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Das lineare Einspurmodell ist die einfachste Modellvorstellung zur Erklarung der stationaren und instationaren Querdynamik von zweispurigen Kraftfahrzeugen Das Einspurmodell wurde von Riekert und Schunck 1 bereits 1940 entwickelt und fur die Analyse des Lenk und Storverhaltens bei Seitenwind eingesetzt Bis heute ist das Einspurmodell die unverzichtbare Theoriegrundlage fur Fahrzeug Ingenieure mit dem Fachgebiet Fahrdynamik Die weiteste Verbreitung hat das lineare Einspurmodell in ESP Steuergeraten gefunden wo es zur Fahrerwunsch Erkennung eingesetzt wird Da sich PKW auf trockener Fahrbahn bis zu einer Querbeschleunigung von etwa 4 m s2 noch weitgehend linear verhalten kann das querdynamische Verhalten in diesem Bereich durch das lineare Einspurmodell naherungsweise erklart werden Neben dem linearen Einspurmodell gibt es Einspurmodelle mit verschiedenen Detaillierungsstufen z B nichtlineare Einspurmodelle oder Einspurmodelle mit zusatzlichem Wankfreiheitsgrad 2 Im Folgenden wird auf das lineare Einspurmodell mit zwei Freiheitsgraden Giergeschwindigkeit Schwimmwinkel eingegangen Es wird der Spezialfall eines an der Vorderachse gelenkten Fahrzeugs ohne aussere Storungen behandelt Inhaltsverzeichnis 1 Anwendungsgebiete 2 Annahmen 3 Kinematische Beziehungen 4 Krafte und Momente 5 Stationares Verhalten 5 1 Gierverstarkung 5 2 Schwimmwinkel 6 Dynamisches Verhalten 6 1 Eigenfrequenz und Dampfung 6 2 Ubertragungsverhalten 6 3 Frequenzgang 7 Mathematische Herleitung 7 1 Bewegungsgleichungen 7 2 Stationare Fahrzeugreaktionen 7 3 Berechnung der Ubertragungsfunktionen 8 Hinterachslenkung 9 Literatur 10 EinzelnachweiseAnwendungsgebiete BearbeitenPlausibilisierung von Versuchs bzw Simulationsergebnissen Fahrerwunscherkennung bei Fahrdynamikregelsystemen aus Fahrgeschwindigkeit und Lenkradwinkel wird ein Sollverhalten ermittelt 3 Identifikation von Kenngrossen aus Messdaten z B Eigenfrequenz Lehr sche Dampfung Trennung von Lenk und Storanteilen z B Seitenwind aus Messdaten Stabilitatsbetrachtungen im geschlossenen Regelkreis Entwicklung von Fahrdynamikregelsystemen z B Hinterachslenkung Mit nur sieben Fahrzeugparametern eignet sich das Einspurmodell auch fur Prinzipuntersuchungen bei denen detailliertere Modelle wegen der Vielzahl von Parametern nicht eingesetzt werden konnen Annahmen BearbeitenBeide Rader einer Achse werden zu einem Rad zusammengefasst Kinematik und Elastokinematik der Achse werden im Reifenparameter berucksichtigt Lineares Reifenverhalten Reifenruckstellmomente werden vernachlassigt Kein Reifeneinlaufverhalten Kein Wanken Die Anderung der Fahrgeschwindigkeit wird quasistationar behandelt Kleinwinkelnaherung cos f 1 sin f fKinematische Beziehungen Bearbeiten nbsp Kinematische Beziehungen beim EinspurmodellDie ebene Bewegung eines Starrkorpers kann stets als Drehung um den Momentanpol M aufgefasst werden Fur die Geschwindigkeit im Schwerpunkt gilt daher v ps R displaystyle v dot psi cdot R nbsp wobei ps displaystyle dot psi nbsp die