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Das Ertragswertverfahren dient der Ermittlung des Ertragswertes von Renditeobjekten durch Kapitalisierung der Reinertrage die mit diesen Objekten dauerhaft erwirtschaftet werden Ertragswert Barwert der zukunftigen Uberschusse aus Ertrag und Aufwand bzw Einzahlungen und Auszahlungen Es wird insbesondere bei der Bewertung eines Unternehmens oder eines vermieteten bzw verpachteten Grundstuckes angewendet Inhaltsverzeichnis 1 Ertragswertverfahren im Immobilienbereich 1 1 Deutsches Ertragswertverfahren 1 2 Internationale Ertragswertverfahren 2 Unternehmensbewertungen 2 1 IDW S1 Grundsatze zur Durchfuhrung von Unternehmensbewertungen Deutschland 2 2 KFS BW 1 Fachgutachten zur Unternehmensbewertung Osterreich 2 3 Schweizer Ertragswertverfahren fur Unternehmen 2 3 1 Bewertungsbasis 2 3 2 Berechnung 2 3 3 Die Risikokomponenten 2 3 3 1 Problematik 3 Literatur 4 Siehe auchErtragswertverfahren im Immobilienbereich BearbeitenDas Ertragswertverfahren kommt insbesondere bei Grundstucken in Betracht bei denen der dauerhaft erzielbare Ertrag fur die Werteinschatzung am Markt im Vordergrund steht zum Beispiel Mietwohngrundstucke Mehrfamilienhauser Geschaftsgrundstucke Buro und Geschaftshauser Einkaufszentren Spezialimmobilien Parkhauser Tankstellen Hotels Logistikflachen Gemischt genutzte Grundstucke Ublicherweise wird das Ertragswertverfahren nicht fur selbst genutzte Wohngrundstucke bzw immobilien wie z B Ein und Zweifamilienhauser sowie Eigentumswohnungen angewendet deren Wert im Regelfall im Vergleichswertverfahren ggf erganzend im Sachwertverfahren ermittelt wird Ebenfalls wendet man das Ertragswertverfahren ublicherweise nicht fur vermietete oder besonders ausgestattete Spezialimmobilien an wie z B spezielle Produktionsanlagen Infrastruktureinrichtungen wie z B Bahnhofe kulturelle Immobilien und militarisch genutzte Grundstucke Deutsches Ertragswertverfahren Bearbeiten In Deutschland vorherrschend ist das in der Immobilienwertermittlungsverordnung ImmoWertV bis 30 Juni 2010 Wertermittlungsverordnung 15 bis 20 und den Wertermittlungsrichtlinien beschriebene Ertragswertverfahren Eine Besonderheit ist die Aufspaltung der Bewertung von Grund und Boden einerseits sowie in die Bewertung des Gebaudes andererseits Die Ertragsansatze sind im Basisfall einerseits dauerhaft und andererseits endlich angenommene Restnutzungsdauer Zunachst wird der Wert des Grund und Boden ermittelt was im Vergleichswertverfahren erfolgen soll wobei wertbeeinflussende Umstande wie z B dingliche Rechte angemessen zu berucksichtigen sind Anschliessend wird uber die Grosse Qualitat Ausstattung Marktgangigkeit etc der Mietflachen eine dauerhaft zu erzielende Miete ermittelt Soweit die aktuelle Miete daruber oder darunter liegt kann dies durch zu kapitalisierende Zu oder Abschlage berucksichtigt werden Die jahrlich erzielbare Summe aller Ertrage ergibt den Jahresrohertrag Gross Operating Income Hiervon abzuziehen ist der nicht auf den Mieter umlegbare Anteil der Bewirtschaftungskosten Betriebskosten Verwaltungskosten Instandhaltungskosten und Mietausfallwagnis uneinbringliche Mietruckstande im Sinne von Forderungsverlusten dauerhafter Leerstand ist an anderer Stelle wie z B dem Rohertrag oder als Risikozuschlag beim Liegenschaftszinssatz LZ abzubilden Es ergibt sich der Reinertrag vor Abzug der Bodenwertverzinsung also der faktisch dem Eigentumer aus dem Objekt zur Verfugung stehende Kapitalfluss Net Operating Income Der Bodenwert wird mit dem LZ welcher von den Gutachterausschussen empirisch ermittelt wird multipliziert Die Hohe des LZ ist abhangig von der Lage Region Stadt Strasse und Nutzung des Grundstuckes Dabei ist der vorgeschlagene Wert vor der Anwendung ggfs objektindividuell anzupassen d h von einer