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Der Fayence Kachelofen aus dem Jahr 1685 steht im historischen Sitzungssaal des Rathauses von Isny einer ehemaligen Reichsstadt die heute zum baden wurttembergischen Landkreis Ravensburg gehort Er ist einer der wenigen erhaltenen Winterthurer Kachelofen des 17 und 18 Jahrhunderts die auf die Ofenbauerdynastie der Familie Pfau zuruckgehen Auch ist er einzigartig da er seit seiner Erbauung unverandert am selben Platz steht Im Patrizierhaus das Gebaude wurde erst 1733 von der Stadt gekauft und spater als Rathaus genutzt gibt er mit seinen Spruchkacheln Einblicke in die Wertevorstellungen eines damaligen christlichen Kaufmanns Der Fayence Kachelofen im historischen Sitzungssaal des Isnyer Rathauses Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Ofen aus Winterthur 1 2 Ofenzerlegung wahrend der Rathausrenovierung 2 Darstellungen der Bildkacheln 2 1 Emblematik der Barockzeit 2 2 Beispiel Jakobs Segenerschleichung 2 3 Bild Text und Schmuckkacheln 3 Kulturdenkmal 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenOfen aus Winterthur Bearbeiten Inspiriert von der italienischen Majolika Technik kamen im 16 Jahrhundert zunachst in Sudtirol und bald auch nordlich der Alpen die Fayenceofen auf Sie wurden nicht aus Reliefkacheln sondern aus Kacheln mit glatter Oberflache zusammengesetzt Eine weisse Zinnglasur diente als Malgrund und ermoglichte bildliche Darstellungen die nicht mehr an Kachelformate gebunden waren Ihre wahre Blutezeit erlebten diese bemalten Ofen erst spater Vor allem die Schweizer Ofenbauer auch Hafner genannt lieferten im 17 und 18 Jahrhundert meisterlich bemalte Fayenceofen Die beruhmten Exemplare aus Winterthur oder Steckborn schmuckten manchen Prunksaal in Schlossern und Klostern 1 In den Jahren 1682 bis 1687 wurde das schon seit dem Spatmittelalter bestehende Patrizierhaus von Johannes Albrecht einem der letzten grossen Isnyer Handelsherren umgebaut und im fruhbarocken Stil ausgestaltet Dabei wurde im Festsaal des 2 Stockwerks der Kaminturmofen aus Winterthur eingebaut da Johannes Albrecht Beziehungen in die Schweiz hatte und diese Fayence Kachelofen kannte Er stammt vom Winterthurer Hafner Abraham Pfau einem Nachkommen des ersten beruhmten Winterthurer Hafners Ludwig Pfau Dort im Rathaus von Isny ist er unverandert erhalten geblieben denn aus dem Ofen eines reichen Burgers wurde der Ofen im Fest und Sitzungssaal der Reichsstadtburger Ofenzerlegung wahrend der Rathausrenovierung Bearbeiten In den 1970er Jahren war eine Rathausrenovierung unumganglich geworden Deswegen musste der Kachelofen zerlegt und in Einzelteilen zwischengelagert werden Fur den Ofen war es eine Chance vollstandig uberholt und um die fehlenden Kacheln erganzt zu werden Diese waren fruher mal aus dem Ofenturm herausgenommen worden damit beim Heizen die Luft besser zirkulieren konnte Sie wurden von der Keramikerin Traudl Fleiner nach Winterthurer Vorbildern nachgearbeitet die Textkacheln wurden von Gustl Halter gefertigt 2 Darstellungen der Bildkacheln BearbeitenEmblematik der Barockzeit Bearbeiten Der Kachelofen ist ein Beispiel fur die Emblematik der Barockzeit in der diese Kunstform des Emblems sehr beliebt war Ein Emblem bestand damals aus drei Teilen Ein Bild Icon Imago Pictura das uber das zu Sehende hinausweist Ein Zitat Lemma meist lateinisch oft bis zur Ratselhaftigkeit verkurzt Ein dichterischer Text Subscriptio mit meist belehrender Erkenntnis Es war damals eine Spielerei gescheiter gebildeter Leute Es war eine Kunstwelle in der auch vieles variiert und bekannte Einzelheiten in neue Zusammenhange gestellt wurden Beispiel Jakobs Segenerschleichung Bearbeiten nbsp Bildkachel Der blinde Isaak segnet Jakob Esau ist auf der Jagd Mutter Rebekka fordert den BetrugIn dieser Bildkachel ist die bekannte Szene aus dem Alten Testament Genesis 27 19 30 abgebildet Uber ihr steht das lateinische Zitat Lemma Postremus fit primus Es bedeutet Der Letzte wird der Erste sein Darunter ist die Textkachel mit dem Funfzeiler angebracht Jacob vermacht die Hand mit Fellentut fur den Esau sich anstellen bekommt vom Vater so den Segen weil Esau