Giergeschwindigkeit bezeichnet Die Geschwindigkeitsvektoren der Radaufstandspunkte stehen senkrecht auf den Polstrahlen Der von den Polstrahlen eingeschlossene Winkel ist somit der Differenzwinkel der Geschwindigkeitsvektoren von Vorderachse und Hinterachse Unter der Voraussetzung kleiner Winkel ist der eingeschlossene Winkel auch das Verhaltnis von Radstand l displaystyle l nbsp und Polabstand R displaystyle R nbsp Fur den Fall eines nur an der Vorderachse gelenkten Fahrzeugs ist der Vorderachseinschlag d v displaystyle delta v nbsp gleich dem Lenkwinkel d displaystyle delta nbsp so dass sich der Zusammenhang d l R a v a h displaystyle delta frac l R alpha v alpha h nbsp ergibt Der Lenkwinkel setzt sich aus dem Ackermannwinkel l R displaystyle tfrac l R nbsp nach Rudolph Ackermann und der Schraglaufwinkeldifferenz zwischen Vorderachse und Hinterachse zusammen Die Schraglaufwinkel lassen sich aus den Freiheitsgraden Zustandsgrossen Giergeschwindigkeit und Schwimmwinkel sowie dem Lenkwinkel berechnen a v b l v v ps d v a h b l h v ps d h displaystyle begin aligned alpha v amp beta frac l v v dot psi delta v alpha h amp beta frac l h v dot psi delta h end aligned nbsp Dabei ist d h displaystyle delta h nbsp der Lenkwinkel der Hinterachse der zunachst noch nicht berucksichtigt wird Krafte und Momente Bearbeiten nbsp Krafte am EinspurmodellVernachlassigt man Windkrafte und Windmomente so wirken als aussere Krafte die Achsseitenkrafte S v displaystyle S v nbsp und S h displaystyle S h nbsp auf das Fahrzeug ein Diese sind beim linearen Einspurmodell proportional zu den Schraglaufwinkeln Proportionalitatsfaktoren sind die Schraglaufsteifigkeiten c v displaystyle c v nbsp und c h displaystyle c h nbsp der Achsen S v c v a v S h c h a h displaystyle begin aligned S v amp c v cdot alpha v S h amp c h cdot alpha h end aligned nbsp Bei gegebenen Kraften lauten die Bewegungsgleichungen Impulssatz und Drallsatz m a y S v S h displaystyle m cdot a y S v S h nbsp 8 ps S v l v S h l h displaystyle theta cdot ddot psi S v cdot l v S h cdot l h nbsp Mit a y displaystyle a y nbsp wird die Zentripetalbeschleunigung bzw Radialbeschleunigung bezeichnet die senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor im Schwerpunkt in Richtung Momentanpol weist In den Freiheitsgraden des Einspurmodells ausgedruckt gilt fur die Radialbeschleunigung a y v ps b v g displaystyle a y v cdot dot psi dot beta v cdot dot gamma nbsp mit der Kurswinkelgeschwindigkeit g displaystyle dot gamma nbsp Stationares Verhalten BearbeitenBei stationarer Fahrt wird das Moment der ausseren Krafte bezuglich des Schwerpunkts zu Null Es gilt also S v l v S h l h displaystyle S v cdot l v S h cdot l h nbsp Kombiniert man die letzte Gleichung mit dem Impulssatz so konnen die Seitenkrafte in Abhangigkeit von der Radialbeschleunigung ausgedruckt werden S v m l h l a y m v a y S h m l v l a y m h a y displaystyle begin aligned S v amp m cdot frac l h l cdot a y m v cdot a y S h amp m cdot frac l v l cdot a y m h cdot a y end aligned nbsp Eingesetzt