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Die letzten Kinder von Schewenborn oder sieht so unsere Zukunft aus ist der Titel eines 1983 veroffentlichten Romans von Gudrun Pausewang in dem sie das Szenario eines Atomkriegs in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt Der Ort Schewenborn ist fiktiv hat jedoch ein reales Vorbild Schlitz in Osthessen Pausewangs damaligen Wohnort Die geographische Lage im so genannten Fulda Gap wurde zur Zeit des Erscheinens des Romans auch offentlich als mogliches auch nukleares Schlachtfeld einer etwaigen Konfrontation zwischen Warschauer Pakt und NATO diskutiert Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Einordnung in das Werk der Autorin 3 Kritik 4 Preise 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenDie Geschichte spielt zur Zeit des Kalten Krieges Der Ich Erzahler ist der zu Beginn der Geschichte 12 jahrige Roland Bennewitz aus Frankfurt Bonames der mit seinen Eltern Klaus und Inge sowie seinen Schwestern Judith und Kerstin nach Schewenborn fahrt um dort die Grosseltern zu besuchen Trotz einer internationalen Krise zwischen West und Ost entschliesst sich die Familie die Reise anzutreten Wahrend der Fahrt werden sie wenige Kilometer von Schewenborn entfernt Zeugen einer grossen grellen Explosion Der Vater vermutet sofort dass eine Atombombe explodiert sein muss und will umkehren die Mutter sorgt sich jedoch um die Grosseltern und mochte erst in Schewenborn nach ihnen sehen Da umgesturzte Baume ihre Weiterfahrt behindern gehen Eltern und Kinder den Rest der Strecke zu Fuss Die Familie kommt unversehrt in Schewenborn an Die Grosseltern sind nicht zu Hause sondern befanden sich zum Zeitpunkt der Explosion nach Auskunft einer Nachbarin im rund zwanzig Kilometer entfernten Fulda Rolands Mutter begibt sich zu Fuss dorthin und stellt fest dass die Stadt vollkommen ausradiert ist Nach ihrer Ruckkehr berichtet sie ihrem Mann dass dort niemand uberlebt hat und hofft dass die Grosseltern sofort vergluht sind Sie erzahlt auch von Uberlebenden aus den zwischen Schewenborn und Fulda gelegenen Orten die schwerverletzt Richtung Schewenborn fluchten sofern sie nicht unterwegs an ihren schweren Verletzungen sterben Da die Strassen durch umgesturzte Baume blockiert sind kann die Familie nicht mehr nach Frankfurt zuruckfahren Sie richtet sich daher im beschadigten Haus der Grosseltern ein und muss sich fortan mit den Folgen des Angriffs auseinandersetzen Es gibt keinen Strom und kein Leitungswasser mehr das Telefonnetz funktioniert nicht und der Ort ist von samtlichen Nachrichtenquellen abgeschnitten Selbst mit batteriebetrieben Radios und Fernsehern kann man nichts empfangen so als wurde nichts gesendet Im teilweise zerstorten Schewenborn lost sich bald die Ordnung vollig auf die Nahrungsmittel werden knapp und es kommt zu Plunderungen mit Mord und Totschlag vor allem nachdem deutlich wird dass keine Hilfe von aussen zu erwarten ist Berichte von umherziehenden Uberlebenden lassen erkennen dass nicht nur Fulda sondern offenbar auch viele andere Stadte durch Atombomben zerstort wurden Offenbar existiert keinerlei staatliche Ordnung mehr da weder Hilfsmassnahmen stattfinden noch Polizei oder Militar zu sehen sind Roland hilft freiwillig im ortlichen Krankenhaus und sieht dort das Leid der Verwundeten die zum grossen Teil von ausserhalb nach Schewenborn gekommen sind und fast alle neben ihren schweren Verletzungen auch an der Strahlenkrankheit leiden Er kann wie auch das Personal des Krankenhauses kaum etwas fur sie tun da es bald keine Medikamente und kein Verbandsmaterial mehr gibt auch ein Madchen mit dem er sich angefreundet hat stirbt schliesslich an der Strahlenkrankheit Eine sterbende Frau bittet ihn sich um ihre Kinder Jens und Silke zu kummern Roland nimmt sie mit nach Hause wo seine Mutter es nicht ubers Herz bringt sie wieder wegzuschicken