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Der Tod und das Madchen ist der Titel des Streichquartetts Nr 14 d moll op post D 810 von Franz Schubert Schubert hat das Quartett fur zwei Violinen eine Viola und ein Violoncello bereits 1824 komponiert eine private Urauffuhrung fand am 1 Februar 1826 in der Wiener Wohnung des Hofkapellsangers Joseph Barth statt 1 Veroffentlicht wurde es posthum 1829 im Verlag Josef Czerny Die offentliche Urauffuhrung wurde im Marz 1833 von Carl Moeser in Berlin gespielt Das Werk gehort neben dem Quartettsatz in c Moll D 703 und den beiden Streichquartetten in a Moll D 804 bzw op 29 auch Rosamunde Quartett genannt und G Dur D 887 bzw op 161 in die Gruppe der spaten Quartette Schuberts Originalmanuskript des Streichquartetts The Mary Flagler Cary Music Collection Morgan Library NYOriginalmanuskript des LiedesStreichquartett Nr 14 d mollDie vier Satze sind in Moll gehalten im Gegensatz zu Schuberts 1817 geschaffenem Kunstlied Der Tod und das Madchen Der zweite Satz des Streichquartetts das Andante con moto ist eine Variationsreihe auf die Einleitung zum Kunstlied das auf ein gleichnamiges Gedicht von Matthias Claudius zuruckgeht Dies gab auch dem Quartett den Beinamen und macht es zu einem prominenten Beispiel des seit der Renaissance bekannten Sujets vom Tod und Madchen 2 Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Gestaltung 2 1 Erster Satz 2 2 Zweiter Satz 2 3 Dritter Satz 2 4 Vierter Satz 3 Bearbeitung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenBiografisch fiel die Schaffung des Streichquartetts in Schuberts schwerste Zeit Er beabsichtigte in Wien Fuss zu fassen und als Opernkomponist anerkannt zu werden Nach zahlreichen Versuchen seit 1814 wollte der nunmehr 26 Jahrige 1823 mit drei Opern den Durchbruch erzwingen Er scheiterte weil die Libretti als durftig galten und seine Musik den Publikumsgeschmack nicht traf Zeitgleich erkrankte er schwer an Syphilis und Neurasthenie 3 Diese krisenhaften Lebensumstande bilden den Hintergrund der Komposition aber sie erklaren nicht ihren anerkannt hohen kunstlerischen Rang 4 Gestaltung BearbeitenAls absolute Musik hat das Quartett d Moll programmatisch nichts mit dem Titel zu tun Das bedeutet dass hierin nicht etwa der Tod oder das Madchen musikalisch geschildert werden sondern der Ablauf rein nach innermusikalischen Gesetzen und Ausdrucksformen gestaltet ist Das Streichquartett besteht aus vier Satzen die zusammen etwa 41 Minuten dauern wenn alle Wiederholungen gespielt werden 1 Satz Allegro d Moll 4 4 Takt Sonatensatzform ca 15 2 Satz Andante con moto g Moll 2 2 Takt Variationsform ca 13 3 Satz Scherzo Allegro molto d Moll 3 4 Takt dreiteilige Liedform ABA ca 4 4 Satz Presto d Moll 6 8 Takt Sonatenform ca 9 Erster Satz Bearbeiten Mit Ausnahme des 2 Satzes sind die Satze bestimmt durch die tragische Spannungssphare zwischen Sein und Vergehen Schon die vierzehn Takte Einleitung deuten mit ihrer sprechenden Folge von drohnendem An und Mahnruf leiser banger Frage und beklommenem Nachsinnen gleichsam epigrammatisch auf die tiefernste Grundstimmung des Ganzen Einpragsam tritt auch hier schon das unruhig antreibende Triolenmotiv in Erscheinung das den ersten Satz weithin als Bewegungselement beherrscht 5 Dem 1 Satz liegt die Sonatenform zugrunde allerdings ohne extra Durchfuhrungsteil weil Exposition und Reprise diese bereits integriert haben denn nach Vorstellung der Themen beginnt gleich der Verarbeitungsprozess Auffalligerweise spielt das im pianissimo vorgetragene erste Thema T 15 19 keine Rolle es tritt nach der Oktavwiederholung erst wieder verkurzt und versteckt in der 2 Violine kurz nach Beginn der Reprise auf T 152 und dann schliesslich in der Coda T 311 Ausser dem Triolenmotiv aus der Einleitung das bereits das erste Thema im durchbrochenen Satz stutzt und im Weiteren verarbeitet wird bestimmt dann das zweite Thema T 62 65 den Satz In immer wieder neuen Formulierungen und Zusammenhangen wandert es durch die vier Instrumente die gleichberechtigt an der Verarbeitung teilhaben Dabei erschliesst sich Schubert durch Wechsel von Lautstarke Tonhohe Harmonik neue Ausdrucksvarianten zwischen schroff unisono und zart