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Else Frobenius geborene Gaehtgens 14 Mai 1875 in Lasdohn Lazdona bei Madona Russisches Kaiserreich 3 August 1952 in Schleswig war eine deutschbaltische Journalistin und politische Lobbyistin Else Gaehtgens Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Vom Baltikum nach Berlin 3 Politische Arbeit in der Weimarer Republik 1919 1933 4 Journalistische Arbeit wahrend der NS Zeit 5 Werke 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenElse Frobenius wurde 1875 in Lasdohn einer livlandischen Kleinstadt geboren und wuchs ab 1882 in Riga der damals drittgrossten Stadt Russlands auf Sie entstammte der deutschbaltischen Pastorenfamilie Gaehtgens ihr Vater war Theophil Gaehtgens Sie war das alteste von acht Kindern darunter drei Schwestern Else Frobenius wurde evangelisch religios erzogen und bildungsburgerlich gepragt Demnach waren Verbote an der Tagesordnung was durch den Leitspruch des Vaters Meine Tochter sollen brave Hauspflanzen werden bekraftigt wurde 1 Ihre Ausbildung bestand aus einer Kombination zwischen Hoherer Tochterschule und hauslichem Privatunterricht Im Jahr 1892 legte sie das russischsprachige Gouvernantenexamen ab ubte ihren Beruf aber nie aus Frobenius agierte im Rahmen von kolonialer Propaganda vielfaltiger politischer Lobbyarbeit sowie frauenspezifischer Themenfelder und gehorte zu den Pionierinnen im journalistischen Beruf Zusatzlich engagierte sie sich zunehmend fur die Professionalisierung des journalistischen Berufsstandes Sie gehort zu den vielen deutschen Frauen im spaten Kaiserreich die uber karitative und nationale Vereine ab 1919 zu aktiven Staatsburgerinnen wurden und dabei eine entschieden nationale und rechte Politik vertraten Sie verfasste Zeitungsartikel Aufsatze sowie mehrere Bucher Haufig befasste sich ihre Publizistik mit politischen Themen wobei sie als Propagandistin kolonial revisionistisch er deutschbaltischer national liberal er Inhalte auftrat Bei einem Brand am 22 November 1943 im Berliner Hansa Viertel verbrannten zahlreiche Werke ihres sorgfaltig gepflegten Privatarchivs wodurch sie Tausende von Buchern und Abertausende von Schriftstucken aus ihrer uber dreissigjahrigen Karriere verlor Zu jenen Schriftstucken welche sie retten konnte zahlten Fragmente ihrer Lebensgeschichte die sie um die Jahreswende 1942 1943 begonnen hatte zu schreiben 2 Das Manuskript wurde im Oktober 1944 abgeschlossen aber erst 2005 veroffentlicht Die bisher im Familienarchiv aufbewahrten Aufzeichnungen hat Lora Wildenthal herausgegeben auch daher ist ihr umfangreiches Werk bislang noch wenig erschlossen In Erganzung dazu gibt es auch noch ein weiteres bisher unveroffentlichtes Manuskript das den Titel Der goldene Schlussel Erinnerungen einer alten Frau tragt 3 Vom Baltikum nach Berlin BearbeitenIm Alter von 23 Jahren ging sie 1898 in Riga die Ehe mit dem Juristen Carl von Boetticher ein und fuhrte als Angehorige der stadtischen Oberschicht ein radikal anderes Leben das durch den finanziellen Bankrott des Ehemannes abrupt beendet wurde Danach zog sie 1908 eigenstandig und abseits der grossen baltendeutschen Migrationswellen zum Studium nach Berlin 1915 heiratete sie in Berlin den Kunstmaler Hermann Frobenius Beide Ehen endeten durch Scheidung 1910 sowie 1921 und blieben kinderlos 4 Den Familiennamen Frobenius trug sie jedoch weiter da er durch ihre zahlreichen journalistischen Artikel bereits eingefuhrt war Umso mehr musste sich