Trotz der knappen Lebensmittel werden die beiden in die Familie aufgenommen Gemeinsam mit einer Schulfreundin versucht Rolands Mutter die vielen elternlosen Kinder zu versorgen die sich im Hof des Krankenhauses aufhalten In einem alten Schloss richten sie ein behelfsmassiges Kinderheim ein Rolands altere Schwester Judith hilft ihnen dabei Trotz der Beerdigung der Toten in Massengrabern lassen die hygienischen Verhaltnisse Schlimmes erahnen Tatsachlich bricht in Schewenborn eine Typhusepidemie aus Bald erkranken alle Mitglieder der Familie an Typhus bis auf Rolands altere Schwester Judith bei der aber die ersten Symptome der Strahlenkrankheit sichtbar werden Sie muss ihre kranken Familienmitglieder pflegen so dass ihr nichts anderes ubrig bleibt als die Kinder im Schloss sich selbst zu uberlassen Kerstin Rolands leibliche Schwester und Silke seine Pflegeschwester uberleben die Krankheit nicht Als Roland und seine Eltern wieder einigermassen auf den Beinen sind stirbt Judith an der Strahlenkrankheit Da er zu schwach ist um sie zu beerdigen muss er sie Mannern ubergeben die in der Stadt die Toten einsammeln und verbrennen Als Roland und sein Vater wieder einigermassen zu Kraften gekommen sind beginnen sie Lebensmittel und Brennholz zu sammeln Bei ihren Wanderungen bemerken sie Spuren der radioaktiven Verseuchung Roland will zunachst aus Angst vor den Strahlen nichts mehr essen doch bald ist der Hunger starker Noch schwieriger wird die Situation als Rolands Mutter feststellt dass sie schwanger ist Der Roman lasst offen wie gross das Ausmass des nuklearen Schlagabtauschs gewesen ist und ob es uberhaupt einen solchen gegeben hat zumindest scheint ganz Mitteleuropa zerstort zu sein da Roland und sein Vater auf der Suche nach Nahrung Menschen aus der Tschechoslowakei den Niederlanden und anderen Landern begegnen Sie gelangen eines Tages auch an die nicht mehr bewachte innerdeutsche Grenze und erfahren dort von einem Einheimischen dass Eisenach und Meiningen zerstort sind und um Berlin herum kein Stein mehr auf dem anderen stehe Es gibt jedoch nach wie vor keine offiziellen Nachrichten nur durch Berichte von umherziehenden Uberlebenden und Geruchte kann sich die Familie ein Bild machen Dass auch Frankfurt am Main zerstort ist sehen sie jedoch mit eigenen Augen Angesichts des Elends in Schewenborn entwickelt Rolands Mutter die fixe Idee dass in ihrer Heimatstadt Frankfurt schon langst wieder Ordnung herrschen musse Obwohl der Vater versucht sie zu uberzeugen dass Frankfurt mit Sicherheit zerstort sein muss beharrt sie auf ihrer Vorstellung dort sei wieder ein halbwegs normales Leben moglich und ist selbst durch Berichte von Augenzeugen die das vollig verwustete Rhein Main Gebiet gesehen haben nicht davon abzubringen Alle Tatsachen deutet sie beharrlich um Da keine Uberlebenden aus Frankfurt unterwegs seien musse die Stadt noch bestehen Den Einwand ihres Mannes auch aus dem vollig zerstorten Fulda seien keine Uberlebenden anzutreffen weil eben kein Bewohner uberlebt habe ignoriert sie Schliesslich packt die schwangere Mutter ihre Sachen und will mit dem kleinen Jens nach Frankfurt zuruckwandern Da der Vater sie nicht aufhalten kann und es besser findet wenn alle Familienmitglieder zusammenbleiben schliessen Roland und er sich an Somit wandert die Familie trotz des Winters nach Frankfurt und sieht dort wie zu erwarten nur ein Trummerfeld Auf dem Ruckweg stirbt Jens an der Grippe die inzwischen ausgebrochen ist und viele Todesopfer fordert In vielen Orten wird der Familie die Unterkunft verweigert zahlreiche Dorfer haben sich mit Stacheldraht gesichert und lassen keine Fremden mehr hinein da die Bewohner sich vor Seuchen und Dieben furchten Desillusioniert und vollig entkraftet kehren Roland und seine Eltern zuruck In Schewenborn erwartet sie eine bose Uberraschung Eine Nachbarin die auf das Haus der Grosseltern