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Das Amulett ist der Titel einer Novelle von Conrad Ferdinand Meyer die im Winter 1872 73 entstand und erstmals 1873 bei Hessel in Leipzig erschien Die in 10 Kapitel gegliederte Handlung spielt im 16 Jh zur Zeit der Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten in Frankreich Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Handlung 1 2 Hauptfiguren 2 Analyse der charakteristischen Novellenmerkmale 2 1 Der Falke 2 2 Das Ausserordentliche Ungewohnliche Unerhorte 2 3 Dramatische Struktur 2 4 Objektivierende Erzahlhaltung 2 5 Begrenztheit straffe Konstruktion 2 6 Die Rahmenerzahlung 2 7 Die gesellschaftliche Krise historische Einordnung 3 Entstehung und Rezeption 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenHandlung Bearbeiten In einer Herausgeberfiktion gibt ein namentlich nicht genannter Bearbeiter die Aufzeichnungen Hans Schadaus aus dem 17 Jh wieder Der Erzahler schildert nach der 1611 spielenden Rahmenhandlung 1 Kap seine Jugend am Bieler See 2 Kap wo er wegen des Todes seiner Eltern bei seinem Oheim Renat im Schloss Chaumont aufwachst Als Protestant wird er nach calvinistischer Lehre erzogen Der Sohn eines Soldaten traumt davon an einem Feldzug gegen den Herzog von Alba zur Befreiung der Niederlande teilzunehmen Eines Tages taucht ein Fremder bei ihnen auf und Schadau heuert ihn als Fechtmeister an um sich in dieser Kampftechnik zu verbessern Eines Tages erreicht sie die Nachricht dass ein bohmischer Fechtmeister wegen Mordes gesucht wird und Schadau verhindert nicht seine Flucht Nach einem Streit auf einer Hochzeit uber die Bewertung Albas schlagt sich Schadau mit seinem Kontrahenten und er bricht am nachsten Tag nach Paris auf um dort auf den Ausbruch eines bereits langer erwarteten Krieges zur Befreiung der von den Spaniern besetzten Niederlande zu warten Wie sein Vater mochte der 20 Jahrige unter Admiral Coligny dienen den er abgottisch verehrt Unterwegs kehrt er von einem Gewitter uberrascht in einer Gaststatte bei Melun ein und lernt dort Wilhelm Boccard einen Freiburger sowie den Parlamentsrat Chatillon mit seiner vermeintlichen Nichte Gasparde kennen 3 Kap Schadau schwarmt fur den Admiral Coligny dem er sich anschliessen will und nennt dessen toten Bruder Dandelot sein Vorbild Die beiden Calvinisten diskutieren mit dem Katholiken Boccard uber ihre unterschiedlichen Religionsansichten u a uber die Pradestination und die Wunderheilungen uber die sich Schadau lustig macht Daruber kommt es zum Streit und Boccard erzahlt wie er von der Muttergottes von Einsiedeln von der Kinderlahmung geheilt wurde Deswegen tragt er ein Amulett mit sich In Paris angekommen sucht Schadau den Admiral Coligny auf den Anfuhrer der franzosischen Calvinisten der ihm einen Platz in seiner Deutschen Reiterei verspricht und ihn bis Kriegsbeginn als Schreiber anstellt Anschliessend besucht er Chatillon der offenbar ein gutes Wort fur ihn eingelegt hat in seinem Haus auf der Ile Saint Louis Der Parlamentsrat erzahlt ihm dass Gasparde nicht seine Nichte sondern die Tochter Dandelots des Bruders des Admirals ist Als Schadau spater mit Gasparde am Fenster steht und der Hetzpredigt des Franziskaners Panigarola gegen die Calvinisten lauscht geht unten ein Hofling des Herzogs von Anjou der Graf Guiche vorbei der Gasparde bereits langer nachstellt und wirft ihr eine Kusshand zu Sie weist ihn ab und gibt ihm gegenuber Schadau als ihren Beschutzer aus Kap 4 Am nachsten Tag beginnt Schadau seine Arbeit beim Admiral und erlebt dort den Auftritt des schwachlich wirkenden franzosischen Konigs auf den Coligny seine Hoffnung setzt Auf seinem Heimweg trifft Schadau Boccard der im Dienst der Schweizer Garde des Konigs steht und ihm seine Unterkunft im Schloss