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Die Geostatistik oder raumliche Statistik ist ein Teilgebiet der Statistik welches unter Einbezug der Wahrscheinlichkeitsrechnung ortsabhangige Daten Geodaten auswertet und modelliert 1 Die Hauptanwendung der Geostatistik liegt somit in der stochastischen Validierung von Messdaten und der Schatzung Approximation uber diese hinaus Ubersicht verschiedener Interpolationsmethoden fur dieselben DatenpunkteDie grundlegende Annahme der Geostatistik ist dass die untersuchten Variablenwerte von der raumliche Lage der Datenpunkte stochastisch abhangen 2 Im einfachsten Fall bedeutet das dass benachbarte Daten sich ahneln und somit Punkte uber die Distanz zueinander korrelieren So konnen z B Relief oder Temperaturkarten erstellt werden ohne dass jeder Punkt vermessen werden muss da in der Regel zwischen Temperaturen oder Hohenlagen ein Mittel auftritt Aufgrund dieser Ortsabhangigkeit der Daten lassen sich ubliche stochastische Verfahren nicht durchfuhren da diese eine stochastische Unabhangigkeit voraussetzen 2 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Hintergrund 3 Analyse 3 1 Datenbeschreibung 3 1 1 Modellfunktion 3 1 2 Nuggeteffekt 3 2 Interpretation 3 3 Schatzung 4 Anwendungsbereich 5 Standardliteratur 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Ursprunge der Geostatistik gehen auf die Lagerstattenkunde in den 1950er Jahren zuruck als Danie G Krige die ersten Konzepte entwickelte um mit statistischen Verfahren und Schatzmethoden die Anzahl aufwendiger Probebohrungen zu minimieren die notig sind um abbauwurdige Gebiet zu kartieren Als Begrunder der Geostatistik selbst gilt Georges Matheron der 1971 die als Theorie der regionalisierten Variablen bekannten mathematisch theoretischen Grundlagen fur die Disziplin veroffentlichte 1 Hintergrund BearbeitenGeostatistische Methoden basieren auf statistischen Modellen die raumliche Autokorrelation statistische Beziehungen zwischen den gemessenen Punkten enthalten Diese Methoden konnen auf Grundlage der angenommenen Werte weitere vorhergesagte Werten erzeugen und die Genauigkeit dieser Vorhersagen messen 3 Eine Reihe einfacherer Interpolationsverfahren algorithmen wie beispielsweise die inverse Distanzwichtung waren schon vor der Entwicklung der Geostatistik bekannt 4 allerdings gehen die Methoden der Geostatistik uber das Interpolationsproblem hinaus indem sie das untersuchte Phanomen an unbekannten Orten als eine Reihe korrelierter Zufallsvariablen betrachten Sei Z x displaystyle Z x nbsp der Wert der zu untersuchenden Variablen an einer bestimmten Stelle x displaystyle x nbsp Dieser Wert ist unbekannt z B Temperatur Niederschlag geologische Fazies usw Obwohl am Ort x displaystyle x nbsp ein Wert vorhanden ist der gemessen werden konnte betrachtet die Geostatistik diesen Wert als zufallig da er nicht oder noch nicht gemessen wurde Die Zufalligkeit von Z x displaystyle Z x nbsp ist jedoch nicht vollstandig sondern definiert durch eine kumulative Verteilungsfunktion CDF die von bestimmten Informationen abhangt die uber den Wert Z x displaystyle Z x nbsp bekannt sind F z x Prob Z x z Information displaystyle F mathit z mathbf x operatorname Prob lbrace Z mathbf x leqslant mathit z mid text Information rbrace nbsp Wenn der Wert von Z an Orten in der Nahe von x bekannt ist kann man typischerweise die CDF von Z x displaystyle Z x nbsp durch diese Nachbarschaft einschranken Wenn eine hohe raumliche Kontinuitat angenommen wird muss Z x displaystyle Z x nbsp an der Stelle x displaystyle x nbsp ahnliche Werte besitzen wie an benachbarten Datenpunkten Umgekehrt kann Z x displaystyle Z x nbsp ohne raumliche Kontinuitat jeden Wert annehmen Indem man ein einzelnes raumliches Modell auf einen gesamten Bereich anwendet geht man davon aus dass F displaystyle F nbsp ein stationarer Prozess ist Das bedeutet dass die gleichen statistischen Eigenschaften auf die gesamte Domane anwendbar sind Mehrere geostatistische Methoden bieten Moglichkeiten diese Stationaritatsannahme zu lockern In diesem Rahmen lassen sich zwei Modellierungsziele unterscheiden Schatzung des Werts fur Z x displaystyle Z x nbsp typischerweise durch den Erwartungswert den Median oder den Modus der CDF f z x displaystyle f z x nbsp Dies wird ublicherweise als Schatzproblem bezeichnet Stichproben aus der