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Die Chemische Werke Essener Steinkohle AG war ein 1937 gegrundetes Chemiewerk in Bergkamen der Verwaltungssitz befand sich in Essen Das Unternehmen stellte synthetische Treibstoffe Synthesegas und andere carbochemische Produkte im Fischer Tropsch Verfahren her 1952 erfolgte eine Umfirmierung in Chemische Werke Bergkamen AG und 1960 eine Fusion mit der Schering AG die das Werk als Schering AG Zweigniederlassung Bergkamen weiterfuhrte Die Fischer Tropsch Anlagen wurden 1962 stillgelegt Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Produktion 3 Nachkriegszeit 4 Auflosung 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGrundung BearbeitenEnde 1935 begannen die Planungen fur den Bau eines Treibstoffwerks nordlich der Zeche Grimberg in Bergkamen 1 Initiator war Friedrich Flick der hierfur Anfang 1936 die Aktienmehrheit der Essener Steinkohlenbergwerke AG erwarb Als Folge der Ubernahme stieg die Steinkohlenforderung der Flick Gruppe auf mehr als 60 Flick nutzte die Essener Steinkohlenbergwerke als Sprungbrett fur den Einstieg in die Carbochemie und die vom NS Regime mit hoher Prioritat betriebene Herstellung synthetischen Benzins Gemeinsam mit der Harpener Bergbau AG die sich ebenfalls im Mehrheitsbesitz von Friedrich Flick befand grundete die Essener Steinkohlenbergwerke AG am 2 Januar 1937 die Chemische Werke Essener Steinkohle AG in Bergkamen Im gleichen Jahr begann der Bau eines Fischer Tropsch Synthesewerks das im April 1939 die Produktion synthetischer Erzeugnisse aufnahm Neben der Gelsenberg Benzin AG und der Ruhrbenzin AG an der die Harpener Bergbau AG und die Essener Steinkohlenbergwerke AG ebenfalls beteiligt waren entwickelten sich die Chemischen Werke Essener Steinkohle zu einem der grossten Hydrierwerke im Ruhrgebiet 2 Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft war bis 1942 Ernst Tengelmann anschliessend ubernahm sein Bruder Walter Tengelmann diese Funktion Der Verwaltungssitz befand sich in Essen 3 Produktion BearbeitenDie Angaben uber die Produktionskapazitaten der Chemischen Werke Essener Steinkohle AG schwanken wie bei allen damaligen Synthese und Hydrierwerken erheblich in der Fachliteratur beginnt die Spanne synthetischer Erzeugnisse der Gesellschaft bei jahrlich 51 000 Tonnen 4 und reicht uber 75 000 4 und 80 000 5 bis hin zu 85 000 Tonnen 6 US amerikanischen Ermittlungen unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs zufolge stellte das Werk jahrlich 80 000 Tonnen synthetische Endprodukte her davon 47 9 Benzin 17 3 Diesel 14 7 Treibgas 10 7 Schwerol 7 7 Paraffingatsch 1 7 Wachse 7 Die Gewinne waren immens Nach Angaben des Unternehmens konnten innerhalb eines Monats bei nur halber Produktionskapazitat aus 17 000 Tonnen Koks im Wert von 237 916 RM 4093 Tonnen synthetische Produkte mit einem Erlos von 3 962 638 RM erzielt werden 8 Wahrend der Luftangriffe auf das Ruhrgebiet hatte das Werk starke Schaden zu verzeichnen vollstandig zerstort wurde es jedoch nicht unter hohem Arbeitseinsatz gelang es der Belegschaft bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs immer wieder die Anlagen zu reparieren und mit eingeschrankter Kapazitat wieder anzufahren 9 Nachkriegszeit BearbeitenNach dem Zweiten Weltkrieg bestimmte die britische Besatzungsmacht fur die gesamte Nordwestzone zunachst ein