dem Louvre zeigt Als er ihn dann zu seinem Gasthof begleitet begegnet ihnen in einer engen Gasse Graf Guiche Dieser fordert Schadau auf ihm Platz zu machen und nennt ihn einen verdammte n Hugenott en Boccard zerrt den Freund schnell weg weil er einen Auflauf befurchtet und fordert dann Guiche fur den Freund zum Duell Kap 5 Bei einer Fechtubung erkennt er dass Schadau zu langsam reagiert und beschwort ihn die Muttergottes um Beistand zu bitten Am nachsten Morgen Kap 6 steckt er vor dem Zweikampf heimlich sein Amulett in Schadaus Wams Es fangt den Stoss des Grafen auf wahrend gleichzeitig Schadau zustosst und den Gegner totet Im hugenottischen Lager ist man uber den Tod Guiches beunruhigt und befurchtet eine Verscharfung des Religionskonflikts Gasparde spurt das belastete Gewissen Schadaus und befragt ihn Nachdem er ihr die Tat gestanden hat umarmt und kusst sie ihn und bekennt sich mitschuldig Sie versprechen einander in Gefahr und Rettung Schuld und Heil untrennbar bis zum Tode zusammen zu bleiben Kap 6 Einen Monat spater hat sich die Situation der Hugenotten verschlechtert Der Einfall in Flandern ist misslungen und die Protestanten haben Angst vor Ubergriffen Admiral Coligny wird bei einem Mordanschlag schwer verwundet und liegt im Sterben Montaigne will seinen Freund Chatillon auf sein Schloss in Sicherheit bringen doch dieser entschliesst sich wie Coligny in Paris zu bleiben Schadau und Gasparde werden zum Admiral gerufen der sie in aller Eile trauen lasst Schadau soll mit seiner Frau nach Deutschland fliehen Kap 7 In seinem Zimmer angekommen wird Schadau von Boccard uberredet mit ihm am heutigen Bartholomaustag zum Namenstag seines Landsmannes Pfyffer in den Louvre das damalige Konigsschloss zu kommen Dort wird er gefangen genommen und in Boccards Zimmer eingesperrt wo er die Sturmglocken lauten und Schusse fallen hort In dieser Nacht der Bartholomausnacht werden in Paris viele Protestanten auf Befehl des Konigs umgebracht Schadau wird klar dass der Freund ihn retten will Er erzahlt ihm dass er Gasparde geheiratet hat und jetzt Angst um seine Frau hat Er fleht Boccard im Namen der Mutter von Einsiedeln an in fliehen zu lassen und darauf hilft dieser ihm mit der Uniform eines Schweizergardisten getarnt den Louvre zu verlassen Kap 8 Als sie durch die mit Leichen ubersaten Gassen das von Bewaffneten besetzte Haus des Rats erreichen wird Chatillon gerade aus einem Fenster auf die Strasse geworfen Sie konnen Gasparde vor einer Horde befreien und fliehen Boccard wird aus einem Fenster des Hauses heraus mit seiner wie Schadau entsetzt bemerkt zuruckgelassenen Pistole erschossen Noch im letzten Atemzug kusst Boccard das Amulett Viele Jahre spater Rahmenhandlung 1 Kap sieht Schadau bei Boccards altem Vater in Courtion das Amulett und den durchschossenen Hut seines Sohnes wieder und entschliesst sich zur Gewissenserleichterung die Geschichte aufzuschreiben Schadau und Gasparde fliehen aus der Stadt Am Tor werden sie von einer Wache angehalten Es ist der bohmische Fechtmeister der am Attentat auf den Admiral beteiligt war und der in Lignerolles Personenbeschreibung von Guiches Duellanten seinen Schuler Schadau erkannt hat Als Gegenleistung fur Schadaus Fluchthilfe hilft er jetzt ihm und seiner Frau Paris mit Pferden zu verlassen und die Grenze zur Schweiz zu uberqueren um im Neuenburger Land bei Schadaus Oheim unterzukommen Unterwegs liest Schadau den am Tag zuvor empfangenen Brief seines Oheims zu dessen Lekture er bisher keine Zeit hatte Er enthalt den Abschiedsgruss des Onkels vor dessen Tod und sein Vermachtnis Ich lasse Dir mein irdisches Gerat vergiss Du das himmlische nicht Aus der ca 40 Jahre spater spielenden Rahmenhandlung geht hervor dass der mit einer Hollanderin verlobte Sohn Schadaus