Else Frobenius die wirtschaftliche Basis selbst erarbeiten und entsprach in mehrfacher Hinsicht nicht mehr den weiblichen Musterbiografien ihrer Zeit Sie blieb von 1908 bis 1945 in Berlin wo sie zunachst sechs Semester Germanistik als Gasthorerin an der Universitat studierte Ein Zitat aus ihrem Manuskript Der goldene Schlussel gibt einen Einblick wie sie diese Zeit gesehen hat In den ersten Marztagen 1908 kam ich nach Berlin Mit einem Kopfsprung sturzte ich mich in das mir vollig neue Leben der Studentin Mit der Inbrunst einer Frau die sich sagte Ein Mensch der keine Kinder hat muss doch etwas schaffen das uber ihn hinauswachst sonst ist ja sein ganzes Leben ohne Sinn und Wert ergriff ich jede Arbeit die sich mir bot 5 Mit dem Studienschwerpunkt deutsche Literatur wandte sich Frobenius einem von Frauen uberproportional frequentierten Studienfeld zu Mit knapp 33 Jahren lag sie oberhalb des Durchschnittsalters der ersten Studentinnengeneration Dem Literaturhistoriker Erich Schmidt 1853 1913 der zugleich ihr Mentor war schreibt sie eine zentrale Rolle zu Ihre Autobiographie preist ehrfurchtige Bewunderung fur den Menschen und Wissenschaftler Schmidt Spater strebte sie durch journalistischen Zuverdienst konsequent nach Unabhangigkeit 6 In Berlin erreichte Frobenius 1912 ihre Aufnahme in den Deutschen Lyceum Club ein wirkmachtiges Frauenwerk in dem sie wahrend ihrer fast 30 Jahre dauernden Mitgliedschaft verschiedene Amter ubernahm Von 1914 bis 1922 war sie als Generalsekretarin des Frauenbundes der Deutschen Kolonial Gesellschaft tatig 1916 wurde sie Mitgrunderin des Baltischen Frauenbundes und behielt den ehrenamtlichen Vorsitz bis zur Selbstauflosung der Vereinigung 1936 5 Ab ihrem 50 Lebensjahr knupfte und intensivierte sie Beziehungen zur Jugendbewegung Ihr Schrifttum befasste sich haufig mit politischen Themen und sie trat in Wort und Tat als Lobbyistin kolonialer und national volkischer Interessen auf Politische Arbeit in der Weimarer Republik 1919 1933 BearbeitenEnde des Ersten Weltkrieges trat Else Frobenius 1919 in die rechtsburgerliche Deutsche Volkspartei ein und blieb bis 1930 Mitglied Auf lokaler Ebene ubte sie Verantwortung aus zog sich aber seit Mitte der 1920er Jahre zunehmend enttauscht aus der demokratischen Parteiarbeit zuruck 4 Eine entscheidende Rolle fur Else Frobenius hatte das zu Beginn der Weimarer Republik stark aufkommende Thema des Frauenstimmrechtes zu dem sie sich auch in ihrer Autobiographie mit folgendem Zitat ausserte Das allgemeine Wahlrecht 1918 rief ja jeden an die Front Auch Frauen spielten in diesen Gemeinschaften politischen Parteien eine Rolle Nicht nur der Rang ihres Mannes oder Schonheit und Reichtum waren dabei massgebend wie in der Vorkriegszeit sondern ihre personliche Leistung Ich war wohl die erste deutsche Journalistin die den Versuch unternahm auch in Frauen und Unterhaltungsblattern fur das Grenz und Auslandsdeutschtum zu werben 5 Ende November 1918 beteiligte sie sich am Stimmrechtsdiskurs mit einem allegorischen und mehrfach nachgedruckten Gedicht in dem sie an ihre Geschlechtsgenossinnen appellierte Wahlrecht ist Wahlpflicht Verschmaht nicht Fortunas Gabe 7 Sie verwies eindringlich auf die neuen staatsburgerlichen Optionen und formulierte gleichzeitig ihre Anerkennung fur Frauen die Vorkampferinnen des neuen Privilegs gewesen waren In der ersten Jahreshalfte 1919 hatte die Publizistin fur die Welt der Frau Beilage der Zeitschrift die Gartenlaube vier