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Alfred Firmin Loisy 28 Februar 1857 in Ambrieres Departement Marne 1 Juni 1940 in Ceffonds Departement Haute Marne war ein franzosischer katholischer Theologe und Historiker Alfred Firmin Loisy Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Anliegen und Rezeption 3 Schriften franzosische Erstausgaben 4 Zitate 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAlfred Loisy entstammte einer Bauern Familie die einen nuchternen traditionellen Katholizismus lebte Dem Knaben von schwacher Gesundheit der zur Ubernahme des elterlichen Hofes nicht geeignet schien wurde das Studium ermoglicht Man sandte ihn 1872 auf das bischofliche Gymnasium in Saint Dizier wo in ihm der Gedanke zum Eintritt in das Priesterseminar von Chalons sur Marne 1874 reifte Zeitweilig erwog er ein Ordensleben Der begabte Loisy wurde 1879 zum Priester geweiht und lehrte seit 1889 orientalische Sprachen und Bibelwissenschaft am Institut Catholique de Paris Loisy wandte sich dem Projekt einer umfassenden kritischen Geschichte der Bibel zu und befasste sich unter anderem mit der Frage der gottlichen Inspiration der Bibel Er bezog diese Inspiration durchaus auf die ganze Heilige Schrift betonte aber dass bei ihrer Interpretation ihr historisch kontingenter Charakter als Produkt einer gottlich menschlichen Kooperation in einer bestimmten Epoche der Vergangenheit zu berucksichtigen sei Die Bibel war in ihrem historischen Kontext wahr und im Verstehenshorizont ihrer Zeit auch ohne Irrtumer weil sie etwa in naturgeschichtlichen Fragen einfach den Wissensstand ihrer Entstehungszeit widerspiegelte Die Wahrheit der Schrift sei deshalb rein relativ Die Bibel ist also in diesem Sinne wahr aber nur die Kirche die sie fur die jeweils aktuelle Situation neu auslegen muss ist unfehlbar Nach der Enzyklika Providentissimus Deus von Papst Leo XIII 1893 die gegen Loisy eine vollstandige nicht historisch relativierte Irrtumslosigkeit der Bibel behauptete verlor Loisy sein Lehramt Er wirkte einige Jahre als Seelsorger an einem Bildungsinstitut von Dominikanerinnen bis er 1899 schwer erkrankte Als umfassend gebildeter Wissenschaftler und produktiver Autor erzielte er unter Theologen eine breite Publikumswirkung In der 1896 gegrundeten Revue de l histoire et litterature religieuses schrieb er gemeinsam mit Joseph Turmel unter zahlreichen Pseudonymen womit eine breite wissenschaftliche Bewegung vorgetauscht bzw die kirchliche Zensur umgangen wurde Loisy gilt als Begrunder und fuhrender Vertreter des von seinen Gegnern so genannten Modernismus da seine Hypothesen der Hauptgegenstand der lehramtlichen Verurteilungen waren die Papst Pius X im Jahr 1907 im Dekret Lamentabili und mit der Enzyklika Pascendi vornahm Loisy selbst hatte bereits 1904 nachdem seine Hauptwerke auf den Index librorum prohibitorum gesetzt worden waren den Glauben an eine Reformfahigkeit der Kirche aufgegeben Er musste aber feststellen dass sich viele Gesinnungsfreunde dem papstlichen Urteil vollstandig oder zogernd unterwarfen Aber nicht die innerkirchliche Diskussion sondern erst die schwere historische Zasur des Ersten Weltkriegs beendete die Modernismus Krise um 1914 Loisy war der bekannteste franzosische Verfechter der von ihren Gegnern so genannten exegese allemande der historisch kritischen Methode in der Bibelwissenschaft Sein kritischer Ansatz zielte aber anders als die liberale Theologie im deutschen Protestantismus auf