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Die Belousov Zhabotinsky Reaktion BZR oder BZ Reaktion ist das klassische Beispiel fur einen homogenen chemischen Oszillator Sie dient haufig zur Veranschaulichung emergenter und chaotischer Systeme Es handelt sich um ein System mehrerer chemischer Reaktionen das eine zeitliche Oszillation oder eine selbstorganisierte raumliche Struktur zeigt abhangig von den Versuchsbedingungen was fur chemische Reaktionen eigentlich unublich ist Anfangs wurde die Reaktion fur einen Messfehler oder Artefakt gehalten da der zweite Hauptsatz der Thermodynamik einen solchen Vorgang zu verbieten schien Dieser Satz der Physik besagt dass sich aus einem ungeordneten Zustand von allein also ohne Zufuhr externer Energie kein geordneterer Zustand bilden kann Dieser Satz ist hier aber nicht anwendbar da er nur fur geschlossene Systeme im thermischen Gleichgewicht gilt Die Belousov Zhabotinsky Reaktion ist aber eine dissipative Reaktion 1 die fern vom thermischen Gleichgewicht ablauft und deswegen dieses aussergewohnliche Verhalten zeigen kann BZR in einem geruhrten System mit FerroinBZR in einer dunnen Schicht eine Wellenfront ist gelb markiertBZR in einem geruhrten Ansatz Transmissionsmessung im roten WellenlangenbereichKlassisch wird die Belousov Zhabotinsky Reaktion in einer Petrischale durchgefuhrt siehe Abbildung rechts weil so beispielsweise mittels Tageslichtprojektor das Muster gut zu sehen ist Es breitet sich wie kreisformige Wellen aus Das Prinzip des chemischen Oszillators lasst sich auch mit anderen Reaktionssystemen zeigen wie mittels der sogenannten Ioduhr Briggs Rauscher Reaktion Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Reaktionen 3 Modell fur den Reaktionsablauf 4 Mathematische Modelle 5 Strukturformeln beteiligter Substanzen 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenUm 1950 entdeckte Boris Pawlowitsch Beloussow Boris Pavlovich Belousov die Belousov Zhabotinsky Reaktion eher zufallig Er konnte bei der Oxidation von Citronensaure mit schwefelsaurer Bromatlosung und Cer Ionen als Katalysator einen periodisch auftretenden Wechsel der Farbe der Losung zwischen gelb und farblos beobachten Da diese Beobachtung aus demselben Grund wie bei Bray zu unwahrscheinlich erschien gelang es Beloussow erst 1959 einen kurzen Artikel daruber zu veroffentlichen S E Schnoll erkannte die Bedeutung dieser Reaktion und beauftragte Anatoli Markowitsch Schabotinski Anatolij Markovich Zhabotinskij mit der Untersuchung des beschriebenen Phanomens die er 1964 veroffentlichte Langsam zeigten nicht russische Wissenschaftler Interesse an oszillierenden Reaktionen und eine umfassende Erforschung der mit ihnen zusammenhangenden Phanomene begann So wurden etwa Raumstrukturen kreisformige Muster entdeckt die sich in einer dunnen Schicht einer Losung der Belousov Zhabotinsky Reaktion bilden konnen 1977 erhielt dann Ilya Prigogine fur seine bedeutenden Forschungen auf dem Gebiet der Thermodynamik den Nobelpreis fur Chemie Er untersuchte weit vom Gleichgewicht entfernte Systeme dissipative Strukturen die sowohl in der Chemie die Belousov Zhabotinsky Reaktion gehort zu dieser Klasse von Vorgangen als auch in der Physik der Biologie wie Lotka Volterra Modell fur Rauber Beute Systeme und der Soziologie vorkommen Nach diesem Nobelpreis wurden 1980 