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Das Faustgefass ist ein hethitisches Kultgefass aus Silber das fur Trankopfer benutzt wurde Es kann ins 14 Jahrhundert v Chr datiert werden und zeigt in einem Bilderfries eine hethitische Opferzeremonie fur den Wettergott Das Gefass befindet sich im Museum of Fine Arts in Boston weshalb es auch als Boston Fist bekannt ist Vorderseite des Faustgefasses mit Musikanten und StabtragerRuckseite mit dem Wettergott und dem libierenden Konig Tudḫaliya Inhaltsverzeichnis 1 Fundumstande 2 Beschreibung 2 1 Abmessungen Material Gestaltung 2 2 Reliefband 3 Deutung 3 1 Faustsymbolik 3 2 Opferszene 4 Zeitliche Einordnung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseFundumstande BearbeitenDie Fundumstande des Faustgefasses sind unbekannt Es wurde 1976 von einem privaten Sammler erworben und 1977 dem Museum of Fine Arts als Leihgabe ubergeben Die Faust war vor der Restaurierung im Jahre 1990 schlecht erhalten und bestand aus dreizehn mehr oder weniger stark korrodierten Teilen 1 Im Jahr 2004 schenkte der Sammler es dem Museum Beschreibung BearbeitenAbmessungen Material Gestaltung Bearbeiten Das Gefass hat die Grosse und die Form einer Mannerfaust und wurde aus einem Silberblech gearbeitet In der Lange von der Offnung bis zum Daumen misst es 16 3 cm der Umfang der ovalen Offnung betragt 28 cm Das Opfergefass hat keine Auflageflache so dass die Opferflussigkeit wahrend der Libation vollig entleert oder getrunken werden musste Das Gefass hatte ursprunglich einen Henkel der aber nicht erhalten ist Die Faust ist sehr naturnah ausgearbeitet selbst die Adern wurden stilisiert dargestellt Die Faust umgreift ein nicht bestimmbares Objekt dessen sichtbares Ende als Rosette gestaltet wurde 1 Reliefband Bearbeiten Um die Offnung herum lauft ein 28 Millimeter breites gerahmtes Reliefband mit der Darstellung einer Opferszene Das Schmuckband beginnt mit der Darstellung eines bartigen Gottes der in der Rechten eine Keule schwingt und in der Linken Zugel halt mit denen er einen Stier fuhrt von dem nur der hintere Teil erhalten ist Davor steht ein Opfertisch Altar mit Opfergaben darauf Der Konig steht vor diesem und giesst aus einem Gefass einen Opfertrank auf den Boden 2 Als Zeichen seiner Macht halt er einen Lituus Zwischen dem Kopf des Konigs und dem Altar stehen luwische Hieroglyphen die eindeutig als Tudḫaliya Grosskonig gelesen werden konnen 3 Hinter dem Konig befindet sich ein Vogel am Boden Dahinter sind Teile eines knienden Mannes erkennbar der dem Konig ein Gefass entgegenhalt Der grosste Teil dieser Figur ist aber verloren Hinter ihm folgt ein stehender Mann mit einem Opferbrot in der Hand Dann schliessen sich Musikanten an zwei Manner die das kleine Istar Instrument eine Art Leier spielen und ein Mann der ein Zimbelnpaar schlagt Hinter diesem steht ein Mann der einen Stock in seinen Handen halt Dann kommt die Darstellung eines gottlichen Wesens das ikonographisch der Darstellung eines Berggottes gleicht Dieses hat einen Bart und eine blatterartige Frisur und es scheint in die Hande zu klatschen Der Unterteil des gottlichen Wesens stellt nach gangiger Deutung symbolisch einen Berg dar oder nach Hans Gustav Guterbock einen Busch oder einen Baum Als Abschluss der Szene der auch den Anfang darstellen konnte steht ein turmartiges Gebilde aus Mauerwerk mit elf Steinlagen auf dem sich nicht bestimmbare Objekte befinden 4 Deutung BearbeitenFaustsymbolik Bearbeiten Fauste und Faustgefasse sind mehrfach bezeugt so