in die aus den kinematischen Bedingungen gewonnene Gleichung fur den Lenkwinkel ergibt sich d l R m v c v m h c h E G a y l R E G a y displaystyle begin aligned delta amp frac l R underbrace left frac m v c v frac m h c h right EG cdot a y amp frac l R EG cdot a y end aligned nbsp Der Klammerausdruck wird als Eigenlenkgradient EG bezeichnet An Stelle der kompakten Schreibweise fur den EG oben kann auch eine Gleichung verwendet werden bei der nur direkte Parameter eingehen E G m c h l h c v l v c v c h l displaystyle EG frac m cdot c h cdot l h c v cdot l v c v cdot c h cdot l nbsp Der stationare Lenkwinkel setzt sich aus einem Anteil der nur von Radstand und Radius abhangt Ackermannwinkel und einem Anteil proportional zur Radialbeschleunigung zusammen Das Eigenlenkverhalten wird entsprechend dem Vorzeichen des EG unterschieden 4 EG gt 0 untersteuernd EG 0 neutral EG lt 0 ubersteuernd Alle heutigen PKW sind bei kleinen bis mittleren Querbeschleunigungen untersteuernd ausgelegt Ubersteuernde Fahrzeuge konnen instabil werden Gierverstarkung Bearbeiten Die Gierverstarkung ist das Verhaltnis zwischen stationarer Giergeschwindigkeit und Lenkradwinkel Mit d H i S d displaystyle delta H i S cdot delta nbsp dabei ist i S displaystyle i S nbsp die Gesamtlenkubersetzung gilt fur den stationaren Lenkradwinkel d H i S l R E G a y displaystyle delta H i S cdot left frac l R EG cdot a y right nbsp Bei stationarer Kreisfahrt gilt a y v ps displaystyle a y v cdot dot psi nbsp da die Schwimmwinkelgeschwindigkeit zu Null wird Wird l R l ps v displaystyle tfrac l R tfrac l dot psi v nbsp in die obige Gleichung eingesetzt ergibt sich d H i S l v 2 E G v ps displaystyle delta H i S cdot frac l v 2 cdot EG v cdot dot psi nbsp und somit die Gierverstarkung ps d H 1 i s v l v 2 E G displaystyle frac dot psi delta H frac 1 i s cdot frac v l v 2 cdot EG nbsp nbsp Das Bild zeigt mogliche Verlaufe je nach Vorzeichen des Eigenlenkgradienten Untersteuernde Fahrzeuge haben ein Maximum der Gierverstarkung welches bei der charakteristischen Geschwindigkeit v ch l E G displaystyle v text ch sqrt frac l EG nbsp auftritt Im Fall EG lt 0 kann der Nenner der Gierverstarkung Null werden Die Geschwindigkeit bei der dies der Fall ist wird als kritische Geschwindigkeit v krit l E G displaystyle v text krit sqrt frac l EG nbsp bezeichnet Die Gierverstarkung wachst an dieser Stelle uber alle Grenzen das Fahrzeug wird instabil Die maximale Gierverstarkung bezogen auf den Lenkradwinkel hat fur untersteuernde Fahrzeuge den Wert ps d H max 1 i S 1 2 l E G displaystyle left frac dot psi delta H right text max frac 1 i S cdot frac 1 2 cdot sqrt l cdot EG nbsp Die meisten PKW haben maximale Gierverstarkungen im Bereich zwischen 0 2 1 s und 0 4 1 s Als Kennwert beschreibt die maximale Gierverstarkung den Agilitatseindruck eines Fahrzeugs bei mittleren Geschwindigkeiten Landstrasse Die charakteristische Geschwindigkeit liegt bei den meisten PKW im Bereich zwischen etwa 70 km h und 110 km h Die Anfangssteigung der Gierverstarkung uber der