Beloussow posthum Schabotinski und mit ihnen Zaikin Krinsky und Iwanizki gemeinsam mit dem Leninpreis der hochsten wissenschaftlichen Auszeichnung der Sowjetunion geehrt Reaktionen BearbeitenAn der Reaktion sind Losungen von vier Stoffen Kaliumbromat Malonsaure Kaliumbromid und konzentrierter Schwefelsaure sowie Ferroin oder ein anderer Redoxindikator beteiligt Bei der Reaktion wechselt der Zustand des Indikators standig zwischen der reduzierten und der oxidierten Form was einen typischen Farbwechsel verursacht Bei Ferroin als Indikator wechselt die Farbe zwischen Blau Ferriin mit Fe3 und Rot Ferroin mit Fe2 bei Cer zwischen Gelb Ce4 und Farblos Ce3 bei Mangan zwischen Rot Mn3 und Farblos Mn2 Die Reaktion verlauft nicht beliebig lange da sowohl Malonsaure als auch Bromat verbraucht werden Wahrend der Reaktion treten drei verschiedene Prozesse A B und C mit jeweils mehreren Reaktionen auf Prozess A ist nicht radikalisch der Redoxindikator ist nicht beteiligt Im Wesentlichen wird Bromid verbraucht und zu Monobrommalonsaure umgesetzt Wahrend dieser Reaktion entsteht Bromige Saure die wieder weiter umgesetzt wird 2 2 B r B r O 3 3 H 3 H 2 M a l 3 H B r M a l 3 H 2 O displaystyle mathrm 2 Br BrO 3 3 H 3H 2 Mal longrightarrow 3 HBrMal 3 H 2 O nbsp Gesamtreaktion des Prozesses AIst viel Bromid verbraucht ermoglicht dies dass die Reaktionen des Prozesses B ablaufen konnen Dieser ist radikalisch und lauft mit dem Redoxindikator ab Bromige Saure wirkt dabei in einer ersten Reaktion als Autokatalysator siehe Autokatalyse wobei sich die Konzentration an Bromiger Saure pro Reaktion verdoppelt H B r O 2 B r O 3 3 H 2 C e I I I 2 C e I V 2 H B r O 2 H 2 O displaystyle mathrm HBrO 2 BrO 3 3H 2 Ce III longrightarrow 2 Ce IV 2 HBrO 2 H 2 O nbsp Bei grosseren Konzentrationen an Bromiger Saure reagiert diese zu Hypobromiger Saure so dass sich eine Gesamtreaktion fur Prozess B von B r O 3 5 H 4 C e I I I 4 C e I V H B r O 2 H 2 O displaystyle mathrm BrO 3 5H 4 Ce III longrightarrow 4 Ce IV HBrO 2 H 2 O nbsp ergibt Damit eine Oszillation moglich ist muss es noch eine weitere Reaktion geben bei der das verbrauchte Bromid wieder zuruckgebildet wird Dies ist der Prozess C bei dem Malonsaure H2Mal Monobrommalonsaure HBrMal Hypobromit und der Redoxindikator unter Bromidbildung zu Tartronsaure Hydroxymalonsaure HOCH COOH 2 miteinander reagieren 2 C e I V 2 H 2 M a l H B r M a l H B r O 2 H 2 O 2 C e I I I 2 B r 3 H O C H C O O H 2 4 H displaystyle mathrm 2 Ce IV 2 H 2 Mal HBrMal HBrO 2 H 2 O longrightarrow 2 Ce III 2 Br 3 HOCH COOH 2 4 H nbsp Weiteres Bromid entsteht durch die Zersetzung der Tartronsaure mit Bromat zu Kohlenstoffdioxid und Wasser Modell fur den Reaktionsablauf BearbeitenIm Folgenden soll ein einfaches Modell fur die BZR geschildert werden Das folgende Bild dient zur Veranschaulichung nbsp Im Anfangszustand A liegen neben den Edukten Bromat Malonsaure vor allem Bromid und Ferroin in der Losung vor Nun kann Reaktion I ablaufen die das Bromid verbraucht und Malonsaure bromiert Das System geht so in den Zustand B uber in dem nahezu kein Bromid mehr vorliegt Das Bromid hemmt schon in kleinsten Konzentrationen das Ablaufen der Reaktion II sodass diese am Anfang keine Rolle spielt Nun kann sie aber ablaufen und oxidiert das Ferroin was zu einem Farbumschlag der Losung nach blau fuhrt Das System