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Erfahrungsbasiertes Lernen beschreibt ein didaktisches Modell das auf der Annahme basiert dass erst die unmittelbare praktische Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand einem Individuum effektives sinnstiftendes Lernen ermogliche Lernen setzt in diesem Modell eine konkrete Erfahrung mit Echtcharakter ausserhalb artifizieller Lernumgebungen voraus Erfahrungsbasierte Lehr Lernarrangements sind eine Form situierten Lernens bei welcher der Lernende als Akteur im Mittelpunkt steht Inhaltsverzeichnis 1 Lerntheoretische Grundlagen 1 1 Padagogik des Pragmatismus 1 2 Konstruktivistisches Lehr Lernverstandnis 2 Rolle des Lernenden 3 Modelle und Konzepte 3 1 Action Learning 3 2 Erfahrungsbasierter Lernzyklus 3 2 1 Lernhelix 3 3 Problembasiertes Lernen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLerntheoretische Grundlagen BearbeitenPadagogik des Pragmatismus Bearbeiten Das Konzept des Erfahrungsbasierten Lernens geht zuruck auf die Padagogik des Pragmatismus mit ihrem wichtigsten Vertreter John Dewey Fur ihn setzt Lernen stets eine aktive reflexive Auseinandersetzung mit konkreten Erlebnissen voraus Problematische Situationen deren Bewaltigung eine Herausforderung darstellt sind der Ursprung von Lernprozessen Erst die Reflexion also das intensive Nachdenken uber solche im Alltag auftretenden Problemsituationen fuhrt Dewey zufolge zu lehrreichen Erfahrungen und somit zur Erweiterung des Wissens einer Person Umgekehrt kann Lernen in formalen Bildungssituationen z B in der Schule nur dann effektiv sein wenn das dort vermittelte abstrakte Wissen an konkrete individuelle Erfahrungen geknupft wird What avail is it to win prescribed amounts of information about geography and history to win ability to read and write if in the process the individual loses his own soul loses his appreciation of things worth while of the values to which these things are relative if he loses desire to apply what he has learned and above all loses the ability to extract meaning from his future experiences as they occur John Dewey Experience and Education 1 Konstruktivistisches Lehr Lernverstandnis Bearbeiten Die Fokussierung unmittelbarer Erfahrungen als Grundlage von Lernprozessen weist Erfahrungsbasierte Lernmodelle als konstruktivistische Ansatze aus Im Gegensatz zum Behaviorismus und zum Kognitivismus geht der Konstruktivismus als Lernparadigma davon aus dass Wissen nicht objektiv vermittelt werden kann sondern von jedem Einzelnen individuell konstruiert wird Diese Position zeigt sich deutlich im Aquilibrationsmodell des Entwicklungspsychologen Jean Piaget der als Vorlaufer des radikalen Konstruktivismus gilt Piaget beschreibt das Wachstum kognitiver Wissens Strukturen als Wechselspiel der beiden Prozesse Assimilation und Akkommodation Dem Aquilibrationsmodell zufolge interpretieren Individuen Umweltinformationen vor dem Hintergrund ihres bereits bestehenden Wissens und passen sie in dieses ein sie assimilieren Neues in ihre vorhandenen Wissensstrukturen Wenn eine Information dem bisherigen Wissen derart widerspricht im Sinne einer Storung dass eine Einpassung nicht moglich ist ist es notwendig die Wissensstrukturen zu verandern und zwar so dass die Information fur das Individuum wieder sinnvoll erscheint die Wissensstrukturen werden akkommodiert Dieses Modell verdeutlicht warum eine aktive Auseinandersetzung des Individuums mit seiner Umwelt aus Sicht des Konstruktivismus einen hohen Stellenwert fur das Lernen einnimmt Individuelle Erfahrungen sind die Quelle eines jeden Lernprozesses Daruber hinaus kommt der sozialen Interaktion im konstruktivistischen