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Eine Dema Gottheit ist ein gottliches Urzeitwesen das in Lebewesen oder Gegenstanden wohnt und aus dessen Korperteilen neue lebenswichtige Dinge entstehen wenn es getotet wird 1 Zumeist handelt es sich um Nutzpflanzen die auf diese Weise ihr Wissen an den Menschen weitergeben Ursprung der Vorstellung ist offenbar die Tatsache dass Knollenfruchte zerschnitten und eingegraben werden mussen um aus ihnen neue Fruchte zu ziehen Der Begriff wurde von Adolf Ellegard Jensen 1899 1965 dem neben Leo Frobenius 1873 1938 bedeutendsten Vertreter der fruhen Kulturmorphologie eingefuhrt Er hat das Wort Dema der Sprache und Kultur der Marind anim in Sud Neuguinea entnommen In der fruhen Volkerkunde wurde die Dema Gottheit den fruhen Pflanzern des Neolithikums als religioses Grundkonzept zugeordnet Diese weite Auslegung die nur in der deutschen Ethnologie vorkommt 1 ist wegen der sehr schmalen ethnoreligiosen Basis heute umstritten siehe auch Sackgassen der ethnologischen Religionsforschung Inhaltsverzeichnis 1 Geistiger Ursprung 2 Definition nach Jensen 3 Dema Gottheit und Mensch 4 Hauptcharakteristika 5 Kritik 6 Einzelnachweise 7 LiteraturGeistiger Ursprung BearbeitenGeistiger Ursprung der Dema Vorstellung war vermutlich die ungeloste Frage warum Menschen andere Menschen und Tiere toten und diese auch noch zum Ruhme der Gotter aufessen Dieses Handeln sei nach Jensen nicht der Vorstellungswelt der Jager und Sammler entsprungen sondern der ersten Bauern des Neolithikums welche gewusst hatten dass sie die Fruchte des Feldes toten mussten um sie essen zu konnen und diesen Totungsakt von der Existenz einer ursprunglichen Dema Welt abgeleitet hatten deren Totung in Gestalt der Dema Gottheiten erst menschliches Leben ermoglicht habe und sich nun standig in den bauerlichen Ritualen wiederhole so wie auch der Mensch nun Geburt und Tod ausgesetzt sei Rituelles Toten wiederhole somit den mythischen Vorgang sei also keineswegs als Opfer fur einen Gott zu deuten Menschenopfer in spateren Kulturen seien daher auch als Degeneration anzusehen mit denen die Ordnung der Welt wiederhergestellt werden musse Gleichzeitig erklare sich daraus auch die enge Verbindung der Dema Gottheiten mit dem Totenreich denn sie seien auch die ersten Toten gewesen und hatten sich dabei in Nutzpflanzen und den Mond verwandelt die beide ja sterben und wiedererstehen vgl Totengericht Entsprechende mythologische Vorstellungen finden sich nicht nur in den altindonesischen Religionen und bei den fruhen Pflanzern Ozeaniens sondern auch in Nord Mittel und Sudamerika etwa bei den fruhen Maisbauern was zu Spekulationen uber deren Herkunft gefuhrt hat 2 Definition nach Jensen BearbeitenIn Mythos und Kult bei Naturvolkern definiert Jensen die Dema Gottheit und ihre Eigenschaften in etwa wie folgt Das Eigentumliche an diesen menschen tier oder pflanzengestaltigen Dema Gottheiten sei dass sie von Menschen getotet zerstuckelt und begraben werden Aus den Leichenteilen entstehen die Nahrungspflanzen vor allem die Knollenpflanzen und Palmen Obwohl diese vor allem auch als Kulturheros auftretenden Gottheiten ahnliche Vorstellungen von Kulturheroen gibt es ja auch im pazifischen Raum und in Afrika nicht bei allen einfachen Pflanzervolkern auftreten ist die Vorstellung dass aus Toten Leben entsteht vor allem in einfachen Pflanzerkulturen zu finden Die bekannteste Variante einer Dema Gottheit ist der Hainuwele Mythos der Wemale von der Insel Ceram wie ihn Jensen uberliefert Die Dema Gottheit nach Jensen unterscheidet sich von den uns gelaufigen Gottesvorstellungen vor allem dadurch dass sie Wissen nicht als Kulturheros vermittelt sondern es direkt durch den Tod ihrer sich in Nutzpflanzen verwandelnden Korper weitergibt was dann im Opferkult immer wieder nachvollzogen wird Dema Gottheit und Mensch BearbeitenDie zeitliche Wirksamkeit der Dema Gottheiten liegt in der Vergangenheit am