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Egologie von lateinisch ego ich und griechisch logos logos Lehre Wissenschaft ist ein im 18 Jahrhundert in Frankreich aufkommender Neologismus fur die Erforschung des Subjekt Seins Inhaltsverzeichnis 1 Problemstellung 2 Zugange 2 1 Husserl 2 2 Wittgenstein 3 Ichologie 4 Literatur 4 1 Zu Husserl 4 2 Zu Wittgenstein 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseProblemstellung BearbeitenErkenntnistheoretisch steht Descartes Trennung von Ich als erkennendem Subjekt und Welt als erkennbarem Objekt am Beginn der neuzeitlichen abendlandischen Philosophie Dieser Dualismus fuhrte in der Folgezeit zu tiefgreifenden und kontroversen Diskussionen uber die Art der Wechselwirkung zwischen Subjekt und Objekt und uber das Wesen des Ich Sprachtheoretisch gehort das Wort Ich neben Wortern wie hier dies und mein zu den indexikalen Ausdrucken die Bertrand Russell egocentric particulars nannte Da sie selbstbezogen egozentriert benutzt werden fuhrt ihr Gebrauch zu sogenannter asymmetrischen Verwendung 1 Die dabei auftretenden Probleme fuhrten zu verschiedenen Interpretationen und Kontroversen so am Ende des 20 Jahrhunderts durch Rudolf Haller Hector Neri Castaneda und Jesus Padilla Galvez 2 Zugange BearbeitenHusserl Bearbeiten Edmund Husserl griff die Egologie Anfang des 20 Jahrhunderts vor allem in seinen Cartesianischen Meditationen auf und entfaltete sie im Sinne seiner Phanomenologie und phanomenologischen Egologie In direktem Anschluss an Descartes geht es Husserl hierbei um eine absolut subjektive Wissenschaft eine Wissenschaft deren Gegenstand in seinem Sein von der Entscheidung uber Nichtsein oder Sein der Welt unabhangig ist Nach Husserl fangt diese absolut subjektive Wissenschaft sicherlich als reine Egologie an und als eine Wissenschaft die uns wie es scheint zu einem obschon transzendentalen Solipsismus verurteilt Es ist ja noch gar nicht abzusehen wie in der Einstellung der Reduktion andere Ego nicht als bloss weltliche Phanomene sondern als andere transzendentale Ego als seiend sollen setzbar werden konnen und damit zu mitberechtigten Themen einer phanomenologischen Egologie 3 Wesentlich fur Husserls Egologie ist seine Unterscheidung zwischen faktischem und transzendentalem Ego d h zwischen welthaftem empirischem Ich Empfinden des menschlichen Psychophysikums und dem transzendentalen transmundanen unbezweifelbaren apodiktisch evidenten ICH 4 Die Egologie beginnt zwar zunachst als Monadologie der einzelnen Monade schreitet dann aber jenseits einer solipsistischen Position uber die transzendentale Reduktion des transzendentalen Egos weiter zu einer intersubjektiven Phanomenologie 5 Der Ordnung nach ware die an sich erste der philosophischen Disziplinen die solipsistisch beschrankte Egologie die des primordial reduzierten Ego dann erst kame die in ihr fundierte intersubjektive Phanomenologie und zwar in einer Allgemeinheit die zunachst die universalen Fragen behandelt um sich dann erst in die apriorischen Wissenschaften zu verzweigen 6 Wittgenstein Bearbeiten Wie seine gesamte Philosophie ist auch die Egologie Ludwig Wittgensteins in der fruhen Phase sehr verschieden von derjenigen der mittleren und spateren Schaffensperiode Wahrend er anfangs dem philosophischen Ich als metaphysischem Subjekt eine besondere Rolle zuwies versuchte er spater Worter wie ich und mein zunachst von ihrer metaphysischen wieder auf ihre alltagliche Verwendung zuruck zufuhren 7 und dann ganz aus der Sprache zu eliminieren Im Tractatus logico philosophicus behauptete er 1918 Ich bin meine Welt Der Mikrokosmos und Das Ich tritt in die Philosophie dadurch ein dass die Welt meine Welt ist 8 Diese Formulierungen ruckten ihn schon fruh in die Nahe des Solipsismus 9 Gleichzeitig distanzierte sich Wittgenstein mit dem Satz Das denkende vorstellende Subjekt gibt es nicht 10 in scharfer Form von der cartesianischen Vorstellung des Ich als einer res cogitans als eines Subjekts das die Objekte der Welt wahrnimmt und mit seinem Verstand analysiert Ebenso verneinte er dass das philosophische Ich einen Korper oder eine Seele bezeichne vielmehr gehore es nicht zur Welt sondern es ist eine Grenze der Welt 11 Beachtet man dass fur Wittgenstein die Welt all dasjenige umfasst was denkbar und sagbar ist und alles ausserhalb dieser Welt sich in der Welt nur zeige so nimmt das Ich im Tractatus eine wohl Ideen von Arthur Schopenhauer und Otto Weininger folgend eine