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Das Familienbild des Grafen Johann II von Rietberg ist das wohl bekannteste Bild des Malers Hermann tom Ring Es ist im Besitz des LWL Museum fur Kunst und Kultur in Munster und wurde im 19 Jahrhundert in vier Teile zerschnitten und aus drei wiedergefundenen Teilen rekonstruiert Familienbild des Grafen Johann II von Rietberg nach der Wiederherstellung Hermann tom RingOl auf Holz56 5 166 5 cmLWL Museum fur Kunst und Kultur Inv nos 1022 LM 993 LM 1941 LMVorlage Infobox Gemalde Wartung Museum Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Historischer Hintergrund 3 Deutung 4 Geschichte des Bildes 5 Zweites Bild der Armgard von Rietberg 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksBeschreibung Bearbeiten nbsp Armgard und Walburgis erworben 1954Das Bild in der Grosse 56 5 166 5 cm also fast genau dreimal so breit wie hoch gemalt wurde es in Mischtechnik auf Eichenholz Das Bild ist in der Mitte zersagt wobei der linke Teil nochmals in drei Teile zersagt wurde Die ganze Flache ist mathematisch streng gegliedert in vier Felder die ein kraftiges Gesims durchschneidet ein angeschnittener Halbbogen nach oben hin abschliessend Die einzelnen Felder trennen kannelierte Halbsaulen deren aussere vom Bildrand rechts und links uberschnitten sind Die Gliederung ist so konstruiert dass ihr ein Blickpunkt zugrunde liegt der genau vor der mittleren Halbsaule also zwischen den beiden Bildnispaaren anzunehmen ist Von hier aus fuhrt der Blick in strenger Symmetrie und leicht ubersteigerter Perspektive nach links und rechts Die ausseren Felder sind entsprechend schmaler als die mittleren Die Mittelachse nennt auf einem Zettel die Entstehungszeit des Bildes 1564 Von links zeigt den Grafen Johann II Dargestellt als Herr wendet sich nach rechts mit einer Geste der rechten Hand die man als weisend fast befehlend empfindet Er zeigt auf etwas mit seiner behandschuhten Hand deren Zeigen durch den zweiten Handschuh den sie halt noch unterstrichen wird Ein energisches Zeigen das einen selbstbewussten energischen Eindruck hinterlasst Die linke Hand ruht auf der Brustung und beruhrt leicht ein Stundenglas das genau in der Mitte zwischen den Halbsaulen steht Auf deren oberer Platte liegt ein Totenkopf der so flach gearbeitet ist dass man das Glas beim Umdrehen darauf stellen kann Im Gesims steht der Spruch COGITA MORI ANNO 1562 lt Gedenke des Todes im Jahr des Herrn 1562 Der Graf war am 9 Dezember desselben Jahres verstorben Die Kleidung ist gewahlt aber nicht stutzerhaft Das Prunkstuck ist ein grosser schwarzer Hut mit einer grossen weissen Straussenfeder Die Feder wird mit einer runden Agraffe gehalten mit der Darstellung des Kampfes Simsons mit dem Lowen Deutlich uberschreitet der Graf seine vom Maler zugebilligten Grenzen indem er uber die Halbsaule hinweg in das Territorium seiner Gattin greift ohne dass die Figur das Bild in seinen Dimensionen sprengt Dann folgt seine Frau die nach der Mode der Zeit sich die Augenbrauen und Wimpern ausrupfen liess Schliesslich folgen Armgard und Walburgis von Rietberg die linke Armgard 13 die rechte Walburgis 7 Jahre alt wie es der Text auf der Tafel vermeldet Die beiden Madchen sind reich gekleidet und fuhren exotische Tiere mit sich Als Zeichen ihrer Belesenheit zeigt Walburgis ein Buch als Zeichen ihrer intakten Jungfraulichkeit fuhrt Armgard ein weisses Tuch dem Betrachter vor Augen Sie ist die Einzige die den Betrachter direkt ansieht