silberne fur den Wettergott fur den Schlachtengott Zababa und fur die nicht naher bekannte Gottheit Karmaḫili goldene fur Tessub eiserne fur Sauska schliesslich noch eine Faust aus Zedernholz 5 6 In der hethitischen Kunst werden Manner und Frauen oft mit Fausten dargestellt eine Geste deren Symbolik unbekannt ist Dabei haben die Manner beide Fauste geballt sofern sie keinen Gegenstand in einer Hand halten wobei eine Faust uber der Brust gehalten wird Bei den Frauen wird nur eine Hand als Faust dargestellt die andere Hand ist dagegen leicht geoffnet und weist nach oben wobei Daumen und Zeigefinger gegen den Mund gerichtet sind 7 Opferszene Bearbeiten Der beopferte Gott kann anhand des Stiers und der Keule als Wettergott Tarḫunna bestimmt werden Das abgebildete Trankopfer mit Brotopfer und Musikanten ist typisch fur viele hethitische Rituale und wird in hethitischen Texten vielfach beschrieben Demnach kann der kniende Mann hinter dem Konig gemass Hans Gustav Guterbock als Mundschenk des sich Niederkniens gedeutet werden der dem Konig die Opferflussigkeit uberreicht wahrend der zweite Mann jenem das Opferbrot ubergibt 8 9 Auch Musikbegleitung ist gut bezeugt fur hethitische Opferrituale Der Mann mit dem Stab konnte nach Guterbocks Deutung der Stabtrager sein welcher die Opferteilnehmer anfuhrte und diesen ihre Platze zuwies 10 Die Deutung des gottlichen Wesens und des turmartigen Gebildes bereiten dagegen Schwierigkeiten Nach Guterbock konnte dieses Wesen ein Vegetationsgott sein oder ein vergottlichter Baum 11 Das Mauerwerk dahinter deutet er als eine Art Altar mit Opfergaben darauf 12 Timothy Kendall dagegen sah darin den Turm einer Stadt und das gottliche Wesen als ein mit Baumen uberwachsener Berg an dem die Prozession vorbeizieht 12 Da in die Szene vermehrt stilisierte Pflanzen eingestreut sind scheint die abgebildete Opferszene im Freien zwischen bluhender Vegetation stattzufinden Im Zusammenhang mit der Deutung des gottlichen Wesens als Vegetationsgott ist ein Bezug zu einem Fruhlingsfest denkbar 13 Guterbock verweist dabei auf den 14 und 15 Tag des AN TAḪ SUM Festes An diesen Tagen wurde bei einem Buchsbaumhain an der ḫuwasi Stele des Wettergottes geopfert welche in einem tarnu Haus stand 14 Savas Ozkan Savas bezieht die Opferszene direkt auf das AN TAḪ SUM Fest und interpretiert die Gewachse als AN TAḪ SUM Pflanzen bei denen es sich um ein nicht naher bestimmbares Zwiebelgewachs handelt Die berggottahnliche Figur deutet er als den vergottlichten Buchsbaumhain und das turmartige Gebaude als tarnu Haus das nach ihm ein Rundbau gewesen sei 15 Monika Schuol erwagt dass das kunstvolle und wertvolle Kultgefass einem bedeutenden Tempel gehort haben musse 16 Da auf dem Gefass der Wettergott und ein Berggott nebeneinander stehen liege es nahe an den wichtigen Kult des Wettergottes von Zippalanda zu denken der zusammen mit dem Berggott Taḫa verehrt wurde Dieser Berggott hatte auch eigene Opferfeste darunter ein Fruhlingsfest Der heilige Berg Taḫa stand bei der Kultstadt Zippalanda und auf diesem wurden zu Ehren des Wettergottes von Zippalanda und des Berggottes mehrere Opferfeste aufgefuhrt Dazu passt dass die Opferszene auf der Faust offenbar im Freien stattfindet Die Mauerkonstruktion auf dem Kultgefass konnte nach Schuol einen Kultbau auf dem Berg darstellen zum Beispiel das in hethitischen Ritualtexten genannte Tor des Gottes Taḫa Literarisch bezeugt ist zudem ein ritueller Faustkampf vor der Kultstele des Berggottes Taḫa 17 Der Mann mit dem