Verbot zum Wiederaufbau von Hydrierwerken Im Fruhjahr 1947 erteilte der britische Militargouverneur den Essener Steinkohlenbergwerken erstaunlicherweise die Genehmigung zur Wiederinbetriebnahme der stillgelegten Anlagen obwohl die Fischer Tropsch Synthese von den westlichen Besatzungsmachten weiterhin zu den verbotenen Industrien gezahlt wurde 10 Mit einem mehrstelligen Millionen Kredit den der britische Militargouverneur personlich genehmigt hatte konnten bis Anfang 1949 rund 90 der Anlagen wiederaufgebaut werden bis der Demontagebefehl der AHK kam 11 Durch die Bestimmungen des Washingtoner Abkommens vom 6 8 April 1949 wurden in Westdeutschland die direkte oder indirekte Hydrierung von Benzin Ol und Schmierol aus Steinkohlen oder Braunkohlen durch das Bergius Pier Verfahren die Fischer Tropsch Synthese oder analoge Verfahren verboten Das Zerlegen der bereits wieder produzierenden und teilweise nagelneuen Werksanlagen mit Schneidbrennern und anderen Trennwerkzeugen begann Anfang Juni 1949 und stiess auf massive Proteste Panzer der alliierten Besatzungsmachte fuhren vor das Gelande wurde hermetisch abgeriegelt und von 300 britischen Soldaten mit scharfen Waffen bewacht die Militarregierung kundigte an jeden Widerstand mit Todesstrafe zu ahnden der Betriebsdirektor und 15 Arbeiter die sich der Demontage widersetzten wurden verhaftet und unter Anklage gestellt 12 13 14 Die Vorgehensweise der britischen Besatzungsmacht stiess vielerorts insbesondere auch in den USA auf Missverstandnis und Einwande Mit dem Petersberger Abkommen erreichte Konrad Adenauer einen Demontagestopp neben den Fischer Tropsch Anlagen der Krupp Treibstoffwerke in Wanne Eickel wurden die Abbrucharbeiten der Anlagen in Bergkamen unterbrochen und das Produktionsverbot schliesslich 1951 aufgehoben 13 Die Lockerung der westalliierten Produktionsverbote umfasste jedoch nicht die Wiederaufnahme der synthetischen Treibstofferzeugung Das Werk produzierte stattdessen fortan synthetische Waschmittel Paraffine Propylalkohol Stadt und Ferngas 15 16 Auf Befehl der Alliierten begann ab 1952 die Entflechtung des Flick Konzern Gleich zu Beginn der Aufsplitterung wurde die Chemische Werke Essener Steinkohle AG in Chemische Werke Bergkamen AG umbenannt und als 100 iges Tochterunternehmen in die Harpener Bergbau AG eingegliedert 1959 erwarb die Schering AG samtliche Aktien der Chemische Werke Bergkamen AG 1 Im selben Jahr stellte Krupp in Wanne Eickel die Syntheseproduktion ein so dass die Chemische Werke Bergkamen AG den Status der einzig verbliebenen Betreiberin einer Fischer Tropsch Anlage in Westdeutschland erlangte Fur das Geschaftsjahr 1959 wies das Unternehmen eine Primarproduktion synthetischer Erzeugnisse in Hohe von 53 751 Tonnen aus 16 Auflosung Bearbeiten1960 folgte die Verschmelzung mit der Schering AG die das Werk als Schering AG Zweigniederlassung Bergkamen weiterfuhrte 17 18 Nach Aufhebung der Steuerbefreiung fur inlandische Mineralole im Jahr 1960 setzte jener erfolgreiche Verdrangungsprozess durch Erdol und Erdgas ein dem im Westen Deutschlands bis auf die Hochtemperatur Kokereien alle thermisch chemischen Kohleveredlungsanlagen innerhalb kurzer Zeit zum Opfer fielen 19 Am 31 Marz 1962 folgte die Stilllegung der Fischer Tropsch Anlage in Bergkamen womit die Syntheseproduktion in der damaligen Bundesrepublik endete 16 