Lernverstandnis eine entscheidende Rolle zu Gemeinsames Handeln und Kommunikation ermoglichen zum einen eine Abstimmung individueller Sichtweisen intersubjektive Verstandigung und bieten zum anderen Lernchancen durch das Zusammentreffen unterschiedlicher Perspektiven Die Betonung des Handelns und der sozialen Interaktion schlagt sich in verschiedenen Modellen des Erfahrungsbasierten Lernens nieder Siehe auch Konstruktivistische DidaktikRolle des Lernenden BearbeitenDidaktische Modelle des Erfahrungsbasierten Lernens weisen dem Lernenden eine aktiv handelnde Rolle zu Anders als etwa beim Frontalunterricht werden die Lerninhalte hier nicht instruktiv vermittelt sondern vom Lernenden aktiv re konstruiert Lernen geschieht hier uber die Auseinandersetzung mit und Losung von realen Problemstellungen Entsprechend wandelt sich auch die Rolle des Lehrenden Er instruiert nicht sondern formuliert und verdeutlicht Problemstellungen greift im Bedarfsfall unterstutzend ein und berat den Lernenden Er wird zum Lernbegleiter Coach anstatt Wissen zu vermitteln kommt ihm die Aufgabe zu Lernkontexte so zu gestalten dass den Lernenden darin lehrreiche Erfahrungen ermoglicht werden Modelle und Konzepte BearbeitenAction Learning Bearbeiten Reginald W Revans Action Learning basiert auf der Erkenntnis dass Lernprozesse dadurch angestossen werden dass in einem Team von Lernenden praktische Probleme gemeinsam reflektiert werden 2 Zugrunde liegen dabei Beobachtungen von Unterhaltungen walisischer Bergarbeiter die ihre unterschiedlichen Erfahrungen zusammentrugen und so in der Lage waren Probleme zu losen Action Learning stellt das praktische Handeln als Quelle neuen Wissens in den Mittelpunkt und ist gepragt von einer kritischen Haltung gegenuber formalem Expertenwissen Dementsprechend besteht Lernen nach Revans immer aus der Kombination von Expertenwissen programmed knowledge und kritischem Hinterfragen dieses programmierten vorgegebenen Wissens Erfahrungsbasierter Lernzyklus Bearbeiten Bezugnehmend auf Dewey und Kurt Lewin entwickelte David Kolb 1984 einen Erfahrungsbasierten Lernzyklus Experiential Learning Cycle bei dem vier Schritte Konkrete Erfahrung 1 Beobachtung und Reflexion 2 Abstrakte Begriffsbildung 3 und Aktives Experimentieren 4 verbunden werden 3 Konkrete Erfahrung Diese bildet ahnlich wie Deweys Problematische Situation den Ausgangspunkt eines Lernprozesses Diese Erfahrung besitzt Echtcharakter d h sie hat fur den Lernenden eine beobachtbare Konsequenz zur Folge Beobachtung und Reflexion Auf Basis dieser Erfahrung beobachtet der Lernende und reflektiert anschliessend daruber Das Erlebte wird noch einmal vor Augen gefuhrt und beispielsweise mogliche Ursache fur die gemachte Erfahrung mental durchgespielt Bildung Abstrakter Begriffe Der Reflexionsprozess mundet in die abstrakte Begriffsbildung d h die konkrete Erfahrung nimmt Einfluss auf die Wissensstruktur des Lernenden In diesem Schritt kommt es zu einer Generalisierung bei der von der konkreten Erfahrung abstrahiert und ihr zugrunde liegende Prinzipien erkannt werden Erst durch diesen Schritt werden die aus der Erfahrung gewonnenen Einsichten zu Wissen das auf andere Situationen transferierbar ist Aktives Experimentieren Im vierten und letzten Schritt wird der Lernende wieder zum Handelnden Beim Aktiven Experimentieren mit dem neu erworbenen Wissen versucht er sich in realen Situationen Infolge dieses letzten Schritts im Lernzyklus werden fur den Lernenden wieder konkrete Erfahrungen moglich ein zweiter Durchlauf beginnt Da der Lernzyklus immer wieder durchlaufen wird fuhrt der dabei ablaufende Lernprozess einer Spiralbewegung gleich auf eine immer hohere Ebene