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Die Alpentransitborse ATB ist ein auf lange Frist in der europaischen Verkehrspolitik mogliches Instrument zur Begrenzung des alpenquerenden Strassenguterverkehrs durch die Versteigerung und den Handel von Durchfahrtsrechten Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Ziele und Modelle 2 1 Cap and Trade 2 2 Slot Management Reservationssystem 2 3 Diverse Verkehrsmanagementsysteme Traffic Management 3 Die Alpentransitborse als Instrument der Alpenschutzpolitik 4 Standpunkt des ASTAG zum Schweizer Modell 5 Zusatzlicher Ausbau des Bahnangebots als flankierende Massnahme 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenDie Alpen sind ein vom Transitverkehr besonders belastetes Gebiet Der gesamtalpine Guterverkehr betrug im Jahr 1970 28 Mio Tonnen aber 1998 bereits 150 Mio t Wahrend der Schienenguterverkehr in etwa gleich geblieben ist verachtfachte sich in dieser Zeit der Strassenguterverkehr Allein am Brenner werden taglich mehr als 6 300 LKW gezahlt 1998 1 Einige bedeutende Transitachsen wie Tauern Brenner Gotthard Mont Blanc oder Frejus leiden besonders unter dem hohen LKW Verkehrsaufkommen In engen Alpentalern wurden Stand etwa 2005 Schadstoff Grenzwerte regelmassig uberschritten die Abgase konnen durch die haufigen Inversionswetterlagen in den alpinen Talern zu sehr hohen Belastungen fuhren speziell im Winter Es besteht in diesen Talern eine hohe Belastung mit Stickoxiden Feinstaub und Blei das bereits in der Muttermilch von Frauen die in den Transitgemeinden wohnen in hohen Konzentrationen gemessen wurde Diese Schadstoffbelastungen haben bereits grossstadtische Ausmasse angenommen Zudem ist der CO2 Ausstoss allein der LKWs enorm Beim Brenner betragt er 26 Tonnen pro Tag 2 Larm kann von Hangen in Fahrbahnnahe widerhallen oder ein enges Tal fullen 3 In den Transitgemeinden sind mehr als zwei Drittel aller Einwohner stark oder sehr stark larmbelastet 4 Osterreich fuhrte 1989 Kriterien fur Larmarme Kraftfahrzeuge ein seit 1996 mussen die zugehorigen Grenzwerte auch von allen in der Europaischen Union neu zugelassenen LKWs eingehalten werden Ein weiteres Problem ist die Zerstuckelung und Zerschneidung des naturlichen Lebensraumes der Tier und Pflanzenwelt 5 Viele Politiker in den Alpenlandern verfolgen das Ziel einen Teil der alpenquerenden Guter auf die Schiene zu verlagern Verkehrsverlagerung In der Schweiz ist diese Verlagerungspolitik durch mehrere Volksabstimmungen u a Alpeninitiative gestutzt In Osterreich gibt es eine Reihe aktiver Burgerorganisationen z B Transitforum sowie verschiedene Versuche der Politik den Transitverkehr einzudammen Auch in anderen Alpenlandern gibt es aktive Burgerbewegungen 6 Die Alpenkonvention ein 1991 geschlossener volkerrechtlicher Vertrag trifft Aussagen zur Verlagerung des LKW Verkehrs auf die Schiene Die Konvention stand im Zeichen der Umweltdiskussionen der 1980er Jahre u a Waldsterben und des Falls des eisernen Vorhanges z B furchtete Osterreich stark zunehmenden Transitverkehr in Lander des ehemaligen Ostblocks Im Ausfuhrungsprotokoll Verkehr wurde eine Umsetzung mittels marktwirtschaftlicher Instrumente gefordert 7 Ziele und Modelle BearbeitenAlpentransitborse ist ein Sammelbegriff fur verschiedene Zuteilungsverfahren mit denen sich verschiedene z T auch gegensatzliche Ziele anstreben lassen Cap and Trade Bearbeiten Gemass dem Cap and trade Prinzip Deckelung und Handel sollen die LKW Fahrten uber die Alpen als beschranktes Gut behandelt und mengenmassig beschrankt werden Die mengenmassige Beschrankung Cap kann sich dabei entweder auf die Anzahl der Fahrten oder auf die daraus resultierende Emissionsmenge beziehen Im engeren Sinne steht Alpentransitborse fur das in der Schweiz vom Verein Alpen Initiative vorgeschlagene Modell wonach eine fixe Anzahl an Durchfahrtsrechten entweder kostenlos verteilt zu einem festen Preis verkauft oder versteigert wurden Nach der Erstzuteilung konnen sie frei gehandelt werden 8 Auch das von osterreichischen Wissenschaftlern entwickelte System Emissionsgesteuerter Verkehr durch