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Die Gebietsreform in Baden Wurttemberg wurde in den Jahren 1968 bis 1975 durchgefuhrt und hatte das Ziel leistungsfahigere Gemeinden zu schaffen Das sollte durch grossere Verwaltungseinheiten erreicht werden die nach Ansicht der damaligen Landesregierung aus CDU und SPD effizienter arbeiten wurden Die Gebietsreform wurde von der Koalitionsregierung im baden wurttembergischen Landtag initiiert Daneben wurde die baden wurttembergische Kreisreform eingeleitet die 1973 durchgefuhrt wurde Nach der Landtagswahl 1972 setzte die nun allein regierende CDU den bereits eingeleiteten Weg mit breiter Unterstutzung des Landtags fort Inhaltsverzeichnis 1 Die Verwaltungs und Gebietsreform 2 Die Gemeindereform 2 1 Zielplanung zur Gemeindereform 1973 2 2 Vorschaltgesetz 2 3 Anhorung der Burger der betroffenen Gemeinden 2 4 Allgemeines Gemeindereformgesetz 2 5 Besonderes Gemeindereformgesetz 2 6 Namensgebung der neu gebildeten Gemeinden 2 7 Besondere Einzelfalle von Gemeindezusammenlegungen 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDie Verwaltungs und Gebietsreform BearbeitenIn der zweiten Halfte der 1960er Jahre befassten sich die Lander der Bundesrepublik Deutschland mit dem Gedanken einer umfassenden Verwaltungsreform Im Gegensatz zu Gesellschaft und Wirtschaft hatte sich die offentliche Verwaltung in der Nachkriegszeit strukturell kaum verandert Es entwickelte sich ein wachsender Reformdruck in Verwaltungssachen bedingt durch neue Aufgaben zunehmende Spezialisierung und dem Wunsch nach grosseren Verwaltungseinheiten dem nun die Regierungen des Bundes und der Lander nachkommen mussten Die einzelnen Kommunen erlebten in der Nachkriegszeit eine sehr unterschiedliche Entwicklung Durch die zunehmende Mobilitat erfolgte oft eine Trennung von Wohnstatte und Arbeitsplatz Die Gemeinden die als Wohnort dienten aber kaum Gewerbe oder Industrie aufzuweisen hatten konnten die Lasten fur die Infrastruktur Kindergarten Schulen Sportstatten oder Strassen nicht mehr finanzieren Gemeinden die sich abseits der Wirtschaftszentren befanden wurden langsam entvolkert Die dortigen Handels und Gewerbebetriebe erlitten wegen des Ruckganges der Kaufkraft erhebliche Einbussen Im Gegensatz dazu finanzierten Gemeinden mit wachsender Industrie eine gute Infrastruktur Das forderte die Abwanderung von den landlichen Gemeinden in die grosseren Stadte und verstarkte den Gegensatz zwischen den sich entvolkernden Gemeinden und den sich vergrossernden Stadten Die angestrebten Reformen sollten diese Gegensatze ausgleichen und die Gemeinden neu ordnen Weiter sollten die Verwaltungsaufgaben neu verteilt die Rechts und Verwaltungsvorschriften vereinfacht und die Aus und Weiterbildung der Staatsbediensteten verbessert werden Es entstand ein Netz aus Ober Mittel Unter und Kleinzentren 1 Entscheidend war die dem jeweiligen Ort zugedachte Funktion in einem grosseren Beziehungsgeflecht der Gemeinden Wer den Status eines zentralen Ortes zugesprochen bekam sollte mit den in seinem Einzugsbereich tatigen Verwaltungseinrichtungen ausgestattet sein Schul Finanz und Strassenbauamter Den zentralen Orten sollten Mittel Unter und Kleinzentren mit allen auf ihrer Ebene notwendigen Einrichtungen Post Apotheke und Realschule zugeordnet werden Mit dem Landesentwicklungsplan begann in Baden Wurttemberg eine politische Strukturreform die in der ersten Halfte der 1970er Jahre durchgefuhrt wurde Der Landesentwicklungsplan wurde am 22 Juni 1971 aufgestellt und am 11 April 1972 fur verbindlich erklart 2 Die Gemeindereform BearbeitenAls Teil der Gebietsreform erfolgte der Prozess der Gemeindereform in Baden Wurttemberg die am 1 September 1968 begann und am 1 Januar 1975 endete von Einzelfallen abgesehen Die Gemeindereform wurde mit dem Gesetz zur Starkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden eingeleitet das am 7 Marz 1968 vom Landtag von Baden Wurttemberg verabschiedet wurde 3 und u a die Vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft als Instrument schuf um gleichwertige Lebensverhaltnisse fur die Burger zu schaffen und Interessengegensatze zwischen Gemeinden entstanden aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung abzubauen Aus 3379 Gemeinden in Baden Wurttemberg sollten durch Zusammenschlusse und Eingemeindungen 1 111 Gemeinden werden unterste Ebene sollten Gemeinden mit mindestens 8000 Einwohnern werden Die Mindestanzahl wurde damit begrundet dass erst ab dieser Grosse den gestiegenen Bedurfnissen der Bevolkerung nach Schulen Kindergarten Freizeiteinrichtungen Altenheimen Sport und Schwimmanlagen Kultur und Sozialeinrichtungen entsprochen werden konne Den Gemeinden die sich freiwillig eingemeindeten gab die Landesregierung Sonderzuschusse nach dem Finanzausgleichsgesetz Bedingung war dass eine Burgeranhorung bis zum 2 April 1972 stattgefunden haben und die Eingemeindung spatestens bis zum 1 Januar 1973 vollzogen sein musste Neben der Schaffung von Einheitsgemeinden war auch die Schaffung von Verwaltungsgemeinschaften moglich und vorgesehen die bestimmte Gemeindeaufgaben ubernehmen sollten Zielplanung zur Gemeindereform 1973 Bearbeiten In den Jahren 1969 bis 1972 hatte sich die Zahl der selbstandigen Gemeinden von 3379 1 September 1968 um etwa 30 verringert vor allem kleine Gemeinden von unter 1000 Einwohnern waren betroffen Um den weiteren Prozess besser lenken zu konnen legte die Landesregierung am 30 Januar 1973 eine Zielplanung vor 4 Im Abschnitt 2 4 der Grundsatze zur Gemeindereform wurde gleichrangig die Organisationsform der Einheitsgemeinde wie auch die der Verwaltungsgemeinschaft als sachgerecht angefuhrt Innerhalb einer Verwaltungsgemeinschaft sollten Gemeinden in der Lage sein einen Grundbestand gemeindlicher Aufgaben wahrzunehmen was in der Regel bei einer Einwohnerzahl von 2000 als gesichert anzunehmen sei Es wurden auch Grundsatze zur Losung des Stadt Umland Problems aufgestellt vorgelegt am 19 Juli 1973 Interessen von Grossstadten und ihrem Umland sollten bestmoglich befriedigt werden sowie eine angemessene Lastenverteilung gewahrleistet sein Zusammenschlusse von Umlandgemeinden mit der Stadt wie auch der Zusammenschluss von Umlandgemeinden untereinander konne Teil der Losung sein Im Umland von grossen Stadten wurde die Mindestgrosse von ortlichen Verwaltungsraumen bei 8000 Einwohnern gesehen Zur umfassenden Zusammenarbeit von Stadt und Umland wurden Nachbarschaftsverbande als erforderlich angesehen Nach dieser Zielplanung sollte die Zahl der Gemeinden von 2143 am 19 Juli 1973 auf nur noch 1080 Gemeinden reduziert werden Von Zusammenschlussen oder Eingliederungen waren dieser Planung entsprechend auch eine Vielzahl von Gemeinden betroffen die die Mindestgrosse von 2000 teilweise deutlich uberschritten Die Zielplanung definierte in ihrem Tabellenteil die zu bildenden Verwaltungsgemeinschaften und Gemeinden in samtlichen Kreisen des Landes Nach erfolgter Zielplanung waren freiwillige Gemeindezusammenlegungen nur noch moglich wenn sie der Zielplanung entsprachen von eng umgrenzten Ausnahmen abgesehen Vorschaltgesetz Bearbeiten In einem Vorschaltgesetz 5 wurde am 25 Oktober 1973 6 die Amtszeit von Burgermeister und Gemeinderat der aufzulosenden Gemeinden verlangert um mehrere Wahlen innerhalb kurzer Zeit zu vermeiden Grossere Investitionen in den aufzulosenden Gemeinden waren untersagt bzw eingeschrankt 7 Anhorung der Burger der betroffenen Gemeinden Bearbeiten Bevor eine Gemeindezusammenlegung vereinbart oder durch Gesetz beschlossen werden konnte war in den betroffenen Gemeinden eine Anhorung durchzufuhren Im Falle von Eingliederungen fand diese Anhorung nur in der einzugliedernden Gemeinde statt bei neu zu bildenden Gemeinden in allen