Fahrgeschwindigkeit wird als statische Lenkempfindlichkeit bezeichnet Sie ist ein Mass fur die Wendigkeit eines Fahrzeugs bei geringen Geschwindigkeiten Sie hat den Wert d ps d H d v v 0 1 i S l displaystyle left frac d frac dot psi delta H dv right v 0 frac 1 i S cdot l nbsp und hangt nur von Gesamtlenkubersetzung und Radstand ab Fahrzeuge mit kurzem Radstand werden daher als wendiger bei geringen Geschwindigkeiten empfunden Schwimmwinkel Bearbeiten Der Schwimmwinkel lasst sich bereits aus den kinematischen Beziehungen ableiten Es gilt b l h R a h l h R m h c h S G a y displaystyle begin aligned beta amp frac l h R alpha h amp frac l h R underbrace frac m h c h SG cdot a y end aligned nbsp Der Ausdruck m h c h displaystyle tfrac m h c h nbsp wird als Schwimmwinkelgradient SG bezeichnet Kleine Schwimmwinkelgradienten sind die Voraussetzung fur sicheres stabiles Fahrverhalten Haupteinflussgrosse ist die Wahl der Bereifung an der Hinterachse Analog zur Gierverstarkung lasst sich auch eine Schwimmwinkelverstarkung berechnen Nach einigen Umformungen ergibt sich b d H 1 i s l h v 2 S G l v 2 E G displaystyle frac beta delta H frac 1 i s cdot frac l h v 2 cdot SG l v 2 cdot EG nbsp Zu hohe Schwimmwinkelverstarkungen sind fahrdynamisch unerwunscht da sie zu einem unsicheren Fahrverhalten bei hohen Geschwindigkeiten beitragen Dynamisches Verhalten BearbeitenBeim dynamischen Verhalten interessieren Ein bzw Ausschwingvorgange sowie die Antwort auf bestimmte Testsignale Die wichtigsten sind der Lenkwinkelsprung und die sinusformige Anregung Diese Vorgange sind durch ihre Ubertragungsfunktionen charakterisiert Zur Berechnung dieser Eigenschaften empfiehlt es sich auf die Zustandsraumdarstellung uberzugehen x A x B u displaystyle mathbf dot x mathbf A cdot mathbf x mathbf B cdot u nbsp mit x b ps displaystyle mathbf x begin bmatrix beta dot psi end bmatrix nbsp und u d H i S displaystyle u frac delta H i S nbsp Eigenfrequenz und Dampfung Bearbeiten Ein bzw Ausschwingvorgange werden von Eigenfrequenz und Dampfung bestimmt Diese lassen sich mit Hilfe der Eigenwerte berechnen Die Eigenwerte ergeben sich aus dem charakteristischen Polynom det A l I 0 displaystyle det mathbf A lambda cdot mathbf I 0 nbsp Ausgeschrieben l 2 a 11 a 22 l a 11 a 22 a 12 a 21 0 displaystyle lambda 2 a 11 a 22 cdot lambda a 11 cdot a 22 a 12 cdot a 21 0 nbsp Die Losung des charakteristischen Polynoms lautet l 1 2 a 11 a 22 2 a 11 a 22 2 2 a 11 a 22 a 12 a 21 displaystyle lambda 1 2 frac a 11 a 22 2 pm sqrt left frac a 11 a 22 2 right 2 a 11 cdot a 22 a 12 cdot a 21 nbsp Das Stabilitatskriterium nach Hurwitz besagt dass alle Koeffizienten des Polynoms positiv sein mussen nur der konstante Term darf negativ werden Daraus folgt a 11 a 22 a 12 a 21 gt 0 displaystyle a 11 cdot a 22 a 12 cdot a 21 gt 0 nbsp In den Fahrzeugparametern ausgedruckt c v c h l m 8 v 2 l v 2 E G gt 0 displaystyle frac c v cdot c h cdot l m cdot theta cdot v 2 cdot l v 2 cdot EG gt 0 nbsp Die Stabilitatsbedingung des Einspurmodells lautet somit l v 2 E G gt 0 displaystyle