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Die Gegendruckbremse ist eine dynamische Bremse bei Dampflokomotiven die durch eine Kombination mehrerer Massnahmen die Lokomotive durch Verdichtungsarbeit in den Antriebszylindern abbremst Mit der Gegendruckbremse konnen Verschleiss und Uberhitzung der Radreifen und Bremsbelage durch das Bremsen vermieden und ohne Fadinggefahr eine dauerhaft hohe Bremskraft erreicht werden Die Gegendruckbremse darf nicht mit der Gegendampfbremse verwechselt werden welche nur die Moglichkeit der Bremswirkung einer Dampfmaschine mit Rundschiebern ausnutzt und nicht als zusatzliches Bremssystem zugelassen ist Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Funktionsweise 3 Eigenschaften von Lokomotiven mit Gegendruckbremse 4 Einsatzbereiche 5 LiteraturGeschichte BearbeitenDie Erfindung der Gegendruckbremse wird meist Niklaus Riggenbach zugeschrieben daher wird diese auch Riggenbach Gegendruckbremse genannt Das Bremssystem wurde in Fahrzeugen fur die 1871 eroffnete Vitznau Rigi Bahn erstmals eingesetzt Das gleiche Prinzip wurde jedoch bereits 1851 von dem in Wien tatigen schottischen Ingenieur John Haswell in der Lokomotive Vindobona fur die Semmeringbahn verwirklicht Funktionsweise Bearbeiten nbsp Bedienelemente fur Gegendruckbremse im Fuhrerstand einer Lok der Baureihe 85 Das Bild ist insoweit annotiert bitte auf das Vorschaubild klicken und anschliessend den Mauszeiger uber das Bild bewegen Bei der Gegendruckbremse wird vereinfacht gesagt die Funktionsweise der Dampfmaschine umgedreht indem man diese wie in einem Kolbenkompressor Luft verdichten lasst Da der Dampf nach Arbeitsleistung in den Zylindern in der Rauchkammer durch das Blasrohr unterhalb des Kamins ausgestossen wird wurden die Zylinder beim Betrieb als Luftverdichter ohne eine geanderte Luftzufuhrung uber das Blasrohr die mit Ruckstanden verschmutzten Abgase ansaugen Um dies zu vermeiden wird das Blasrohr zur Rauchkammer hin verschliessbar ausgefuhrt Bei Nutzung der Gegendruckbremse wird mit dem Blasrohrverschluss zugleich eine separate Ansaugoffnung zwecks Zufuhr von sauberer Umgebungsluft freigegeben Die Frischluftansaugoffnung hat keinen typischen Montagepunkt befindet sich aber in der Regel in der Nahe der Zylinder Ferner werden durch den Lokomotivfuhrer die Steuerung entgegengesetzt der eigentlichen Fahrtrichtung ausgelegt und die Ausstromdrosselventile uber den Schieberkasten betatigt Uber die Ausstromdrosselventile entweicht die komprimierte Luft zumeist durch einen nachgeschalteten Schalldampfer in das Freie Damit durch den entstehenden Druck im Schieberkasten und den Einstromrohren zwischen Regler und Schieberkasten der Regler nicht aufgedruckt werden kann dienen die Drosselventile zugleich der Regulierung des Gegendruckes Bei mit Gegendruckbremse ausgerusteten Lokomotiven der Deutschen Reichsbahn galt deshalb die Vorgabe dass der Schieberkastendruck 6 bar nicht ubersteigen durfte Die Gegendruckbremse wird uber ein Gestange vom Fuhrerstand aus bedient wobei eine kombinierte Ansteuerung moglich ist Bei ihr tritt die Gegendruckbremse automatisch in Kraft sobald die Steuerung einen negativen Wert aufweist also mit auf vorwarts ausgelegter Steuerung eigentlich im Ruckwartsgang arbeiten wurde Sobald die Steuerung eine negative Stellung erreicht hat werden Ansaugoffnung und Abluftleitung freigegeben Um ein Uberhitzen der Zylinder durch die Warmeentwicklung bei starker Verdichtungsarbeit