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Der Vampyr englischer Originaltitel The Vampyre ist eine 1816 entstandene Kurzgeschichte des englischen Schriftstellers John Polidori Mit dieser Geschichte schuf Polidori die erste Vampirerzahlung der Weltliteratur und begrundete gleichsam mit der Hauptfigur des Lord Ruthven den Typus des modernen Vampirs Der Vampyr deutsche Erstubersetzung Verlag Leopold Voss Leipzig 1819 noch mit der falschen Untertitelung von Lord Byron als AutorErste englische Buchausgabe Sherwood Neely and Jones in London Paternoster Row 1819 Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Entstehung 3 Wirkung 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenAubrey ein junger Englander begegnet in der Londoner Gesellschaft Lord Ruthven einem mysteriosen Edelmann der zunachst als ein perfekter Gentleman mit besten Manieren und ausserstem Zartgefuhl erscheint Aubrey umwirbt den Lord und begleitet ihn schliesslich nach Rom Seine Vormunder teilen ihm brieflich mit dass der Lord einen hochst zweifelhaften Charakter offenbart hat was auch im Nachhinein in London zutage getreten ist Deshalb bitten sie ihn Lord Ruthven zu verlassen Von Rom aus reist Aubrey alleine weiter nachdem er glaubt verhindert zu haben dass Ruthven die Tochter eines gemeinsamen Bekannten verfuhrt Aubrey reist nach Griechenland wo er die Antike studiert und sich in Ianthe die Tochter eines Gastwirtes verliebt Ianthe erzahlt Aubrey uber Legenden von Vampiren und ist verzweifelt als sie von Aubrey belachelt wird denn gemass der Legende seien es vor allem die Zweifler an Vampiren die auf grausame Weise eines Besseren belehrt wurden Kurz danach wird Ianthe von einem Vampir getotet Aubrey erkrankt aus Schuldgefuhl schwer wird aber durch den plotzlich auftauchenden Lord Ruthven wieder aus seiner Lethargie gerissen Aubrey verbindet Ruthven nicht mit dem Mord verdrangt seine Antipathien gegen ihn und begleitet den Lord wieder auf seinen Reisen auf denen Ruthvens vormals ubler Charakter wie umgewandelt scheint Die beiden werden einige Zeit darauf im Wald von Banditen angegriffen und Ruthven wird todlich verwundet Bevor er stirbt lasst der Lord Aubrey einen Eid schworen dass er ein Jahr und einen Tag lang weder dessen Tod noch irgendetwas anderes uber ihn erwahnen und auch nicht erzahlen wird dass er den Lord kannte Auf Ruthvens Geheiss legt Aubrey dessen Leiche im Wald in das Mondlicht wo sie am Morgen nicht mehr auffindbar ist Auf der Heimreise erfahrt er dass die junge Frau die Ruthven in Rom verfuhren wollte gleich nach seiner Abreise spurlos verschwunden ist Als Aubrey wieder nach London zuruckkehrt berichtet ihm seine geliebte Schwester dass sie den Earl von Marsden ehelichen wolle Aubrey ist zunachst geruhrt muss aber nach kurzer Zeit feststellen dass der Earl von Marsden niemand anderer ist als Lord Ruthven dem dieser Titel angeblich kurzlich zugefallen sei Ruthvens fruhere Eskapaden scheinen von der Gesellschaft vergessen worden zu sein Aubrey ist entsetzt den Totgeglaubten zu sehen und will die Ehe verbieten aber der Lord erinnert Aubrey an dessen Eid Ruthvens Tod geheim zu halten Aubrey erleidet erneut einen Nervenzusammenbruch aufgrund dessen man ihn fur unzurechnungsfahig halt Als Ruthven und Aubreys Schwester an jenem Tag an dem der Eid endet heiraten wollen schreibt Aubrey seiner Schwester einen Brief der die Geschichte des Lords preisgibt Der Brief wird aber an Aubreys Arzt ubergeben Daraufhin verrat Aubrey den Vormundern das Geheimnis und stirbt Die Vormunder schaffen es nicht rechtzeitig Aubreys Schwester vor Antritt ihrer Hochzeitsreise zum Ort von Ruthvens angeblichem neuen diplomatischen Posten zu warnen Sie erfahren dass Aubreys Schwester und Ruthven dort wo man von Lord Ruthven bzw dem Earl von Marsden und seinem angeblichen Posten nichts weiss niemals ankommen die beiden bleiben fur immer verschollen womit sich die Prophezeiung von Ianthes Legende erfullt Entstehung Bearbeiten nbsp Die falsche Untertitelung am Anfang der Erzahlung der deutschen Ausgabe1816 im Jahr ohne Sommer entstand in der Villa Diodati am Genfersee aus einem