www.wikidata.de-de.nina.az
Das Gefrierverfahren ist ein Verfahren das zur Herstellung von kunstlich gefrorenen Bodenkorpern dient 1 Im Bergbau wird das Verfahren beim Abteufen von Schachten angewandt Das Verfahren wird auch Gefrierschachtverfahren genannt und Schachte die mit diesem Verfahren hergestellt werden nennt man im Bergbau Gefrierschachte 2 Gefriermaschine Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Grundlagen 3 Verfahren 4 Standsicherheit des Frostkorpers 5 Nach dem Auftauen 6 Einsatz 7 Literatur 8 Einzelnachweise 9 AnmerkungenGeschichte BearbeitenBereits im Winter des Jahres 1853 nutzten franzosische Ingenieure bei der Erstellung eines Minenschachtes im wasserfuhrenden Lockergestein die Eigenschaften von naturlich gefrorenem Boden 3 Kunstliche Kalte wurde beim Schachtabteufen zum ersten Mal in Grossbritannien Wales im Jahre 1862 angewandt 3 Hier wurde jedoch die Sohle des Schachtes abschnittsweise gefroren In Deutschland wurde das Verfahren im Jahr 1883 von dem deutschen Ingenieur Friedrich Hermann Poetsch entwickelt und erstmals ausprobiert 4 Noch im selben Jahr liess sich Poetsch dieses Verfahren patentieren 5 und wandte es auf der Grube Archibald bei Schneidlingen erstmals mit Erfolg an 6 Dieses Verfahren hat sich dann international durchgesetzt 7 Viele Schachte im Steinkohlenbergbau des Ruhrgebietes bei denen das aufliegende Deckgebirge zu durchteufen war sind so erstellt worden 4 Bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts blieb das Verfahren bis auf wenige Ausnahmen auf den Bau von Schachten beschrankt Seit das Verhalten gefrorener Boden erforscht ist wird dieses Verfahren heute auch in anderen Bereichen eingesetzt 8 Grundlagen BearbeitenIm Bergbau bereitet das Durchdringen wasserfuhrender Schichten beim Abteufen von Schachten grosse Probleme 6 Das Auftreten sogenannter Schwimmsandschichten ist aufgrund der nicht vorhandenen Standfestigkeit ANM 1 solcher Schichten mit grossen Schwierigkeiten verbunden Insbesondere im 19 Jahrhundert war es fur die Bergleute eine grosse Herausforderung solche Schichten zu durchortern 4 Aber auch im Tunnelbau kommt es vor dass wasserfuhrende lockere Gebirgsschichten zu durchfahren sind Das Gefrieren der lockeren Gebirgsschichten eignet sich insbesondere bei grosseren Storungen im Boden Fur einfache Abdichtungen oder Abstutzungen ist das Verfahren jedoch zu kostenintensiv 3 Werden lockere Gebirgs oder Sandschichten gefroren werden sie fest und wasserundurchlassig 3 Gefrorener Boden ist chemisch neutral bildsam und annahernd so fest wie Magerbeton 3 Verfahren BearbeitenZunachst werden rund um das geplante Objekt z B einen zu teufenden Schacht in kurzen Abstanden von etwa einem Meter Locher gebohrt Die Locher werden mit einer Distanz von zwei bis drei Metern zum Ausbruchsumfang erstellt Dabei werden die wasserfuhrenden Schichten bis in das wasserstauende Gebirge gebohrt In die erstellten Bohrlocher werden Rohre eingebaut die unten geschlossen sind In jedes dieser Aussenrohre wird ein Fallrohr auch Gefrierrohr genannt eingehangt Diese Fallrohre sind unten offen Nachdem alle Rohre eingebaut sind werden die Rohre an eine Kaltemaschine angeschlossen und anschliessend mit einem Kuhlmittel beaufschlagt Das Kuhlmittel gelangt uber das Fallrohr zur Bohrlochsohle und steigt im ausseren Ringraum wieder auf Bei diesem Vorgang wird dem umliegenden Gebirge Warme entzogen und es entsteht ein