Kolb betont dass der Lernzyklus prinzipiell an jedem der vier Punkte beginnen kann also auch bei der Vermittlung abstrakter Begriffe z B Theorien die durch aktives Experimentieren in der Praxis erprobt und so fur den Lernenden konkret erlebbar werden Erganzt wird der das Lernzyklusmodell mit einer Kategorisierung verschiedener Lernstile Kolb geht davon aus dass jedes Individuum bestimmte Schritte im Lernzyklus besonders gut andere weniger gut beherrscht und ordnet den vier Schritten vier Lernstile zu Divergierer bevorzugt Konkrete Erfahrung sowie Beobachten und Reflexion Assimilierer bevorzugt Beobachten und Reflexion sowie Abstrakte Begriffsbildung Konvergierer bevorzugt Abstrakte Begriffsbildung und Aktives Experimentieren Accommodator bevorzugt Aktives Experimentieren und Konkrete Erfahrung Lernhelix Bearbeiten Eine Weiterentwicklung des erfahrungsbasierten Lernzyklus bildet die Lernhelix 4 Um den Anwendern die Nutzung der Lernhelix in der Praxis zu erleichtern wird die Lernhelix nicht in vier sondern in acht Handlungsfelder unterteilt Dies soll die notwendige Orientierung beim Durchlaufen von Veranderungsprozessen schaffen Im Gegensatz zum erfahrungsbasierten Lernzyklus legt die Lernhelix mit Hilfe unterschiedlicher Instrumente Self Assessment Wirkungs Evaluation Delta Learning einen starkeren Fokus auf die bewusste Wahrnehmung von Differenzen im eigenen Handeln Problembasiertes Lernen Bearbeiten Problembasiertes oder problemorientiertes Lernen stellt ebenso wie das Action Learning eine Variante des Erfahrungsbasierten Lernens dar bei der die praktische Erfahrung den Ausgangspunkt eines Lernprozesses bildet Dem Lernenden wird ein Problem gestellt das er dann weitgehend selbststandig losen muss Der Lehrende nimmt dabei nicht die Rolle eines Instruktors ein sondern steht als Coach lediglich beratend zur Seite Siehe auch BearbeitenLernen aus FehlernLiteratur BearbeitenJohn Dewey Democracy and Education An Introduction to the Philosophy of Education Originalausgabe 1916 Reprint Digireads Stilwell 2005 John Dewey Experience and Education Originalausgabe 1938 Touchstone New York 1997 Jean Piaget Die Aquilibration der kognitiven Strukturen Klett Stuttgart 1976 D Boud G I Feletti The Challenge of Problem Based Learning Kogan Page London 1997 J R Pimentel Design of Net Learning Systems based on Experiential Learning In Journal of Asynchronous Learning Networks Volume 3 Issue 2 November 1999 online Memento vom 18 Februar 2009 im Internet Archive Weblinks BearbeitenDavid A Kolb on experiential learning Uberblicksartikel zum erfahrungsbasierten Lernen englisch Review von Kolbs Theorie des Erfahrungsbasierten Lernens Ressourcensammlung zum Erfahrungsbasierten Lernen Ressourcen der Universitat Koln zum Problembasierten Lernen Zum Begriff der Erfahrung Experience Zum Begriff der Reflexion Reflection Einzelnachweise Bearbeiten John Dewey The Later Works of John Dewey 1925 1953 In Jo Ann Boydston Hrsg The Later Works of John Dewey Band 13 SIU Press 1988 ISBN 0 8093 1425 8 S 29 englisch eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche R Revans ABC of action learning Empowering managers to act and to learn from action Lemos amp Crane London 1998 D A Kolb Experiential Learning Prentice Hall Englewood Cliffs NJ 1984 M Kaufmann R Mangold Das Projekt 2008 1 2 Vorlage Toter Link www proeval com Lernhelix Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Oktober 2018 Suche in Webarchiven Ein Lern und Handlungsmodell fur die nachhaltige und tiefgreifende Entwicklung von Menschen amp Organisationen proEval Dornbirn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erfahrungsbasiertes Lernen amp oldid 232915018