geschmeidig Einmal gesellt sich ein kurzfristig aufblitzendes neues Motiv T 102 hinzu einmal wird das 2 Thema in der Reprise zur Begleitfigur reduziert auf dem sich eine kleine Melodie mit dem charakteristischen Eineinhalbtonschritt der harmonischen Molltonleiter T 187 erhebt Dabei findet die thematische Arbeit in Blocken statt die durch schroffe Zasuren fortissimo unisono getrennt sind Die ersten 40 Takte des Satzes haben keine Entsprechung am Anfang der Reprise die anderen Abschnitte finden sich teils identisch teils transponiert und satztechnisch verandert aber in Verlauf und Dauer gleich in der Reprise wieder Die Coda T 299 fuhrt uber wehe Vorhaltsdissonanzen nachdenklich ausgehaltene Akkorde und eine Wiederkehr der ersten Entwicklung des 1 Themas schliesslich zu einem ermatteten Niedersinken in Dusternis und Trauer 6 Zweiter Satz Bearbeiten Das Thema nimmt im ersten Teil die achttaktige Einleitung von Schuberts Lied Der Tod und das Madchen auf eine aus zwei gleichen Halften bestehende achttaktige Periode Im zweiten Teil werden zwei weitere Perioden hinzugefugt wobei die erste den Mittelteil des Themas bildet und die zweite durch melodische Bezuge zum Anfang das Thema rundet Das Thema wird wie in der Vorlage pianissimo im akkordischen Satz vorgetragen In der 1 Variation stellt die Bassstimme das Thema im Pizzicato dar die Mittelstimmen fullen die Akkorde mit triolischen Tonwiederholungen auf und die 1 Violine figuriert Dreiklangbrechungen und Vorhalte mithilfe eines raffiniert auf den Pavanenrhythmus bezogenen Rhythmusmodells Die 2 Variation steigert Lautstarke Kurze der Notenwerte inneres Accelerando und Ausdruck letzteres durch eine hohe Cellomelodie die den Pavanenrhythmus in jedem 2 Takt aufnimmt der sich in Oktaven und doppelten Notenwerten in der Bratsche befindet dazu Harmonie stutzende Tone in Punktierungen in der 2 Violine und Dreiklangsbrechungen in Sechzehnteln in der 1 Violine Vorlaufiger Hohepunkt der Steigerung ist die 3 Variation die fortissimo unisono und mit abermals verdoppelten Notenwerten des Pavanenrhythmus einen sehr schroffen Ausdruck des Themas erreicht Im weiteren Verlauf behalten die Mittelstimmen diese neue Version des Pavanenrhythmus bei wahrend die Aussenstimmen dazu kleine melodische Wendungen oder zueinander komplementar gesetzte Akkorde spielen Die 4 Variation leitet die inzwischen aufgebaute Energie ins Zarte um durch den Tonartwechsel nach G Dur pianissimo in der Lautstarke einer anschmiegsamen Melodik in den beiden Unterstimmen die das Thema in der originalen rhythmischen Gestalt und einigen melodischen Wendungen wieder aufnehmen Spater beteiligt sich daran auch die 2 Violine wahrend die erste dazu unaufdringliche Triolen figuriert Diese finden sich im 1 Teil der 5 Variation im Bass wahrend die Mittelstimmen die Thematik wie in der Variation artikulieren und die 1 Violine Sechzehntel meist als Tonwiederholungen prasentiert Dadurch ergibt sich bereits eine Steigerung die massiv im 2 Teil Raum greift durch akkordische Tonwiederholungen in Sechzehnteln der drei Oberstimmen wobei das Cello das Thema leicht figuriert aufnimmt Nach einer Uberleitung mit Triolen der 1 Violine auf liegenden Akkorden beginnt die Coda gebetsartig im dreifachen piano mit der leicht veranderten homophonen Themenformulierung des Anfangs Zusammenfassend gewinnt Schubert dem Thema im Sinne absoluter Musik zahlreiche Ausdrucksvarianten und kompositorische Raffinessen ab Dritter Satz Bearbeiten Das harte kantige Scherzothema allegro molto forte unisono der Violinen ist eine achttaktige Periode die sich im 2 Teil des Scherzos variiert in den beiden Unterstimmen wiederfindet wozu die oberen Stimmen taktweise in Halbtonschritten abwarts schreiten was dem passus duriusculus entspricht der seit der Renaissance als Ausdruck des Schmerzes oder der Qual in der Musik etabliert ist Dagegen bildet das zart und lieblich singende Trio 7 mit seinem Wechsel zu Dur pianissimo und weitgehend homophonen Wohlklang einen krassen Gegensatz der von einer 16 taktigen Melodie zwei Perioden ausgeht Aufgrund des Da capos des Scherzos wird die ursprungliche Haltung wieder eingenommen Vierter Satz Bearbeiten Im Presto Finale beherrschen aufs