unkritischen Ubernahme ist abzuraten Das Ergebnis ist die Bodenwertverzinsung welche vom Reinertrag vor Bodenwertverzinsung abzuziehen ist Es ergibt sich der Reinertrag Diese Vorgehensweise spiegelt die in der deutschen Bewertungspraxis vorgenommene fiktive Trennung von Grund und Boden einerseits und baulichen Anlagen andererseits als eigenstandige Wirtschaftsguter wider was im Ubrigen mit der Bilanzierungspraxis korrespondiert Da die Nutzbarkeit von Gebauden endlich ist gilt es zu ermitteln wie lange das Gebaude wirtschaftlich nutzbar ist Hier bieten die NHK 2010 und die Fachliteratur die entsprechenden Hinweise Gesamtnutzungsdauer minus Alter ergibt die Restnutzungsdauer die ggf aufgrund von vorgenommenen Sanierungen verlangert werden kann Finanzmathematisch wird der Reinertrag als konstante Zahlung uber einen begrenzten Zeitraum angesehen und kann daher kapitalisiert werden Der so genannte Diskontierungssummenfaktor oder auch Vervielfaltiger wird aus der Restnutzungsdauer und dem Liegenschaftszinssatz abgeleitet wobei der LZ das Risiko darstellt dem die zukunftigen Zahlungsflusse unterliegen Die Ableitung dieses Faktors erfolgt finanzmathematisch oder anhand der in der ImmoWertV enthaltenen Tabelle Die Multiplikation des Reinertrags mit dem Vervielfaltiger ergibt den Ertragswert der baulichen Anlagen welcher ggf um wertbeeinflussende Umstande wie z B Instandhaltungsstau zu korrigieren ist Der Wert der baulichen Anlagen zuzuglich Wert des Grund und Bodens ergibt den Ertragswert des bebauten Grundstucks Gemass der ImmoWertV ist auch ein vereinfachtes Ertragswertverfahren zulassig welches den Bodenwert und die Bodenwertverzinsung zunachst ausser Acht lasst also letztlich nur die baulichen Anlagen betrachtet ahnlich dem Income Approach in vielen englischsprachigen Landern Der uber die Restnutzungsdauer RND des Gebaudes abgezinste Bodenwert wird anschliessend zum Wert der baulichen Anlagen addiert und somit Bestandteil des Ertragswertes 17 Abs 2 Nr 2 ImmoWertV a F Fur eine erste Annaherung an den Wert eines Grundstucks ist es ausserhalb normierter Verfahren auch ublich den Rohertrag mit einem Multiplikator zu vervielfaltigen Das Ergebnis ist allerdings tendenziell ungenau wenn nicht durch langjahrige Erfahrung des Schatzenden geubt und wird deshalb auch abfallig als Maklerverfahren bezeichnet Zudem ist das Ergebnis weniger transparent als ein im Ertragswertverfahren ermittelter Wert bei dem die Werttreiber nachvollziehbar abgeleitet werden Internationale Ertragswertverfahren Bearbeiten Die internationalen Verfahren gewinnen im Zuge internationaler Transaktionen auch in Deutschland an Bedeutung Der grundsatzliche Unterschied besteht darin dass der Wert des bebauten Grundstucks primar aus den aktuellen Mietvertragen sowie den Wiedervermietungsszenarien abgeleitet wird Auf eine Aufspaltung in Ertrage aus dem Boden bzw aus dem Gebaude wird verzichtet Das Gebaudealter spielt eine geringere Rolle es wird hauptsachlich uber erhohte Kostenansatze bzw Risikoaufschlage auf den Kapitalisierungszins berucksichtigt Gegenuber den deutschen Verfahren bietet dies sowohl Vor als auch Nachteile Das am Weitesten verbreitete Verfahren ist dabei die Investment Method oder auch Income Approach Dabei werden die dauerhaft erzielbaren Reinertrage aus den Gebauden abgeleitet ahnlich wie im deutschen Verfahren allerdings werden im angelsachsischen Raum je nach Gestaltung eines Mietvertrags wesentlich mehr Bewirtschaftungskosten umgelegt und als ewige Rente kapitalisiert d h die Restnutzungsdauer wird als unendlich angesehen Dies ist bei Gebauden mit hoher Restnutzungsdauer unproblematisch da der Barwert der Ertrage spatestens ab dem 30 Jahr gegen Null tendiert Die Abzinsung erfolgt mit dem yield d h einem Zinsfuss welcher neben dem Risiko der zukunftigen