l v 2 cdot EG gt 0 nbsp Diese Bedingung wurde bereits bei der kritischen Geschwindigkeit abgeleitet Die stationare Kenngrosse Eigenlenkgradient ist somit zugleich auch ein wichtiges Stabilitatsmass Ubliche PKW haben bei geringen Fahrgeschwindigkeiten reelle Eigenwerte bei mittleren bis hohen Fahrgeschwindigkeiten konjugiert komplexe Eigenwerte Bei fahrdynamisch relevanten Fahrgeschwindigkeiten kann man vom konjugiert komplexen Fall ausgehen Die Eigenwerte konnen dann wie folgt interpretiert werden l 1 2 w 0 D j w 0 1 D 2 w D displaystyle lambda 1 2 omega 0 cdot D pm j cdot underbrace omega 0 cdot sqrt 1 D 2 omega D nbsp Dabei sind w 0 displaystyle omega 0 nbsp ungedampfte Eigenkreisfrequenz w D displaystyle omega D nbsp gedampfte Eigenkreisfrequenz D displaystyle D nbsp Lehr sches Dampfungsmass w 0 D displaystyle omega 0 cdot D nbsp Abklingkonstante Durch Vergleich mit den Eigenwerten ergibt sich w 0 2 a 11 a 22 a 12 a 21 D a 11 a 22 2 w 0 displaystyle begin aligned omega 0 2 amp a 11 cdot a 22 a 12 cdot a 21 D amp frac a 11 a 22 2 cdot omega 0 end aligned nbsp Gegeben seien folgende Fahrzeugdaten 5 Bezeichnung Formelzeichen Grosse MasseinheitMasse m displaystyle m nbsp 1550 kgGiertragheitsmoment 8 displaystyle theta nbsp 2800 kg m2Abstand Schwerpunkt Vorderachse l v displaystyle l v nbsp 1 344 mAbstand Schwerpunkt Hinterachse l h displaystyle l h nbsp 1 456 mSchraglaufsteifigkeit Vorderachse c v displaystyle c v nbsp 75 000 N radSchraglaufsteifigkeit Hinterachse c h displaystyle c h nbsp 150 000 N radGesamtlenkubersetzung i S displaystyle i S nbsp 16 nbsp Damit ergeben sich die im Bild gezeigten Eigenwerte in Abhangigkeit von der Fahrgeschwindigkeit Aus den Eigenwerten konnen Eigenfrequenzen und Dampfung berechnet werden Wunschenswert sind hohe Eigenfrequenzen und hohe Dampfungen was sich aber unter den Randbedingungen der Fahrzeugabstimmung nicht widerspruchsfrei realisieren lasst nbsp Ubertragungsverhalten Bearbeiten Alle interessierenden Grossen Ausgangsgrossen lassen sich mit Hilfe der Zustandsgrossen und dem Eingang Lenkradwinkel berechnen Dazu wird die Laplace Transformation benutzt s displaystyle s nbsp komplexe Variable Aus Grunden der Vereinfachung werden im Bild und im Zeitbereich dieselben Symbole verwendet y s C x D u displaystyle y s mathbf C cdot mathbf x mathbf D cdot u nbsp Als Beispiel sei die Querbeschleunigung genannt deren Gleichung in Krafte und Momente schon gezeigt wurde Die Matrizen C displaystyle mathbf C nbsp und D displaystyle mathbf D nbsp lauten dann C s v v D 0 displaystyle begin aligned mathbf C amp begin bmatrix s cdot v amp amp v end bmatrix mathbf D amp begin bmatrix 0 end bmatrix end aligned nbsp Mit x s s I A 1 B u G u d H displaystyle mathbf x s left s cdot mathbf I mathbf A right 1 cdot mathbf B cdot u mathbf G u cdot delta H nbsp Dabei ist G u displaystyle mathbf G u nbsp der Vektor der Ubertragungsfunktionen von Schwimmwinkel und Giergeschwindigkeit Es lasst sich zeigen dass jede Ubertragungsfunktion auf die Form y d H V Z s N s displaystyle frac