www.wikidata.de-de.nina.az
Die Bezeichnung Genosse Trend umschreibt den Aufschwung der deutschen Sozialdemokratie ab Ende der 1950er Jahre Der Ausdruck ist seit der ersten Halfte der 1960er Jahre nachweisbar Das Phanomen endete in den 1970er Jahren Alle Bundestagswahlen von 1957 bis 1972 brachten der SPD Zugewinne Inhaltsverzeichnis 1 Verwendung Definitionen 2 Genosse Trend in Zahlen 3 Periodisierung Erklarungen 4 Genossin Trend Burger Trend 5 EinzelnachweiseVerwendung Definitionen BearbeitenDie Wendung geht auf eine Ausserung des Journalisten und SPD Wahlkampfers Karl Garbe zuruck der nach der Verabschiedung des Godesberger Programms 1959 sagte Selbst der Trend ist Genosse geworden Daraus entstand Genosse Trend 1 Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel machte den Ausdruck 1964 zur Uberschrift eines Artikels uber starke SPD Gewinne bei Kommunalwahlen Es berichtete die Bezeichnung stamme aus dem Sprachgebrauch der Vorstandsfunktionare 2 Kommentatoren und Akteure nahmen die Personifizierung auf und schrieben nach der Bundestagswahl 1965 Der Genosse Trend marschiert 3 macht kehrt 4 weil die SPD noch keine Mehrheit erhielt zeige aber eindeutig nach oben 5 Mit Genosse war hier ein SPD Mitglied gemeint mit Trend eine neue gesellschaftliche Bewegung Definiert wurde die Redensart als Ausdruck fur den seit Ende der funfziger Jahre anhaltenden Wahlerzuwachs der SPD 6 als Schlagwort fur eine Linkstendenz der Wahlerschaft 7 als Helfer bei politischen wirtschaftlichen und anderen Zielvorstellungen 8 sowie als personifizierende Bezeichnung fur die offentliche Meinung 9 Der Historiker Paul Nolte bezeichnete den Genossen Trend wegen seiner vermeintlichen Unausweichlichkeit als reduzierte Version des Hegelschen Weltgeistes 10 Auch kontinuierliche Stimmengewinne sozialistischer Parteien im Ausland bei anderen Parteien in Deutschland in der Vorkriegsgeschichte der SPD oder allgemeine anhaltende gesellschaftliche Entwicklungen wurden und werden als Genosse Trend paraphrasiert Das Phanomen 11 des steten Machtzuwachses endete bei der SPD in der ersten Halfte der siebziger Jahre Genosse Trend in Zahlen BearbeitenDer Genosse Trend in seiner Ausgangsbedeutung wird haufig in Zahlen ausgedruckt Nachdem das Ergebnis der Bundestagswahl 1953 fur die SPD noch bei 28 8 Prozent lag stieg es in den funf Bundestagswahlen von 1957 bis 1972 von 31 8 auf 45 8 Prozent Es nahm stetig um jeweils 3 0 bis 4 4 Prozent zu 1966 beteiligte sich die SPD in einer Grossen Koalition unter Kurt Georg Kiesinger CDU erstmals an einer Bundesregierung und bildete ab 1969 unter Willy Brandt eine sozialliberale Koalition 1972 war die SPD erstmals starkste Fraktion im Bundestag nbsp Ab 1964 stieg die Zahl der SPD Mitglieder schnell Im Zeitraum von 1954 bis 1976 verdoppelte sich zudem annahernd die Zahl der Parteimitglieder Genosse Trend zeigte sich auch bei den Landtagswahlen In Nordrhein Westfalen stieg das SPD Wahlergebnis von 32 3 Prozent der Stimmen im Jahr 1950 auf 49 5 Prozent im Jahr 1966 1956 bis 1958 gelang dort unter Fritz Steinhoff erstmals eine sozialliberale Koalition ab 1966 unter Heinz Kuhn bis 1978 wiederholt In Hamburg gelang 1957 die Ruckeroberung der Burgerschaftsmehrheit die ab 1953 beim burgerlichen Hamburg Block gelegen hatte In Hessen regierte die SPD ab 1966 unter Georg August Zinn allein Periodisierung Erklarungen BearbeitenPolitologisch erklart wurde das Erstarken vor allem in den 1960er Jahren durch die Abkehr vom