wollt ein Wild erlegen Gott gonnt s den Frommen allewegen Die Interpretation des Geschehens die auch hier durch den funften Vers gegeben ist lasst keinen Zweifel daran dass Jakob trotz seiner Gaunerei der von Gott begunstigte Auserwahlte ist Man kann vermuten dass der Auftraggeber des Ofens der christliche Kaufmann Albrecht ein Interesse an einer Botschaft dieser Art hatte Wenn Du ein Frommer bist kannst du auch einmal etwas riskieren 3 Bild Text und Schmuckkacheln Bearbeiten Der Ofen weist eine grosse Zahl von Bild und Spruchkacheln auf Jeder Teil des Ofens ist weiterhin durch Schmuckkacheln verziert an den Ofenfussen sind es Mannerkopfe ganz oben im Kranz des Turms sind es Frauengesichter weiterhin gibt es Fruchte jeglicher Art In der Mitte des Ofenturms befindet sich eine grosse Kranzkachel mit dem Doppelwappen des Ehepaars Albrecht und der Jahreszahl 1685 Eine kleine Kachel mit der schlecht geschriebenen Beschriftung Abraham Pfauw Haffner zu Windtertur 1685 gibt es an anderer Stelle Die 50 Text und Bildkacheln sind in der Weise emblematisch einander zugeordnet dass ihre Interpretation einen Einblick in die Wertevorstellungen eines damaligen christlichen Kaufmanns gibt Dieser Albrecht fuhlt sich wohl in gleichem Masse seinem Gewissen und dem Geschaftserfolg verpflichtet und er kokettiert mit seiner klassischen Bildung Bibelkenntnisse werden in dieser Zeit bei allen normalen Christen vorausgesetzt Die biblische Gestalt des Patriarchen Jakob dem ein Teil der Kacheln gewidmet ist steht im Mittelpunkt Obwohl er sehr trickreich ist wird er dennoch von Gott begunstigt Wer die Jakobsbilder und texte aber auch die allegorischen Figuren und die dazu gehorenden Vierzeiler auf dem Isnyer Kachelofen genau betrachtet wird die Zeitlosigkeit der dargestellten Sachverhalte erkennen nbsp Die andere Seite des Ofens nbsp Der Turm des Ofens nbsp Bildkachel mit dem Lemma Si Quiescat nbsp Bildkachel mit Jakobs Ringkampf mit dem Engel nbsp Bildkachel mit Eichhornchen und Lemma Latet abdita Es verbirgt sich das Versteckte Kulturdenkmal Bearbeiten nbsp Das Isnyer Rathaus umgebaute ehemalige PatrizierhauserDas in Ecklage zur Espantorstrasse stehende teils drei teils viergeschossige Rathaus mit massiv gemauerten und verputzten Vollgeschossen ist aus drei ehemaligen Patrizierhausern zusammengewachsen Im Inneren gibt es eine reiche Ausstattung mit Tafelungen und Stuckaturen Der nordliche hohere Gebaudeteil wurde 1733 von der Stadt erkauft und als Rathaus eingerichtet In ihm befindet sich der Winterthurer Kaminofen Der den Stadtbrand von 1631 uberdauernde Gebaudekomplex ist als Rathaus ein wichtiges Zeugnis fur die Stadtgeschichte von Isny An der Erhaltung des Anwesens besteht aus wissenschaftlichen kunstlerischen und heimatgeschichtlichen Grunden ein besonderes offentliches Interesse Es ist geschutzt nach 28 DSchG von Baden Wurttemberg auch die Ausstattung und somit der Ofen sind entsprechend geschutzt Literatur BearbeitenGerhard Weisgerber Heinz Bucher Fotograf Der Fayence Kachelofen im Isnyer Rathaus Bilder auf Keramik Weisheiten furs Leben Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgau 2013 ISBN 978 3 89870 853 1 Charlotte Pfitzer Der Winterthurer Kachelofen in Isny Zur Ikonographie und Vorlagenpraxis eines barocken Fayencekachelofens Magisterarbeit Textband und Abbildungsband Tubingen ohne Verlag 2005Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Kachelofen Isny im Allgau Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Stadt Isny GeschichteEinzelnachweise Bearbeiten Bettina Vaupel Viel Spiel ums Feuer Eine kleine Kulturgeschichte des Kachelofens In Monumente Magazin fur Denkmalkultur in Deutschland April 2007 Gerhard Weisgerber Heinz Bucher Der Fayence Kachelofen im Isnyer Rathaus Bilder auf Keramik Weisheiten furs Leben Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgau S 10 11 Gerhard Weisgerber Heinz Bucher Der Fayence Kachelofen im Isnyer Rathaus Bilder auf Keramik Weisheiten furs Leben Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgau 2013 S 80 83 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fayence Kachelofen Isny im Allgau amp oldid 230786521