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Francois Simonnet de Coulmier 30 September 1741 in Dijon 4 Juni 1818 in Paris auch Francois Simonnet de Coulmiers genannt war ein franzosischer Ordensmann und Politiker Francois Simonnet de Coulmier Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Regisseur general im Hospiz zu Charenton 1797 1814 2 1 Hospiz zu Charenton 1641 1797 2 2 Hospiz zu Charenton 1797 1814 2 3 De Sade in Charenton 2 3 1 Erster Aufenthalt 1789 1790 2 3 2 Zweiter Aufenthalt 1803 1814 3 Werke Auswahl 4 Arzte in Charenton 1797 1840 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAus gutburgerlicher Burgunder Familie stammend die durch Handel und Finanzgeschafte zu Reichtum gekommen war und schliesslich geadelt wurde erhielt Francois Simonnet den Namen de Coulmier von seinem Grossvater vaterlicherseits von Colmier le Haut Haute Marne Zeitzeugen beschrieben ihn als kleinwuchsig ca 120 Zentimeter krummbeinig und buckelig Seit 1764 Mitglied des Ordens der Pramonstratenser war de Coulmier der letzte Abt des Klosters Notre Dame d Abbecourt in Orgeval bevor dieses in der Zeit der Revolution zerstort wurde 1789 1791 war er in der Gruppe der Geistlichen clerge Mitglied der Verfassungsgebenden Nationalversammlung und er schloss sich dem dritten Stand an Es wurde die Vermutung geaussert er habe seit dieser Zeit der Freimaurerloge Les Neuf Sœurs angehort Beweise dafur konnten bisher nicht gefunden werden Nach 1790 zog er sich aus dem offentlichen Leben zuruck Es beunruhigte ihn als seine Nichte 1793 emigrierte und er emigrierte selbst nachdem sein Bruder 1794 als General Steuereintreiber fermier general guillotiniert worden war Am Tag nach dem 9 Thermidor 27 Juli 1794 kehrte er nach Frankreich zuruck und er beteiligte sich an der staatlichen Verwaltung eines Klosterguts der Lazaristen bei Sevran In der Epoche des Konsulats war de Coulmier vom 25 Dezember 1799 bis zum 1 Juli 1803 als Gemassigter modere Mitglied der gesetzgebenden Versammlung corps legislatif 1 Regisseur general im Hospiz zu Charenton 1797 1814 Bearbeiten nbsp Hospiz zu Charenton Heute Hopital Esquirol Bekannt wurde de Coulmier als regisseur general in dem ostlich von Paris gelegenen Hospiz zu Charenton Hospiz zu Charenton 1641 1797 Bearbeiten Seit 1641 wurden in Charenton Kranke Irre und Epileptiker durch die Barmherzigen Bruder vom hl Johannes von Gott betreut Ausserdem waren hier Staatsgefangene interniert Am 30 Juni 1795 wurde das Hospital in Charenton geschlossen und in nationales Eigentum uberfuhrt Hospiz zu Charenton 1797 1814 Bearbeiten Am 15 Juni 1797 wurde das Hospiz zu Charenton durch das Ministerium des Inneren wiedereroffnet Aus den trostlosen Gebauden in der Innenstadt sollten die Irren in eine der Genesung gunstigere Umgebung verlegt werden Beide Geschlechter wurden aufgenommen Die Kur wurde von den bisher ublichen sechs Wochen auf drei Monate verlangert Wer danach nicht geheilt war konnte als zahlender Pensionar bleiben Arme unheilbar Kranke wurden nach dem Bicetre oder nach der Salpetriere verlegt 2 Die Gesamtleitung des Spitals wurde keinem Arzt sondern Francois Simonnet de Coulmier anvertraut der sein Amt als Hauptverwalter regisseur general am 22 September 1797 antrat Im Verlauf weniger Jahre gelang es de Coulmier das Vakuum das die Monche in Charenton hinterlassen hatten mit seinem Amt auszufullen so dass er unterstutzt durch den Aufsichts Verwalter Dumoutier als Direktor der Anstalt wie ein heimlicher Abt anmutete Die Gebaude der Klinik waren baufallig und de Coulmier investierte aus seinem Privatvermogen in den Wiederaufbau Er bestimmte uber alle Belange der Patientenversorgung so auch uber die Wahl des Therapieverfahrens uber die Gewahrung von Privilegien oder uber Bestrafung Repressive Massnahmen wie kalte Bader Fixierung durch Fesseln oder Zwangsjacken wurden selten angewendet So stellte der deutsche