Einnahmen auch lage und gebaudebedingte Einflusse sowie die Inflation abbildet International auf dem Vormarsch ist das Discounted Cash Flow Verfahren Hier werden die Zahlungsflusse im Nahzeitraum Jahr einzeln pro Periode ermittelt und erst mittel bis langfristig in ihrer Entwicklung als konstant ansteigend unterstellt Vorteil dieses Vorgehens ist die detaillierte Betrachtung der jeweiligen Periode z B zur Abbildung bevorstehender Investitionen etc Anschliessend werden die Zahlungsstrome der Perioden auf den Bewertungsstichtag abgezinst wobei der Diskontierungszins markt und objektabhangig stark schwanken kann Je nach Land bzw Region gibt es bestimmte Standards Die internationalen Verfahren werden durch Verbande wie z B die RICS oder TEGoVA kodifiziert Red Book Guide Bleu etc Unternehmensbewertungen BearbeitenIDW S1 Grundsatze zur Durchfuhrung von Unternehmensbewertungen Deutschland Bearbeiten Gemass Unternehmensbewertungsstandard IDW S1 ermittelt sich der Unternehmenswert beim Ertragswertverfahren durch Diskontierung der den Unternehmenseignern zufliessenden finanziellen Uberschusse Der Kapitalisierungszinssatz besteht aus einem Basiszinssatz einer Alternativanlage quasi risikofreie Kapitalmarktanlage und es wird ein Risikozuschlag vorgenommen und personliche Ertragsteuern werden berucksichtigt Die personlichen Ertragsteuern werden mit einem typisierten Zinssatz von 25 Abgeltungsteuer angenommen KFS BW 1 Fachgutachten zur Unternehmensbewertung Osterreich Bearbeiten Das Fachgutachten KFS BW 1 wurde von der Kammer fur Wirtschaftstreuhander herausgegeben Der Unternehmenswert ermittelt sich im Ertragswertverfahren durch Kapitalisierung der Nettozuflusse an die Unternehmenseigner Der Kapitalisierungszinssatz ist davon abhangig ob ein objektivierter oder ein subjektiver Unternehmenswert errechnet werden soll Bei der Berechnung eines subjektiven Unternehmenswerts wird auf die speziellen individuell bestimmten Verhaltnisse beim Bewertungssubjekt Investor verwiesen Bei der Berechnung eines objektivierten Unternehmenswerts ist die Rendite einer Alternativanlage heranzuziehen Dabei ist auf die Laufzeit Risiko und Verfugbarkeitsaquivalenz zwischen Alternativanlage und Bewertungsobjekt zu achten Ausgangsgrosse fur die Bestimmung der Verzinsung der Alternativanlage ist ein Aktienportefeuille Basiszinssatz Damit unterscheidet sich das KFS BW 1 grundsatzlich von seinem deutschen Pendant IDW S1 Der Basiszinssatz ist um einen marktorientierten Risikozuschlag zu erhohen und um einen Wachstumsabschlag zu vermindern Ertragssteuern mussen ebenfalls berucksichtigt werden Schweizer Ertragswertverfahren fur Unternehmen Bearbeiten Bewertungsbasis Bearbeiten Der Ertragswert geht vom Gedanken aus dass ein Unternehmen eine Investition ist und sich dessen Wert aus dem erzielbaren Ertrag und der Renditeerwartung ableiten lasst Alternativ konnte sich ein potentieller Nachfolger uberlegen das Geld in gut rentierende Wertpapiere anzulegen Wie diese muss auch der investierte Unternehmenspreis genugend Ertragnisse in Form der zukunftig erwirtschafteten Gewinne abwerfen Entscheidend ist deshalb die zukunftige Ertragskraft welche auf Basis eines Budgets uber einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren geschatzt wird Aus dieser kann der Nachfolger aus den Ertragen nicht nur die im Unternehmen erforderlichen Investitionen sondern auch die Zins und Amortisationszahlungen Kapitaldienst aus der Ubernahme der Unternehmung finanzieren Die Betriebssubstanz ist dabei lediglich Mittel zur Zweckerreichung namlich zur Erzielung des Betriebsertrages und bleibt unberucksichtigt Hingegen wird die nicht betriebsnotwendige Substanz separat bewertet und zum Ertragswert addiert Berechnung Bearbeiten Bei der reinen Ertragswertmethode errechnet sich der