Gemeinden Die Anhorung war fur den Gesetzgeber nicht bindend In vielen Fallen ergab sich bei hoher Beteiligung uber 80 eine Ablehnung von uber 90 so z B in Umkirch geplante Eingliederung nach Freiburg Kollnau und Buchholz neue Gemeinde Waldkirch Kollnau Prechtal und Oberprechtal zu neuer Gemeinde Elzach In den vom Land Baden Wurttemberg verfugbaren Dokumentationen sind weder Datum noch Beteiligung oder Ergebnis der Anhorungen in den Gemeinden verzeichnet Lediglich in den Begrundungen zum Gesetzentwurf vom 14 15 Februar 1974 5 sind einzelne Anhorungsergebnisse genannt Weitere Anhorungsergebnisse waren in den Archiven der betroffenen Gemeinden zu recherchieren Allgemeines Gemeindereformgesetz Bearbeiten Das Dritte Gesetz zur Verwaltungsreform Allgemeines Gemeindereformgesetz 8 wurde am 3 Juli 1974 im Landtag beschlossen 5 Es unterscheidet zwischen der Bildung neuer Gemeinden aus bisherigen Gemeinden und der Eingliederung von Gemeinden in bestehende aufnehmende Gemeinden 1 Die neuen Gemeinden sind Rechtsnachfolger der vereinigten Gemeinden die aufnehmenden Gemeinden Rechtsnachfolger der eingegliederten Gemeinden 2 Es konnen und sollen Vereinbarungen zwischen den betroffenen Gemeinden geschlossen werden diese konnen unter anderem die Unechte Teilortswahl die Ortschaftsverfassung und einen Namen der neuen Gesamtgemeinde festlegen eine Namensanderung bedarf jedoch der Zustimmung des Innenministeriums 3 Im Falle der Bildung einer neuen Gemeinde ist ein vorlaufiger Gemeinderat zu bilden der unverzuglich einen Amtsverweser bestellt 7 da die neue Gemeinde sonst ohne Burgermeister ware Besonderes Gemeindereformgesetz Bearbeiten Das Gesetz zum Abschluss der Neuordnung der Gemeinden Besonderes Gemeindereformgesetz 9 wurde am 4 Juli 1974 im Landtag beschlossen 5 Es bestimmt fur die einzelnen Regionen welche Gemeinden neu gebildet oder eingegliedert werden sowie die Bildung von Gemeindeverwaltungsverbanden Es enthalt deutlich weniger Bestimmungen als der zugehorige Gesetzentwurf vom 14 15 Februar 1974 da zwischenzeitlich einige Gemeinden dem gesetzlich vorgegebenen Zwang durch quasi freiwilligen Zusammenschluss bzw Eingliederung zuvor gekommen waren Von den 1111 Gemeinden die beim Abschluss der Reform entstanden waren hatten 1985 256 23 eine Einwohnerzahl von 2000 Einwohnern oder weniger Das Bevolkerungswachstum sorgte dafur dass der Anteil bis 2005 auf 188 Gemeinden sank 17 von 1111 10 Namensgebung der neu gebildeten Gemeinden Bearbeiten In einigen Fallen wurde fur die neu gebildete Gemeinde ein Doppelname gewahlt z B Leinfelden Echterdingen oder Korntal Munchingen einige neue Gemeinden haben auch einen neuen Namen gewahlt der zuvor so nicht in Verwendung war so wie Albstadt Ammerbuch Filderstadt Karlsbad Winden March oder Sonnenbuhl Nur im ersten Fall wird aus dem Namen deutlich dass die Gemeinde aus mehreren formal gleichberechtigten Gemeindeteilen zusammengesetzt wurde In den meisten Fallen jedoch tragen die neu gebildeten Gemeinden den Namen des grossten Stadtteils z B Weil der Stadt Leonberg Waldkirch In diesen Fallen wird kaum wahrgenommen dass auch diese Gemeinden bei der Gemeindereform ihre Selbstandigkeit verloren haben Besondere Einzelfalle von Gemeindezusammenlegungen Bearbeiten Kritik an der Gemeindereform in Gultstein Quelle 5 Aufmerksamkeit erregte die Zusammenlegung von Villingen und Schwenningen zur neuen Stadt Villingen Schwenningen zum 1 Januar 1972 uber die ehemalige Landesgrenze von Baden und Wurttemberg hinweg Beide waren schon zuvor Grosse Kreisstadt mit 37 906 Einwohnern in Villingen und 34 707 Einwohnern in Schwenningen Stand jeweils 1970 Ausserdem wurden neun weitere Gemeinden eingegliedert zwei davon schon vor der Zusammenlegung die restlichen danach Aus den Gemeinden Baienfurt Baindt Weingarten und Ravensburg wurde im Gesetz die Bildung der neuen Stadt Ravensburg Weingarten festgelegt