y delta H V cdot frac Z s N s nbsp gebracht werden kann Das Nennerpolynom ist bei allen Ubertragungsfunktionen identisch und hat die Form N s 1 2 D w 0 s 1 w 0 2 s 2 displaystyle N s 1 frac 2 cdot D omega 0 cdot s frac 1 omega 0 2 cdot s 2 nbsp Man kann die Ubertragungsfunktionen mit Hilfe der Fahrzeugparameter analytisch berechnen So lasst sich z B die Ubertragungsfunktion der Giergeschwindigkeit auf folgende Form bringen ps s V ps 1 ps T z s 1 2 D w 0 s 1 w 0 2 s 2 d H displaystyle dot psi s V dot psi cdot frac 1 dot psi mathrm T z cdot s 1 frac 2 cdot D omega 0 cdot s frac 1 omega 0 2 cdot s 2 cdot delta H nbsp Der Verstarkungsfaktor ist die bereits abgeleitete Gierverstarkung Die Zahlerzeitkonstante berechnet sich zu ps T z v m h c h displaystyle dot psi mathrm T z v cdot frac m h c h nbsp und entspricht somit dem Produkt aus Fahrgeschwindigkeit und Schwimmwinkelgradient Frequenzgang Bearbeiten Setzt man die komplexe Variable s j w displaystyle s mathrm j cdot omega nbsp so erhalt man aus den Ubertragungsfunktionen den Frequenzgang 6 Der Frequenzgang ist eine komplexe Funktion von w displaystyle omega nbsp Aus dem Betrag erhalt man den Amplitudengang aus dem Winkel den Phasengang Die Frequenzgange werden am einfachsten numerisch bestimmt sie konnen aber auch in Abhangigkeit von den Fahrzeugparametern angegeben werden Am haufigsten werden die Frequenzgange von Giergeschwindigkeit und Querbeschleunigung berechnet bzw im Fahrbetrieb gemessen Bei der Messung im Fahrzeug ist zu berucksichtigen dass die Beschleunigung ortsabhangig ist und damit vom Messort zum Schwerpunkt umgerechnet werden muss Mit den Fahrzeugdaten aus obiger Tabelle zeigen die Frequenzgange von Giergeschwindigkeit und Querbeschleunigung eine starke Abhangigkeit von der Fahrgeschwindigkeit nbsp Die starke Uberhohung im Amplitudengang der Giergeschwindigkeit ist neben der mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit abnehmenden Dampfung auch mit der Zahlerzeitkonstanten zu erklaren Eine wirksame Massnahme zur Verbesserung der dynamischen Eigenschaften ist daher ein moglichst kleiner Schwimmwinkelgradient Mathematische Herleitung BearbeitenBewegungsgleichungen Bearbeiten Die Bewegungsgleichungen lauten ausgedruckt in den Zustandsgrossen b c v c h m v b m v 2 c h l h c v l v m v 2 ps c v m v d H i S ps c h l h c v l v 8 b c h l h 2 c v l v 2 8 v ps c v l v 8 d H i S displaystyle begin aligned dot beta amp frac c v c h m cdot v cdot beta frac m cdot v 2 c h cdot l h c v cdot l v m cdot v 2 cdot dot psi frac c v m cdot v cdot frac delta H i S ddot psi amp frac c h cdot l h c v cdot l v theta cdot beta frac c h cdot l h 2 c v cdot l v 2 theta cdot v cdot dot psi frac c v cdot l v theta cdot frac delta H i S end aligned nbsp Die oben bereits eingefuhrten Matrizen lauten daher A c v c h m v m v 2 c h l h c v l v m v 2 c h l h c v l v 8 c h l h 2 c v l v 2 8 v B c v m v c v l v 8 displaystyle mathbf A begin bmatrix frac c v c h m cdot v amp frac m cdot v 2 c h cdot l h c v cdot l v m cdot v 2 frac c h cdot l h c v cdot l