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Klassifikation nach ICD 10F06 0 Organische HalluzinoseICD 10 online WHO Version 2019 Das Charles Bonnet Syndrom ist ein neurologisches und psychiatrisches Syndrom Es kommt aufgrund einer chronischen Sehverschlechterung bei normalem Bewusstsein zu visuellen Trugwahrnehmungen Illusionen und Pseudohalluzinationen ohne dass eine akute psychiatrische Erkrankung im eigentlichen Sinn vorliegt Das Syndrom ist nach dem Schweizer Naturwissenschaftler und Philosophen Charles Bonnet benannt der es 1760 erstmals beschrieben hat 1 Inhaltsverzeichnis 1 Ursachen 2 Symptome 3 Diagnose 4 Therapie 4 1 Verbesserung der Sehkraft 4 2 Medikamentose Therapie 4 3 Verbesserung der Sozialen Anbindung 5 Haufigkeit und Prognose 6 Historisches 7 EinzelnachweiseUrsachen BearbeitenDas Charles Bonnet Syndrom kann infolge einer Schadigung der Sehbahn oder des Auges entstehen Die Schadigung kann dabei im vorderen Teil der Sehbahn zum Beispiel im Auge als auch im hinteren Teil zum Beispiel in der primaren Sehrinde liegen Im vorderen Teil der Sehbahn treten Erkrankungen wie zum Beispiel Makuladegeneration diabetische Retinopathie oder grauer Star auf 2 Im hinteren Teil der Sehbahn entstehen Schaden der Sehstrahlung einschliesslich der primaren Sehrinde beispielsweise aufgrund von Hirninfarkt Blutung oder Hirntumor Dabei kann es zu einem Charles Bonnet Syndrom mit visuellen Erscheinungen im anopischen blinden Gesichtsfeldbereich kommen 3 Das Charles Bonnet Syndrom scheint an das Vorhandensein des visuellen Assoziationskortex gebunden zu sein 4 Halluzinationen treten dann nicht auf wenn dieser zerstort wurde 3 Auch die visuelle Vorstellungskraft ist bei Defekten der primaren Sehrinde erhalten und bei Schaden hoherer visueller Areale insbesondere des unteren temporo okzipitalen Uberganges beeintrachtigt 5 Symptome BearbeitenDie Sehverschlechterung fuhrt im Falle des Charles Bonnet Syndromes zu produktiven visuellen Phanomenen 4 Dazu gehoren beispielsweise Phosphene undefinierbare Lichterscheinungen Photopsien umrissene beschreibbare meist geometrische Figuren Tesselopsien zusammenhangende repetitive Muster meist wie Kacheln beschrieben Palinopsien Persistierende oder erneut erscheinende Objekte die bereits gesehen wurden jedoch nicht mehr im Gesichtsfeld vorhanden sind Metamorphopsien Verzerrungen Verkleinerungen und Vergrosserungen von Gesehenem komplexe Halluzinationen ausgestaltete Bilder und Szenen von Objekten und Fantasie Gestalten Heautoskopien spiegelbildliche DoppelgangerhalluzinationenDie Betroffenen erleben die Erscheinungen stets als nicht echt und distanzieren sich davon Daher nennt man die Erscheinungen auch Illusionen oder Pseudohalluzinationen Diagnose BearbeitenUm die Diagnose des Charles Bonnet Syndromes zu stellen mussen die folgenden Kriterien erfullt sein 6 Stereotype optische Halluzinationen Distanzierung von der Echtheit der Wahrnehmungen Keine Halluzinationen in anderen Qualitaten zum Beispiel akustisch Kein wahnhaftes ErlebenDas Charles Bonnet Syndrom ist zu unterscheiden von Erkrankungen wie Lewy Korperchen Demenz Migrane Attacken Delirium Nebenwirkung von Parkinson Medikamenten Drogen Einnahme Halluzinogene und andere 7 Therapie BearbeitenDie Therapie des Charles Bonnet Syndromes orientiert sich an den Ursachen Es wird eine Verbesserung der Sehkraft angestrebt Sollte dies nicht moglich sein zum Beispiel in anopischen Gesichtsfeldquadranten nach Hirninfarkt wird eine pharmakologische Therapie in Betracht gezogen Ansatze der Rehabilitation durch soziale Anbindung werden diskutiert Verbesserung der Sehkraft Bearbeiten Sollte eine Katarakt dem Charles Bonnet Syndrom zugrunde liegen so kann eine Linsen Operation