Stab auf der Faust konne nicht genau bestimmt werden da Stabe im hethitischen Kult eine vielfaltige Rolle einnahmen Denkbar ware der im Kult von Zipplanda bezeugte Mann des Wettergottes der auch mit einem Stab auftreten konnte 18 Schuol zitiert auch einen hethitischen Text der gut zur Bildszene passt Wenn der Konig zur Kultanlage des Berges Daḫa gelangt beginnt der Konig reihum zu beopfern Er beopfert reihum zwei Gotter Den Wettergott von Zippalanda und den Berg Daḫa namlich trinken sie Die Priestersanger spielen die kleine Leier KUB XX 96 Vs III 12 16 18 dd Zeitliche Einordnung BearbeitenDie Bilder auf dem Faustgefass zeigen auffallende Parallelen zu den Reliefs von Alaca Hoyuk so die Darstellung der Pflanzen und Details der Mannertracht und konnen somit ins ausgehende 15 oder ins 14 Jh v Chr datiert werden Die Tracht des Konigs und auch die fehlende Namenskartusche machen eine Identifizierung mit Konig Tudḫaliya IV 1236 1215 v Chr unwahrscheinlich Deshalb kann das Faustgefass am besten den hethitischen Konigen Tudḫaliya II ca 1375 1355 v Chr oder Tudḫaliya III um 1355 v Chr zugewiesen werden 19 Siehe auch BearbeitenHirschrhyton der Norbert Schimmel SammlungLiteratur BearbeitenHans Gustav Guterbock amp Timothy Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist in Jane B Carter et al The Ages of Homer A Tribute to Emily Townsend Vermeule S 45 60 University of Texas Press Austin 1995 ISBN 0 292 71169 7 Monika Schuol Betrachtungen zu einem hethitischen Gefass in Form einer geballten Faust in Altorientalische Forschungen Band 31 Heft 2 2004 S 320 339 Savas Ozkan Savas The Fist of the Storm God and the Rundbau Etarnu structure in Studi micenei ed egeo anatolici 50 2008 657 680 ISSN 1126 6651 Volkert Haas Geschichte der hethitischen Religion Handbuch der Orientalistik Band 1 15 Brill Leiden 1994 ISBN 978 90 04 09799 5 S 526f Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Faustgefass im Museum of Fine Arts Boston Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Seite des MFA BostonEinzelnachweise Bearbeiten a b Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 45ff Volkert Haas Geschichte der hethitischen Religion S 526 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 45 59 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 47 54 mit Photographien und Zeichnungen Monika Schuol Betrachtungen zu einem hethitischen Gefass in Form einer geballten Faust S 322f Savas The Fist of the Storm God and the Rundbau Etarnu structure S 658 663 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 55 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 51 Volkert Haas Geschichte der hethitischen Religion S 526 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 52 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 53 a b Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 54 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 53 Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 59 Savas The Fist of the Storm God and the Rundbau Etarnu structure S 665 668 670 Monika Schuol Betrachtungen zu einem hethitischen Gefass in Form einer geballten Faust S 325 Monika Schuol Betrachtungen zu einem hethitischen Gefass in Form einer geballten Faust S 328 333 336f a b Monika Schuol Betrachtungen zu einem hethitischen Gefass in Form einer geballten Faust S 335f Guterbock Kendall A Hittite Silver Vessel in the Form of a Fist S 56f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Faustgefass im Museum of Fine Arts Boston amp oldid 236605185