Arzt August Friedrich Schweigger der 1808 Charenton besucht hatte fest Misshandlung findet durchaus nicht statt und zwei Aufseher surveillans beobachten in dieser Hinsicht die Aufwarter Die gewohnliche Strafe besteht in Einsperren im Notfall im Zusammenbinden der Hande hochstens Anbinden im Bette mittelst der langen Armel und bei gebildeten Kranken in einem Verweis in Gegenwart anderer In Anlehnung an Chiarugi Della pazzia in genere e in specie 1793 1794 Crichton An inquiry into the nature and origin of mental derangement 1798 Pinel Traite medico philosophique sur l alienation mentale ou la manie 1801 und Cabanis Rapports du physique et du moral de l homme 1802 wurde in Charenton mehr moralisch als physisch behandelt 3 Medikamente und Aderlass wurden sehr zuruckhaltend eingesetzt Eine Besonderheit der Klinik war der Einsatz des Theaters als Therapiemittel Dazu nochmals A F Schweigger 1808 Zur Aufheiterung und Belohnung der Irren werden auch Komodien Concerte und andere Feierlichkeiten veranstaltet welche bisweilen mit einem Feuerwerk beschlossen werden Es befindet sich zur Auffuhrung der Komodien ein kleines Theater im Irrenhause Nach mehrmaliger Probe wird das Stuck formlich aufgefuhrt 4 Einmal im Monat wurden leichte Stucke aufgefuhrt meist Komodien von Moliere Marivaux oder Mercier gefolgt von musikalischer Unterhaltung Wahrend seines zweiten Aufenthalts in Charenton war der Marquis de Sade Regisseur und oft gleichzeitig Darsteller in den Theaterauffuhrungen Die Darsteller waren teils Patienten der Klinik teils professionelle Schauspieler aus der Hauptstadt Im Zuschauerraum sassen neben Patienten auch zahlende Gaste aus Paris Aus der Sicht des regisseur general de Coulmier war das Theater Teil der Therapie im Sinne einer Katharsis Wegen seiner Grosszugigkeit und wegen seiner Freisinnigkeit wurden ihm bittere Vorwurfe gemacht Die ganze medizinische Fakultat verbundete sich gegen diesen ehemaligen Priester der eine psychiatrische Einrichtung verwaltete ohne je Medizin studiert zu haben 5 Neben dem regisseur general de Coulmier waren ein Medizin Chefarzt und ein Chirurgie Chefarzt in der Klinikleitung Der Medizin Chefarzt wohnte in Paris und kam zwei bis drei Mal pro Woche zur Visite Der Chirurg wohnte zwar ebenfalls ausserhalb der Klinik war aber stets erreichbar Von 1797 bis zu seinem Tod im Dezember 1805 war der den Sinnesfreuden zugetane Joseph Gastaldy Chef der Medizin Auf ihn folgte 23 Januar 1806 1825 der fur seine strengen Moralvorstellungen bekannte und von der medizinischen Fakultat empfohlene Antoine Athanase Royer Collard nbsp Marat Sade Inszenierung an der University of California San Diego 2005 Regie Stefan Novinski Peter Weiss diente das Theater von Charenton als Vorlage fur sein 1964 uraufgefuhrtes Marat Sade Theaterstuck De Sade in Charenton Bearbeiten Erster Aufenthalt 1789 1790 Bearbeiten In der Nacht des 4 Juli 1789 wurde de Sade gewaltsam von der Bastille in das Hospiz zu Charenton verschleppt Dabei musste er seine 600 Bande umfassende Bibliothek seine Kleider und Mobel aber auch druckfertige Manuskripte zurucklassen die beschlagnahmt geplundert oder verbrannt wurden Am 13 Marz 1790 erliess die Verfassungsgebende Versammlung ein Dekret die Staatsgefangenen betreffend wonach diejenigen Personen innerhalb von sechs Wochen freizulassen waren die weder verurteilt noch angeklagt noch geisteskrank waren Aufgrund dieses Dekrets wurde de Sade am 2 April 1790 freigelassen 6 Zweiter Aufenthalt 1803 1814 Bearbeiten In der Epoche des Konsulats wurde de Sade am 2 April 1801 wieder ohne Gerichtsverhandlung administrativ in der zum politischen Gefangnis umfunktionierten Besserungsanstalt fur verlorene Madchen Maison de Sainte Pelagie in Paris versorgt 7 Zwischen dem 20 Februar und dem 14 Marz 1803 wollte er dort seine Geilheit an jungen unbesonnenen Personen befriedigen die aufgrund von Ausschweifungen