Historischer Hintergrund Bearbeiten nbsp Graf Johann II erworben 1958Die dargestellten Personen sind v r n l Johann II von Rietberg seine Ehefrau Agnes von Bentheim und Steinfurt und ihre Tochter Armgard und Walburgis Die Deutung des Bildes ist schwierig weil immer noch der untere Teil des Bildes von Agnes von Rietberg fehlt Fest steht dass Agnes von Bentheim und Steinfurt den Maler Hermann tom Ring der bereits vier Jahre zuvor ihren liederlichen Bruder Eberwin III von Bentheim Steinfurt gemalt hatte dazu beauftragt hat Ebenso wie ihr Bruder ist sie im Zeitalter der Reformation aus dem streng katholischen Haus Bentheim Steinfurt durch Heirat in protestantische Verhaltnisse Grafschaft Rietberg gewechselt Die Grafschaft Rietberg fiel nach dem Tod des streitlustigen Johanns an den Lehnsherrn Landgraf Philipp Agnes aber versuchte nach dem Tod ihres Mannes 1562 die Grafschaft fur ihre Tochter Armgard zuruckzubekommen In einem Brief an den Landgrafen vom 24 Januar 1563 zeigte sie diesem den Tod ihres Gemahls an Her Johan Graf zum Rittbergk Esendts Stettesdorff und Wittmunden mein hertlieber her und gemahel seliger durch willen des liben getrewen Gottes und fast mannigfaltig auferlegt Creutz muhe und beschwarnus mit zeitlich Abesterbens aus diesem Jammerthal genommen worden Agnes von Bentheim und Steinfurt 1 In einem weiteren Brief im Juli 1563 beklagte sie die bitteren Jahre ihres Mannes in der Gefangenschaft Wi gar hartt sie meinen lieben Hern und Eheman selig mit Ihren unfurchtbarlichen Kraystagen umbgetrieben und nit allein nach seiner Wolfahrt sondern auch nach lieb und leben des sie nuhn leyder gesettigt worden sindt und gentzlich uffgeopffert alles darumb dass der Rittpergische Stam gantz ausgerottet und sie meiner Khinder armut an sich ziehen und bringen mochten Agnes von Bentheim und Steinfurt 1 Der Briefwechsel den Agnes wegen der Ruckgabe der Grafschaft mit ihm fuhrte zeigt sie als ungewohnlich sachkundig aber auch ebenso hartnackig wie diplomatisch Von 1563 bis 1565 kampfte sie darum auch mit kraftiger Finanzhilfe Die Grafin versicherte sie werde Philipp alle seine Unkosten in dieser Sache ersetzen nbsp Detail aus dem Kenotaph in EsensIn einem Vertragsentwurf vom 11 Marz 1565 griff Hessen das Entschadigungsangebot auf und verlangte die Zahlung von 12 000 rheinischen Goldgulden bis zum 27 Mai Schon am 6 Mai konnte Philipp den Empfang der recht erheblichen Summe bestatigen und stellte am Folgetag den neuen Lehnbrief auf Armgard aus Allerdings blieb die Grenze zum Hochstift Paderborn umstritten Man einigte sich schliesslich am 7 Juni 1565 Die Ruckgabe der Grafschaft an Agnes von Bentheim erfolgte dann am 14 Oktober 1566 Obwohl wie Zeitgenossen berichten ihr erster Mann Johann II sie nicht besonders aufmerksam behandelte setzte sie auch alles daran ihn in ein gutes Licht zu rucken So liess sie ihm zwei Gedenkstatten errichten Die erste ein Epitaph befindet sich an seinem Sterbeort Koln im Seitenschiff der romanischen Kirche Gross St Martin Es zeigt oben links als Wappen den Rietberger Adler links unten die Lippische Rose rechts oben das Ostfriesische Wappen Auf dem Epitaph steht der Text variis mulitsque huius saeculi aerumnis et clamitatibus defatigatus Die zweite in dem Kenotaph in der St Magnus Kirche in Esens wurde Agnes allerdings deutlicher Er ward hinweggenommen aus diesem Jammertal durch Anstiftung der Missgunstigen ohne Zahl 2 Das grafliche Lichnam zu Colln licht begrabe der manlich Stamm Helm