neue aber noch bewegender noch erregender als im ersten Satz die dusteren bedrohlichen Krafte das Feld Unisono setzen die vier Instrumente mit dem ruhelos dahinhastenden d moll Hauptthema ein Es bestimmt den Gesamtcharakter des ganzen Satzes der in steigendem Masse das Bild des Jagens beschwort 7 Es besteht aus zwei piano vorgetragenen achttaktigen Perioden deren erste Halfte identisch ist und deren zweite Halfte zunachst nach f fuhrt nach dem Neuansatz dann zuruck in den Grundton d Der dritte Takt wird gleich nach der Themenvorstellung abgespalten und als Begleitmotiv in der 1 Violine eingesetzt wahrend Bratsche und Cello in imitatorischem Stimmeinsatz das Thema aufnehmen Im Verlauf des Verarbeitungsprozesses und wird das Motiv ein eigenstandiges konstitutives Element Das 2 Thema T 88 bildet zum ersten einen krassen Kontrast der die zuvor jagende Bewegung jah stoppt durch seinen kompakt homophonen Satz das gestaute rhythmische Bewegung nur noch ein langer Ton pro Takt fortissimo und das sforzato das ihm einen ruppigen Ausdruck gibt Die Verarbeitung basiert allerdings meist auf dem Hauptthema und zwar in Blocken deren rasende Bewegung immer wieder durch harte Fortissimo Zasuren gestoppt wird die in ihrer Akkordik an das 2 Thema gemahnen Es folgt eine durchfuhrungsartige Verarbeitung des ersten Themas Beim Epilog T 252 bildet das abgespaltene Motiv aus dem Hauptthema die Begleitung fur eine leicht ungarisierende Melodie in der 1 Violine Der Aufbau des Satzes entspricht dem ersten Satz Nach der Exposition die die Durchfuhrung durch permanente thematische Arbeit bereits aufnimmt erscheint die Reprise in gleicher Anlage im Detail aber naturlich variiert Die Coda beginnt in T 651 mit der Wiederaufnahme des 1 Themas in seiner ursprunglichen Gestalt um dann ab T 707 prestissimo in eine Stretta zu munden die ihrerseits die jagende Bewegung vom pianissimo ins dreifache Forte steigert und sowohl den Satz als auch das Quartett auf dem Gipfelpunkt voller Energie abschliesst Die Analyse belegt dass Franz Schubert trotz prekarer Lebensumstande mit diesem Quartett ein kompositorisch reichhaltiges Meisterwerk gelungen ist Der fast dauernd angespannte Ton und die gebundelte Energie mogen in direktem Bezug zu seiner Krise zu sehen sein die technische Raffinesse und seelische Durchdringung weisen weit daruber hinaus Bearbeitung BearbeitenGustav Mahler hat das Quartett fur Streichorchester bearbeitet Den zweiten Satz Variationensatz dieser Bearbeitung fuhrte er am 19 November 1894 in einem seiner Hamburger Subskriptionskonzerte auf Mahlers Transkription des Werks blieb lang unbekannt Die Partitur mit Mahlers Eintragungen blieb zunachst im Besitz von Mahlers Tochter Anna die sie schliesslich Donald Mitchell ubergab Dieser publizierte die Transkription 1985 gemeinsam mit David Matthews 8 Literatur BearbeitenMarcel Schneider Schubert Aus dem Franzosischen ubertragen von Walter Deppisch rororo Bildmonografien Hamburg 1958 hier 10 Auflage 1979 ISBN 3 499 50019 1 Hans Renner Reclams Kammermusikfuhrer 8 Auflage Stuttgart 1976 ISBN 3 15 008001 0 Otto Erich Deutsch Werner Aderhold Walther Durr Arnold Feil Hrsg Franz Schubert Werkverzeichnis Der kleine Deutsch dtv Barenreiter 1983 ISBN 3 423 03261 8Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Der Tod und das Madchen Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Kammermusik org Werkdetails Streichquartett Nr 14 d moll op post D 810 Der Tod und das Madchen abgerufen am 28 Dezember 2011 Kammermusikkammer Franz Schubert Die Streichquartette abgerufen am 28 Dezember 2011 vgl dazu die eindrucksvolle Darstellung bei Marcel Schneider Schubert S 73 75 Hans Renner Reclams Kammermusikfuhrer S 393 Hans Renner Reclams Kammermusikfuhrer S 393 Hans Renner Reclams Kammermusikfuhrer S 394 a b Hans Renner Reclams Kammermusikfuhrer S 395 Vgl etwa Barbara Zuber Aufgreifen und ausfuhren Einige Gedanken zu Schubert und Mahlers Bearbeitung des Streichquartetts Der Tod und das Madchen D810 In Musik Konzepte 91 Gustav Mahler Der unbekannte Bekannte Text und Kritik Munchen 1996 S 76 102 hier S 78 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Tod und das Madchen Streichquartett amp oldid 231110693