Anschliessend begann die Schering AG mit der Herstellung von Pharmawirkstoffen und errichtete ab 1967 ihren zweiten Sitz sowie grossten deutschen Produktionsstandort auf dem ehemaligen Gelande der Chemischen Werke Bergkamen Seit 2006 gehort die Schering AG zur Bayer AG Der Standort ist gegenwartig die grosste Produktionsstatte der Bayer Pharma AG 20 Weblinks BearbeitenFruhe Dokumente und Zeitungsartikel zur Chemische Werke Essener Steinkohle in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten a b Chemische Werke Bergkamen AG Archivportal D abgerufen am 29 Oktober 2023 Johannes Bahr Axel Drecoll Bernhard Gotto Kim Christian Priemel Harald Wixforth Der Flick Konzern im Dritten Reich Walter de Gruyter 2012 S 74 76 vgl Satzung und Geschaftsberichte HWWA abgerufen am 29 Oktober 2023 a b Rainer Karlsch Raymond G Stokes Faktor Ol Die Mineralolwirtschaft in Deutschland 1859 1974 C H Beck 2003 S 189 United States Bureau of Mines Hrsg Synthetic Liquid Fuels from Hydrogenation of Carbon Monoxide Part 578 580 U S Government Printing Office 1948 S 8 Carl Zerbe Mineralole und verwandte Produkte Springer Verlag 1952 S 1191 T A C Report SnMC 4 Inspection of Fischer Tropsch Plant Bergkamen Fischer Tropsch Archiv Emerging Fuels Technology abgerufen am 27 Juli 2023 Aus strategischen Grunden Der Spiegel vom 22 Juni 1949 abgerufen am 27 Juli 2023 Deutsche Gesellschaft fur Mineralolwissenschaft und Kohlechemie Hrsg Erdol und Kohle Band 2 Industrieverlag von Hernhaussen KG 1949 S 577 Verbotene Industrie Die Zeit vom 21 Oktober 1948 abgerufen am 27 Juli 2023 Linzer Volksblatt vom 29 Oktober 1949 Seite 8 Widersinnige Demontagen Der Fall Bergkamen ANNO abgerufen am 25 Oktober 2023 Linzer Volksblatt vom 15 Juni 1949 Seite 1 Widerstand der Arbeiter gebrochen Zerstorung der westdeutschen Industrie geht weiter ANNO abgerufen am 25 Oktober 2023 a b Stellungnahme der Industrie und Handelskammer Dortmund E Beckhauser zur Demontage der Fischer Tropsch Synthese Werke Internetportal Westfalische Geschichte abgerufen am 27 Juli 2023 Monopol in Kamen Bergkamen Anlage Grimberg 1 2 Monopol II Monopol 2000 e V abgerufen am 25 Oktober 2023 Salzburger Nachrichten vom 21 22 April 1951 Seite 6 Keine Benzin Synthese mehr im Ruhrgebiet ANNO abgerufen am 25 Oktober 2023 a b c D Frohning M Bearns H Kolbel Rottig F Schnur H Scholz Forschungsbericht T 77 43 Technologische Forschung und Entwicklung Nichtnukleare Energietechnik Stand und Entwicklungsmoglichkeiten der Fischer Tropsch Synthese zur Erzeugung von Chemiegrundstoffen und Chemierohstoffen Bundesministerium fur Forschung und Technologie 1976 S 20 21 hier S 22 24 Fischer Tropsch Archiv abgerufen am 26 Oktober 2023 Statistisches Bundesamt Hrsg Statistik der Bundesrepublik Deutschland Bande 263 266 Statistisches Bundesamt 1961 S 51 Horst Arndt Eckhard Rattunde Konrad Schroder Franz Rudolf Weller Hrsg Die neuren Sprachen Band 83 Verlag Moritz Diesterweg 1984 S 71 Manfred Rasch Industrielle thermisch chemische Kohlenveredlung In Gunter Bayerl Braunkohleveredelung im Niederlausitzer Revier 50 Jahre Schwarze Pumpe Waxmann Verlag 2009 S 65 66 72 Deutscher Standort Bergkamen Bayer AG abgerufen am 26 Oktober 2023 Normdaten Korperschaft GND 277543 8 lobid OGND AKS VIAF 137826829 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Chemische Werke Essener Steinkohle amp oldid 238886772