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Als Fueros werden die im Mittelalter entstandenen und bis in die Neuzeit geltenden Rechtsordnungen der verschiedenen christlichen Reiche auf der Iberischen Halbinsel und ebenfalls in dieser Zeit entstandenes lokales Sonderrecht bezeichnet In Spanien noch heute geltendes regionales Sonderrecht das auf diese Fueros zuruckgeht wird als derecho foral Foralrecht bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Historischer Rahmen 2 Lokale Fueros und Fueros Generales 3 Bedeutungsverlust der Fueros seit dem 18 Jahrhundert 4 Foralrecht heute 4 1 Offentliches Recht 4 2 Zivilforalrecht 5 Einzelnachweise 6 LiteraturHistorischer Rahmen BearbeitenNach der maurischen Invasion uber die Strasse von Gibraltar 711 geriet in den folgenden Jahren fast die gesamte Iberische Halbinsel unter islamische Herrschaft Lediglich im aussersten Norden konnten christliche Fursten ihre Herrschaft behaupten Im kantabrischen Gebirge war dies das Konigreich Asturien aus dem sich spater die Konigreiche Leon Kastilien Kastilien Leon und schliesslich die Krone von Kastilien und auch das Konigreich Portugal entwickelten Am Sudhang der Pyrenaen entstanden zunachst unter frankischem Einfluss kleinere Grafschaften Spanische Mark die die Keimzelle fur das Konigreich Navarra und das Konigreich Aragonien bildeten In den folgenden Jahrhunderten weiteten diese christlichen Reiche ihren Herrschaftsbereich immer mehr nach Suden aus Reconquista bis schliesslich 1492 mit der Eroberung des Konigreiches Granada auch das letzte noch auf der Halbinsel verbliebene islamische Herrschaftsgebiet an Kastilien fiel Die beiden grossen christlichen Reiche bestanden selbst aus Teilkonigreichen die Krone von Kastilien insbesondere aus den Konigreichen Kastilien und Leon die Krone von Aragon aus dem Konigreich Aragon Katalonien dem Konigreich Mallorca und dem Konigreich Valencia mit eigenen Rechtsordnungen und Institutionen Mit der Regierungsubernahme des Konigs Karl I wurden die Kronen von Kastilien und Aragon vereinigt Es handelte sich aber rechtlich nur um eine Personalunion und die einzelnen Reichsteile behielten ihre eigenen Rechtsordnungen und Institutionen Dies anderte sich erst als nach dem Spanischen Erbfolgekrieg der Bourbonenkonig Philipp V mit den Decretos de Nueva Planta 1707 1714 das in den Gebieten der Krone von Aragon geltende Recht weitgehend durch das in Kastilien geltende ersetzte Lokale Fueros und Fueros Generales Bearbeiten nbsp Die Teilreiche der spanischen Monarchie Anfang des 16 Jh Vom 9 bis zum 11 Jahrhundert gelangte insbesondere die nur sparlich besiedelte Nordmeseta in den Herrschaftsbereich der Konigreiche Kastilien und Leon Um fur diese Gebiete an der Grenze zum islamischen Spanien neue Siedler zu gewinnen verliehen die Herrscher oftmals einzelnen Ortschaften und Herrschaftsgebieten Privilegien die als Cartas Pueblas oder Fueros bezeichnet wurden Daruber hinaus wurde aber auch das in einzelnen Gebieten bestehende Gewohnheitsrecht in solchen Fueros fixiert Geringere Bedeutung hatten solche lokalen Fueros bei dem Vordringen der christlichen Reiche im sudlichen Teil der Halbinsel ab dem 12 Jahrhundert da dieser dichter besiedelt war und sich die Herrscher jetzt starker auf die Ritterorden und den Hochadel als auf vor Ort angesiedelte Siedler stutzten Im 13 Jahrhundert wurde auch das allgemein und nicht nur lokal geltende Recht in den christlichen Reichen schriftlich fixiert Dies waren die Fueros Generales z B die Fueros Generales de Navarra der Fuero Juzgo in Kastilien die Fueros de Aragon im Konigreich Aragon die Furs de Valencia im Konigreich Valencia oder die Constitucions de Catalunya in Katalonien Die Fueros enthielten zivilrechtliche Vorschriften ebenso wie offentlich rechtliche und strafrechtliche Nach dem Regierungsantritt des Konigs Karl I war zwar das gesamte heutige