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Anton Baumstark der Jungere 4 August 1872 in Konstanz 31 Mai 1948 in Bonn war ein deutscher Philologe Orientalist und Liturgiewissenschaftler Er gilt als Begrunder der Wissenschaft vom Christlichen Orient und der Vergleichenden Liturgiewissenschaft Das Grab von Anton Baumstark jun und seiner Ehefrau Frieda Anna geborene Trondle im Familiengrab auf dem Sudfriedhof Bonn Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Leistung 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenCarl Anton Joseph Maria Dominikus Taufname Baumstark war das einzige Kind des zum Katholizismus konvertierten Politikers und Schriftstellers Reinhold Baumstark 1831 1900 und dessen Ehefrau Clementine Beck Sein Grossonkel war der Volkswirt Eduard Baumstark sein Grossvater der Philologe Anton Baumstark sen Nach seiner Schulzeit studierte Baumstark klassische und orientalische Philologie und wurde 1894 in Leipzig mit einer Dissertation uber griechisch syrische Ubersetzungsliteratur zum Dr phil promoviert Bereits mit 26 Jahren konnte er sich 1898 fur beide Facher an der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg habilitieren 1 Seine Habilitationsschrift heisst Syrisch arabische Biographien des Aristoteles Mit Forderung und Vermittlung seiner Lehrer konnte Baumstark 1899 bis 1904 als Privatgelehrter auf langere Zeit am Campo Santo Teutonico in Rom arbeiten u a grundete er dort 1901 die wissenschaftliche Zeitschrift Oriens Christianus die er mit einer Unterbrechung 1906 08 bis 1941 leitete 1904 05 unternahm er seine einzige Orientreise 1906 bis 1921 wirkte er als Gymnasiallehrer an der heutigen Heimschule Lender in Sasbach Baden der Lehranstalt seines Taufpaten des Geistlichen Franz Xaver Lender 1909 heiratete er die 18 jahrige Protestantin Frieda Anna Trondle und hatte mit ihr in der Zeit zwischen 1911 und 1927 funf Tochter und neun Sohne Zwei Kinder starben sehr fruh vier Sohne und der Verlobte einer Tochter fielen im Zweiten Weltkrieg Im Jahre 1921 wurde Baumstark als freigestellter preussischer Studienrat Ordentlicher Honorarprofessor fur Geschichte und Kultur des christlichen Orients und orientalische Liturgie in der Philosophischen Fakultat der Universitat Bonn daneben 1923 a o Professor fur semitische Sprachen und vergleichende Literaturwissenschaft an der Universitat Nimwegen 1926 Professor fur Islamkunde und Arabisch an der Universitat Utrecht Anlasslich der Jahrtausendfeier der Rheinlande 1925 verlieh ihm die Katholisch Theologische Fakultat der Universitat Bonn die damals fur einen Laien seltene Wurde eines theologischen Ehrendoktors Im Jahre 1930 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl fur Orientalistik an der Westfalischen Wilhelms Universitat in Munster In der Offentlichkeit war Baumstark allgemein als treuer Katholik mit starkem nationalem Empfinden bekannt Bereits zum 1 August 1932 trat er der NSDAP bei Mitgliedsnummer 1 265 421 2 3 und wurde fur die Partei in Kirche wie Gesellschaft aktiv An der Universitat Munster galt Baumstark als Protege von Gauleiter Alfred Meyer 1933 war Baumstark Leiter einer Gleichschaltungs und Sauberungskommission die sich N S Vorbereitender Ausschuss fur Angelegenheiten der Westfalischen Wilhelms Universitat Munster nannte In dieser Eigenschaft betrieb er u a die Entlassung des Rontgenologen Paul Krause 4 Als Kandidat fur das Rektorat konnte Baumstark sich indes nicht gegen den Rechtshistoriker Hubert Naendrup durchsetzen Baumstarks politischer Einfluss war faktisch nur von kurzer Dauer 1935 wurde er fur die Offentlichkeit uberraschend vorzeitig emeritiert offensichtlich wegen des Vorwurfs der Homosexualitat 5 sein Nachfolger wurde der Orientalist und Sprachwissenschaftler Franz Taeschner Anschliessend nach Bonn zuruckgekehrt arbeitete er weiterhin wissenschaftlich und politisch betatigte er sich auch als Denunziant gegen Paul Kahle 4 Eine zunehmende Entfremdung Baumstarks von der