v theta amp frac c h cdot l h 2 c v cdot l v 2 theta cdot v end bmatrix text mathbf B begin bmatrix frac c v m cdot v frac c v cdot l v theta end bmatrix nbsp In Zustandsraumdarstellung x A x B u displaystyle mathbf dot x mathbf A cdot mathbf x mathbf B cdot u nbsp Stationare Fahrzeugreaktionen Bearbeiten Bei stationarer Fahrt werden die Ableitungen der Zustandsgrossen zu Null Die Zustandsgrossen berechnen sich somit zu x A 1 B u displaystyle mathbf x mathbf A 1 mathbf B cdot u nbsp Ausgedruckt in den Komponenten der Matrizen A displaystyle mathbf A nbsp und B displaystyle mathbf B nbsp x 1 det A a 22 b 11 a 12 b 21 a 21 b 11 a 11 b 21 u K b K ps u displaystyle begin aligned mathbf x amp frac 1 det mathbf A begin bmatrix a 22 cdot b 11 a 12 cdot b 21 a 21 cdot b 11 a 11 cdot b 21 end bmatrix cdot u amp begin bmatrix K beta K dot psi end bmatrix cdot u end aligned nbsp Nach einigen Umformungen siehe dazu auch Inverse Matrix Berechnung ergibt sich x m h c h v 2 l h l v 2 E G v l v 2 E G u V b V ps d H displaystyle begin aligned mathbf x amp begin bmatrix frac frac m h c h cdot v 2 l h l v 2 cdot EG frac v l v 2 cdot EG end bmatrix cdot u amp begin bmatrix V beta V dot psi end bmatrix cdot delta H end aligned nbsp Berechnung der Ubertragungsfunktionen Bearbeiten Ausgehend von der Gleichung x s s I A 1 B u displaystyle mathbf x s left s cdot mathbf I mathbf A right 1 cdot mathbf B cdot u nbsp ergibt sich ausgedruckt in den Komponenten der Matrizen A displaystyle mathbf A nbsp und B displaystyle mathbf B nbsp x s 1 det A N s a 22 b 11 a 12 b 21 s b 11 a 21 b 11 a 11 b 21 s b 21 u displaystyle mathbf x s frac 1 det mathbf A cdot N s begin bmatrix a 22 cdot b 11 a 12 cdot b 21 s cdot b 11 a 21 cdot b 11 a 11 cdot b 21 s cdot b 21 end bmatrix cdot u nbsp mit N s 1 a 11 a 22 det A s 1 det A s 2 displaystyle N s 1 frac a 11 a 22 det mathbf A cdot s frac 1 det mathbf A cdot s 2 nbsp Mit den zuvor berechneten Verstarkungen erhalt man x s 1 N s K b 1 b 11 s a 12 b 21 a 22 b 11 K ps 1 b 21 s a 21 b 11 a 11 b 21 u displaystyle mathbf x s frac 1 N s begin bmatrix K beta cdot left 1 frac b 11 cdot s a 12 cdot b 21 a 22 cdot b 11 right K dot psi cdot left 1 frac b 21 cdot s a 21 cdot b 11 a 11 cdot b 21 right end bmatrix cdot u nbsp Hinterachslenkung BearbeitenDer Einschlag an der Hinterachse wird analog zur Vorderachse als unabhangige Eingangsgrosse behandelt Die Eingangsgrosse u displaystyle u nbsp und der Vektor B displaystyle mathbf B nbsp werden erweitert u d v d h B c v m v c h m v c v l v 8 c h l h 8 displaystyle mathbf u begin bmatrix delta v delta h end bmatrix mathbf B begin bmatrix frac c v m cdot v amp frac c h m cdot v frac c v cdot l v theta amp frac c h cdot l h theta end bmatrix nbsp Die Grosse Lenkwinkel ergibt sich als Differenz der Einschlage von Vorderachse und Hinterachse d d v d h displaystyle delta delta v delta h nbsp Mit diesen Erweiterungen lassen sich formal stationare und instationare Grossen sowohl fur Fahrzeuge mit reiner Hinterachslenkung bzw Fahrzeuge bei Ruckwartsfahrt als