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Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlen Kurztitel Othon Originaltitel Les yeux ne veulent pas en tout temps se fermer ou Peut etre qu un jour Rome se permettra de choisir a son tour ist ein Film von Jean Marie Straub und Daniele Huillet aus dem Jahr 1970 FilmTitel Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlenOriginaltitel Les yeux ne veulent pas en tout temps se fermer ou Peut etre qu un jour Rome se permettra de choisir a son tourProduktionsland DeutschlandOriginalsprache FranzosischErscheinungsjahr 1970Lange 85 MinutenStabRegie Jean Marie Straub Daniele HuilletProduktion Janus FilmKamera Ugo Piccone Renato BertaBesetzungAdriano Apra Otho Anne Brumagne Plautina Ennio Lauricella Galba Olimpia Carlisi Camilla Anthony Pensabene Vinius Jubarite Semaran Straub Laco Jean Claude Biette Marcianus Marilu Parolini Flavia Leo Mingrone Albinus Gianna Mingrone Albiane Eduardo de Gregorio Atticus Sergio Rossi Rutilus Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Inszenierung 3 Hintergrund 4 Produktion 5 Rezeption 6 Varia 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenGekleidet in altromische Kostume und agierend in realen Aussendekors bei denen im Hintergrund immer wieder Gebaude und Strassenverkehr des modernen Roms des Jahres 1969 sichtbar werden rezitieren die Darsteller das Theaterstuck Othon von Pierre Corneille Inszenierung BearbeitenDie Filmzuschauer sehen Menschen die ein fremdes Spiel treiben ein Spiel das zunachst ganz fremd erscheint 1 Dieses reale Fremdsein des Textes fremd fur heutige Zuschauer allein schon durch seine Alexandriner mit Paarreimen haben Straub Huillet mit ihrer Inszenierung von Corneilles Othon Stuck bewusst betont Als Erstes fallt das Sprechen die Sprechweise der Darsteller auf Kameramann Renato Berta hat es in seiner Erinnerung an seine erste Zusammenarbeit mit Straub Huillet so zusammengefasst Der Text ist wichtig klar aber er ist nicht das Thema des Films Das eigentliche Thema ist die Beziehung der Darsteller zum Text 2 Straub selbst schrieb dazu in einer Einfuhrung zur Erstauffuhrung im Fernsehen Der gesprochene Text die Worte sind nicht wichtiger als die ganz unterschiedlichen Rhythmen und Tempi der Darsteller und ihre Akzente verschiedene italienische und franzosische ein englischer und ein argentinischer Akzent nicht wichtiger als ihre einzelnen im Augenblick ergriffenen gegen Larm Luft Raum Sonne und Wind kampfenden Stimmen 3 Es gibt weitere Elemente die das Ganze zunachst als ein fremdes Spiel erscheinen lassen In mehreren Szenen konkurriert der reale Drehort mit der Fiktion Mit Direktton aufgenommen ubertont mal das Platschern von fliessendem Wasser aus einem Brunnen mal der Krach des romischen Strassenverkehrs fast die Stimmen der Darsteller Nicht einmal die Sprache steht in den Darbietungen der Schauspieler im Vordergrund sie rezitieren ihre Verse ausdruckslos und strukturieren ihre Intonation nach Atemmustern nicht nach poetischen Prinzipien So beschreibt es Sarah Jane Foster in ihrem Artikel fur Senses of Cinema aus 2017 4 Die Orientierung in den Orten der Spielhandlung ist nicht einfach Von einer Terrasse mit Uberresten des antiken Roms springt die Handlung im vierten Akt unvermittelt in die Garten einer Villa aus dem 17 Jahrhundert Nur wenn man trotz dieser zusatzlichen Verfremdungen die gesprochenen Texte der Figuren tatsachlich aufnehmen kann wird man die Intrigen dieses manchmal komischen gar lacherlichen Trauerspiels Straub 3 erfassen konnen Daniele Huillet sagte dazu Es sind auch Dinge in dem Film die nicht fremd sind was Erpressung betrifft und Gewalt 1 Straubs Hoffnung Wenn man fur all dies jeden Augenblick offene Augen und offene Ohren behalt wird man den Film gar spannend empfinden 3 Hintergrund BearbeitenCorneilles Theaterstuck Othon basiert auf den realen von Tacitus uberlieferten geschichtlichen