befindet sich nun im Zustand C in dem die Losung Ferriin und kein Bromid enthalt Die Reaktion III kann nun ablaufen und reduziert das Ferriin wieder zu Ferroin wobei auch Bromid wieder zuruckgebildet wird Ausserdem entsteht noch Ameisensaure als Produkt Dieser Zustand entspricht gerade wieder dem Ausgangszustand A Dieses Modell ist stark vereinfacht Es gibt Arbeiten in denen bis zu 20 Teilgleichungen benutzt werden um eine sehr genaue Modellierung des Systems zu erreichen Mathematische Modelle Bearbeiten nbsp Brusselator Konzentrationsverlauf der beteiligten Reaktanten links und Simulation auf einem zellularen Automaten rechts Es wurden verschiedene mathematische Modelle ausgearbeitet um den Verlauf von chemischen Oszillatoren abzubilden Dazu zahlen Brusselator Oregonator 3 Der Brusselator ist sehr einfach aber physikalisch unrealistisch Er liefert aber Ergebnisse die sehr nahe an der BZR liegen siehe Abbildung Ausserdem ist das System relativ einfach und kann mathematisch gut analysiert werden Oft konnen Modelle fur die BZR mit einem zellularen Automaten simuliert werden und so werden Modelle fur die raumlichen Muster in der BZR erreicht Strukturformeln beteiligter Substanzen Bearbeiten nbsp Monobrommalonsaure nbsp FerroinLiteratur BearbeitenB P Belousov Eine periodische Reaktion und ihr Mechanismus In L Kuhnert U Niedersen Hrsg Selbstorganisation chemischer Strukturen Verlag Harri Klein Frankfurt am Main 1981 S 73 82 A M Zhabotinsky Eine periodische Oxydationsreaktion in flussiger Phase In L Kuhnert U Niedersen Hrsg Selbstorganisation chemischer Strukturen Verlag Harri Klein Frankfurt am Main 1964 S 83 89 Irving R Epstein Kenneth Kustin Patrick de Kepper Miklos Orban Oszillierende chemische Reaktionen In Spektrum der Wissenschaft Nr 5 1983 S 98 107 Richard J Field Das Experiment Eine oszillierende Reaktion In Chemie in unserer Zeit 7 Nr 6 1973 S 171 176 doi 10 1002 ciuz 19730070603 Richard J Field Friedmann W Schneider Oszillierende chemische Reaktionen und nichtlineare Dynamik In Chemie in unserer Zeit 22 Nr 1 1988 S 17 29 doi 10 1002 ciuz 19880220104 Ulrich F Franck Chemische Oszillationen In Angewandte Chemie 90 Nr 1 1978 S 1 16 doi 10 1002 ange 19780900104 Jearl Walker Oszillierende chemische Reaktionen In Spektrum der Wissenschaft 5 Nr 231 1980 S 131 137 Weblinks BearbeitenJan Krieger Oszillierende Chemische Reaktionen am Beispiel der Belousov Zhabotinsky Reaktion 5 Mai 2001 Facharbeit im Bundeswettbewerb Jugend forscht 2001 Video Die Zhabotinsky Reaktion als Modell einer Musterbildung Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF 1983 zur Verfugung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek TIB doi 10 3203 IWF C 1473 Einzelnachweise Bearbeiten Ilya Prigogine Vom Sein zum Werden Zeit und Komplexitat in den Naturwissenschaften Piper 1992 Richard J Field Friedmann W Schneider Oszillierende chemische Reaktionen und nichtlineare Dynamik In Chemie in unserer Zeit 22 Nr 1 1988 S 17 29 doi 10 1002 ciuz 19880220104 Richard J Field Richard M Noyes Oscillations in chemical systems IV Limit cycle behavior in a model of a real chemical reaction In The Journal of Chemical Physics 60 Nr 5 1974 S 1877 1884 doi 10 1063 1 1681288 Normdaten Sachbegriff GND 4144449 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Belousov Zhabotinsky Reaktion amp oldid 235205983