dichterischen Wettstreit mit Lord Byron sowie Mary Shelley und Percy Bysshe Shelley Polidoris Erzahlung The Vampyre Aus Mary Shelleys Feder entsprang der Roman Frankenstein oder Der moderne Prometheus wahrend Percy Shelleys Geistergeschichte nicht niedergeschrieben wurde 1 Lord Byron verfasste einen kurzen achtseitigen Entwurf den er im Juni 1819 unter dem Titel Fragment zusammen mit seinem erzahlenden Gedicht Mazeppa veroffentlichte 2 John Polidori nannte sein Werk Der Vampyr es wurde erst spater von ihm beendet Er entnahm dabei Byrons Fragment wesentliche Anregungen schuf aber eine eigenstandige Erzahlung in der er den Titelhelden seiner Geschichte Lord Ruthven mit Byron ahnlichen Zugen ausstattete Der Vampyr wurde am 1 April 1819 vom Verlag Colburn in der Zeitschrift The New Monthly Magazine ohne Polidoris Erlaubnis veroffentlicht Die Geschichte wurde falsch untertitelt und als A Tale by Lord Byron Eine Erzahlung von Lord Byron bezeichnet Matthew Beresford hat die verwirrenden Umstande und Ereignisse um die Veroffentlichung unter Byrons Namen genauer untersucht Ihm zufolge weiss niemand wirklich wie Colburn in den Besitz des Manuskripts gekommen ist Es besteht aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit dass Colburn wusste dass Polidori der Autor war Colburn aber annahm dass sich die Erzahlung unter dem Namen Byrons besser verkaufen wurde 3 Bereits am 2 April schrieb Polidori einen Brief an Colburn in dem er darauf hinwies dass er selbst und nicht Byron der Autor sei 4 Byron der zu der Zeit in Italien lebte distanzierte sich am 24 April in einem offentlichen Brief an die in Paris erscheinende englischsprachige Zeitung Galignani s Messenger von der Autorenschaft Schon bald wurde dieser Brief auch in England veroffentlicht 5 Zu den Wirren um die Autorenschaft konnte auch der Name der Hauptfigur Lord Ruthven beigetragen haben weil dieser Name ursprunglich in Caroline Lambs Roman Glenarvon Verwendung gefunden hatte der vom selben Herausgeber mit einer Zeichnung von Lord Byron veroffentlicht worden war Lambs Werke wurden damals anonym herausgebracht Erst in der zweiten Auflage der Erzahlung in Buchform wurde Polidori als Autor angegeben Goethe in Unkenntnis der wahren Verhaltnisse bezeichnete das Werk als bestes Produkt Byrons 6 Wirkung BearbeitenDie Geschichte war ein grosser Erfolg weil sie unter Byrons Namen veroffentlicht wurde und eine typische Gothic novel war die den damaligen Zeitgeschmack der schwarzen Romantik traf Vampirdarstellungen waren zwar schon fruher bekannt wie in Gedichten von Heinrich August Ossenfelder Mein liebes Madchen glaubet 1748 in Burgers Lenore 1774 Goethes Die Braut von Korinth 1798 oder Hymnen an die Nacht von Novalis 1800 in denen Vampire aber eher geisterhaft in Erscheinung treten 1797 wird nur als Randerscheinung in Thalaba the Destroyer von Robert Southey ein Vampir beschrieben Samuel Taylor Coleridge stellt in seiner Erzahlung Christabel von 1797 1800 den Vampir weiblich dar und Ignaz Ferdinand Arnolds Roman Der Vampir aus dem Jahr 1801 ist nicht mehr erhalten Auch in einer Passage von Byrons epischem Gedicht The Giaour 1813 wird lediglich die traditionelle volkstumliche Vorstellung von Vampiren bedient Vor Der Vampyr waren deshalb in den Erzahlungen des Volksglaubens meist Vampire vorherrschend die einen wilden animalischen Charakter hatten Im Gegensatz dazu stattete Polidori seinen Vampir zum ersten Mal mit aristokratischen und vornehmen Zugen aus und erstellte den Archetypus des Byronic Heros 7 Polidoris Werk beeinflusste die zeitgenossische Literatur und es erschienen mehrere Ausgaben und Ubersetzungen von Der Vampyr 1820 erschien Lord Ruthwen ou les Vampires eine nicht autorisierte Fortsetzung von Cyprien Berard die falschlich Charles Nodier zugeschrieben wurde Nodier verfasste 1820 selbst wiederum Le Vampire ein Buhnenmelodram das im Gegensatz zu Polidoris Vorlage in Schottland spielt Der englische Melodramatiker James Planche adaptierte 1820 das Stuck und fuhrte es unter dem Titel The Vampire or the Bride of the Isles im damaligen Lyzeum auf 1822 erschien das deutsche Schauspiel Der Vampyr oder die