zu verhindern muss eine Moglichkeit zur Einspritzung von Heiss Wasser in die Ansaugluft gegeben sein Die Wassermenge wird dabei mit dem Verdichtungsgrad erhoht in der Regel direkt abhangig von der Steuerung Ohne diese Wassereinspritzung bestunde die Gefahr dass der Olfilm in den Zylindern durch zu hohe Temperaturen zerstort wurde Eigenschaften von Lokomotiven mit Gegendruckbremse BearbeitenMit einer Gegendruckbremse ist es nicht nur moglich eine eingestellte Bremskraft geschwindigkeitsabhangig zu halten die Bremsleistung verstarkt sich sogar bei hoherer Geschwindigkeit In diesem Punkt unterscheidet sie sich von Reibungsbremsen die bei Geschwindigkeitserhohung in ihrer Wirkung aufgrund von Fading meist nachlassen Die eigentliche Bremsleistung hangt direkt mit der Drehzahl des Rades zusammen das heisst je mehr Umdrehungen das Rad in der gleichen Zeit macht desto mehr Bremsleistung kann aufgebracht werden Die Lokomotive kann somit trotz wechselnden Gefalles in einem engen Geschwindigkeitsbereich gehalten werden ohne dass zwingend etwas an der Einstellung geandert werden muss und ist somit die ideale Beharrungsbremse eine Bremse bei der die Geschwindigkeit in der Regel im Gefalle gehalten aber nicht reduziert werden soll Heutige Lokomotiven haben auf der Seite auf der die verdichtete Luft den Zylinder verlasst einen Schalldampfer Die verdichtete Luft wird in der Regel uber den Kamin abgefuhrt damit darin der Zug fur die Feuerung erhalten bleibt und der Hilfsblaser nicht eingesetzt werden muss Die Dampflok typischen Auspuffschlage ertonen so auch bei aktiver Gegendruckbremse wobei ein Tonhohen und Lautstarkenunterschied zum normalen Auspuffschlag erkennbar ist Die Anzahl der Auspuffschlage pro Radumdrehung wird allerdings nicht verandert Einsatzbereiche BearbeitenRiggenbach Gegendruckbremsen fanden besonders bei Dampflokomotiven die auf langeren Gefallestrecken eingesetzt waren und bei Zahnradbahn Lokomotiven z B bei der Wiener Kahlenbergbahn Anwendung Fur den Betrieb auf Steilstrecken war ihr Vorhandensein unabdingbar da diese dynamische Bremse bei Dampfloks die vorgeschriebene dritte unabhangige Bremse ist Ein weiteres Einsatzgebiet der Gegendruckbremse fand sich im Mess und Versuchswesen Eine mit Gegendruckbremse ausgestattete Dampflokomotive kann durch die Moglichkeit der stetigen weitgehend verschleissfreien Bremsung als Bremslokomotive genutzt werden also eine definierte Zuglast herbeifuhren und damit bei den zu untersuchenden Triebfahrzeugen die Bedingungen einer Fahrt im Beharrungszustand einem Bewegungszustand bei dem die Antriebsmaschine nur die zur Tilgung der Fahrwiderstande notige Arbeit aufbringt simulieren Einige dieser Dampflokomotiven wurden deshalb in Deutschland bis Mitte der 1970er Jahre als Bremslokomotiven eingesetzt zum Beispiel die Baureihe 19 DR Baureihe 19 Reko und die 18 314 im VES M Halle oder die 18 3 des BZA Minden Literatur BearbeitenKarl Golsdorf Lokomotivbau in Alt Osterreich 1837 1918 Verlag Slezak Wien 1978 ISBN 3 900134 40 5 Autorenkollektiv Johannes Schwarze Werner Deinert Lothar Frase Heinz Lange Oskar Schmidt Georg Thumstadter Max Wilke Die Dampflokomotive Entwicklung Aufbau Wirkungsweise Bedienung und Instandhaltung sowie Lokomotivschaden und ihre Beseitigung Reprint der 2 Auflage von 1965 durch Transpress Verlag Stuttgart 1998 ISBN 3 344 70791 4 S 733 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gegendruckbremse amp oldid 236140937