auch fur Fahrzeuge mit Allradlenkung wie bisher berechnen Da das Fahrverhalten fur den Fahrer vorhersehbar sein muss ist zumindest stationar ein fester Zusammenhang zwischen Lenkradwinkel und Hinterachseinschlag erforderlich ECE R 79 Dieser wird von Spezialfallen z B beim Gabelstapler abgesehen von einem Steuergerat Steer by Wire abhangig von der Fahrgeschwindigkeit berechnet Geht man bei Allradlenkung vereinfacht von einem proportionalen Zusammenhang zwischen Hinterachseinschlag und Vorderachseinschlag aus der durch den Faktor k v d h d v displaystyle k v tfrac delta h delta v nbsp gegeben ist ergibt sich fur die Gesamtlenkubersetzung i S i v 1 k v displaystyle i S frac i v 1 k v nbsp Damit lassen sich wichtige Kenngrossen wie die Gierverstarkung die auf den Lenkradwinkel bezogen sind verallgemeinern Da die Lenkubersetzung nun geschwindigkeitsabhangig ist lasst sich die maximale Gierverstarkung nicht mehr einfach berechnen Zur Verbesserung der Fahrstabilitat ist bei hoheren Geschwindigkeiten ein gleichsinniger Einschlag k gt 0 erforderlich Bei Fahrzeugen mit optionaler Hinterachslenkung wird die dadurch reduzierte maximale Gierverstarkung teilweise durch eine direktere Lenkubersetzung an der Vorderachse oder eine Uberlagerungslenkung korrigiert Geht man von einer Steuerung des Hinterachseinschlags proportional zum Lenkradwinkel aus sind Eigenfrequenz und Dampfung unverandert Dennoch verbessern sich die dynamischen Eigenschaften deutlich was sich z B an der geringeren Uberhohung im Gierfrequenzgang zeigt ps s v L v 2 E G 1 k v m h c h k m v c v s N s d v displaystyle dot psi s frac frac v L v 2 cdot EG big 1 k v cdot frac m h c h k frac m v c v cdot s big N s cdot delta v nbsp Literatur BearbeitenAdam Zomotor Fahrwerktechnik Fahrverhalten 2 Auflage Vogel Wurzburg 1991 ISBN 3 8023 0774 7 Manfred Mitschke Henning Wallentowitz Dynamik der Kraftfahrzeuge 5 Auflage Springer Vieweg Wiesbaden 2014 ISBN 978 3 658 05067 2 Erich Schindler Fahrdynamik 2 Auflage expert verlag Renningen 2013 ISBN 978 3 8169 3188 1 Dieter Schramm Manfred Hiller Roberto Bardini Modellbildung und Simulation der Dynamik von Kraftfahrzeugen Springer Berlin Heidelberg 2010 ISBN 978 3 540 89313 4 Einzelnachweise Bearbeiten P Riekert T E Schunck Zur Fahrmechanik des gummibereiften Kraftfahrzeugs Ingenieur Archiv 11 1940 S 210 224 L Diebold W Schindler et al Einspurmodell fur die Fahrdynamiksimulation und analyse ATZ online Ausgabe 2006 11 Erich Schindler Fahrdynamik Grundlagen des Lenkverhaltens und ihre Anwendung fur Fahrzeugregelsysteme expert verlag 2007 ISBN 978 3 8169 2658 0 S 34 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Karl Ludwig Haken Grundlagen der Kraftfahrzeugtechnik 4 Auflage Hanser 2015 ISBN 978 3 446 44216 0 S 252 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Mitschke Manfred Dynamik der Kraftfahrzeuge Springer Verlag 2004 ISBN 3 540 42011 8 Otto Follinger Regelungstechnik 5 verbesserte Auflage Huthig Verlag 1985 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Einspurmodell amp oldid 237746781