gesamten Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f z x displaystyle f z x nbsp durch tatsachliche Berucksichtigung jedes moglichen Ergebnisses davon an jedem Ort Dies erfolgt im Allgemeinen durch Erstellen mehrerer alternativer Abbildungen von Z displaystyle Z nbsp die als Realisierungen bezeichnet werden Stellen Sie sich eine Domane vor die in N displaystyle N nbsp Gitterknoten oder Pixel diskretisiert ist Jede Realisierung ist ein Muster der vollstandigen N dimensionalen gemeinsamen VerteilungsfunktionF z x Prob Z x 1 z 1 Z x 2 z 2 Z x N z N displaystyle F mathbf z mathbf x operatorname Prob lbrace Z mathbf x 1 leqslant z 1 Z mathbf x 2 leqslant z 2 Z mathbf x N leqslant z N rbrace nbsp Bei diesem Ansatz wird das Vorhandensein mehrerer Losungen fur das Interpolationsproblem anerkannt Jede Realisierung wird als mogliches Szenario dessen betrachtet was die reale Variable sein konnte Alle zugehorigen Ablaufe berucksichtigen dann ein Ensemble von Realisierungen und folglich ein Ensemble von Vorhersagen die eine probabilistische Vorhersage ermoglichen Daher wird die Geostatistik haufig verwendet um raumliche Modelle zu generieren oder zu aktualisieren wenn inverse Probleme gelost werden mussen 5 6 dd Analyse BearbeitenDie klassische geostatistische Analyse wird in 3 Bereiche unterteilt die Datenbeschreibung Interpretation und Schatzung 1 Datenbeschreibung Bearbeiten nbsp Schematisierung eines Semi Variogrammes Die Punkte stellen die gemessenen Datenpunkte observed und die Kurve die angewendete Modellfunktion dar empirical Range steht fur die gesuchte Reichweite Sill fur den bei maximaler Reichweite erreichten Plateauwert Nugget fur den beschriebenen Nuggeteffekt Bei der Datenbeschreibung werden mithilfe von deskriptiver Statistik und Variogrammen erste Erkenntnisse der zeitlichen raumlichen und multivariaten Struktur ermittelt Bei der deskriptiven Statistik werden die wesentlichen Kennwerten des Datensatzes wie die Extrem und Mittelwerte der Variationskoeffizient oder die Streuung und Verteilung der Daten beschrieben Als beschreibende Funktionen konnen Histogramme oder kumulative Verteilungsfunktionen aufgestellt werden Die Variogramme werden als empirische Semivariogramme umgesetzt aus welchen ermittelt werden kann bis zu welcher maximalen Entfernung Reichweite a displaystyle a nbsp und in welchem Masse Messwerte von benachbarten oder weiter entfernten Messwerten abhangen Fur alle Entfernungen als x Werte die jeweils zwei Messorte des Datensatzes zueinander haben werden die Differenzen der jeweiligen Messwerte als y Werte aufgetragen Die wachsende Unahnlichkeit mit wachsender Entfernung spiegelt sich in der Zunahme der y Werte mit steigenden x Werten bis zu einem bestimmten Grenzwert wider Diese Abhangigkeit wird mit einer Modellfunktion zum Beispiel einer quadratischen Funktion ausgedruckt Modellfunktion Bearbeiten nbsp Klassische Typen verwendbarer ModellfunktionenDie Modellfunktion ist eine angelegte Funktion die den Verlauf der Datenpunkte im Variogram bestmoglich nachzeichnen soll Dabei ist der Verlauf des Variogrammes fur die aufgestellte Funktion auf kleine Distanzen innerhalb der Reichweite relevanter als auf grosse Hierbei finden hauptsachlich 4 klassische Modellfunktionen Anwendung spharisches Modell steigt linear an und geht ab Reichweite a displaystyle a nbsp in den Sill Plateauwert uber exponentielles Modell zeigt einen exponentiellen Anstieg und erreicht bei der Reichweite 3 a displaystyle 3a nbsp asymptotisch den Sill Gauss sches Modell zeigt einen parabolischen Anstieg und geht bei der Reichweite 2 a displaystyle 2a nbsp in den Sill uber lineares Modell diese Funktion erreicht keinen Sill sie steigt stetig an Die Modellfunktion die aus der Analyse der Messwerte gewonnen wurde ist die Grundlage fur die bei der Schatzung erfolgende Interpolation einer Verteilung von Schatzwerten im Raum Nuggeteffekt Bearbeiten Der Nuggeteffekt ist ein durch die Goldexploration gepragter Begriff der eine bereits in sehr geringem Abstand bestehende hohe unregelmassige Verteilung eine hohe Varianz zwischen eng benachbarten Stichprobenwerten Nuggetvarianz bezeichnet Er wird normalerweise als isotrope Komponente angesehen obwohl Gegenbeispiele in der Praxis ebenfalls bekannt sind 7 Interpretation Bearbeiten Die Interpretation wird unter der Berucksichtigung von lokalen Zusatzinformationen und fruheren oder