aufpassen sollte betrachtet es nun als ihr Eigentum und verwehrt ihnen den Zutritt Bei Rolands Mutter haben jedoch die Wehen eingesetzt so dass das Baby ein Madchen im Keller des alten Schlosses zur Welt kommt Die Mutter stirbt bei der Geburt und bei Tageslicht mussen Roland und sein Vater feststellen dass das Baby schwere Missbildungen durch die Verstrahlung aufweist Da der Vater sie nicht ernahren kann und sie wegen der Behinderung auch kaum eine Uberlebenschance hatte totet der Vater die kleine Jessica Marta Roland ist am Schluss des Romans 17 Jahre alt und unterrichtet die Kinder des Ortes in einer Schule die er und sein Vater aufgebaut haben In einem Ruckblick wird berichtet wie die Uberlebenden in den letzten Jahren durch Hunger und Strahlenkrankheit weiter dezimiert wurden da wegen der Verstrahlung kaum etwas auf den Feldern wuchs Nur durch die zufallig entdeckten Vorrate einer unterirdischen Militarbasis konnten sie die schlimmste Zeit uberstehen Mittlerweile hat sich ihr Leben aber immerhin ein bisschen normalisiert vor allem weil wenigstens Kartoffeln und robuste Gemusesorten wieder gedeihen Auch die Ordnung unter den Uberlebenden ist wenigstens einigermassen zuruckgekehrt Schewenborn hat sogar wieder einen Burgermeister und die Bewohner versuchen sich so gut es geht gegenseitig zu helfen Doch sind fast alle der wenigen Kinder die noch geboren werden behindert oder sterben nach kurzer Zeit Mit Rolands Vermutung dass die kranken und verstorten Kinder seiner Schulklasse wohl die letzten Kinder von Schewenborn seien endet das Buch Einordnung in das Werk der Autorin Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen beispielsweise Einzelnachweisen ausgestattet Angaben ohne ausreichenden Beleg konnten demnachst entfernt werden Bitte hilf Wikipedia indem du die Angaben recherchierst und gute Belege einfugst Der Roman lasst sich als Buch zur Warnung und zum Wachrutteln einordnen Pausewang ausserte bei der Veroffentlichung hinterher solle niemand sagen konnen wir hatten es nicht gewusst Es ist ein vor allem im schulischen Bereich viel gelesenes Buch das ein jugendliches Lesepublikum gleichermassen ansprechen wie auch erschuttern kann In einigen Bundeslandern wie z B Sachsen Anhalt oder Nordrhein Westfalen gehort es zum Unterrichtsstoff der achten Klasse Ein ahnliches Jugendbuch derselben Autorin ist Die Wolke Beide Bucher spielen am selben Ort und spiegeln die Angst vor einer nuklearen Verseuchung wider die insbesondere Anfang der 1980er Jahre und nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 1986 herrschte Die Wolke gilt heute in Westdeutschland als Bestandteil des kollektiven Gedachtnisses der Zwanzig bis Funfundvierzigjahrigen da es von den meisten Mitgliedern dieser Generation im Schulunterricht gelesen wurde 1 Dies durfte auch auf Die letzten Kinder von Schewenborn zutreffen Kritik BearbeitenJorg Sundermeier betont in seiner Besprechung fur das Magazin fluter die Ambivalenz des Buches Pausewang schockiere zwar klare aber nicht auf Mit plastischen Beschreibungen der Folgen eines Atomkriegs mochte Pausewang den Leser warnen Hier sei sie eine typische Vertreterin der Friedensbewegung der 1980er Jahre Aus der heutigen Perspektive wirke das Thema des Buches jedoch anachronistisch Zudem falle die blutrunstige Sprache auf sowie die undifferenzierte Behandlung des Begriffs Holocaust und der Sterbehilfe Thematik Letztendlich verhindere auch die Perspektive des 13 jahrigen Jungen einen objektiven Blick auf die Umstande des Nuklearkriegs 2 Ines Boban und Andreas Hinz nehmen vor allem die Behindertenfeindlichkeit im Buch kritisch wahr und begrunden so dass es in der Grundschule nicht gelesen werden sollte 3 Sven Nickel erwahnt das Buch in seinem Artikel Gesellschaftliche Einstellungen zu Menschen mit Behinderungen und deren Widerspiegelungen in der Kinder und Jugendliteratur 1999 als Beispiel fur