eine neue Apologie Verteidigung des Katholizismus durch Einpassung der kirchlichen Lehre in den damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand Da sich Loisy anders als der Bibelwissenschaftler Marie Joseph Lagrange und andere Fachkollegen trotz langwieriger Auseinandersetzungen letztlich nicht dem Papst unterwarf wurde er 1908 exkommuniziert und zum vitandus lat zu Vermeidender erklart Katholiken war also der Umgang mit ihm verboten Er lehrte bis 1931 unter Radikalisierung seiner Auffassungen bis hin zum Pantheismus Religionsgeschichte am College de France Seine Frommigkeit blieb von seiner Exkommunikation unberuhrt er betete weiterhin sein Brevier Er empfing den Segen den Kardinal Eugenio Pacelli bei einer vom Rundfunk ubertragenen hl Messe wahrend eines Eucharistischen Weltkongresses spendete und sagte fur diesen Segen dankbar im Gesprach mit Jean Guitton Fur die Atherwellen gibt es keine Exkommunikation 1 Alfred Loisy verbrachte seinen Lebensabend in Montier en Der 2 Er starb 1940 Die papstliche Zeitung L Osservatore Romano widmete ihm einen kritischen Nachruf Anliegen und Rezeption BearbeitenIm zentralen Konflikt wandte sich Loisy mit dem Buch L Evangile et l Eglise von 1902 gegen das Wesen des Christentums wie es der liberale protestantische Theologe Adolf Harnack konzipierte Dabei ging es ihm um die positive Wurdigung der offentlichen Funktion der Kirche Jesus habe das Reich Gottes verkundet aber die Kirche immerhin sei entstanden Deutlich positiver ist die Bewertung des Verhaltnisses beider Grossen zueinander bei Peter Klein 3 der bei Loisy das begriffliche Instrumentarium Darwins wiederfindet mit Notwendigkeit also und im Rahmen eines Uberlebenskampfes kam es zu Veranderungen im Christentum 4 Aus dem religiosen Bewusstsein der jeweiligen Epoche heraus finde es zu einer je anderen Gestalt Loisy fuhrte weiter aus dass Kernpunkte der christlichen Lehre wie die Auferstehung die Jungfrauengeburt oder die Gottlichkeit Jesu Christi nicht durch historische Quellen belegt werden konnen dass also ein historischer Jesus dem Jesus Christus des Glaubens gegenuberstehe 5 Diese Relativierung des Dogmas beunruhigte das kirchliche Lehramt und bleibt wie die ganze Frage des Historizismus ein ungelostes historisch theologisches Problem Manche Anliegen von Loisy wurden durch moderne katholische Theologen aufgegriffen die ihn als Vorlaufer anerkennen ohne dass sie seine Schlussfolgerungen akzeptieren konnten Schriften franzosische Erstausgaben BearbeitenHistoire du Canon de l Ancien Testament Paris 1890 Histoire du Canon du Nouveau Testament Paris 1891 Le Livre de Job Amiens 1892 Les Evangiles synoptiques 2 Bde Amiens 1893 1896 La Religion d Israel Paris 1901 Les mythes babyloniens et les premiers chapitres de la Genese Paris 1901 Etudes evangeliques Paris 1902 L Evangile et l Eglise Paris 1902 Autour d un petit livre Paris 1903 Le quatrieme Evangile Paris 1903 Les Evangiles synoptiques Traduction et commentaire 2 Bde Ceffonds 1907 1908 Simples reflexions sur le Decret du Saint Office Lamentabili sane exitu et sur l Encyclique Pascendi dominici gregis Ceffonds 1908 Quelques Lettres sur des questions actuelles et des evenements recents Ceffonds 1908 Jesus et la tradition evangelique Paris 1910 Choses passees Paris 1913 Guerre et Religion Paris 1915 La Religion Paris 1917 Les Mysteres paiens et le Mystere chretien Paris 1919 Essai historique sur le sacrifice Paris 1920 Les Actes des Apotres Paris 