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Fritz Werner 4 Mai 1906 in Stettin 26 Dezember 1969 in Hannover war ein Mitglied der NSDAP und der SA deutscher Richter und Hochschullehrer Er war von 1958 bis zu seinem Tod 1969 Prasident des Bundesverwaltungsgerichts und zugleich ab 1964 ordentlicher Professor an der FU Berlin Er verkorperte damit den seltenen Fall des Prasidenten eines obersten Gerichtshofes des Bundes der zeitgleich als Professor tatig war Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Schriften Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAls Sohn eines Bankkaufmanns in Stettin geboren besuchte Werner das Friedrich Wilhelms Realgymnasium seiner Heimatstadt bis zur Reifeprufung 1924 und machte dann eine Lehre als Speditionskaufmann 1926 wurde er Geschaftsfuhrer des Landesverbands Pommern des Vereins fur das Deutschtum im Ausland Landesvorsitzender war der Stettiner Stadtschulrat August Hahne Ab 1927 studierte Werner Rechtswissenschaften in Berlin Kiel Frankfurt Main und Greifswald und wurde 1934 an der Universitat Greifswald bei Erich Molitor mit einer Abhandlung zu Tarifvertrag und Tarifordnung zum Dr jur promoviert In den Jahren 1932 1936 war er Assistent in Greifswald u a bei Arnold Kottgen Sein besonderes Interesse galt dem Offentlichen Recht Werner war bereits vor 1933 Mitglied der SA und der NSDAP trug mithin den Ehrentitel Alter Parteigenosse 1 und wurde nach 1933 zum hoheren SA Fuhrer berufen Danach wurde Werner zunachst Gerichtsassessor in Greifswald und Kassel wo er 1939 zum Amtsgerichtsrat ernannt wurde Nachdem er von Beginn an am Zweiten Weltkrieg teilgenommen hatte geriet Werner als Hauptmann und Bataillonskommandeur in sowjetische Kriegsgefangenschaft aus der er 1947 entlassen wurde und aus der SBZ nach Kassel zuruckkehrte 1949 wurde er dort Landgerichtsrat 1950 wurde er seinem akademischen Interesse gemass als Richter an das neu errichtete Oberverwaltungsgericht fur die Lander Niedersachsen und Schleswig Holstein in Luneburg berufen wo er ab 1952 als Senatsvorsitzender und ab 1955 als Vizeprasident tatig war Seit 1951 wurde er Mitglied in der Schriftleitung des Deutschen Verwaltungsblatts Ab 1958 war er Prasident des Bundesverwaltungsgerichts wo er Vorsitzender des 1 Senats war Unter Werners Vorsitz verhandelte der 1 Senat im Dezember 1962 uber den Verbotsantrag gegen die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten den die Bundesregierung im Oktober 1959 gestellt hatte Der New Statesman kommentierte das Verfahren unter Werners Vorsitz und dem beisitzenden Richter Eugen Herig seit 1933 NSDAP Mitglied spater auch SS Mitglied damals bissig Die VVN vor Gericht zu stellen zeugt schon uberhaupt von sehr schlechtem Geschmack dann aber dafur einen Nazi Richter und SA Mitglied als Vorsitzenden zu ernennen ist absolut unglaublich Nun wenn Adenauer die Vertreter von Menschen die in Konzentrationslagern litten unbedingt bestrafen will musste sich um ihre Schuld festzustellen irgendwo in seinem Reich ein Richter finden lassen der selbst kein Nazi war 2 Das Gericht hob den Termin im Verbotsverfahren auf ohne einen neuen festzusetzen Damit war der Verbotsantrag gescheitert In der Begrundung hiess es Es fragt sich ob eine etwaige Feststellung dass die Antragsgegnerin eine Vereinigung ist deren Tatigkeit sich gegen die verfassungsmassige Ordnung richtet im vorliegenden Fall ausreicht um den Verbotsantrag zu rechtfertigen Der derselben verfassungsmassigen Ordnung zugrunde liegende Suhnegedanke dessen Verwirklichung zu den vornehmsten Aufgaben der Bundesrepublik gehort verlangt eine Abwagung ob gegen eine Organisation von Verfolgten ein Verbot mit der damit untrennbar verbundenen Strafsanktion erlassen werden darf Bundesverwaltungsgericht Beschl vom 5 Dezember 1962 Az BVerwG I A 20 59 3 Diese hochstrichterliche Verfahrensweise war seinerzeit umstritten und erregte Aufsehen weil damit die Problematik des Standorts des Gedankens der Suhne nationalsozialistischen Unrechts in der bundesdeutschen Verfassungsordnung in Zusammenhang mit dem Toleranzgedanken der in der Verbotsnorm des Art 9 Abs 2 Grundgesetz ebenfalls angesprochenen verfassungsmassigen Ordnung aufgezeigt wurde 4 Diese unorthodoxe hochstrichterliche Entscheidung die von Helmut Ridder als Domestizierung des Ausnahmezustands aus dem moralischen Ansatz beschrieben wurde 3 fand in der damaligen