Spanien unter einem Herrscher vereint Es handelte sich rechtlich jedoch nur um eine Personalunion Die Rechtsordnungen der Teilreiche Fueros Generales behielten ihre Gultigkeit und auch ihre eigenen Institutionen so die Standeversammlungen blieben bestehen Im Konigreich Aragonien hatten die Cortes Standeversammlung eine starkere Stellung gegenuber dem Monarchen als in Kastilien Die Fueros stellten dort eine Art Pakt zwischen dem Monarchen und seinen Untertanen dar Dies kam wahrend der Vereidigung der neuen Konige von Aragonien zum Ausdruck Nachdem der Konig den Eid geleistet hatte sagte der Justicia de Aragon Te hacemos Rey si cumples nuestros Fueros y los haces cumplir si no no Wir machen Dich zum Konig wenn Du unsere Rechte beachtest und dafur sorgst dass sie beachtet werden wenn nicht nicht Erst dann legten die Untertanen ihren Treueschwur auf den Konig ab 1 Bedeutungsverlust der Fueros seit dem 18 Jahrhundert BearbeitenNach dem Aussterben der spanischen Linie des Hauses Habsburg kam es zum Spanischen Erbfolgekrieg 1700 1714 In diesem standen die Gebiete der Krone von Kastilien auf Seiten des bourbonischen Thronpratendenten Philipp dann Philipp V von Spanien die Gebiete der Krone von Aragon dagegen auf der des habsburgischen Anwarters Erzherzog Karl spaterer Kaiser Karl VI Auf spanischem Territorium endete der Krieg erst am 11 September 1714 mit der Einnahme Barcelonas durch die Truppen Philipps V Nach franzosischem Vorbild betrieb der Sieger Philipp V die Zentralisierung des Staatswesens Mit den Decretos de Nueva Planta 1707 1716 beseitigte er die eigenen Institutionen der Gebiete der Krone von Aragon Aragon Katalonien Mallorca und Valencia und ersetzte das dort geltende Recht auch weitestgehend durch das kastilische wobei davon ausser in Valencia die zivilrechtlichen Foralnormen nicht betroffen waren Ebenfalls nicht beseitigt wurden die Fueros der drei baskischen Provinzen und Navarras die im Erbfolgekrieg auf Seiten der Bourbonen gestanden hatten Nach den Karlistenkriegen blieb auch von diesen Fueros jedoch nur noch eine besondere Finanzautonomie Fur die Provinzen Guipuzcoa und Vizcaya die im Spanischen Burgerkrieg auf der republikanischen Seite gestanden hatten wurde von Franco auch diese Finanzautonomie aufgehoben wahrend sie in Navarra und der Provinz Alava die auf Seiten der Putschisten gestanden hatten erhalten blieb Foralrecht heute BearbeitenOffentliches Recht Bearbeiten Mit der Verfassung des Konigreichs Spanien von 1978 wurden die historischen Rechte dieser Foralgebiete Navarra Guipuzcoa Vizcaya und Alava wieder anerkannt Auf Grundlage der Verfassung von 1978 wurde das politische System Spaniens in erheblichem Umfang dezentralisiert Es entstanden 17 Autonome Gemeinschaften Regionen Bei diesen handelt es sich zwar formal nicht um Gliedstaaten allerdings sind sie in ihrem Kompetenzumfang seit den 1990er Jahren durchaus mit deutschen Bundeslandern vergleichbar und verfugen insbesondere uber umfangreiche Gesetzgebungszustandigkeiten Die Provinz Navarra bildete eine eigene uniprovinzielle Autonome Gemeinschaft die drei baskischen Provinzen Guipuzcoa Vizcaya und Alava die Autonome Gemeinschaft Baskenland Trager der durch die Verfassung garantierten historischen Rechte sind im Baskenland jedoch die drei Provinzen und nicht die Autonome Gemeinschaft Auf offentlich rechtlichem Gebiet ist das Foralrecht insbesondere fur die Finanzbeziehungen zum Zentralstaat von Bedeutung Wahrend fur die restlichen Autonomen Gemeinschaften das allgemeine System regimen comun gilt findet fur die Foralgebiete das Foralsystem regimen foral Anwendung Im regimen comun liegt die Steuergesetzgebung im Wesentlichen beim Zentralstaat Dieser nimmt uber seine Finanzamter auch die Steuern ein und fuhrt von diesen dann einen Teil z B 50 der Einkommensteuer an die Autonomen Gemeinschaften ab Im regimen foral hingegen liegt die