1920 L eglise et la France Paris 1925 Religion et humanite Paris 1926 Memoires pour servir a l histoire religieuse de notre temps 3 Bde 1930 1931 La Naissance du Christianisme Paris 1933 Le Mandeisme et les Origines chretiennes Paris 1934 George Tyrrell et Henri Bremond Paris 1936 La Crise morale du temps presents et l education humaine Paris 1937 Eine Werkausgabe liegt noch nicht vor Viele der genannten Bande wurden auf Initiative von Kurt Flasch in den 1970er Jahren bei Minerva Frankfurt am Main photomechanisch nachgedruckt Gerard Mordillat und Jerome Prieur gaben 2001 drei ausgewahlte Schriften Loisys L Evangile et l Eglise Autour d un petit livre und Jesus et la tradition evangelique in einem Band heraus 6 Zitate Bearbeiten Jesus annoncait le royaume et c est l Eglise qui est venue Jesus kundete das Reich Gottes an und gekommen ist die Kirche Alfred Loisy 7 In diesem Wort mag man Ironie sehen aber doch auch Trauer Anstelle der grossen Erwartung von Gottes eigenem Reich von der neuen durch Gott selbst verwandelten Welt ist etwas ganz Anderes und wie Armseliges gekommen die Kirche Benedikt XVI 8 Einwande die vom Standpunkt einer gewissen Theologie aus sehr ins Gewicht zu fallen scheinen haben fur den Historiker fast keine Bedeutung Es ist beispielsweise sicher dass Jesus nicht im voraus die Verfassung der Kirche wie eines auf Erden begrundeten und zur Fortdauer auf eine lange Reihe von Jahrhunderten bestimmten Staates geregelt hat Aber etwas das seinem Gedanken und seiner authentischen Lehre noch viel ferner liegt ist die Idee einer unsichtbaren Gemeinde gebildet fur alle Zeiten durch jene die in ihrem Herzen den Glauben an die Gute Gottes trugen Man hat gezeigt dass sich im Evangelium Jesu schon ein Ansatz sozialer Gliederung vorfand und dass auch das Reich Gesellschaftsform annehmen sollte Jesus hatte das Reich angekundigt und dafur ist die Kirche gekommen Sie kam und erweiterte die Form des Evangeliums die unmoglich erhalten werden konnte wie sie war seitdem Jesu Aufgabe mit dem Leiden abgeschlossen war Wenn man das Prinzip aufstellt dass alles nur in seinem ursprunglichen Zustand Existenzberechtigung hat so gibt es keine Einrichtung auf der Erde und in der menschlichen Geschichte deren Legitimitat und Wert nicht bestritten werden konnte Ein solches Prinzip lauft dem Gesetz des Lebens zuwider welches eine Bewegung und ein bestandiges Streben nach Anpassung an ewig wechselnde und neue Bedingungen ist Das Christentum hat sich diesem Gesetz nicht entzogen und es darf nicht getadelt werden weil es sich ihm gefugt hat Es konnte nicht anders handeln Alfred Loisy 9 Aus diesem Text der die Kirche einschliesslich ihrer Strukturen bis hin zum Papsttum und dem Dogma von der Unfehlbarkeit als legitime und unverzichtbare Konsequenz der Botschaft Jesu dartun wollte ist in den spateren Auseinandersetzungen nur ein Satz ubrig geblieben Jesus hat das Reich verkundet und gekommen ist die Kirche und dieser Satz wurde im direkten Gegensatz zu Loisys Argumentation so interpretiert dass die Botschaft Jesu und die Kirche als Widerspruche erschienen Peter Neuner 10 Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Friedrich Heiler Alfred Loisy Der Vater des katholischen Modernismus Erasmus Munchen 1947 Dietmar Bader Der Weg Loisys zur Erforschung der christlichen Wahrheit Herder Freiburg im Breisgau 1974 Peter Klein Alfred Loisy als Historiker des Urchristentums Dissertation Universitat Bonn Bonn 1977 Wolfgang