ein komplettes Verschwinden der Symptome bewirken Ahnliche Erfolge wurden nach Verbesserung der Sehkraft durch Brillen berichtet Bei Auftreten nachtlicher Halluzinationen kann eine Raumbeleuchtung beschwerdeverbessernd sein 8 Medikamentose Therapie Bearbeiten Erfolge in der Therapie wurden berichtet durch 8 Neuroleptika wie Melperon oder Risperidon Antikonvulsiva wie Carbamazepin oder Clonazepam Serotonin Antagonisten wie OndansetronVerbesserung der Sozialen Anbindung Bearbeiten Dieser Therapieansatz beruht auf der Beobachtung dass es bei sozial isolierten Menschen haufiger zu einem Charles Bonnet Syndrom kommt 8 Da es jedoch eine hohe Dunkelziffer an Erkrankten gibt die die Erscheinungen nicht berichten da sie befurchten als psychisch erkrankt stigmatisiert zu werden ist diese Beobachtung jedoch mit Vorsicht zu geniessen Andererseits ist von einer verbesserten sozialen Anbindung und eventuell einem Anschluss an eine Selbsthilfegruppe keine Verschlechterung der Symptome zu erwarten Haufigkeit und Prognose BearbeitenEs wird berichtet dass zwischen 10 und 57 aller Menschen mit verminderter Sehscharfe ein Charles Bonnet Syndrom erleiden 8 Je nach Moglichkeit der Verbesserung der Sehkraft und medikamentoser sowie supportiver sozialer Massnahmen ist ein grosser Anteil der Betroffenen behandelbar Es ist wichtig zu betonen dass das Charles Bonnet Syndrom eine harmlose Erkrankung ist Eine medikamentose Therapie sollte daher erst nach strenger Nutzen Risiko Abwagung erfolgen Historisches BearbeitenNachdem Charles Lullin der Grossvater Charles Bonnets im Alter von 77 Jahren an einer Linsentrubung Katarakt oder Grauer Star erkrankt war unterzog er sich einer Operation Dennoch erblindete er nahezu 12 Jahre nach der Operation im Alter von 89 Jahren kam es zu lebhaften Halluzinationen 9 uber die er belustigt berichtete Er sah Manner und Frauen Kutschen und Hauser wohl sogar eine spiegelbildliche Doppelgangerhalluzination Heautoskopie wobei ihm stets bewusst war dass er halluzinierte und diese Dinge nicht existierten 8 In seinem spateren Leben erkrankte Charles Bonnet schliesslich selbst an seinem Syndrom 10 Ausser als Neuropsychiater war Bonnet auch als Naturforscher bekannt und forschte uber die Parthenogenese der Blattlaus und uber Darmparasiten 11 Einzelnachweise Bearbeiten Charles Bonnet Essai Analytique sur les Facultes de l Ame Cl amp Ant Philibert Copenhagen 1760 DH ffytche RJ Howard The perceptual consequences of visual loss positive pathologies of vision PDF 318 kB In Brain 122 7 1999 S 1247 1260 a b MS Vaphiades et al Positive spontaneous visual phenomena limited to the hemianopic field in lesions of central visual pathways In Neurology 47 1996 S 408 417 a b A Schnider Verhaltensneurologie Georg Thieme Verlag 1997 ISBN 3 13 109782 5 A Chatterjee MH Southwood Cortical blindness and visual imagery In Neurology 45 1995 S 2189 2195 K Gold PV Rabins Isolated visual hallucinations and the Charles Bonnet Syndrome a review of the literature and presentation of six cases In Compr Psychiatry 30 1989 S 90 98 M Manford F Andermann Complex visual hallucinations Clinical and neurobiological insights In Brain 121 1998 S 1819 1840 a b c d e F Eperjesi N Akbarali Rehabilitation in Charles Bonnet syndrome a review of treatment options In Clinical and Experimental Optometry 87 3 2004 S 149 152 VS Ramachandran S Blakeslee Die blinde Frau die sehen kann Rowohlt 2001 ISBN 3 499 61381 6 Damas Mora et al The Charles Bonnet syndrome in perspective In Psychol Med 12 1982 S 251 261 Arenz Eponyme und Syndrome in der Psychiatrie Biografisch klinische Beitrage Viavital Verlag Koln 2001 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Charles Bonnet Syndrom amp oldid 228167949