langere Artikel verfasst in denen sie Politikerinnen aus unterschiedlichen parlamentarischen Fraktionen wertschatzend portratierte Mit politischer Partizipation im engeren Sinn befasste sie sich besonders Anfang der 1920er Jahre indem sie beispielsweise innerhalb einer Zeitschrift mit nationaler Ausrichtung uber Parlamentarische Frauenberufe schrieb und dabei ein Pladoyer fur die Mitgestaltung der Frauen innerhalb aller parlamentarischen Einrichtungen und Hierarchien abgab Frobenius hatte hohe Ziele und brachte dies immer wieder deutlich zum Ausdruck Zu einer weiblichen Ministerin haben wir es noch nicht gebracht wohl aber haben wir mehrere weibliche Regierungsrate die vielleicht auf diesen Posten zusteuern 8 In ihrem Text beschwor sie die Frauen als Staatsburgerinnen aktiv zu werden sich der Verantwortung fur das Volksganze zu stellen und deshalb beispielsweise Amterangebote nicht aus Bequemlichkeit oder Angstlichkeit abzulehnen 1928 drang Frobenius im Zuge eines auf der Titelseite platzierten Appells mit der Uberschrift An die Frauen erneut auf aktive weibliche Mitbestimmung 9 Obwohl Else Frobenius zwei Jahre spater in einem viertelstundigen Radiobeitrag vom 22 September 1930 unter dem Titel die Frau im Staat wiederum die weibliche politische Teilhabe thematisierte 9 fallte sie in jenem Jahr den Entschluss ihre DVP Mitgliedschaft zu beenden Das engagierte Mitwirken in verschiedenen politischen Interessensvertretungen hatte Frobenius mit der journalistischen Arbeit verbunden Lora Wildenthal charakterisiert Frobenius wie folgt Frobenius was a typical woman who embraced a conservative model of women s activism yet benefited tremendously from the changes that the Weimar Republic brought to women 10 Frobenius war eine typische Frau die ein konservatives Modell fur weiblichen Aktivismus bereitwillig annahm und dabei gleichzeitig enorm von den Veranderungen profitierte die die Weimarer Republik den Frauen brachte Journalistische Arbeit wahrend der NS Zeit BearbeitenFrobenius fuhlte sich bereits lange bevor sie nach Berlin ging dem Deutschen Kaiserreich stark verbunden und formulierte als eine der ersten die Rolle der Frau im nationalsozialistischen Staat und das trotz des in Berlin ausgeubten diktatorischen Fuhrungsprinzips was haufig mit der Diskriminierung von Meinungen und Menschen verbunden war Sie trat am 1 Mai 1933 der NSDAP Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei bei fur die sie ein Propagandabuch verfasste mit dem Titel Die Frau im Dritten Reich Darin beschrieb sie die Rolle der Frau im NS Staat Frobenius verstand die Frau im volkischen Staat uneingeschrankt als Tragerin der Rasse 11 Sie war auch der Ansicht dass durch fruhe Heirat und Mutterschaft es gelingen konne die jungen Manner der Versuchung zu einem unfruchtbaren Blut und Seele zerstorenden Liebesleben zu entziehen 11 Geradezu lacherlich allerdings sei angesichts solch hoher Zielsetzung der dekadente Vorwurf der Nationalsozialismus wolle die Frauen zur Gebarmaschine erniedrigen 11 Genau darauf aber liefen ihre Vorstellungen hinaus Else Frobenius deutet ihr Leben als Erfolgsgeschichte In ihren Schriften werden uberwiegend positive Aspekte ausgefuhrt Sie erwahnt den Holocaust und die Vernichtung Andersdenkender nicht 12 Auch ist nichts zu finden was diese Sicht truben konnte Else Frobenius Vorstellungen die sie in ihrer Schrift entwickelt lesen sich wie eine Programmatik fur die Rolle der Frau bzw des Frauenkorpers in der biopolitisch