Todten Braut von Heinrich Ludwig Ritter Der Erfolg fuhrte schliesslich zu Opernadaptionen von Heinrich Marschner Der Vampyr 1828 sowie von Peter Joseph von Lindpaintner und Casar Max Heigel Der Vampyr 1828 1851 brachte Alexandre Dumas das Buhnenstuck dann unter dem Titel Le Vampire heraus Die Figur des Lord Ruthven wurde auch 1852 in Dion Boucicaults Melodram The Vampire A Phantasm und spater von weiteren Autoren in ihren Werken verwendet Das Thema des vornehmen Vampirs in Polidoris Erzahlung beeinflusste das ganze nachfolgende Vampirgenre Edgar Allan Poe Berenice 1835 Alexei Konstantinowitsch Tolstoi Die Familie des Wurdalak 1840 Der Vampir 1841 Joseph Sheridan Le Fanu Carmilla 1872 und schliesslich Bram Stoker Dracula 1897 schrieben ebenfalls Vampirgeschichten deren Vampire der Aristokratie entstammten und nicht mehr die wilden Bestien des Volksglaubens waren 7 Die Begebenheiten um die Entstehung von Der Vampyr und Frankenstein wurden 1986 in Ken Russells Film Gothic thematisiert Ausgaben Bearbeitenenthalten in Herbert Greiner Mai Hg Der Vampir Gespenstergeschichten aus aller Welt Verlag Das Neue Berlin 1981 u o enthalten in dsb Hg und Vorwort Die Nebeldroschke Deutschsprachige Gespenstergeschichten Band 1 Nymphenburger Munchen 1983 u o ISBN 3 485 00451 0 ISBN 3 485 00450 2 auch Verlag Das Neue Berlin ISBN 3 360 00012 9 S 12 ff John Polidori Der Vampyr Eine Erzahlung Edition Scaneg Munchen 1991 ISBN 3 89235 509 6 John William Polidori Der Vampyr Eine Erzahlung JMB Verlag Jens Bolm Hannover 2010 ISBN 978 3 940970 80 0 John William Polidori Der Vampyr Eine Erzahlung 2 Pressendruck des Logbuch Verlages Bremen 2014 ISBN 978 3 00047 674 7Literatur BearbeitenChristopher Frayling Hrsg Vampyres Lord Byron to Count Dracula Faber amp Faber London 1992 ISBN 0 571 16792 6 Reinhard Kaiser Der kalte Sommer des Doktor Polidori Roman Frankfurter Verlagsanstalt Frankfurt M 1991 ISBN 3 627 10200 2 Frederico Andahazi Las piadosas Novela Plaza amp Janes Barcelona 1998 ISBN 84 01 32756 3 deutsch Lord Byrons Schatten Roman Rowohlt Reinbek 2001 ISBN 3 498 00060 8 Matthew Beresford The Lord Byron John Polidori relationship and the foundation of the early nineteenth century literary vampire submitted to the University of Hertfordshire in partial fulfilment of the requirements of the degree of Doctor of Philosophy June 2019 online zuganglich unter 4 Abgerufen am 17 Marz 2021 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Der Vampyr Quellen und Volltexte The Vampyre HTML The Vampyre bei Projekt GutenbergEinzelnachweise Bearbeiten Holmes Richard Shelley The Pursuit London 1974 2 1994 Neuauflage 2005 Harper Perennial S 328 Fiona MacCarthy Byron Life and Legend London 2002 2014 John Murray Publishers Ltd S 293f Matthew Beresford The Lord Byron John Polidori relationship and the foundation of the early nineteenth century literary vampire Submitted to the University of Hertfordshire in partial fulfilment of the requirements of the degree of Doctor of Philosophy Juni 2019 S 109f online zuganglich unter 1 Abgerufen am 17 Marz 2021 Matthew Beresford The Lord Byron John Polidori relationship and the foundation of the early nineteenth century literary vampire Submitted to the University of Hertfordshire in partial fulfilment of the requirements of the degree of Doctor of Philosophy Juni 2019 S 115 online zuganglich unter 2 Abgerufen am 17 Marz 2021 Matthew Beresford The Lord Byron John Polidori relationship and the foundation of the early nineteenth century literary vampire Submitted to the University of Hertfordshire in partial fulfilment of the requirements of the degree of Doctor of Philosophy Juni 2019 S 127 online zuganglich unter 3 Abgerufen am 17 Marz 2021 Johann Wolfgang von Goethe Gedenkausgabe der Werke Briefe und Gesprache 28 August 1949 Hg v Ernst Beutler 26 Bande Zurich Artemis 1948 71 Band 23 Goethes Gesprache Zweiter Teil S 70 Tagebuchnotiz von Friedrich von Muller 25 Februar 1820 a b Frayling 1992 Normdaten Werk GND 1131100492 lobid OGND AKS LCCN no97080383 VIAF 181659982 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Vampyr Polidori amp oldid 230729990