und Gaspardes im Dienst der niederlandischen Generalstaaten steht die ihre Unabhangigkeit von Spanien erreicht hat Hauptfiguren Bearbeiten Hans Schadau von Bern Wilhelm Boccard von Fryburg Gasparde Parlamentsrat Chatillon Admiral Coligny OheimAnalyse der charakteristischen Novellenmerkmale BearbeitenDer Falke Bearbeiten Das Amulett bildet den Falken der Geschichte Im ersten Kapitel bildet es den geheimnisvollen Auftakt und regt den Erzahler an sich der Ereignisse zu erinnern Es reprasentiert Schutz vor dem Tod sowohl Boccard als auch Schadau verdanken dem Amulett ihr Leben Gleichzeitig stellt es die Verbindung zwischen den Religionen her denn zunachst straubt sich Schadau als Calvinist gegen die Marienverehrung Anfangs scherzt er noch daruber doch als sein eigenes Leben auf wundersame Weise durch das Amulett gerettet wird reagiert er zwar unwirsch und ablehnend doch insgeheim beginnt er seine Meinung zu andern Sein Aberglaube war verwerflich aber seine Freundestreue hatte mir das Leben gerettet Im Gefangnis lasst sich Boccard erst zu einer Rettungsaktion fur Gasparde uberreden als Schadau ihn bei der Muttergottes anfleht Und als Boccard letztlich in der Strasse erschossen wird kusst er mit letzter Kraft das Amulett Das Ausserordentliche Ungewohnliche Unerhorte Bearbeiten Die Krise die ja den Kern einer jeden Novelle bildet ist als Religionskonflikt auf zwei Ebenen gegeben Auf der Handlungsebene entsteht eine Freundschaft zwischen dem katholischen Boccard und dem protestantischen Schadau die letztlich soweit geht dass Boccard sein Leben fur das junge Paar opfert Auf historischer Ebene eskaliert der Konflikt in einem Blutbad der Bartholomausnacht bei der schatzungsweise 10 000 Hugenotten ermordet wurden So stehen diese beiden Ebenen kontrar und bilden einen starken Widerspruch der das Einzelschicksal zur Besonderheit werden lasst Dramatische Struktur Bearbeiten Die Novelle gliedert sich in 10 Kapitel Das erste Kapitel spielt im Marz 1611 und bildet die Rahmenhandlung Ein Besuch Schadaus 1611 bei dem alten Vater seines toten Freundes Wilhelm Boccard in Courtion regt ihn zur Niederschrift seiner Lebensgeschichte an 1 Kap Bereits hier taucht zum ersten Mal das Amulett die Medaille mit der Muttergottes von Einsiedeln auf die sich spater durch die ganze Novelle ziehen wird Vom 2 Kapitel an folgt die Novelle dem Aufbau eines Dramas und gliedert sich in Exposition bzw Einleitung mit den Kapiteln 2 3 und 4 Erster Hohepunkt ist das Duell danach steigt die Spannung deutlich an und gipfelt schliesslich in der Befreiung Gaspardes in Kapitel 9 die zugleich Hohe und Wendepunkt der Geschichte ist Objektivierende Erzahlhaltung Bearbeiten Noch vor dem ersten Kapitel findet man die Anmerkung Alte vergilbte Blatter liegen vor mir mit Aufzeichnungen aus dem Anfange des siebzehnten Jahrhunderts Ich ubersetze sie in die Sprache unserer Zeit Der Autor verstarkt so den Eindruck die erzahlte Geschichte sei wahr und habe sich genau so ereignet Auch die detailreichen historischen Hintergrunde stutzen diese Illusion Durch diese Erzahltechnik ist die Novelle auch mit Blick auf die Entstehungszeit eindeutig dem Realismus zuzuordnen Kennzeichnend fur diese literarische Epoche sind weiterhin die im Buch verwirklichte objektive und genaue Beschreibung der Charaktere deren Handlungen und Umfeld Begrenztheit straffe Konstruktion Bearbeiten Die ganze Geschichte bildet einen dichten zusammenhangenden Erzahlstrang der weniger als 70 Seiten umfasst und sich auf wesentliche Szenen beschrankt Der Ich Erzahler halt die Handlung kompakt und fuhrt sie zu einem geschlossenen Ganzen einer begrenzten Geschichte bzw Neuigkeit Dabei fallt auch auf dass die ganze Geschichte streng logisch und konsequent konstruiert ist Alle Entscheidungen sind