den Einsatz von Behinderung als dramaturgisches Mittel in der Kinder und Jugendliteratur Er bemangelt dass Pausewang ein Bild von Behinderung zeichne das diese als schlimmere Alternative zum Tod als Aufforderung zur aktiven Sterbehilfe und sogar als Rechtfertigung fur einen Mord an einem Neugeborenen mit schwersten Beeintrachtigungen stilisiere Weiterhin reproduziere Pausewang behindertenfeindliche Narrative unkritisch und unreflektiert 4 Jenny Willner diskutiert anhand des Buches Formen transgenerationaler Ubertragung von Schuld und ruckt das Verhaltnis der Okologiebewegung zur Lebensreformbewegung in den Fokus 5 Pausewangs Schaffen stehe im Zeichen der Abgrenzung gegenuber der NS Generation Es zeige sich jedoch dass Die letzten Kinder von Schewenborn ein melancholisches Verhaltnis zum Gegenstand dieser Abgrenzung pflegt In Schewenborn gehen alle Linien biologischer Erbschaft ihrem Ende zu es wird nur noch ausgestorben Aus der mit allen literarischen Mitteln konstruierten Not heraus totet der Vater das Neugeborene Was ist wohl barmherziger so oder so Spatestens hier drangt sich die konsequent verschwiegene Schuld der Grosselterngeneration auf Bereits im Namen der Stadt ist das vitale hoffnungseinflossende Leben durch etwas Schiefes ersetzt worden Schewe Scheve Scheef fur Schief wie schief gewachsen Schewenborn klingt wie Lebensborn die Spitze des bioligistischen sic NS Bestrebens um kraftige gesunde Arier Das Schicksal der Schewenborner suggeriert dass die Konsumgesellschaft der Nachkriegszeit das verspielt hat was zu den positiv gesetzten biopolitischen Zielen des Nationalsozialismus gehorte Naturnahe Abhartung Gesundheit und starke deutsche Kinder Zu dieser geheimen Lustquelle pflegt das Buch ein melancholisches Verhaltnis 5 Preise BearbeitenBuxtehuder Bulle 1983 Zurcher Kinderbuchpreis La vache qui lit 1983 Preis der Leseratten Gustav Heinemann FriedenspreisLiteratur BearbeitenGudrun Pausewang Die letzten Kinder von Schewenborn oder sieht so unsere Zukunft aus Neuauflage Ravensburger Taschenbuch 2007 Ravensburg 2003 Erstausgabe 1983 ISBN 978 3 473 58007 1 Wilhelm Roer Ein Buch macht Schule Die letzten Kinder von Schewenborn Dokumentation von Projekttagen zu diesem Buch und Darstellung des politischen Lernprozesses von Schulern Eltern Lehrern und Schulaufsicht AOL Lichtenau 1986 ISBN 3 923478 18 6 Jenny Willner Die letzten Zombies von Schewenborn Gudrun Pausewang und die enigmatischen Signifikanten der Friedensbewegung In The Germanic Review Literature Culture Theory Vol 96 2 2021 Schuld in the Anthropocene S 177 194 doi 10 1080 00168890 2021 1897776Einzelnachweise Bearbeiten Die Wolke wird wahr Das Angstmacherbuch unserer Schulzeit FAZ 15 Marz 2011 abgerufen am 17 Marz 2018 Gudrun Pausewang Die letzten Kinder von Schewenborn Memento vom 4 Mai 2016 im Internet Archive Ines Boban Andreas Hinz Latent behindertenfeindlich Oder Warum man Gudrun Pausewangs Buch Die letzten Kinder von Schewenborn nicht in der Grundschule lesen sollte In Z Die Grundschulzeitschrift Heft 40 1990 1990 S 42 f Sven Nickel Gesellschaftliche Einstellungen zu Menschen mit Behinderung und deren Widerspiegelung in der Kinder und Jugendliteratur In bidok behinderung inklusion dokumentation Digitale Volltextbibliothek Integrative Inklusive Padagogik am Institut fur Erziehungswissenschaft Leopold Franzens Universitat Innsbruck Forderverein bidok Osterreich Netzwerk fur Inklusion 13 September 2005 abgerufen am 15 Februar 2022 a b Jenny Willner Die letzten Zombies von Schewenborn Gudrun Pausewang und die enigmatischen Signifikanten der Friedensbewegung In The Germanic Review Literature Culture Theory Band 96 Nr 2 3 April 2021 ISSN 0016 8890 S 177 194 190 doi 10 1080 00168890 2021 1897776 tandfonline com abgerufen am 15 September 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die letzten Kinder von Schewenborn amp oldid 235717414