Verfassungsrechtsdiskussion aber keine Resonanz 5 Von Seiten des VVN BdA geht man davon aus dass der Prozess wegen der NS Vergangenheit Werners geplatzt sei die der Sekretar der VVN Niedersachsen August Baumgarte wahrend der mundlichen Verhandlung offentlich gemacht hatte 6 Fritz Werner war seit 1956 Honorarprofessor an der Universitat Gottingen und wurde 1964 zum ordentlichen Professor fur Staatsrecht und Politik an der FU Berlin berufen An der Deutschen Hochschule fur Verwaltungswissenschaften in Speyer hielt er Fortbildungskurse Werner pragte die Sichtweise des Verwaltungsrechts als konkretisiertes Verfassungsrecht 7 Eine Vielzahl seiner Publikationen befasste sich mit rechtlichen Grundfragen seiner Zeit so mit Problemen der Gewaltenteilung der richterlichen Unabhangigkeit und der Rolle der Verwaltungsgerichtsbarkeit aber auch mit dem Thema Recht und Gerechtigkeit vielfach vor historischem und rechtsphilosophischem Hintergrund Schriften Auswahl BearbeitenRecht und Gericht in unserer Zeit Reden Vortrage Aufsatze 1948 1969 Hrsg von Karl August Bettermann und Carl Hermann Ule Koln Berlin Bonn Munchen 1971 ISBN 3 452 17359 3 Zum Verhaltnis von gesetzlichen Generalklauseln und Richterrecht Karlsruhe 1966 Uber Tendenzen der Entwicklung von Recht und Gericht in unserer Zeit Karlsruhe 1965 Recht und Toleranz Tubingen 1963 Das Problem des Richterstaates Berlin 1960 Empfiehlt es sich den allgemeinen Teil des Verwaltungsrechts zu kodifizieren Gutachten fur den 43 Deutschen Juristentag Tubingen 1960 Grundsatzliches zur Richteranklage 1950 Zur Geschichte des Kammergerichts in Berlin 1968 Uber Goethes Wirken in der Verwaltung DVBl 1949 S 421 424 Georg Buchners Drama Dantons Tod und das Problem der Revolution 1952 Sport und Recht 1968 Schule Staat und Recht 1957 Tarifvertrag und Tarifordnung Dissertation Greifswald Stettin 1934 Literatur BearbeitenFritz Werner in Internationales Biographisches Archiv 17 1970 vom 13 April 1970 im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Horst Sendler Fritz Werner zur Erinnerung In Neue Zeitschrift fur Verwaltungsrecht NVwZ 5 Jahrgang 1986 Heft 5 S 366 f Hans Joachim Becker Fritz Werner Prasident des Bundesverwaltungsgerichts von 1958 bis 1969 In Jahrbuch des offentlichen Rechts der Gegenwart JoR 36 1987 S 105 ff Eckhard Wendt Stettiner Lebensbilder Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Pommern Reihe V Band 40 Bohlau Koln Weimar Wien 2004 ISBN 3 412 09404 8 S 483 485 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Fritz Werner im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Willy Hundertmark Hendrik Bunke Erinnerungen an ein widerstandiges Leben Bremen 1997 S 93 zit nach Victor Grossmann Traditionen und eine fast vergessene Pleite In Rotfuchs Januar 2020 S 4 a b Helmut Ridder Die soziale Ordnung des Grundgesetzes Leitfaden zu den Grundrechten einer demokratischen Verfassung Westdeutscher Verlag Opladen 1975 S 161 Hans Joachim Becker Fritz Werner Prasident des Bundesverwaltungsgerichts von 1959 bis 1969 In Jahrbuch des offentlichen Rechts der Gegenwart NF 36 1987 S 105 120 hier S 113 f Hans Joachim Becker Fritz Werner Prasident des Bundesverwaltungsgerichts von 1959 bis 1969 In Jahrbuch des offentlichen Rechts der Gegenwart NF 36 1987 S 105 120 hier S 114 Hans Coppi 60 Jahre Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in Antifaschistisches Infoblatt Nr 77 Heft 4 2007 vom 13 Dezember 2007 online Max Oppenheimer Vom Haftlingskomitee zum Bund der Antifaschisten Der Weg der VVN Roderberg Frankfurt M 1972 S 43 Fritz Werner Verwaltungsrecht als konkretisiertes Verfassungsrecht In DVBl 1959 S 527 bis 533 Manuskript eines Vortrags von 1959 Prasidenten des Bundesverwaltungsgerichts Ludwig Frege 1953 1954 Hans Egidi 1955 1958 Fritz Werner 1958 1969 Wolfgang Zeidler 1970 1975 Walther Furst 1976 1980 Horst Sendler 1980 1991 Everhardt Franssen 1991 2002 Eckart Hien 2002 2007 Marion Eckertz Hofer 2007 2014 Klaus Rennert 2014 2021 Andreas Korbmacher seit 2022 Normdaten Person GND 118767119 lobid OGND AKS VIAF 114670879 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Werner FritzKURZBESCHREIBUNG deutscher Richter und Hochschullehrer Prasident des BundesverwaltungsgerichtsGEBURTSDATUM 4 Mai 1906GEBURTSORT StettinSTERBEDATUM 26 Dezember 1969STERBEORT Hannover Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fritz Werner Richter amp oldid 223548322