die Alpen 9 ist ein Cap and Trade System Anstatt eine Mengengrenze fur LKW festzulegen wird hier jedoch eine Begrenzung der Emissionsmenge vorgeschlagen Statt Durchfahrtsrechten sollen Emissionszertifikate gehandelt werden 10 Dies im Sinne einer Nachfolgeregelung fur die gescheiterte Okopunkte Regelung Rechtlicher Ausgangspunkt ist das Anlagenrecht Kunftige technische Fortschritte wurden bei einer Emissionsbegrenzung je nach Ausgestaltung des Systems ein weiteres Wachstum der Verkehrsmenge erlauben Die Kapazitats und Sicherheitsprobleme vieler alpenquerender Transitrouten wurden nur bedingt gelost Slot Management Reservationssystem Bearbeiten In der ersten Schweizer Studie wurde neben der eigentlichen ATB nach dem Cap and Trade Modell auch ein freiwilliges System mit handelbaren Reservationsrechten untersucht Dieses Slot Management wurde zur Durchfahrt in einem bestimmten Zeitfenster Slot berechtigen Ziele sind eine bessere Ausnutzung der knappen Strassenkapazitaten die Reduktion von Staus und Wartezeiten sowie Anreize zu einer besseren Planung und Logistik Fahrzeuge ohne Reservation mussen langer warten Ein Slot Management siehe auch Zeitfenstermanagement wurde jedoch zu keiner Mengenbegrenzung fuhren 11 Diverse Verkehrsmanagementsysteme Traffic Management Bearbeiten Weitere Modelle versuchen durch Anreize z B flexible Mauthohen nach Tageszeit die Strassenkapazitat moglichst effizient zu nutzen Die Alpentransitborse als Instrument der Alpenschutzpolitik BearbeitenIn der Schweiz wurde die Idee einer Alpentransitborse vom Verein Alpen Initiative ins Spiel gebracht Seit 2004 wurde das Projekt auch vom zustandigen Schweizer Bundesdepartement vorangetrieben weil eine Umsetzung des geltenden und in der Verfassung verankerten Umlagerungsziels maximal 650 000 alpenquerende LKW Fahrten pro Jahr sowie ein wirtschaftlich selbsttragender Betrieb der NEAT ohne zusatzliche Massnahmen kaum realisierbar scheinen Eine 2004 erstellte summarische Machbarkeitsstudie 12 und eine 2007 abgeschlossene vertiefende Studie 13 kamen zum Schluss eine ATB sei grundsatzlich moglich und mit den geltenden gesetzlichen Regelungen vereinbar In beiden Berichten wird aber auch auf verschiedene ungeloste Fragen bei der konkreten Ausgestaltung hingewiesen Aufgrund der geltenden vertraglichen Regelung kann die Schweiz eine solche Massnahme nur im Einvernehmen mit der EU beschliessen Es wurde deshalb versucht eine ATB alpenweit einzufuhren Die uberarbeitete europaische Wegekostenrichtlinie scheint prinzipiell durchaus einen gewissen Spielraum fur die Einfuhrung einer ATB zu eroffnen Erste Reaktionen von EU Seite signalisierten vorsichtiges Interesse bekraftigten aber gleichzeitig die unverhandelbaren Grundsatze des freien Verkehrsflusses der freien Verkehrsmittelwahl des Kontingentierungs und des Diskriminierungsverbots 14 In der Schweiz beantragte der Bundesrat in die Nachfolgeregelung fur das demnachst auslaufende Verlagerungsgesetz die notigen rechtlichen Grundlagen fur die Einfuhrung einer ATB einzubauen Im Parlament wurde der Antrag mit der Begrundung abgelehnt das Instrument sei noch nicht praxisreif Eine Weiterfuhrung der laufenden Abklarungen wurde begrusst doch wurde auch davor gewarnt den Erfolg der Verlagerungspolitik einseitig vom Zustandekommen einer ATB abhangig zu machen 15 In Osterreich hat die anfanglich von den Grunen geforderte ATB Eingang ins Regierungsprogramm der SPO OVP Koalition vom Januar 2007 gefunden 16 Spatestens ab 2013 zeigte sich dass die zustandigen EU Organe in absehbarer Zeit kaum fur eine Alpentransitborse zu gewinnen sind So bilanzierte der Schweizer Bundesrat etwa 2019 Mit dem Verlagerungsbericht 2013 hatte der Bundesrat erstmals festgestellt dass die Alpentransitborse oder limitierende Schwerverkehrsmanagement Instrumente aus Sicht der EU einen klaren Widerspruch zu den Grundsatzen des Landverkehrsabkommens darstellen Somit ist auf dieser Basis die Einfuhrung einer Alpentransitborse oder eines anderen limitierenden Schwerverkehrsmanagement Instruments kurz und mittelfristig chancenlos Die EU hat das Eintreten