unde Schild zu beclagen so hinweg genome aus dessn Jamerthal durch Zustiftung der Misgunsgen ohne Zal in Gottis hant die Seel bewaret ist unde achtet nit der bosen Hinterlist Der grafliche Leichnam liegt zu Koln begraben der mannliche Stamm mit Helm und Schild zu beklagen So hinweg genommen aus diesen Jammertal durch Anstiftung der Missgunst ohne Zal In Gott hat die Seele Ruhe der nicht die bose Hinterlist achtet Was letztlich der Beweggrund zum Auftrag dieses aussergewohnlichen Bildes gewesen sein mag wird wohl unklar bleiben Deutung BearbeitenObwohl sich das Bild rhythmisch gliedert und es sich um eine Familie handelt besteht eine enorme Spannung zwischen den einzelnen Figuren Man kann eigentlich von einem zweifachen Paarportrat sprechen Auffallend ist der Gegensatz zwischen den Eltern und den Tochtern das den Sageschnitt der Kunsthandler grade zu erklaren lasst Auf beiden Seiten gibt es eine Person die im Vordergrund steht Johann II und Armgard und damit die zweite in den Hintergrund ruckt Agnes von Bentheim und Steinfurt und Walburgis Pieper Es ist ein Familienportrat das dem Betrachter ein heiles Idyll oder ein vollkommenes Ideal von einem starken dominant sorgenden Vater einer fromm zuchtigen Mutter und zwei sich liebenden Schwestern vor Augen fuhrt Und man braucht gar nicht die historischen Verhaltnisse zu kennen um zu spuren dass etwas zerbrochen ist Paul Pieper glaubt es handele sich um ein Brautwerbebild der Familie Rietberg die einen Brautigam fur Armgard von Rietberg sucht Nachdem Johann II 1562 in Gefangenschaft verstorben war verloren die Grafin und ihre Tochter das Lehn in Rietberg und mussten nach Aurich ziehen Um den Besitz wiederzuerlangen sollte die alteste Tochter Armgard mit 13 Jahren verheiratet werden weil nur ein Mann die Stellung des Grafen von Rietberg innehaben konnte Geza Jaszai meint es handele sich um eine Kondolenz der Ehefrau an den verstorbenen Gatten in Form eines exemplarisches Memorialbild 3 Susanne Schulte meint es handele sich um eine PR Aktion der Grafin Agnes von Rietberg im Streit um ihr ostwestfalisches Lehen gegen Landgraf Philipp von Hessen 4 Geschichte des Bildes Bearbeiten nbsp Die in Monaco als de femme aufgefundene Grafin von Rietberg erworben 1989Das Bild ist auf unbekannten Wege nach England gelangt und wurde dort wahrscheinlich im 19 Jahrhundert von Kunsthandlern in vier Teile zersagt um es besser verkaufen zu konnen Es ist vor allem dem Kunsthistoriker Paul Pieper zu verdanken dass es sich in dieser Form wieder zusammengefunden hat 1954 ersteigerte er bei einer Auktion bei Sotheby s das Bild von Armgard und Walburgis 83 56 5 cm des Malers Hermann tom Ring fur 10 000 Pfund Dabei uberschritt er sein Limit um 4 000 Pfund 5 6 Kulturdezernenten Landesrat Robert Paasch konnte die 37 000 DM zu viel nicht uberbrucken Fazit einer Krisensitzung beim Verwaltungschef war der Beschluss durch ein Rundschreiben an zu interessierende Personlichkeiten und Institutionen aus Industrie und Wirtschaft Westfalens um Hilfeleistung zu bitten In kurzester Zeit gingen an Spenden und Zusagen wesentlich mehr als die 80 000 DM ein Mit dem zusatzlichen Geld kaufte Pieper noch zwei Tafeln von dem Vater Hermanns Ludger tom Ring d A aus einem Zyklus uber den Dom mit den Darstellungen der Sibylla Frigia und des Milesius des Apolls von Milet Heute ist das Bild ein Vielfaches von dem wert was damals gezahlt wurde Die allgemeine Anteilnahme an dieser Erwerbung fuhrte zur Grundung der