Weiss Loisy Alfred Firmin In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 5 Bautz Herzberg 1993 ISBN 3 88309 043 3 Sp 190 196 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Gerard Mordillat Jerome Prieur Jesus ilustre et inconnu Desclee de Brouwer Paris 2001 ISBN 2 220 04910 8 Otto Weiss Das wechselvolle Geschick des Alfred Loisy in Deutschland In Otto Weiss Kulturen Mentalitaten Mythen Zur Theologie und Kulturgeschichte des 19 und 20 Jahrhunderts Schoningh Paderborn 2004 ISBN 3 506 70119 3 S 385 437 Claus Arnold Alfred Loisy In Friedrich Wilhelm Graf Hrsg Die Klassiker der Theologie Band 2 Von Richard Simon bis Karl Rahner Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 52801 5 S 155 170 Karl Heinz Menke Die Frage nach dem Wesen des Christentums Eine theologiegeschichtliche Analyse Nordrhein Westfalische Akademie der Wissenschaften Vortrage G 395 Schoningh Paderborn u a 2005 ISBN 3 506 72888 1 S 61 68 Andreas U Muller Christlicher Glaube und historische Kritik Maurice Blondel und Alfred Loisy im Ringen um das Verhaltnis von Schrift und Tradition Freiburger theologische Studien Band 172 Herder Freiburg 2006 ISBN 3 451 29656 X Claus Arnold Alfred Loisy Etudes bibliques 1903 In Oda Wischmeyer Hrsg Handbuch der Bibelhermeneutiken Von Origenes bis zur Gegenwart De Gruyter Berlin Boston 2016 ISBN 978 3 11 033027 4 S 593 602 Annelies Lannoy Alfred Loisy and the making of history of religions A study of the development of comparative religion in the early 20th century Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten Band 74 Walter de Gruyter Berlin 2020 ISBN 978 3 11 058377 9 Peter Klein Markusevangelium Werkbericht des Autors Lit Berlin 2 uberarbeitete und erweiterte Aufl 2021 ISBN 978 3 643 14913 8 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Alfred Loisy im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Sirus Laia Dogma und Dogmenentwicklung in der Vorstellung Loisys Albert Raffelt Das Wesen des Christentums nach Alfred Loisy Sonderdruck 1972 pdf 2 7 MB Einzelnachweise Bearbeiten Jean Guitton Dialog mit Paul VI Heyne Munchen 1978 ISBN 3 453 00964 9 S 29 Jean Guitton Dialog mit Paul VI Heyne Munchen 1978 S 28 Peter Klein Markusevangelium Werkbericht des Autors 2 Aufl 2021 S 213 Peter Klein Alfred Loisy als Historiker des Urchristentums Bonn 1977 Owen Chadwick A history of the Popes 1830 1914 S 351 352 Gerard Mordillat Jerome Prieur Hrsg Alfred Loisy Noesis Paris 2001 ISBN 2 911606 98 1 Alfred Loisy L evangile et l eglise Bellevue 3 Aufl 1904 S 155 Digitalisat Benedikt XVI Jesus von Nazareth Herder Freiburg iim Breisgau 2007 S 78 Vgl jedoch unbedingt die Originalstelle und den Zusammenhang Alfred Loisy Evangelium und Kirche Autorisierte Ubersetzung nach der zweiten vermehrten bisher unveroffentlichten Auflage des Originals von Joh anna Griere Becker Kirchheim Munchen 1904 S 112 f Peter Neuner Der Streit um den katholischen Modernismus Verlag der Weltreligionen Frankfurt am Main und Leipzig 2009 S 70 Normdaten Person GND 118574124 lobid OGND AKS LCCN n79058837 VIAF 54145857789923020432 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Loisy AlfredALTERNATIVNAMEN Loisy Alfred Firmin vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG franzosischer katholischer Theologe und HistorikerGEBURTSDATUM 28 Februar 1857GEBURTSORT AmbrieresSTERBEDATUM 1 Juni 1940STERBEORT Ceffonds Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alfred Loisy amp oldid 235908818