NSDAP ist ab 1943 bezeugt 6 Gemeinsam mit anderen Orientalisten und Theologen versuchte er 1944 vergeblich das Leben seines vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilten Mitarbeiters Kilian Kirchhoff OFM durch ein Gnadengesuch zu retten 7 1946 wurde Baumstark aus dem Beamtenstand entlassen ihm die Pension gestrichen und die Fuhrung des Titels Professor untersagt Im Zuge der Entnazifizierung wurde er 1948 jedoch nur noch in Kategorie IV Mitlaufer eingestuft In dem als Baumstarks wissenschaftliches Testament publizierten Schreiben von 1947 bekannte Baumstark vor Gott eine Kollektivschuld unseres Volks amp jedenfalls eine personliche Mitschuld meinerseits 8 Baumstark starb im Alter von 76 Jahren am 31 Mai 1948 in Bonn Sein Grab auf dem Bonner Sudfriedhof Abt XI 25 27 ist erhalten Leistung BearbeitenEin grosser Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeiten Baumstarks waren die ostkirchlichen Riten bzw die orientalische Liturgiegeschichte in all ihren Facetten Baumstark erforschte nicht nur die Geschichte sondern richtete sein Augenmerk auch auf deren Auswirkungen auf Kult Kunst und Literatur Er zeigte die Verwurzelung des Korans in der christlichen und judischen Liturgie auf Bekannt ist seine Geschichte der syrischen Literatur 1922 Seine viel benutzte Einfuhrung in die Vergleichende Liturgiewissenschaft Liturgie comparee liegt in mehreren Ubersetzungen vor Die deutsche Fassung ist nie erschienen Fur die Liturgiewissenschaft formulierte Baumstark die Einsichten dass a die entscheidende liturgische Entwicklung nicht von einer einheitlichen Urform zu regionaler Vielfalt verlief sondern umgekehrt von Mannigfaltigkeit zu wachsender Einheitlichkeit und b historisch altere Teile der Liturgie sich am ehesten an liturgisch hochwertigen Tagen erhalten So finden sich beispielsweise in der Feier des Karfreitags viele archaische sonst vollig verschwundene Elemente Das Gesetz der Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit ist heute allgemein anerkannt und ein haufig zitierter Satz geworden Baumstark begrundete innerhalb des Orientalistentages der Deutschen Morgenlandischen Gesellschaft die Sektion Christlicher Orient die seit 1929 existiert Werke Auswahl BearbeitenLucubrationes Syro Graecae In Jahrbucher fur classische Philologie Supplementband 21 1894 353 524 Dissertation Syrisch arabische Biographieen des Aristoteles Syrische Kommentare zur Eisagoge des Porphyrios Leipzig Teubner 1900 Aristoteles bei den Syrern vom V VIII Jahrhundert Syrische Texte herausgegeben ubersetzt und untersucht von Dr A Baumstark Erster Band Reprint Aalen Scientia Verlag 1975 Habilitationsschrift Die Messe im Morgenland Kempten Munchen 1906 Das Gesetz der Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit In Jahrbuch fur Liturgiewissenschaft 7 1927 S 1 23 Festbrevier und Kirchenjahr der syrischen Jakobiten Paderborn 1910 Die christlichen Literaturen des Orients G J Goschen sche Verlagsbuchhandlung Leipzig 1911 Zwei Bande I Das christlich aramaische und das koptische Schrifttum II Das christlich arabische und das athiopische Schrifttum Das christliche Schrifttum der Armenier und Georgier Geschichte der syrischen Literatur mit Ausschluss der christlich palastinischen Texte Markus Weber Bonn 1922 Unverand photomechan Nachdruck de Gruyter Berlin 1968 Vom geschichtlichen Werden der Liturgie Freiburg i Br 1922 Nachdruck Arcturus Verlag Schaffern 2018 ISBN 978 3 903060 66 1 Polnische Ubers O historycznym rozwoju liturgii Vetera et nova 6 Wydawn UNUM Krakow 2001 ISBN 83 87022 26 8 Anton Baumstark On the Historical Development of the Liturgy Introd Transl and Annotation by Fritz West Foreword by Robert F Taft Collegeville Liturgical Press 2011 229 S ISBN 978 0 8146 6259 5 Liturgie comparee Conferences faites au Prieure d Amay Edition refondue Chevetogne o J 1939 3 edition revue par Bernard Botte Ed de Chevetogne Chevetogne 1953 Comparative Liturgy Revised by B Botte English Edition