Sonderrolle ein 12 Die mittlere und spate Phase Wittgensteins wahrend seiner Lehrtatigkeit in Cambridge ist durch seine fundamentale Sprachkritik die Pragmatische Wende gekennzeichnet Dazu gehorte nicht zuletzt auch die Frage nach einer sinnvollen Bedeutung des Wortes Ich Seiner neuen Methode folgend untersuchte Wittgenstein die sprachlichen Kontexte in denen dieses Personalpronomen verwendet wird sei es in Sprachspielen oder in der Alltagssprache Wittgenstein stellte klar dass Ich kein Ersatz fur einen Personennamen ist auch nicht eine Person bezeichnet die jetzt spricht und ebenso wenig einen Korper weder im subjektiven Selbstzuschreibung von Gefuhlen noch im objektiven Gebrauch Selbstzuschreibung von objektiven Zustanden z B Ich habe eine Beule am Kopf 13 Zwar ausserte Wittgenstein bereits Ende 1929 im Wiener Kreis Das Wort Ich gehort zu denjenigen Wortern die man aus der Sprache eliminieren kann 14 doch legte er sich bis zum Lebensende nicht eindeutig fest ob Selbstzuschreibungen wie Ich habe Zahnschmerzen notwendigerweise ein Subjekt als Trager voraussetzen auf das diese bezogen werden 15 Ichologie BearbeitenIm Anschluss an seine Kritik des Ego Begriffs 16 wonach das eingedeutschte Wort Ego mittlerweile in den Sprachspielen des 21 Jahrhunderts fast ausschliesslich den semantischen Gehalt des faktischen Ich angenommen habe und damit die zentrale egologische Differenz Husserls untergrabe hat Andreas Mascha den Begriff der Ichologie fur die Bezeichnung einer absolut subjektiven Wissenschaft vorgeschlagen 17 Literatur BearbeitenZu Husserl Bearbeiten siehe Einzelnachweise Zu Wittgenstein Bearbeiten Rudolf Haller Unklarheiten uber das Ich oder Ich Ludwig Wittgenstein In Revue internationale de Philosophie 2 1989 S 249 263 Rudolf Haller Beitrage zur Egologie Wittgensteins In B McGuinnes R Haller Hg Wittgenstein in Focus Im Brennpunkt Wittgenstein Amsterdam 1989 Grazer Philosophische Studien 33 34 S 353 373 Jesus Padilla Galvez Die Verwendung des Wortes Ich bei L Wittgenstein Eine sprachanalytische Skizze zur Selbstbezuglichkeit des Selbstbewusstseins Wittgenstein Studien 1 1995 Datei 06 1 95 TXT Jesus Padilla Galvez Gibt es in der Sprache ein metaphysisches Subjekt In Contributions of the Austrian Ludwig Wittgenstein Society Beitrage der Osterreichischen Ludwig Wittgenstein Gesellschaft 3 Kirchberg am Wechsel 1995 S 97 104 Wilhelm Vossenkuhl Solipsismus und Sprachkritik Beitrage zu Wittgenstein Berlin 2009 ISBN 978 3 937262 45 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Egologie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten R Haller Unklarheiten S 251 Beispiel Die Personen A und B stehen zusammen C weiter weg A sagt B steht hier C sagt B steht dort A und C verwenden also fur den gleichen Sachverhalt verschiedene Worte sie verhalten sich asymmetrisch R Haller Unklarheiten S 255 258 und 262 263 Ders Egologie S 370 371 Siehe auch die Arbeiten von Castaneda und Padilla Galvez Edmund Husserl Cartesianische Meditationen Hrsg v Elisabeth Stroker 3 Aufl Meiner Hamburg 1995 ISBN 978 3 7873 1241 2 online Vgl Jan Broekman Phanomenologie und Egologie Faktisches und transzendentales Ego bei Edmund Husserl Den Haag 1963 Phaenomenologica 12 Vgl Natalia Carolina Petrillo Die immanente Selbstuberschreitung der Egologie in der Phanomenologie Edmund Husserls Wurzburg 2009 ISBN 978 3 89913 727 9 S 347 Edmund Husserl Cartesianische Meditationen Hrsg v Elisabeth Stroker 3 Aufl Meiner Hamburg 1995 ISBN 978 3 7873 1241 2 online L Wittgenstein Philosophische Untersuchungen 116 L Wittgenstein Tractatus 5 63 und 5 641 Ausfuhrlich dazu R Haller Solipsismus und Sprachkritik L Wittgenstein Tractatus 5 631 L Wittgenstein Tractatus 5 632 R Haller Egologie S 353 358 L Wittgenstein Philosophische Untersuchungen 410 L Wittgenstein Das Blaue Buch Werkausgabe Bd 5 S 106 107 R Haller Unklarheiten S 254 255 Ludwig Wittgenstein und der Wiener Kreis Werkausgabe Bd 3 S 49 R Haller Unklarheiten S 260 261 Exemplarisch beschaftigte sich Wittgenstein besonders ausfuhrlich mit der Selbstzuschreibung von Zahnschmerzen R Haller Egologie S 262 270 Vgl Andreas Mascha Hrsg Ichologie Band 1 Grundlagen Munchen 2012 ISBN 978 3 924404 95 6 S 16 online PDF 343 kB Vgl diesbezuglich auch die Beitrage von Harald Seubert Wolfgang Peter und Michael Konig in Andreas Mascha Hrsg Ichologie Band 1 Grundlagen Munchen 2012 ISBN 978 3 924404 95 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Egologie amp oldid 234722274