Ende der Urzeit wo sie die beherrschenden Wesen unter den als Dema bezeichneten Urvolkern waren mit denen der heutige Mensch durch eine lange Kette von Ahnen verbunden bleibt und die als menschen tier und pflanzengestaltig beschrieben werden Diese Phase ist abgeschlossen Der Bruch zwischen ihrer und der menschlichen Welt kommt durch den Diebstahl gottlichen Eigentums wie Feuer Korn usw durch Kulturheroen zustande z B Prometheus und habe die Abtrennung der Menschenwelt als Strafe zur Folge gehabt wobei die Menschen aus den Demas hervorgegangen ab er nun sterblich geworden seien Es gibt aber auch die Vorstellung dies sei durch menschliche Klugheit geschehen negative und positive Variante Hauptcharakteristika BearbeitenDie Dema Gottheit ruft durch ihr schopferisches Wirken das Seiende mit seiner Ordnung und die Menschen erst hervor die durch eine lange Kette von Ahnen an sie gebunden sind Auch Tiere und Geister sind aus ihr hervorgegangen Ihr mystisches Wirken wird durch ihre Totung beendet Sie wirkt jedoch auf verschiedene Weise fort in den Nutzpflanzen und im Totenreich in das sie sich auf ihrer Totenreise verwandelt Ihr Wirken schliesst alle Aspekte der Wirklichkeit ein die bosen wie die guten Kritik BearbeitenIn der Literatur findet sich zum Konzept der Dema Gottheit allerdings auch Kritik 3 Es ist problematisch diese nur in kleinen Gruppen Melanesiens und Amerikas existierende dazu recht heterogenen Vorstellung nun insgesamt als Phanomen fur alle vor und fruhgeschichtlichen Kulturen aller Klima und Umweltzonen einzufuhren denn die an sich vor allem fur Gartenbau Kulturen typischen Dema Gottheiten sind funktionell auch im alten Himmelsgott enthalten Moglicherweise sind sie sogar lokal als neolithische Sonderform daraus hervorgegangen Die Vorstellung vom sterbenden Vegetationsgott wie man ihn etwa im Adonis Mythos Palastinas und Griechenlands findet passt hier aber viel eher in die neolithisch bauerlichen Zusammenhange Einzuwenden ist ferner dass in der weitaus grossten Zahl der neolithischen Kulturen dieser klassische Fruchtbarkeitskult vorherrscht und die Konzentrierung auf das einzige Symptom Opfer als Ursprung des Dema Kults sehr einseitig scheint zumal sich der neolithische Fruchtbarkeitskult viel zwangloser aus alten animistischen Vorstellungen ableiten und zudem Raum fur die im Neolithikum angeblich weit verbreitete Vorstellung der Muttergottin lasst Auch die Beschrankung auf Fruhformen des Neolithikums scheint schon wegen ihrer schlechten archaologischen Nachweisbarkeit bedenklich Jensens Dema Konzept steht damit eher in der Reihe kulturanthropologischer Interpretationen wie sie etwa auch von Sigmund Freud in Totem und Tabu 1912 13 oder Emile Durkheim in Die elementaren Formen des religiosen Lebens 1912 bekannt sind Vor allem aber gilt sein Lehrer Leo Frobenius mit seinem Konzept der Paideuma oder Kulturseele als sein wichtigster Ideengeber Einzelnachweise Bearbeiten a b Walter Hirschberg Begr Wolfgang Muller Red Worterbuch der Volkerkunde Neuausgabe 2 Auflage Reimer Berlin 2005 S 75 76 Dema Campbell Mythologie der Urvolker Encyclopedia BritannicaLiteratur BearbeitenJ Campbell Die Masken Gottes Band 1 Mythologie der Urvolker Sphinx Basel 1991 ISBN 3 85914 001 9 S 198 203 206 209 215 240 261 Encyclopedia Britannica 15 Auflage 1993 ISBN 0 85229 571 5 Vol 4 S 1 Vol 24 S 728 Vol 26 S 792 M Eliade Geschichte der religiosen Ideen Bd 4 Entdeckungen bis zur Gegenwart Herder spektrum Freiburg 1991 ISBN 3 451 05274 1 S 107 110 152ff A E Jensen Die getotete Gottheit Weltbild einer fruhen Kultur Kohlhammer Stuttgart 1966 A E Jensen Mythos und Kult bei Naturvolkern dtv Munchen 1991 ISBN 3 423 04567 1 S 131 134 151 160 165 170 183 186ff 200 208 213 216 223 231 250 277 314f 389ff 391 430 447 J van Baal Dema Description and Analysis of Marind Anim Culture South New Guinea Den Haag 1966 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dema Gottheit amp oldid 218372843