by F L Cross A R Morsbray and Co London 1958 Liturgia comparada Cuadernos Phase 155 156 2 Bande Centre de Pastoral Liturgica Barcelona 2005 ISBN 84 9805 086 3 ISBN 84 9805 087 1 ohne die Bibliographie und das Register Herausgeber der Zeitschrift Oriens Christianus 1901 1941 mit Unterbrechungen Literatur BearbeitenReinhold Baumstark Hubert Kaufhold Anton Baumstarks wissenschaftliches Testament In Oriens Christianus 82 1998 S 1 52 Stefan Heid Art Anton Baumstark In Stefan Heid Martin Dennert Hrsg Personenlexikon zur Christlichen Archaologie Forscher und Personlichkeiten vom 16 bis zum 21 Jahrhundert Schnell amp Steiner Regensburg 2012 ISBN 978 3 7954 2620 0 Bd 1 S 138 140 Michael Gruttner Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik Heidelberg 2004 S 19 Helmut Heiber Universitat unterm Hakenkreuz Teil I Der Professor im Dritten Reich Munchen 1991 S 465 472 Rudolf Morsey Anton Baumstark und Georg Schreiber 1933 1948 Zwei gegensatzliche politische Positionen innerhalb der Gorres Gesellschaft In Jahres und Tagungsbericht der Gorresgesellschaft 2003 Paderborn 2004 S 103 129 Otto Spies Baumstark Carl Anton In Neue Deutsche Biographie NDB Band 1 Duncker amp Humblot Berlin 1953 ISBN 3 428 00182 6 S 669 Digitalisat Robert F Taft Gabriele Winkler Hrsg Acts of the International Congress of comparative Liturgy fifty years after Anton Baumstark 1872 1948 Pont Ist Orientale Roma 2001 ISBN 88 7210 333 9 mit Baumstark Bibliographie Fritz S West Anton Baumstark s Comparative Liturgy in its Intellectual Context University Microfilms International Ann Arbor 1988 Fritz S West The Comparative Liturgy of Anton Baumstark Grove Books Bramcote 1995 Heinzgerd Brakmann Baumstark und Syzygoi Liturgische Ostkirchenkunde an der Universitat Bonn In Albert Gerhards Tinatin Chronz Hg Orientierung uber das Ganze LIT Berlin 2015 99 144 bes 118 140 Angelika Pries Ein Sonderfall Gedenkblatt fur einen Obernazi Anton Baumstark In Es ist mit einem Schlag alles so restlos vernichtet Opfer des Nationalsozialismus an der Universitat Munster Hrsg von Sabine Happ Veronika Juttemann Aschendorff Munster 2018 993 1006 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Anton Baumstark junior im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Teilnachlass Anton Baumstark in der Universitats und Landesbibliothek MunsterEinzelnachweise Bearbeiten Die Heidelberger Venia legendi verlor Baumstark aus personlichen Grunden bereits im Jahr 1900 An ihre Stelle trat 1921 die Ernennung zum Ordentlichen Honorarprofessor in Bonn Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 1840869 Ekkehard Ellinger Deutsche Orientalistik zur Zeit des Nationalsozialismus 1933 1945 Deux Mondes Verlag Edingen Neckarhausen 2006 S 35 a b Ekkehard Ellinger Deutsche Orientalistik zur Zeit des Nationalsozialismus 1933 1945 Deux Mondes Verlag Edingen Neckarhausen 2006 S 61 Helmut Heiber Universitat unterm Hakenkreuz Teil I Der Professor im Dritten Reich Munchen 1991 S 465 ff Gerhard Kunze Erinnerung an Anton Baumstark in Monatschrift fur Pastoraltheologie zur Vertiefung des gesamten pfarramtlichen Wirkens 38 1948 49 171f Laut Kunze einem evangelischen Pfarrer und 1943 Besucher Baumstarks verzweifelte Baumstark an der inneren Linie der Partei die er als bolschewistisch bezeichnete Heinzgerd Brakmann Baumstark und Syzygoi Liturgische Ostkirchenkunde an der Universitat Bonn In Albert Gerhards Tinatin Chronz Hg Orientierung uber das Ganze LIT Berlin 2015 99 144 bes 136 138 Baumstark Kaufhold Testament wie unten 18 Normdaten Person GND 118932454 lobid OGND AKS LCCN n85822467 VIAF 59164719 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Baumstark Anton juniorALTERNATIVNAMEN Baumstark Anton der JungereKURZBESCHREIBUNG deutscher Orientalist und LiturgiewissenschaftlerGEBURTSDATUM 4 August 1872GEBURTSORT KonstanzSTERBEDATUM 31 Mai 1948STERBEORT Bonn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Anton Baumstark junior amp oldid 230312006