volkischen NS Diktatur 11 Nachdem die Berlinerin wahrend des Zweiten Weltkrieges dreimal ausgebombt worden war verliess sie 1945 die Stadt und ubersiedelte nach Schleswig Holstein Dort vertrat sie bis zuletzt im Rahmen der Fluchtlingsbetreuung nochmals deutschbaltische Interessen Im Alter von 77 Jahren starb Else Frobenius 1952 in Schleswig Werke BearbeitenMit uns zieht die neue Zeit Eine Geschichte der deutschen Jugendbewegung Deutsche Buch Gemeinschaft Berlin 1927 2 Aufl 1929 Erinnerungen einer Journalistin Zwischen Kaiserreich und Zweitem Weltkrieg hrsg und kommentiert von Lora Wildenthal Bohlau Koln 2005 Die Frau im Dritten Reich Nationaler Verlag Joseph Haribaldi Berlin Wilhelmsdorf 1933 Literatur BearbeitenU Wolfgang Eckart Frau und Frauenheilkunde im Nationalsozialismus Anmerkungen zum Themenfeld offene Fragen Georg Thieme Verlag Stuttgart 2012 Silke Helling Schlaglichter auf eine fruhe Journalistin und politische Lobbyistin Else Frobenius 1875 1952 In Ulrike Auga u a Hrsg Das Geschlecht der Wissenschaften Zur Geschichte von Akademikerinnen im 19 und 20 Jahrhundert Campus Frankfurt a M 2010 S 141 156 Silke Helling Frauen als Staatsburgerinnen Perspektiven der Berliner Publizistin Else Frobenius 1875 1952 In Stefan Krammer Marion Loffler Martin Weidinger Staat in Unordnung Geschlechterperspektiven auf Deutschland und Osterreich zwischen den Weltkriegen Transcript Verlag Bielefeld 2012 Anja Wilhelmi Lebenswelten von Frauen der deutschen Oberschicht im Baltikum 1800 1939 Eine Untersuchung anhand von Autobiographien Harrassowitz Verlag Wiesbaden 2008 S 163 L Carola Gottzmann Petra Horner Lexikon der deutschsprachigen Literatur des Baltikums und St Petersburgs Walter de Gruyter Verlag Berlin 2007 S 444 445 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Else Frobenius Quellen und Volltexte Video Vortrag uber die Familie Frobenius Silke Helling 2011 Biografie von Else Frobenius Silke Helling 2011 auf dem Portal fembio Zusammenfassung eines Aufsatzes uber Else Frobenius Silke Helling 2011 Aufsatz uber Else Frobenius von Silke Helling Baltische Historische Kommission Hrsg Eintrag zu Frobenius Else In BBLD Baltisches biografisches Lexikon digitalEinzelnachweise Bearbeiten Anja Wilhelmi Lebenswelten von Frauen der deutschen Oberschicht im Baltikum S 163 Silke Helling Frauen als Staatsburgerinnen S 61 f Silke Helling Schlaglichter auf eine fruhe Journalistin und politische Lobbyistin S 142 a b Silke Helling Frauen als Staatsburgerinnen S 63 a b c fembio org Silke Helling Schlaglichter auf eine fruhe Journalistin und politische Lobbyistin S 149 f Silke Helling Frauen als Staatsburgerinnen S 65 Silke Helling Frauen als Staatsburgerinnen S 67 a b Silke Helling Frauen als Staatsburgerinnen S 68 Silke Helling Schlaglichter auf eine fruhe Journalistin und politische Lobbyistin S 144 a b c d Wolfgang Eckart Frau und Frauenheilkunde im Nationalsozialismus S 89 Silke Helling Schlaglichter auf eine fruhe Journalistin und politische Lobbyistin S 142 f Normdaten Person GND 123442559 lobid OGND AKS LCCN n2005093051 VIAF 77222146 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Frobenius ElseALTERNATIVNAMEN Gaehtgens Else Geburtsname KURZBESCHREIBUNG deutsche Journalistin und politische LobbyistinGEBURTSDATUM 14 Mai 1875GEBURTSORT Lazdonas Madona Russisches KaiserreichSTERBEDATUM 3 August 1952STERBEORT Schleswig Holstein Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Else Frobenius amp oldid 238088374