die sie im Theatre Francais begangen hatten fur einige Tage nach Sainte Pelagie geschickt worden waren Als das bekannt wurde kam es zum Skandal und de Sade wurde in das Bicetre verlegt Nach der Intervention seiner Familie vertauschte er am 27 April 1803 das Bicetre mit dem Hospiz zu Charenton Dort war ihm der Verwaltungsdirektor de Coulmier wohlgesinnt De Coulmier fand dabei Unterstutzung in Gastaldy dem genussfreudigen Chefarzt der Medizin De Sade erhielt ein geraumiges Zimmer im zweiten Stock mit Blick uber die Marne und die Seine In einem Nebenzimmer konnte er eine Bibliothek einrichten Er erhielt Papier und Schreibzeug Seiner Freundin Marie Constance Quesnet wurde erlaubt in der Klinik zu wohnen Dieser zerbrechliche Zustand wurde jah zerstort als nach dem Tod Gastaldys der sittenstrenge Royer Collard die Stelle des Chefarztes der Medizin ubernahm Im August 1808 verfasste Royer Collard einen Bericht fur den Polizeiminister Joseph Fouche uber die Zustande in Charenton insbesondere uber die von de Coulmier dem Insassen de Sade gewahrten Freiheiten Royer Collard urteilte uber de Sade Dieser Mensch ist nicht verruckt Das Laster ist sein Wahn 8 Er empfahl die Internierung in einem Gefangnis Im September 1808 ordnete der Polizeiminister Fouche an dass de Sade in die Festung Ham zu uberfuhren sei Der Chirurg Deguise bescheinigte de Sade jedoch Transportunfahigkeit und so konnte dieser in Charenton bleiben Am 18 Oktober 1810 gab der Innenminister eine Verfugung heraus die sofort umgesetzt werden sollte De Sade sollte von den ubrigen Patienten getrennt untergebracht werden und es sollte ihm verboten werden innerhalb oder ausserhalb der Anstalt Kontakt zu haben Ausserdem sollten ihm Papier und Schreibzeug entzogen werden De Coulmier konnte die Umsetzung dieses Dekrets verzogern Am 6 Mai 1813 setzte ein ministerielles Dekret den Theaterauffuhrungen in Charenton ein Ende Am 30 Mai 1814 wurde de Coulmier durch den Advokaten Simon Martin Gregoire de Roulhac Dumaupas in seiner Funktion als Verwaltungsdirektor abgelost De Sade starb am 2 Dezember 1814 in Charenton Werke Auswahl BearbeitenMotion sur les finances faite par M l Abbe de Coulmiers Abbe d Abbecour le Vendredi 4 Decembre Imprimee par ordre de l Assemblee Nationale Imprimerie nationale Paris 1789 Digitalisat Motion sur le tabac par M de Coulmiers Abbe d Abbecourt Depute de la Vicomte de Paris Imprimerie de Valleyre Paris 1791 Digitalisat Opinion sur le serment civique Extrait de la Societe Nationale des Neuf Sœurs 14 Januar 1791 Digitalisat Arzte in Charenton 1797 1840 BearbeitenArzt Chefarzt Medizin Assistenzarzt Medizin Arzt Chefarzt Chirurgie Assistenzarzt Chirurgie nbsp 1797 1805 Joseph Gastaldy 1797 1818 F Deguise sen nbsp 1805 06 1813 Antoine Athanase Royer Collard1813 1825 Antoine Athanase Royer Collard Chefarzt 1813 1841 Bleynie 1819 1832 F Deguise sen Chefarzt 1819 1843 Ramon nbsp 1825 26 1840 Jean Etienne Esquirol 1833 1843 J F Deguise jr 1871 Literatur BearbeitenJoseph Frank Reise nach Paris London und einem grossen Teile des ubrigen Englands und Schottlands in Beziehung auf Spitaler Versorgungshauser ubrige Armen Institute Medizinische Lehranstalten und Gefangnisse Camesianische Buchhandlung Wien 1804 Band I S 92 94 Hospice de St Maurice a Charenton Digitalisat Charles Francois Simon Giraudy 1770 1848 Memoire sur la Maison nationale de Charenton exclusivement destinee au traitement des alienes presente au Ministre de l Interieur par le Directeur et les medecins de cet Etablissement Paris An XII 1804 Digitalisat Johann Gottfried Langermann Herausgeber August Friedrich Schweigger Uber Kranken und Armen Anstalten zu Paris J A Lubeck Bayreuth 1809 S 8 27 Charenton Digitalisat S 153 Kommentar zu Charenton durch J G Langermann Digitalisat Karl Maximilian Andree Neuester Zustand der vorzuglicheren Spitaler und Armenanstalten in einigen Hauptorten des In