Am 15 Februar 1975 und damit nach dem vorgesehenen Termin fur die Zusammenlegung urteilte der Staatsgerichtshof Baden Wurttemberg auf Antrag der Stadt Weingarten und der Gemeinden Baienfurt und Baindt dass der betroffene 5 mit der Verfassung des Landes Baden Wurttemberg nicht vereinbar und daher nichtig ist Somit blieben neben Weingarten auch Baienfurt und Baindt selbstandig 70 legte fest dass aus den Stadten Boblingen und Sindelfingen die neue Gemeinde Boblingen Sindelfingen gebildet wird In diesem Fall entschied der Staatsgerichtshof am 25 April 1975 auf Antrag beider Stadte dass dieser Zusammenschluss nichtig ist Die starke Ablehnung eines Zusammenschlusses mit Waldkirch durch Gemeinde und Burgerschaft von Kollnau wurde im Gesetz durch den Namen Waldkirch Kollnau fur die neue Gemeinde berucksichtigt der Name dann aber per Zusammenlegungsvereinbarung doch zu Waldkirch bestimmt Die Gemeinde Umkirch im Gesetzentwurf zur Eingliederung nach Freiburg vorgesehen blieb selbstandig hier wurde die grosse Ablehnung berucksichtigt Umkirch gehort somit immer noch zum Landkreis Breisgau Hochschwarzwald Die Gemeinde Gultstein war im Gesetzentwurf noch als weiterhin selbstandige Gemeinde innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft Herrenberg vorgesehen Das verabschiedete Gesetz jedoch bestimmte dann die Eingliederung in die Stadt Herrenberg Diese Eingliederung wurde aber abweichend von allen anderen Zusammenlegungen erst zum 5 Juli 1975 vollzogen Literatur BearbeitenStaatsministerium Baden Wurttemberg Herausgeber Dokumentation uber die Verwaltungsreform in Baden Wurttemberg 2 Bande Stuttgart 1972 1976 Werner Foll Chronik der Stadt Heilbronn Veroffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn Band 38 Band X 1970 1974 Stadtarchiv Heilbronn Heilbronn 1999 ISBN 3 928990 68 3 S XIV XVI Abschnitte Die Verwaltungs und Gebietsreform und Die Gemeindereform in der Einleitung Dieter Schimanke Verwaltungsreform in Baden Wurttemberg 1966 1976 Verwaltungsinnovation als politisch administrativer Prozess Duncker amp Humblot Berlin 1978 ISBN 3 428 04086 4 Weblinks BearbeitenGemeindeordnung Baden WurttembergEinzelnachweise Bearbeiten Werner Foll Chronik der Stadt Heilbronn Veroffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn Band 38 Band X 1970 1974 Stadtarchiv Heilbronn Heilbronn 1999 ISBN 3 928990 68 3 S XV Abschnitt Die Verwaltungs und Gebietsreform in der Einleitung Wirtschaftsministerium Baden Wurttemberg Hrsg Landesentwicklungsplan Baden Wurttemberg mit Begrundung und Anlagen LEP Erschienen 1971 1972 Stuttgart Ministerium VUD Verlag Freudenstadt Gruntal Gesetz zur Starkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden In Gesetzblatt fur Baden Wurttemberg Nr 8 Stuttgart 29 Marz 1968 S 114 117 landtag bw de PDF abgerufen am 5 Februar 2021 Innenministerium und Statistisches Landesamt Hrsg Die Zielplanung der Landesregierung fur die Gemeindereform 1973 a b c d e Staatsministerium Baden Wurttemberg Hrsg Dokumentation uber die Verwaltungsreform in Baden Wurttemberg Band II Kohlhammer Stuttgart 1975 Gesetz zur Vorbereitung des Abschlusses der Gemeindereform Vorschaltgesetz vom 25 Oktober 1973 siehe Praambel der Stadtgrundungvereinbarung Leinfelden Echterdingen vom 8 Oktober 1974 Dieter Schimanke Verwaltungsreform in Baden Wurttemberg 1966 1976 Verwaltungsinnovation als politisch administrativer Prozess Duncker amp Humblot Berlin 1978 ISBN 3 428 04086 4 S 124 VwRefG BW 3 Landesrecht BW Burgerservice BesGemRefG BW Landesrecht BW Burgerservice Werner Brachat Schwarz Die Gemeinden Baden Wurttembergs nach Grossenklassen gibt es signifikante Strukturunterschiede In Statistisches Monatsheft Baden Wurttemberg August 2006 S 47 51 baden wuerttemberg de PDF 320 kB abgerufen am 11 Marz 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gebietsreform in Baden Wurttemberg amp oldid 235471704