Ereignissen im Rom der Jahre 68 und 69 dem Ende von Galbas nur halbjahriger Zeit als romischer Kaiser dem Otho folgte Straub hat darauf hingewiesen dass es die Figur Camilla in der Geschichte bei Tacitus nicht gab sie also eine Erfindung von Corneille sei aus seiner Sicht stelle sie das Land dar das nie befragt wird und uber dessen Schicksal eine Clique bestimmt 3 Der Titel des Films besteht aus zwei Textstellen aus Akt 3 Szene 5 des Corneille Stucks In dem langen Dialog dieser Szene sagt Othon Les yeux ne veulent pas en tout temps se fermer Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen und Camilla sagt Peut etre qu un jour Rome se permettra de choisir a son tour Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlen Der Film beginnt noch vor dem Vorspann mit einem langen Kameraschwenk und einem anschliessenden Zoom auf den Eingang einer Hohle in einer steilen Bergwand Dem Film selbst ist nicht zu entnehmen was es mit dieser Hohle auf sich hat Nur in Gesprachen hat Straub darauf hingewiesen dass dort wahrend der Zeit des Faschismus Partisanen Waffen versteckt hatten 1 Der Abspann des Films endet mit dieser Widmung Dieser Film ist der sehr grossen Zahl jener gewidmet die mit franzosischer Sprache aufgewachsen sind aber nie das Privileg hatten das Werk Corneilles kennenzulernen sowie Alberto Moravia und Laura Betti die mir die Genehmigung beschafften in Rom auf dem Palatin und in den Garten der Villa Doria Pamphilj zu drehen 5 Die deutschen Untertitel wurden von Straub und Huillet gemeinsam mit Herbert Linder erstellt Von Linder stammt auch die erste Ubersetzung des vollstandigen Textes des Corneille Stucks ins Deutsche von ihm selbst 1974 in New York veroffentlicht 6 Produktion BearbeitenDie Dreharbeiten fanden im August und September 1969 in Rom statt Drehorte waren fur die ersten drei Akte eine lange Terrasse auf dem Palatin Hugel fur den vierten Akt die Garten der Villa Doria Pamphilj und fur den funften Akt Gelande am Fuss des Palatin in romischen Trummern Straub 3 Die Urauffuhrung des Films fand am 4 Januar 1970 beim Festival von Rapallo statt und wenig spater im Mai 1970 lief er im Rahmen der Quinzaine des Realisateurs bei den Filmfestspielen von Cannes Die deutsche Erstauffuhrung fand am 8 Oktober 1970 bei der Mannheimer Filmwoche statt Am 26 Januar 1971 wurde der Film im Programm des ZDF gezeigt Gedreht wurde Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlen auf 16 mm Film und lange waren auch alle verfugbaren Kopien im 16 mm Format Spater wurde der Film mit Unterstutzung der franzosischen Filmforderung CNC Centre national du cinema et de l image animee auf das 35 mm Format aufgeblasen Diese Version wurde zum ersten Mal am 7 Januar 1999 in der Pariser Cinematheque gezeigt 6 Rezeption BearbeitenAuf TV Spielfilm heisst es Wahrend die Laiendarsteller man hort s den klassischen Dramentext auf dem Monte Palatino zitieren sieht und hort man im Hintergrund das moderne Rom mit seinem Verkehrslarm Ein gar seltsamer Film 7 Der Filmdienst schreibt Durch eine strenge nahezu asketische Bildgestaltung und einen sehr eigenwilligen Umgang mit dem Text der Vorlage widersetzt sich der Film auch auf formaler Ebene einer herkommlichen Lesart wobei er die Sehgewohnheiten des Publikums mitunter erheblich bruskiert 8 Ahnlich pragnant allerdings mit entgegengesetzter Botschaft die Uberschrift des Artikels von Marguerite Duras zum Pariser Kinostart des Films im Januar 1971 Soyez pas con allez voir Othon Seid nicht dumm schaut Euch Othon an 9 1970 1971 wurde Straub Huillets Film zum Gegenstand einer vehementen Kontroverse zwischen den beiden franzosischen Filmzeitschriften Cahiers du cinema und Positif Beide Zeitschriften waren zu der Zeit politisch linksorientiert aber mit sehr unterschiedlichen Positionen elitar lautete der Vorwurf in Richtung Cahiers populistisch der in Richtung Positif Was den Othon Film betrifft kam Jean Narboni in den