Frostkorper In dessen Schutz wird der Schacht dann wie im standfesten Gebirge abgeteuft Mit fortschreitenden Abteufarbeiten wird in die Schachtrohre ein wasserdichter Schachtausbau eingebracht 7 Zum Kuhlen wird das Soleverfahren angewendet 8 Zur Erzeugung von sehr tiefen Temperaturen wird das Schockgefrieren mittels Stickstoff verwendet 3 Durch das Verfahren findet keine Belastung des Grundwassers und des Bodens statt Bis auf ein paar weiche Rohre bleiben nach dem Auftauen keine weiteren Ruckstande im Boden zuruck Deshalb kommt es nach Anwendung des Verfahrens bei spateren Baumassnahmen auch zu keinerlei Behinderungen 3 Es sind auch Anwendungen bekannt die den Gefriervorgang durch Einblasen kalter Luft beforderten Tunnelbau durch Brunkebergsasen Stockholm 1884 9 und Tunnelbau nach der Gefrierbauweise unter dem East River 10 Standsicherheit des Frostkorpers BearbeitenDie Starke der Frostwand und die Druckfestigkeit des Gebirges bestimmen die Standfestigkeit des Frostkorpers 7 Die Standsicherheit des Frostkorpers wird anhand von Bodenproben mittels einaxialer oder dreiaxialer Druckversuche ermittelt 1 Die Druckfestigkeit des Frostkorpers wachst mit sinkender Temperatur Die hochsten Festigkeit erreicht gefrorener reiner Quarzsand dabei ist die Festigkeit des Sandes umso hoher je grobkorniger er ist Die Festigkeit von gefrorenem Ton ist nur halb so gross wie die von Quarzsand 7 Anhand der ermittelten Werte der Bodenproben lasst sich die erforderliche Starke der Frostwand ermitteln Die Werte die anhand der einaxialen Druckversuche ermittelt werden sind dabei jedoch nicht genau genug um eine wirtschaftliche Bemessung des Frostkorpers bei grossen Teufen zu ermitteln Hier bringen die dreiaxialen Druckversuche genauere Werte 1 Abhangig von der Druckfestigkeit des Frostkorpers wird dann letztendlich die Dicke der Frostwand bestimmt 7 Durch Nachvereisen kann der Frostkorper wahrend der ganzen Lebensdauer verstarkt werden 3 Bei grosseren mit Wasser gefullten Hohlraumen im zu gefrierenden Boden kann der Gefriererfolg stark beeintrachtigt werden In diesen Fallen konnen die Hohlraume durch vorheriges Zementieren verfestigt werden Das Gebirge enthalt dadurch weniger Wasser und gefriert so schneller Ausserdem wird durch solche Massnahmen bruchiges Gebirge zusatzlich verfestigt 7 Nach dem Auftauen BearbeitenZu beachten ist dass der gefrorene Boden nach dem Auftauen seine Eigenschaften andert Insbesondere sind die Tragfahigkeit und die Volumenanderung von Bedeutung Nach dem Auftauen sinkt die Tragfahigkeit besonders bei Moor oder Torfboden Bei diesen Boden ist die Tragfahigkeit alleine durch den Frost begrundet Bei Ton oder schluffigem Ton kommt es nach dem Abtauen zu Setzungen Da sich das Volumen des Bodens beim Gefrieren vergrossert kommt es beim Auftauen zu einer Verringerung des Volumens Ob der Boden wieder das gleiche Volumen annimmt wie vor dem Gefrieren hangt von mehreren Faktoren ab Insbesondere das Verhalten des Wassers im Boden wahrend des Gefriervorgangs hat einen Einfluss auf das Volumen nach dem Auftauen Nimmt der Boden wahrend des Gefriervorgangs zusatzliches Wasser auf kommt es zur verstarkten Ausdehnung des Frostkorpers Dies fuhrt wiederum nach dem Auftauen zu einer starkeren Volumenabnahme 1 Einsatz BearbeitenNeben dem Einsatz beim Schachtabteufen wird das Verfahren auch ausserhalb des Bergbaus beim Tunnelbau und beim Grundbau eingesetzt dort wird es als