Der Friedhof am Perlacher Forst ist einer von 28 städtischen Friedhöfen der Stadt München – nicht zu verwechseln mit dem Friedhof Perlach. Er befindet sich an der Stadelheimer Straße im Stadtteil Obergiesing (⊙ ).
Beschreibung Bearbeiten
Im Friedhof gibt es neben circa 27.000 Grabplätzen zwei Ehrenhaine für KZ-Opfer. Es gibt Kriegsgräber polnischer Soldaten der NSZ und ein Feld mit Gräbern so genannter Displaced Persons aus der Nachkriegszeit, darunter viele ehemalige Zwangsarbeiter.
In der Grabanlage für die Displaced Persons sind 1129 Tote aus zwölf Nationen bestattet. Dort befindet sich ein 1960 vom Münchner Bildhauer Konstantin Frick geschaffenes Mahnmal.
Geschichte Bearbeiten
Der Friedhof wurde vom damaligen Stadtbaurat Hermann Leitenstorfer geplant und 1931 für Bestattungen freigegeben. Anfang Juli 1934 wurden auch die während der „Röhm-Affäre“ vom NS-Regime Hingerichteten der Strafanstalt Stadelheim, an die der Friedhof angrenzt, auf dem Friedhof begraben, bevor sie unter strenger Geheimhaltung am 21. Juli 1934 im Krematorium am Münchener Ostfriedhof eingeäschert wurden. Die Grabanlage für die Displaced Persons wurde 1960 angelegt. Dazu wurden auf anderen Münchner Friedhöfen bestattete ehemalige Zwangsarbeiter umgebettet.
Gräber von Persönlichkeiten Bearbeiten
- Ludwig Friedrich Barthel (1898–1962), Lyriker und Oberarchivrat
- Stephan Beckenbauer (1968–2015), Fußballspieler und Fußballtrainer
- „Cicero“, bürgerlich Elyesa Bazna (1904–1970), Spion des Reichssicherheitshauptamtes
- Harald Dohrn (1885–1945), Sympathisant der Weißen Rose und Regimekritiker zur Zeit des Nationalsozialismus (Grabstätte 77-1-115 )
- Karl Forster (1928–1981), Theologe, Gründungsdirektor der Katholischen Akademie in Bayern, Professor für Pastoraltheologie
- Hans Hartwimmer (1902–1944), deutscher Widerstandskämpfer zur Zeit des Nationalsozialismus
- Wilhelm von Hebra (1885–1944), österreichischer Monarchist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus
- Wilhelm Hoegner (1887–1980), „Vater“ der Bayerischen Verfassung, bayerischer Ministerpräsident, Ehrenbürger der Landeshauptstadt München
- Walter Holten (1897–1972), deutscher Schauspieler
- Werner Jacobs (1909–1999), deutscher Filmregisseur und -editor
- Peter Paul (1911–1985), deutscher Schauspieler
- Victor Pichlmayr (1927–2012), deutscher Physik- und Chemiemoderator des Telekolleg
- Helmut Rothemund (1929–2004), deutscher Politiker und Vorsitzender der Bayern-SPD
- Hans Quecke (1901–1945), Sympathisant der Weißen Rose und Regimekritiker zur Zeit des Nationalsozialismus (Grabstätte 77-1-116 )
- Robert Scholl (1891–1973, Grabstätte 73-1-18), Vater der Geschwister Scholl und erster Oberbürgermeister von Ulm nach dem Zweiten Weltkrieg
- Toni Trepte (1909–1981), Maler, Grafiker, Bildhauer und Schriftsteller
- Astrid Varnay (1918–2006), Opernsängerin
- Adolf Ziegler (1899–1985), deutscher Schauspieler
- Berta Haeusler (1892–1961), Modedesignerin
- Hubert Dolleschel (1876–1938), Erster Vorsitzender des AWO Ortsvereins in München, Initiator des ersten Münchner Lehrlingsheims ins Haidhausen
- Folgende Mitglieder der Widerstandsgruppe Weiße Rose:
