximum nach grosseren Azimuten verschoben und das Minimum deutlich abgesenkt Eine Erklarung fur diese Abweichungen findet sich in der bei der hohen akkumulierten Dehnung 36 bereits deutlich werdenden Texturentwicklung welche offenbar nach beginnender Deformation die Neigung der Gleitebenen vergrossert und damit die Richtungsverteilung der Gleitspuren verandert Wenn man stark vereinfachend annimmt dass der Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp sich einheitlich um den Betrag d F 10 displaystyle delta Phi 10 circ nbsp vergrossert hat und dementsprechend in Beziehung 13 P f x j F d F displaystyle P varphi rm xj Phi delta Phi nbsp anstatt P f x j j F displaystyle P varphi rm xj rm j Phi nbsp verwendet erhalt man die in Bild 8b durchgezeichnete Kurve die sich der experimentell bestimmten Verteilung bedeutend besser anpasst als die fur isotrope Kornorientierung berechnete Wahrscheinlichkeitsverteilung Bid 9 zeigt das Ergebnis der unabhangigen Bestimmung der bei der Praparation nicht protokollierten Belastungsrichtung anhand eines zweistufigen Kohlenstoffabdrucks von der Oberflache einer Biegewechselprobe durch direkte Winkelmessung mit durchsichtigem Transporteur und Lineal am Beobachtungsfenster des Elektronenmikroskops TEM Die Messung der Winkel erfolgte bei um 45 d h parallel zum Fenster geneigtem Bildschirm Die vorlaufige 0 Richtung der Winkelmessung war die Richtung der horizontalen Kippachse des Schirms in Bild 9 sind die wegen der Schirmneigung korrigierten Azimute f x displaystyle varphi rm x nbsp eingetragen Der Stichprobenumfang betrug 119 Ein durch x gekennzeichneter Richtungswert in der sonst leeren Verteilungslucke bezieht sich auf die mittlere Orientierung einer zickzackformigen Gleitspur wie sich durch Nachprufung bei hoherer Vergrosserung erwies Die Klassierung erfolgte durch Runden auf durch 5 teilbare Azimutwerte Es bieten sich zwei Moglichkeiten zur Bestimmung der Belastungsrichtung Z Achse an 1 Die Z Richtung wird dem Mittel der die Lucke begrenzenden Azimute 165 5 bzw 13 5 und 38 zugeordnet was auf q 12 25 displaystyle q 12 25 circ nbsp fuhrt oder 2 die Y Richtung wird dem Mittel der zusammenhangenden Azimute 97 zugeordnet was auf f x 7 displaystyle varphi rm x 7 circ nbsp fur die Z Achse fuhrt Die Differenz von etwa 5 entspricht in diesem Fall der Klassenbreite und kann als Unsicherheit der Bestimmung der Lastrichtung angesehen werden welche angesichts des kleinen Stichprobenumfangs erstaunlich gering erscheint Die von der Bedampfung mit C Pt herruhrende Schattenrichtung hatte ein Azimut von 109 6 Es ist moglich aber leider nicht protokolliert dass die Schattenrichtung quer zur Probenachse gewahlt worden war nbsp Bild 10 Zusammenfassung der Richtungsverteilung von Gleitspuren nach Direktbestimmung mit dem TEM und unabhangiger Bestimmung der LastrichtungIn Bild 10 ist die Haufigkeitsverteilung der Gleitspurenazimute zunachst getrennt fur die erste x und fur die zweite o Moglichkeit der Bestimmung der Z Richtung und dann fur den jeweiligen Mittelwert o aus beiden eingetragen Auch in diesem Fall findet sich die beste Ubereinstimmung mit der berechneten Wahrscheinlichkeitsverteilung fur s m i n 0 350 displaystyle s rm min 0 350 nbsp mit einer deutlichen Tendenz der Erhohung im Intervall von f x displaystyle varphi rm x nbsp zwischen 0 und 10 neben einer Verbreiterung der Verteilungslucke Diese Tendenz entspricht dem Einfluss der Stauchung auf den Orientierungswinkel F displaystyle Phi nbsp Einzelnachweise Bearbeiten siehe Bild 1 siehe Bild 2 Nachweis von Gleitspuren H H W Preuss Zu den Grundlagen einer mikroskopischen Analyse von mechanischen Bauteiluberbeanspruchungen uber die Richtungsverteilung von Gleitspuren In Wiss Berichte Technische Hochschule Zittau Band 914 Nr 16 Zittau 1988 S 11 18 Heinz H W Preuss Probability Analysis of the Azimuthal Distribution of Glide Traces on the Surface of Plastically Deformed Polycrystalline Metals In Cryst Res Technol Band 21 Nr 3 1987 S 241 250 Heinz H W Preuss1977 Freiberger Forschungsheft B 204 1978 Trikline TCNQ Komplexsalze als Modellkorper zur Untersuchung der Kristallplastizitat bei niederer Symmetrie Dissertation B Habilitationsschrift In Freiberger Forschungsheft 1978 B 204 Leipzig 1977 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gleitspur amp oldid 222805808