und Auslandes J A Barth Band I Leipzig 1810 S 216 221 Charenton Digitalisat Johann Ludwig Casper Charakteristik der franzosischen Medizin mit vergleichenden Hinblicken auf die englische F A Brockhaus Leipzig 1822 S 455 462 Charenton Royer Collard Digitalisat Johann Heinrich Kopp Arztliche Bemerkungen veranlasst durch eine Reise in Deutschland und Frankreich im Fruhjahre und Sommer 1824 Hermann Frankfurt am Main 1825 S 146 Charenton Digitalisat Jean Etienne Esquirol Memoire historique et statistique sur la maison royale de Charenton In Annales d hygiene publique et de medecine legale 13 1835 S 5 192 Hier S 27 59 Digitalisat Gilbert Lely Vie du marquis de Sade J J Pauvert Paris 1965 S 632 656 Le vieillard de Charenton Saint Maurice Dieter Jetter Zur Typologie des Irrenhauses in Frankreich und in Deutschland 1780 1840 Steiner Wiesbaden 1971 S 38 45 La Maison de Charenton Maurice Lever Donatien Alphonse Francois marquis de Sade Fayard Paris 1991 Kapitel XXVI S 583 618 Charenton Laure Murat L homme qui se prenait pour Napoleon Pour une histoire politique de la folie Gallimard Paris 2011 Deke Dusinberre Ubersetzung The man who thought he was Napoleon Toward a Political History of Madness University of Chicago Press Chicago und London 2014 S 87 105 Sade in Charenton This man is not insane ISBN 978 0 226 02573 5 Jean Luc Chappey Le Nain le medecin et le divin marquis In Annales historiques de la Revolution francaise Oktober Dezember 2013 Digitalisat Volker Reinhardt De Sade oder Die Vermessung des Bosen Eine Biographie C H Beck Munchen 2014 S 347 385 Regisseur in der Irrenanstalt ISBN 978 3 406 66515 8Weblinks BearbeitenHospiz zu Charenton bzw Hopital Esquirol auf Google Streetview Mandats a l Assamble nationale ou a la chambre des deputes Digitalisat Pere Lachaise 1804 1844 Digitalisat Jeanne Mesmin D estienne La Maison de Charenton du XVIIe au XXe siecle construction du discours sur l asile In Revue d histoire de la protection sociale 2008 No 1 S 19 35 Digitalisat Angaben zu Francois Simonnet de Coulmier in der Datenbank der Bibliotheque nationale de France Einzelnachweise Bearbeiten G Lely 1965 S 632 656 M Lever 1991 S 583 618 L Murat 2014 S 87 105 In den 1820er Jahren wurden in Charenton von der Regierung mit jahrlich 60 000 Franken alimentiert 50 bis 60 Armenstellen geschaffen J L Casper 1822 S 455 Digitalisat Charles Francois Simon Giraudy 1770 1848 Memoire sur la Maison nationale de Charenton exclusivement destinee au traitement des alienes presente au Ministre de l Interieur par le Directeur et les medecins de cet Etablissement Paris An XII 1804 S 2 Digitalisat Johann Gottfried Langermann Herausgeber August Friedrich Schweigger Uber Kranken und Armen Anstalten zu Paris J A Lubeck Bayreuth 1809 S 11 Digitalisat Karl Christian Hille und Johann Christian August Heinroth Bearbeitung und Kommentar Esquirol s allgemeine und specielle Pathologie und Therapie der Seelenstorungen Hartmann Leipzig 1827 S 158 Digitalisat Gilbert Lely Vie du marquis de Sade J J Pauvert Paris 1965 S 454 Neuf mois a Charenton Saint Maurice Der Dichter Theodore Desorgues 9 November 1764 5 Juni 1808 wurde 1803 in Charenton interniert weil er folgenden Reim verfasst hatte Oui le grand Napoleon Est un grand cameleon Cet homme n est pas aliene Son delire est celui de vice Gutachten und Korrespondenz abgedruckt in Gilbert Lely Vie du marquis de Sade J J Pauvert Paris 1965 S 640 641Normdaten Person GND 12902452X lobid OGND AKS LCCN no91015709 VIAF 34567312 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Coulmier Francois Simonnet deALTERNATIVNAMEN Coulmiers Francois Simonnet de vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer Ordensmann und PolitikerGEBURTSDATUM 30 September 1741GEBURTSORT DijonSTERBEDATUM 4 Juni 1818STERBEORT Paris Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Francois Simonnet de Coulmier amp oldid 218155925