innerparteilichen Traditionalismus und durch die programmatische Offnung mit dem Godesberger Programm von 1959 12 Daher wird der Wirkungszeitraum des Genossen Trend ab 1957 13 oder von Ende der 1950er Jahre bis etwa 1972 14 gesehen Als jene ominose Figur hinter der sich die mehr oder weniger drastischen sozialpolitischen Strukturverschiebungen innerhalb der einzelnen Wahlkreise verbargen beschrieben ihn Sozialwissenschaftler 1965 15 Geltend gemacht wurde auch dass die SPD als Partei des sozialen Wandels vor allem junge reformorientierte und hoher gebildete Anhanger fur sich gewinnen konnte 16 Genossin Trend Burger Trend BearbeitenDem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zufolge beruhte die Mehrheit der SPD 1972 auf einer relativ hoheren Zunahme von Wahlerinnen als Wahlerstimmen Der vielbeschriene Genosse Trend erwies sich als Schimare die Genossin Trend aber ist derzeit voll auf dem Posten kommentierte es 17 Als Begriff fand Genossin Trend damit ebenfalls Eingang in die Publizistik 18 Die Hinwendung von Angestellten Beamten und Selbststandigen zur SPD erhielt die abgeleitete Bezeichnung Burger Trend 19 Der Ausdruck wurde auch fur Stimmenzuwachse der burgerlichen Unionsparteien bei der Bundestagswahl 1976 benutzt Genosse Trend ist tot Burger Trend lebt kommentierte der ARD Moderator Peter Merseburger das Wahlergebnis 20 Einzelnachweise Bearbeiten Heinz Dietl Bonner Journalist und Publizist feiert am Sonntag seinen Geburtstag In general anzeiger bonn de 21 April 2013 online aufgerufen am 2 August 2013 Genosse Trend In Der Spiegel 4 November 1964 online abgerufen am 26 Juli 2013 Bernd Faulenbach Geschichte der SPD Munchen 2012 ohne Seite Leseprobe abgerufen am 26 Juli 2013 Robert Haerdter Signale und Stationen 1945 1973 Bonn Bad Godesberg 1974 S 396 Manfred Koch Red Im Mittelpunkt der Mensch Parlamentsreden Karlsruher SPD Abgeordneter Karlsruhe 2001 S 39 Gustav Bebermeyer Renate Bebermeyer Abgewandelte Formeln sprachlicher Ausdruck unserer Zeit In Muttersprache Band 87 1977 S 1 42 hier S 36 Hermann Paul Deutsches Worterbuch 10 Auflage Tubingen 2002 S 1019 s v Trend Duden Das grosse Worterbuch der deutschen Sprache in zehn Banden 3 Auflage Mannheim 1999 S 3960 s v Trend Lutz Rohrich Lexikon der sprichwortlichen Redenarten 5 Auflage Freiburg 2001 S 1636 f s v Trend Paul Nolte Was ist Demokratie Geschichte und Gegenwart Munchen 2012 S 348 Hans Dieter Klingemann Max Kaase Wahlen und politischer Prozess Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 1983 Opladen 1986 S 378 Andreas Feser Vermogensmacht und Medieneinfluss Parteieigene Unternehmen und die Chancengleichheit der Parteien Berlin 2003 S 95 Diss Wurzburg 2003 Alf Mintzel Heinrich Oberreuter Parteien in der Bundesrepublik Deutschland Opladen 1992 S 76 Theo Sommer Herausgeber 60 Jahre Bundesrepublik im Spiegel der Zeit Sechzig pragende Kontroversen Gutersloh 2009 S 262 Joel Busch Friedmar Luke Wir hatten die Wahl Munchen 1965 S 101 Christiane Frantz Klaus Schubert Einfuhrung in die Politikwissenschaft 2 Auflage Berlin Munster 2010 S 121 Genossin Trend In Der Spiegel 14 Juli 1975 online abgerufen am 22 August 2013 z B Konrad Adam Genossin Trend In Frankfurter Allgemeine Zeitung 17 September 1988 Karl Schmitt Konfession und Wahlverhalten in der Bundesrepublik Deutschland Berlin 1989 S 144 Worte zur Wahl In Die Zeit 8 Oktober 1976 online abgerufen am 2 August 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Genosse Trend amp oldid 237546040