in ihrer Motivation nachvollziehbar und rational erklarbar Die Rahmenerzahlung Bearbeiten Wie fur Novellen ublich wird die eigentliche Geschichte von einer kurzen Rahmenerzahlung eingeschlossen In diesem Fall erzahlt Schadau ruckblickend diesen Ausschnitt seines Lebens Im Ansatz ist sogar noch eine Rahmenerzahlung fur die Rahmenerzahlung zu erkennen Die ersten beiden Satze Alte vergilbte Blatter liegen vor mir mit Aufzeichnungen aus dem Anfange des siebzehnten Jahrhunderts Ich ubersetze sie in die Sprache unserer Zeit haben einen Ich Erzahler der definitiv nicht Schadau ist und lediglich die Rolle eines Ubersetzers hat also komplett ausserhalb der Geschichte steht Er wird spater nie mehr erwahnt und ist auch im Text nicht zu erkennen keine Anmerkungen etc Diese Schachtelung von Rahmenerzahlungen zieht den Leser immer tiefer ins Geschehen hinein Die gesellschaftliche Krise historische Einordnung Bearbeiten Die Geschichte ist historisch korrekt erzahlt und spielt hauptsachlich am 24 August 1572 als wahrend der Bartholomausnacht auf Befehl des Konigs Karl IX geschatzte 10 000 protestantische Hugenotten vom herumziehenden Mob getotet wurden Auch der Mordanschlag auf Admiral Coligny und die Ziele und Plane der historischen Personen sind zutreffend geschildert Diese Situation stellt eine grosse gesellschaftliche Krise dar vor deren Hintergrund typischerweise sich die aussergewohnlichen Ereignisse der Novelle zutragen Entstehung und Rezeption BearbeitenInspiriert durch das Studium der franzosischen Geschichte insbesondere zur Person der Katharina von Medici der Bartholomausnacht und der Religionskriege unter Karl IX machte sich Meyer im Winter 1872 73 daran die Novelle seiner Schwester zu diktieren Als Hauptquelle 1 gilt die Chronique du regne de Charles IX Die Bartholomausnacht von Prosper Merimee 1829 wie Meyer 1873 schreibt 2 Einen Entwurf fertigte er in den sechziger Jahren an legte ihn aber zunachst beiseite da er ihm noch zu wenig durchdacht schien Bedeutsam erscheint der zeitgenossische Hintergrund des Kulturkampfes in der Schweiz fur die Anlage der Novelle Wahrend der Staat zu dieser Zeit den Einfluss der katholischen Kirche mit gesetzlichen Repressalien zu unterbinden hoffte pladiert Meyer in der Novelle fur den Frieden zwischen den Konfessionen und den Primat der gemeinsamen Nation uber der unterschiedlichen Religion Als erste Prosanovelle Meyers hatte das Werk trotz haufiger Besprechung eher geringen Erfolg Dennoch gelobt wurden wie auch bei seinen anderen Novellen die korrekte Darstellung des historischen Hintergrundes die klaren Charaktere die einfache Sprache und eine meisterhafte Komposition Literatur BearbeitenConrad Ferdinand Meyer Das Amulett Reihe Reclams Universal Bibliothek 6943 Stuttgart 2002 ISBN 3 15 006943 2 Conrad Ferdinand Meyer Samtliche Werke Historisch kritische Ausgabe besorgt von Hans Zeller und Alfred Zach Bd 11 Das Amulett u a Text Apparat und Kommentar Benteli Bern 2 erw Neuauflage 1998 Conrad Ferdinand Meyer Das Amulett Reihe Basis Bibliothek 90 Kommentar Marcel Diel und Florian Radvan Suhrkamp Frankfurt 2008 ISBN 978 3 518 18890 3 Reiner Poppe Konigs Erlauterungen und Materialien zu Conrad Ferdinand Meyer Das Amulett Gustav Adolfs Page 273 Bange Holfeld 1994 2 Aufl 1996 ISBN 3 8044 0327 1 Ausfuhrliche Bibliografie Conrad Ferdinand Meyer Das Gesamtwerk vollstandig auf 5 MP3 CDs gelesen von Klauspeter Bungert Bungert Trier 2008 ISBN 978 3 00 024887 0 Weblinks BearbeitenInhaltszusammenfassung Text im Gutenberg ProjektEinzelnachweise Bearbeiten Kindlers Literaturlexikon im dtv Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1974 Bd 3 S 1005 genauer Vergleich beider Autoren bei Poppe Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Das Amulett amp oldid 226971543