Steuergesetzgebung im Wesentlichen bei den Foralgebieten also der Autonomen Gemeinschaft Navarra und den drei baskischen Provinzen Diese erheben die Steuern uber eigene Finanzamter und fuhren einen periodisch mit der Zentralregierung ausgehandelten Anteil den cupo an den Staat ab Hieraus folgt fur die baskischen Provinzen eine weitere Besonderheit In den ubrigen Autonomen Gemeinschaften die aus mehreren Provinzen bestehen sind die Provinzverwaltungen diputaciones provinciales Organe der kommunalen Selbstverwaltung Ihre Provinzrate werden auf Basis des Ergebnisses der Gemeinderatswahlen in indirekter Wahl bestimmt Die baskischen Provinzen uben neben den Selbstverwaltungsaufgaben jedoch auch eine quasi gesetzgebende Kompetenz v a auf dem Bereich des Steuerrechts s o aus Ihre Provinzrate Juntas Generales werden in direkter Wahl gewahlt Nach Inkrafttreten der Verfassung von 1978 konstituierten sich die Autonomen Gemeinschaften durch Verabschiedung ihrer Autonomiestatute einer Art Verfassung die in letzter Instanz von den beiden Kammern des gesamtspanischen Parlaments Cortes Generales in einem regularen Gesetzgebungsverfahren beschlossen wurden Navarra war das einzige Foralgebiet das sich als eigene Autonome Gemeinschaft konstituierte die drei baskischen Provinzen bildeten auf dem regularen Weg die Autonome Gemeinschaft Baskenland Im Falle Navarras zeigten sich die foralrechtlichen Besonderheiten daher schon im Konstituierungsprozess der sich wesentlich von dem der anderen 16 Autonomen Gemeinschaften unterscheidet Navarra entschied sich fur eine Reform seiner aufgrund zweier Gesetze aus den Jahren 1839 und 1841 fortbestehenden Foralordnung Das Autonomiestatut Navarras ist das Ley Organica 13 1982 de 10 de agosto de Reintegracion y Amejoramiento del Regimen Foral de Navarra LORAFNA Schon durch den Titel wird mehr als bei den anderen Autonomen Gemeinschaften eine historische Kontinuitat betont es handelt sich nicht um eine vollige Neugrundung sondern lediglich um die Reform von etwas schon Bestehenden Das Gesetz aus dem Jahre 1839 sah vor dass eine Anderung der Fueros also des regionalen Sonderrechts der Zustimmung des Zentralstaats und der Region Navarra bedurfte also in gewisser Weise Vertragscharakter erhalt So wird das darauf beruhende Gesetz von 1841 auch als Ley Paccionada das verhandelte Gesetz bezeichnet Dieser Vertragscharakter findet sich auch in dem Gesetzgebungsverfahren uber das LORAFNA wieder Zunachst einigten sich die Zentralregierung und die Diputacion Foral die Regionalregierung auf einen gemeinsamen Entwurf der vom Regionalparlament und den beiden Kammern des gesamtspanischen Parlaments jeweils in nur einer Lesung ohne die Moglichkeit von Anderungsvorschlagen behandelt wurde was eher der Ratifikation eines volkerrechtlichen Vertrages als dem gewohnlichen Gesetzgebungsverfahren entspricht Dieses Verfahren sieht das LORAFNA auch fur spatere Anderungen an seinem Text vor Zivilforalrecht Bearbeiten Mit den Decretos de Nueva Planta wurde das in den Gebieten der Krone von Aragon geltende Zivilrecht unangetastet gelassen und galt damit in Katalonien Aragon und auf den Balearen als Foralrecht fort Lediglich fur das Konigreich Valencia wurde mit den Decretos de Nueva Planta auch das bis dahin geltende Zivilrecht aufgehoben und durch das Kastiliens ersetzt Auch die Einschrankung der Fueros der baskischen Provinzen und Navarras nach den Karlistenkriegen liess das dort geltende Zivilrecht unangetastet 1889 trat das erste spanische Zivilgesetzbuch Codigo Civil in Kraft Auch dieses bestimmte dass das forale Zivilrecht in den Gebieten in denen es zu diesem Zeitpunkt noch Bestand hatte also Katalonien Aragon Balearen Baskenland und Navarra weitergalt Der Codigo Civil galt in diesen Regionen daher nur insoweit als er dem dortigen Foralrecht nicht widersprach oder erganzend soweit dieses keine entsprechenden