ahnlichen Datenerfassung durchgefuhrt und dient als Schritt in dem der Datensatz auf den Untersuchungsgegenstand angewandt wird Sie dient zu grossen Teilen der geowissenschaftlichen Plausibilitatsprufung und der Wahl einer stimmigen Schatzmethode sowie aussagekraftigen Darstellung der Ergebnisse Schatzung BearbeitenBei der Schatzung werden aus den erhobenen Stichprobenwerten und gewonnenen Informationen Werte approximiert die sowohl innerhalb Interpolation als auch ausserhalb Extrapolation des Untersuchungsgebietes liegen konnen nbsp Farbliche Darstellung von Ertragswerten eines Ackers nach einer Kriging InterpolationDer Schatzwert fur eine physikalische Grosse wie die Oberflachentemperatur an einem Schatzort ist aufgrund der raumlichen Korrelation starker von den Messwerten benachbarter als von solchen entfernter Messorte abhangig Fur die Abschatzung sind diese benachbarten Messwerte daher starker zu berucksichtigen Dabei unterscheidet man zwei Methoden die nichtstatistischen und die statistischen Interpolationsverfahren wobei letztere auf einem Geostatistischen Modell haufig einem speziellen Zufallsfeld beruhen Als Interpolationsmethode hat sich das Kriging Verfahren gegenuber anderen Methoden wie der Linearen Interpolation Polygonmethode und Inversen Distanzwichtung etabliert Beim Kriging erhalten die Messwerte je nach Nahe zum gesuchten Schatzwert in Abhangigkeit vom modellierten Semivariogramm unterschiedliche Gewichtungsfaktoren mit denen sie in die Berechnung des Schatzwerts eingehen Gegenbeispiel arithmetischer Mittelwert als Schatzer alle Messwerte erhalten ohne Unterschied dasselbe Gewicht Voraussetzung fur die Interpolation ist dass im Untersuchungsgebiet die Messwertverteilung homogen ist In der Regel wird dies in der Praxis auf die stochastische Stationaritat 2 Ordnung abgeschwacht also dass der Erwartungswert einer Zufallsfunktion unabhangig von ihrem Ort und nur eine Funktion des Abstandsvektors ist 8 Anwendungsbereich BearbeitenDie Geostatistik ist ein elementarer Bestandteil der Lagerstattenkunde und des Bergbaus da beispielsweise uber Volumen Blockschatzung die Gesamtvorkommen einer Lagerstatte oder uber Kokriging die Abbauwurdigkeit von Erzen Reinheit bewertet werden kann Uber Flachenschatzungen konnen digitale Gelandemodelle und Karten erstellt die Ausbreitung von Stoffkonzentrationen in Boden und im Grundwasser sowie Nahrstoffverhaltnisse Schwermetall oder Schadstoffkonzentrationen abgeschatzt oder die raumliche Verteilung von Niederschlagen Lufttemperaturen und Windfeldern modelliert werden Daher findet die Geostatistik untergeordnet auch in anderen Geowissenschaften wie Klimatologie Hydrologie Bodenkunde Hydrogeologie sowie in der Geographie 1 und ebenso in der Archaologie 9 anwendung Standardliteratur BearbeitenH Wackernagel Multivariate Geostatistics Springer Berlin Heidelberg New York 1995 ISBN 3 540 60127 9 J P Chiles P Delfiner Geostatistics Modelling Spatial Uncertainty Wiley New York 1999 ISBN 0 471 08315 1 R Webster M Oliver Geostatistics for Environmental Scientists Wiley Chichester 2004 ISBN 0 471 96553 7 N Cressie Statistics for Spatial Data World Scientific Singapore 2007 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Geostatistik In Lexikon der Kartographie und Geomatik Spektrum abgerufen am 12 Oktober 2021 a b Geostatistik In Lexikon der Geographie Spektrum abgerufen am 13 Marz 2022 Geostatistische Analyse In ArcMap Abgerufen am 15 Marz 2022 Edward H Isaaks Applied geostatistics Oxford University Press New York 1989 ISBN 0 19 505012 6 Hansen T M Journel A G Tarantola A and Mosegaard K 2006 Linear inverse Gaussian theory and geostatistics Geophysics 71 Kitanidis P K and Vomvoris E G 1983 A geostatistical approach to the inverse problem in groundwater modeling steady state and one dimensional simulations Water Resources Research 19 3 677 690 Nuggeteffekt In Lexikon der Kartographie und Geomatik Spektrum abgerufen am 15 Marz 2022 Stationaritat In Lexikon der Kartographie und Geomatik Spektrum abgerufen am 30 Januar 2022 Georg Roth GEBEN UND NEHMEN Eine wirtschaftshistorische Studie zum neolithischen Hornsteinbergbau von Abensberg Arnhofen Kr Kelheim Niederbayern BAND I Bergbau Universitat Koln 2008 S 308 333 uni koeln de PDF Normdaten Sachbegriff GND 4020279 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geostatistik amp oldid 235568761