Bodenvereisung bezeichnet Beim Tunnelbau wird das Gefrierverfahren zur Firstvereisung und zur Vortriebssicherung eingesetzt Bei der Erstellung von Startschachten und zur Erstellung von Querschlagen zwischen zwei Tunnelrohren kommt das Verfahren ebenfalls zur Anwendung Ferner dient es zur Erstellung von Einfahr und Anfahrplomben bei Schildvortrieben und Rohrverpressungen Beim Grundbau wird das Verfahren fur die Stabilisierung von Fundamenten und Wanden und zur Baugrubenumschliessung verwendet Ausserdem dient es auch zur Abdichtung und Unterfangung von Spundwanden 3 In Hamburg wurde das Verfahren beim Bau der City S Bahn zur Verlegung eines Stammsiels angewendet 11 Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Das Gefrierverfahren In Zentralblatt der Bauverwaltung Nr 2 6 Januar 1915 Digitalisat abgerufen am 3 Marz 2013 Karl Dolezalek Der Eisenbahntunnel Ein Leitfaden des Tunnelbaues Urban amp Schwarzenberg Berlin und Wien 1919 dort Seite 53 f und Seite 172 ff Dietrich Hoffmann Acht Jahrzehnte Gefrierverfahren nach Poetsch Ein Beitrag zur Geschichte des Schachtabteufens in schwierigen Fallen Verlag Gluckauf Essen 1962 Gunter Pinzke Das Abteufen des ersten Kalischachtes nach dem Poetsch en Gefrierschachtverfahren In Stier und Greif Blatter zur Kultur und Landesgeschichte in Mecklenburg Vorpommern Jg 20 2010 S 62 74 hier S 64 PDF Einzelnachweise Bearbeiten a b c d H L Jessberger Das Kriechverhalten von gefrorenem Lockergestein im Zusammenhang mit der bautechnischen Anwendung des Gefrierverfahrens In RHEOLOGICA ACTA Volume 4 Nr 2 Juli 1965 S 123 133 doi 10 1007 BF01984708 Walter Bischoff Heinz Bramann Das kleine Bergbaulexikon Hrsg Westfalische Berggewerkschaftskasse Bochum 7 Auflage Verlag Gluckauf GmbH Essen 1988 ISBN 3 7739 0501 7 a b c d e f g h i Anton Sres Theoretische und experimentelle Untersuchungen zur kunstlichen Bodenvereisung im stromenden Grundwasser Zurich 2009 ethz ch PDF 4 9 MB abgerufen am 3 Marz 2013 Dissertation ETH Nr 18278 a b c Ernst Ulrich Reuther Einfuhrung in den Bergbau 1 Auflage Gluckauf Essen 1982 ISBN 3 7739 0390 1 Gunter Pinzke Das Abteufen des ersten Kalischachtes nach dem Poetsch en Gefrierschachtverfahren In Veroffentlichungen zum Bergbau in Mecklenburg pinzke de PDF 1 9 MB abgerufen am 3 Marz 2013 a b Albert Serlo Leitfaden der Bergbaukunde Vierte Auflage Erster Band Springer Berlin 1884 a b c d e f Carl Hellmut Fritzsche Lehrbuch der Bergbaukunde 10 Auflage Zweiter Band Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1962 a b Siegfried Nagelsdiek Vereisungen im innerstadtischen Tiefbau Hrsg Strabag strabag de PDF 3 2 MB abgerufen am 3 Marz 2013 W Cauer Anwendung des Gefrierverfahrens in Stockholm in Zentralblatt der Bauverwaltung 1885 S 587 und 1886 Seite 38 American Scientific 1906 Bernd Braun Verlegung eines Sieles unter Anwendung des Gefrierverfahrens In Unser Betrieb Werkszeitschrift fur die Unternehmen der Deilmann Haniel Gruppe Nr 3 April 1969 dh shaftsinking com PDF 4 5 MB abgerufen am 3 Marz 2013 Anmerkungen Bearbeiten Mit dem Begriff Standfestigkeit wird die Fahigkeit von Gesteinsschichten beschrieben einen bestimmten Zeitraum um einen nicht unterstutzten unterirdischen Hohlraum ohne Zerstorung stehen zubleiben Quelle Walter Bischoff Heinz Bramann Westfalische Berggewerkschaftskasse Bochum Das kleine Bergbaulexikon Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gefrierverfahren amp oldid 235921224