Regelungen enthielt Das fortgeltende Zivilforalrecht wurde in der Folgezeit neu kodifiziert Katalonien Die erste Neukodifizierung erfolgte durch ein Gesetz vom 21 Juli 1960 spatere durch Gesetze der Autonomen Gemeinschaft aus den Jahren 1984 und 2002 Aragonien Die erste Neukodifizierung erfolgte 1925 als ein Anhang zum Codigo Civil Spater erfolgten zahlreiche Anderungen Eine komplette Neufassung erfolgte 2011 mit dem Regionalgesetz Codigo del Derecho Foral de Aragon Balearen Die erste Neukodifizierung erfolgte durch ein Gesetz vom 19 April 1961 eine spatere durch ein Gesetz der Autonomen Gemeinschaft aus dem Jahre 1990 Das Foralrecht ist nicht einheitlich sondern das Gesetz enthalt besondere Bestimmungen fur Mallorca Menorca und Ibiza Formentera Baskenland Die erste Neukodifizierung erfolgte durch ein Gesetz vom 30 Juli 1959 eine spatere durch ein Gesetz der Autonomen Gemeinschaft aus dem Jahre 1994 Auch im Baskenland besteht kein einheitliches Zivilforalrecht sondern das aktuelle Gesetz ist in drei Bucher aufgespalten Der Fuero de Vizcaya gilt in den landlichen Gebieten der Provinz Vizcaya tierra llana sowie in zwei Gemeinden der Provinz Alava Der Fuero de Ayala gilt in den Gemeinden Ayala Amurrio und Okondo sowie in mehreren Ortsteilen der Stadt Artziniega alle in der Provinz Alava Der Fuero de Guipuzcoa gilt in der Provinz Guipuzcoa In den ubrigen Gebieten also v a in den stadtischen Gebiete der Provinz Vizcaya und dem Grossteil der Provinz Alava gilt der Codigo Civil uneingeschrankt Navarra Die Neukodifizierung erfolgte durch ein Gesetz vom 1 Marz 1973 der Fuero Nuevo Dieses Zivilforalrecht enthalt vom Codigo Civil abweichende Regelungen nur in Teilbereichen Vor allem finden sich erb familien und sachenrechtliche Vorschriften vor allem auch im Bezug auf landwirtschaftlichen Besitz Die Gesetzgebungskompetenz fur Anderungen des Zivilforalrechts liegt heute bei den jeweiligen Autonomen Gemeinschaften Ein Sonderfall ist Galicien das historisch uber keinen Fuero General verfugte wo sich aber auch nach dem Inkrafttreten des Codigo Civil gewisse Elemente des Gewohnheitsrecht erhielten Diese wurden erstmals mit einem Gesetz vom 2 Dezember 1963 kodifiziert das 1995 durch ein Regionalgesetz ersetzt wurde Ahnliches gilt fur die Region Valencia deren Zivilforalrecht mit den Decretos de Nueva Planta aufgehoben worden war In dieser Region fehlt es zwar an einer umfassenden Kodifizierung des Sonderrechts allerdings hat die Autonome Gemeinschaft einige zivilrechtliche Einzelgesetze verabschiedet In beiden Fallen handelt es sich zwar um kein Foralrecht im eigentlichen Sinne Galicien hatte keine Fueros Generales die Valencias waren mit den Decretos de Nueva Planta aufgehoben worden Dennoch wird auch in Bezug auf diese beiden Regionen haufig von Zivilforalrecht gesprochen Ein weiterer Sonderfall ist der Fuero del Baylio Dieser ist nicht schriftlich fixiert sondern es handelt sich um ungeschriebenes Gewohnheitsrecht zum ehelichen Guterrecht das in einigen Gemeinden in der Extremadura an der Grenze zu Portugal und der spanischen Exklave Ceuta in Nordafrika ehemals zu Portugal gehorend Anwendung findet Einzelnachweise Bearbeiten El Justicia de Aragon pdf El Justicia de Aragon 2008 abgerufen am 23 Marz 2015 spanisch Literatur BearbeitenRainer Becker Foralrechte und Kodifikation im spanischen Privatrecht Eine Studie zur Rechtsvereinheitlichung zwischen dem Spanischen Erbfolgekrieg und dem Codigo Civil von 1889 Gregor Brand Verlag Nortorf 1996 ISBN 3 925106 07 3 S 73 Peter Stadler Das interregionale Recht in Spanien Darstellung unter besonderer Berucksichtigung des Eheguter und Erbrechts Verlag Peter Lang Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 631 57752 3 S 3 9 insbesondere S 7 9 Vereinheitlichung im Zivilrecht die forale Frage Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fuero amp oldid 232956341