Cahiers zu der Wertung die Radikalitat des Films liesse fast die Gesamtheit dessen was es im Kino ublicherweise zu sehen gebe im Niedergang und veraltet aussehen Michel Ciment in Positif sah den Film hingegen als eine vollkommen reaktionare Angelegenheit einen abstrusen 90 minutigen Vortrag 10 Varia BearbeitenDie Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlen war der erste Film bei dem Straub und Huillet mit dem Schweizer Kameramann Renato Berta damals zunachst noch als Assistent von Ugo Piccone zusammengearbeitet haben Seitdem wurde diese Zusammenarbeit bei zahlreichen Filmen immer wieder fortgesetzt zuletzt bei Straubs Kurzfilm aus 2020 La France contre les robots Literatur BearbeitenFilmkritik Heft vom Januar 1971 Darin die folgenden Beitrage Jean Marie Straub Einfuhrung zur Fernsehauffuhrung Gesprach mit Daniele Huillet und Jean Marie Straub von Hark Bohm Frieda Grafe Enno Patalas und Wilhelm Roth Hartmut Bitomsky Beschreibung des Films in Die Rote des Rots von Technicolor Kinorealitat und Produktionswirklichkeit Luchterhand Sammlung Luchterhand Band 69 Neuwied Darmstadt 1972 Darin S 44 46 Marguerite Duras Othon von Jean Marie Straub Aus dem Franzosischen von Johannes Beringer In Die Fruchte des Zorns und der Zartlichkeit Werkschau Daniele Huillet Jean Marie Straub und ausgewahlte Filme von John Ford Direktion Hans Hurch Konzept und Textauswahl Astrid Johanna Ofner Viennale 2004 ISBN 3 901770 15 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Othon Quellen und Volltexte franzosisch Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlen bei IMDbEinzelnachweise Bearbeiten a b c Jean Marie Straub und Daniele Huillet im Gesprach mit Mitarbeitern der Zeitschrift Filmkritik s Literatur Im franzosischen Original Le texte est important oui mais ce n est pas le sujet du film Le vrai sujet c est le rapport des comediens a un texte Renato Berta et Jean Marie Charuau Photogrammes Grasset Paris 2021 S 66 67 a b c d e Jean Marie Straub Einfuhrung zur Fernsehauffuhrung s Literatur Im englischen Original In several scenes the physical surroundings compete with the fiction Recorded as direct sound the trickling of running water from a fountain or the noises of Roman traffic nearly drown out the actors voices The language does not even take priority in the actors performances they recite their lines with little expression and structure their intonations around breathing patterns instead of poetic principles Sarah Jane Foster in Senses of Cinema vom September 2017 abgerufen am 23 Oktober 2022 Der Text im franzosischen Original Ce film est dedie au tres grand nombre de ceux nes dans la langue francaise qui n ont jamais eu le privilege de faire connaissance avec l oeuvre de Corneille et a Alberto Moravia et Laura Betti qui m ont obtenu l autorisation de le tourner sur le Mont Palatin et dans les jardins de la villa Doria Pamphilj a Rome a b Angaben zu Untertiteln sowie zur Produktion wenn nicht anders angegeben gemass Website straub huillet com franzosisch abgerufen am 23 Oktober 2022 Othon In TV Spielfilm Abgerufen am 16 November 2022 Othon In Lexikon des internationalen Films Filmdienst abgerufen am 16 November 2022 In Politique Hebdo vom 14 Januar 1971 hier zitiert nach Die Fruchte des Zorns und der Zartlichkeit S 51 Die Kontroverse ist ausfuhrlich dargestellt in Daniel Fairfax The Red Years of Cahiers du cinema Amsterdam University Press 2021 ISBN 978 94 6372 101 1 Darin das gesamte Kapitel 4 S 125 148 Die Zitate im Englischen the radical quality that makes almost the entirety of what is presently proposed in the name of cinema appear to be in decline and aging Narboni und a perfectly reactionary exercise an abstruse 90 minute long recital Ciment Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Augen wollen sich nicht zu jeder Zeit schliessen oder Vielleicht eines Tages wird Rom sich erlauben seinerseits zu wahlen amp oldid 228028493