auf Verhandlungen abgelehnt und auf die Arbeiten im Zurich Prozess verwiesen Auf diesem Hintergrund kann insgesamt aus Sicht des Bundesrates festgehalten werden dass in der kurz und mittelfristigen Perspektive fur die Schweiz in diesem Kontext die Umsetzung eines limitativen Schwerverkehrsmanagement Instruments wie z B einer Alpentransitborse weiterhin unrealistisch ist Derartige Bestrebungen werden sich nur schrittweise und bestenfalls in einer langfristigen Perspektive gemeinsam mit den anderen Alpenlandern umsetzen lassen Hingegen haben die Uberlegungen zu alpenspezifischen Kostenfaktoren welche in bestehende Abgabensysteme integriert werden konnten zumindest in die politische Diskussion auf europaischer Ebene Eingang gefunden 17 Standpunkt des ASTAG zum Schweizer Modell BearbeitenDer Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG sieht in der Einfuhrung einer ATB einen Ruckfall in die Planwirtschaft und zweifelt uberhaupt an der Umsetzbarkeit dieses Instruments 18 Aufgrund der erwahnten Berichte von 2004 12 und 2007 13 sei hauptsachlich auf folgende offenen Fragen hinzuweisen Festlegung des Cap Wahrend in Osterreich wissenschaftliche Grundlagen fur die Festlegung zulassiger Emissionsmengen erarbeitet werden ware die Fahrtenzahl nach dem schweizerischen System politisch auszuhandeln bzw mit dem Verlagerungsziel von 650 000 Fahrten pro Jahr bereits gegeben Da dieser Wert unterhalb der Nachfrage liegt wurde ein solches Cap durch das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage im freien Handel mit Durchfahrtsrechten eine empfindliche Verteuerung des Strassentransports nach sich ziehen was auch der erklarten Absicht der Protagonisten entsprache Allerdings bleibt vollig offen ob die EU einer solchen Verteuerung zustimmen wurde Sie konnte Behinderung des freien Verkehrsflusses Missachtung des Kontingentierungsverbots und Uberschreitung der bilateral ausgehandelten Obergrenzen der Transitgebuhren geltend machen Sonderregelung fur Lokal und Kurzstreckenverkehr Sollte die ATB zu einer Verteuerung des Strassentransports fuhren so wurde dies in Gebieten in der Nahe von Alpenubergangen uberproportional stark auf die Produktions und Lebenshaltungskosten durchschlagen Zur Kompensation dieses Effekts werden Sonderregelungen gefordert Allerdings konnte bisher nicht dargelegt werden wie solche konkret auszugestalten waren ohne dass dadurch wieder neue Ungleichheiten geschaffen wurden Aus EU Sicht konnte dies eine Verletzung des Diskriminierungsverbots darstellen Zusatzlicher Ausbau des Bahnangebots als flankierende Massnahme BearbeitenDie Kontingentierung und Verteuerung des Strassentransports konnte dadurch aufgefangen werden dass zusatzlich zum bereits vorgesehenen Ausbau des Schienenguterverkehrs noch weitere neue Bahnangebote geschaffen wurden Der Bericht von 2007 13 schlagt konkret eine zusatzliche Erweiterung des RoLa Angebots vor und zwar durch Schaffung neuer Stundentakt Verbindungen Basel Domodossola und Basel Chiasso mit je ca 300 000 bis 430 000 Stellplatzen pro Jahr Damit liessen sich gegen 650 000 jahrliche LKW Fahrten zusatzlich auf die Schiene verlagern Voraussetzung dafur ware allerdings die Schaffung entsprechender zusatzlicher Strecken und Terminalkapazitaten Ausserdem wurde durch das insgesamt grossere Angebot der Preisdruck auf die Bahn wieder verstarkt Weblinks BearbeitenATB Informationsseite des Vereins Alpen Initiative Verkehrsverlagerung Memento vom 21 Mai 2013 im Internet Archive Grune Nordtirol fordern ATB Verdi Grune Verc Sudtirol Memento vom 19 Marz 2007 im Internet Archive Regierungsrat des Kantons Uri Antwort auf eine Anfrage 30 April 2013 PDF 345 kB Einzelnachweise Bearbeiten Heinz Veit Die Alpen Geookologie und Landschaftsentwicklung Stuttgart 2002 S 227 Heinz Veit Die Alpen Geookologie und Landschaftsentwicklung Stuttgart 2002 S 229 Sanierungsgebiete Tirol Memento vom 15 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2019 PDF 3 9 MB La borsa dei transiti alpini e praticabile PDF Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alpentransitborse amp oldid 239185725