- Hans Leipelt (1921–1945, anonymes Grab im Ehrenhain )
- Christoph Probst (1919–1943, Grabstätte 73-1-18)
- Alexander Schmorell (1917–1943, Grabstätte 76-1-26 )
- Hans Scholl (1918–1943, Grabstätte 73-1-18)
- Sophie Scholl (1921–1943, Grabstätte 73-1-18 )
- Marie-Luise Schultze-Jahn (1918–2010)
Aus dem KZ Dachau wurden Urnen von verstorbenen Häftlingen im Ehrenhain bestattet, darunter sieben selig gesprochene polnische Märtyrer aus der Gruppe der 108 seligen polnischen Märtyrer, Opfer des Nationalsozialismus im zweiten Weltkrieg:
- Ludwik Roch Gietyngier (1904–1941) (https://selige-kzdachau.de/index.php/selige/108-selige-maertyrer/ludwik-roch-gietyngier)
- Stefan Grelewski (1898–1941) (https://selige-kzdachau.de/index.php/selige/108-selige-maertyrer/stefan-grelewski)
- Stanisław Kubski (1876–1942) (https://selige-kzdachau.de/index.php/component/sppagebuilder/page/129?highlight=WyJrdWJza2kiXQ==)
- Emil Szramek (1887–1943) (https://selige-kzdachau.de/index.php/component/sppagebuilder/page/147?highlight=WyJzenJhbWVrIl0=)
- Narcyz Turchan (1879–1942) (https://selige-kzdachau.de/index.php/component/sppagebuilder/page/148?highlight=WyJ0dXJjaGFuIl0=)
- Michał Woźniak (1875–1942) (https://selige-kzdachau.de/index.php/component/sppagebuilder/page/149)
- Antoni Zawistowski (1882–1942) (https://selige-kzdachau.de/index.php/component/sppagebuilder/page/151)
Siehe auch: Liste der Begräbnisstätten von Persönlichkeiten
Literatur Bearbeiten
- Lioba Betten – Thomas Multhaup: Die Münchner Friedhöfe – Wegweiser zu Orten der Erinnerung, MünchenVerlag, München 2019, ISBN 978-3-7630-4056-8, S. 66–73
- Irene Stuiber: Hingerichtet in München-Stadelheim. Opfer nationalsozialistischer Verfolgung auf dem Friedhof am Perlacher Forst. Kulturreferat der Landeshauptstadt München, 2004, ISBN 3-8334-0733-6 (PDF; 2,2 MB)
- Erich Scheibmayr, Letzte Heimat, München 1985, Eigenverlag
- Erich Scheibmayr, Wer? Wann? Wo?, München, 3 Teile, 1989, 1997, 2002, Eigenverlag
- KZ-Grab- und Gedenkstätte im Friedhof am Perlacher Forst, Stadt München, in: Constanze Werner: KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten in Bayern, Schnell und Steiner: Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-2483-1, Seite 43–49 (hier abweichende Jahreszahl (1902) für die Anlage des Friedhofes)
Weblinks Bearbeiten
- Friedhof am Perlacher Forst auf www.muenchen.de
Einzelnachweise Bearbeiten
- "Städtische Friedhöfe München", Muenchen.de. Abgerufen am 18. Juni 2023.
- Polska Parafia Katolicka Monachium - Cmentarz Perlacher Forst. Abgerufen am 4. März 2018 (polnisch).
- Premier Morawiecki uczcił polskich współpracowników Gestapo. In: Portal STRAJK. (polnisch, strajk.eu [abgerufen am 4. März 2018]).
- Polish PM visits grave of Nazi collaborators, drawing fresh ire. (englisch, timesofisrael.com [abgerufen am 4. März 2018]).
- ↑ Helga Pfoertner: Mit der Geschichte leben. Bd. 1, Literareron, München 2001, ISBN 3-89675-859-4, S. 59–65 ( (Memento vom 28. April 2014 im Internet Archive))
- ↑ Jozo Džambo, Michael Volk Firma: Böhmische Spuren in München Geschichte, Kunst und Kultur. München 2020, ISBN 978-3-86222-327-5.