Gesellschaft zur Forderung der westfalischen Kulturarbeit die noch heute besteht 1958 entdeckte der Kunsthistoriker und Handler David Graham Carritt 1927 1982 im englischen Norfolk das Bildnis des Grafen Johann II der in einer Ahnengalerie als Lord Darnley fungierte 7 das daraufhin vom Westfalischen Landesmuseum angekauft werden konnte Damit wurde zur Gewissheit dass es sich ursprunglich um ein Viererbildnis mit den Eltern und den beiden Tochtern gehandelt hatte Nachdem uber 30 Jahre lang im Landesmuseum in Munster nur die beiden Bilder der Grafinnen von Rietberg auch die Rietberg girls genannt und ihres Vaters zu sehen waren fand man 1989 im Katalog einer Sotheby s Auktion in Monte Carlo das dritte Da das Bild der Agnes von Bentheim und Steinfurt das aus symmetrischen Grunden auf ein Mass von 35 5 cm 30 cm zersagt wurde 8 fehlen die Hande der Grafin Ausserdem war das Bild ubermalt Dieses Defizit ist mit einer Neutralretusche uberbruckt Die Frage was die Grafin in ihren Handen halt auf das Graf Johann in so betonter Weise mit seiner behandschuhten Hand zeigt die im Bild die klare Deutung geben wurde wird wohl offenbleiben Man kann nur vermuten was es gewesen sein mag War es ein Gebetbuch ahnlich dem das die jungere Tochter Walburg halt Oder ein Kruzifix Aus dem Randstuck ihres rechten Armels das sich neben den Gatten erhalten hat lasst sich hochstens schliessen dass sie die Arme wie Ermengard ausgewickelt hatte die Hande vielleicht zusammengelegt Paul Pieper 9 Zweites Bild der Armgard von Rietberg BearbeitenUm 1957 wurde durch den Staatsarchivar Dr E Kittel noch ein weiteres Bild von Armgard von Rietberg bekannt Das Bild befindet sich im Schloss zu Detmold und ist ca 20 Jahre spater dargestellt Wie bei allen Regenten des Hauses Lippe wurde der Hintergrund spater vergoldet Vergleicht man die Gesichter so ist allerdings der Wandel von dem Jugendbildnis zu dem der fruh gealterten Frau erschutternd Der Ernst und die Sorge die Hermann tom Ring seinem Model mitgeteilt hat sind ins Verbitterte und Gramvolle gewendet schmerzliche Todesahnung glaubt man aus diesen Zugen lesen zu durfen Sehr schmal ist das Gesicht geworden eng gefasst von den Rahmen der spanischen Halskrause der Mund klein und etwas verkniffen die Nase scharf und mit den gleichen breiten Flugeln trube der Blick der Augen Aber der Schmuck gleicht noch dem den schon die Dreizehnjahrige tragt wenn auch nicht bis in alle Einzelheiten Die dreifache Goldkette scheint dieselbe zu sein Das Gewand hat die Entwicklung der Mode mitgemacht das die Schwester auf ihrem Totenbett in Esens tragt Paul Pieper 10 Literatur BearbeitenPaul Pieper Beitrage zur Kunstgeschichte Westfalens Band 2 Munster 2000 ISBN 3 402 05422 1 Theodor Riewerts und Paul Pieper Die Maler tom Ring Ludger der Altere Hermann Ludger der Jungere Deutscher Kunstverlag Munchen 1960 Einzelnachweise Bearbeiten a b Pieper 2000 S 331 Pieper 2000 S 328 http www gwk online de PDF 20 kB http www gwk online de PDF 30 kB Der Spiegel 9 1956 Kunsthandel Munster kauft ein Gesellschaft zur Forderung der Westfalischen Kulturarbeit Geschichte Pieper 2000 S 322 artnet Pieper 2000 S 324 Pieper 2000 S 336 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Familienbild von Rietberg Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien NRW Stiftung Kulturgut RuhrnachrichtenNormdaten Werk GND 7780043 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Familienbild des Grafen Johann II von Rietberg amp oldid 229037827