Unternehmenswert U displaystyle U nbsp nach folgender Formel U B e t r i e b s e r t r a g 100 l displaystyle U mathrm Betriebsertrag cdot frac 100 lambda nbsp wobei Betriebsertrag den durchschnittlichen bereinigten Betriebsertrag und l displaystyle lambda nbsp den Kapitalisierungszinsfuss bezeichnet Herleitung der Ertragswert entspricht der Summe die als Bankguthaben bei gleicher Verzinsung den gleichen Ertrag bringen wurde Die Schatzung der zukunftigen Ertrage beruht somit auf dem durchschnittlichen bereinigten Betriebsertrag i d R der vergangenen drei Jahre Bei dessen Ermittlung werden die Jahresergebnisse hinsichtlich betriebsfremder periodenfremder und ausserordentlicher Aufwendungen und Ertrage sowie mit einem objektivierten Unternehmerlohn bereinigt Die Risikokomponenten Bearbeiten Der Kapitalisierungszinsfuss l kann mit einzelnen Risikokomponenten wie folgt berechnet werden wobei die entsprechenden Zahlen in konkreten Situation variieren konnen und hier nur grobe Beispielwerte darstellen Risikoloser Zinssatz fur Bundesobligationen 3 Immobilitatszuschlag 2 5 Abzug fur Inflationsschutz 0 5 Risikozuschlag 5 ergibt in diesem Fall als Summe den Kapitalisierungszinssatz l 10 Bei der Ertragswertmethode liegt die Schwierigkeit in der Regel bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes da dieser sich massgeblich auf die Hohe des Unternehmenswertes auswirkt Jener hangt im konkreten Fall von der Hohe der jeweiligen Risikobeurteilung sowie der Annahme uber die kunftige Zins und Inflationsentwicklung ab Die Bestimmung des Risikozuschlages wird beeinflusst von Faktoren wie der Genauigkeit der Ermittlung der zukunftigen Uberschusse Gewinnschwankungen der Finanzierungsstruktur des Unternehmens der Rechtsform der Branche den Konkurrenzverhaltnissen der internen vom Ubergeber unabhangigen Organisationsstruktur der Unternehmenskultur und der Wiederverkauflichkeit Problematik Bearbeiten 1 Der risikolose Basiszinssatz liegt im globalen Einfluss des Geld und Kapitalmarktes und ist ein wichtiger Indikator fur den Geldmarkt Seit Sommer 2012 hat der Risikolose Zinssatz fur Bundesobligationen eine ubliche empirische Bandbreite verlassen Allen voran ist die Schweizerische Bundesobligation weit in die negative Verzinsung gefallen 2 Auch das Immobilitatsverstandnis hat sich auf Grund des allgemeinen Anlagenotstandes verandert und ist fast vernachlassigbar 3 In der Schweiz wurde in den Jahren 2013 bis 2016 eine negative Inflation gemessen Je nach Land Binnenwirtschaft und globalen Einfluss konnen die Risikokomponenten Modelle zwischen Wert einer Unternehmung Immobilie und deren Risikomessung nicht konsistent erfolgen Es entstehen ein Bewertungspuffer output ausgelost durch die Ungewissheiten in den Prufkriterien input Bewertungspuffer sind je nach Rechnungslegungsvorschriften nicht erlaubt Literatur BearbeitenSchmidt Karin Ein Vergleich zwischen osterreichischen und angelsachsischen Bewertungsmethoden mit Schwerpunkt auf dem Ertragswertverfahren unter besonderer Berucksichtigung von Renditeaspekten Wien 2004 Masterthese Immobilienlehrgange der TU Wien Metzner Steffen Erndt Antje DCF Bewertung und Kennzahlensysteme im Immobiliencontrolling 2 Auflage Sternenfels 2006 ISBN 978 3 89673 251 4 Sprengnetter Hrsg Immobilienbewertung Lehrbuch und Kommentar Bande 5 13 Sprengnetter GmbH Loseblattsammlung ISBN 3 937513 02 7 Goetz Sommer Ralf Kroll Lehrbuch zur Immobilienbewertung Unter Berucksichtigung der ImmoWertV und der Sachwert Richtlinie Luchterhand Hermann 4 Auflage Mai 2013 ISBN 978 3 804130920 Siehe auch BearbeitenDiscounted Cash Flow Verfahren Sachwertverfahren Vergleichswertverfahren Wurzeltheorie AWH Standard Vereinfachtes Ertragswertverfahren Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ertragswertverfahren amp oldid 228442719