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Als Seltene Erden Glaser Syn Alexandrit Glas Heliolit Glas Royalit Glas Prasemit Glas werden Glaser bezeichnet die mit Hilfe von Seltenen Erden Oxiden insbesondere von Neodym Praseodym und Cer eingefarbt werden Zusatze von Seltenen Erden Oxiden werden seit dem ersten Drittel des 20 Jahrhunderts zur Farbung von Kunst und Gebrauchsglas eingesetzt Die ersten Glasobjekte wurden 1928 von der Karlsbader Glasmanufaktur Moser hergestellt und Ende der 1920er Jahre mit grossem Erfolg zunachst in Europa einige Jahre spater auch in Amerika kommerziell vertrieben Einige insbesondere mit Neodym III oxid bzw mit Mischungen von Neodym III oxid und Praseodym III IV oxid bzw Selen IV oxid gefarbten Glaser zeichnen sich z T durch intensive dichroitische Effekte aus Seltene Erden Glaser sind vor allem unter den Handelsnamen Alexandrit Heliolit Prasemit und Royalit Glas bekannt Inhaltsverzeichnis 1 Herkommliche Glasfarbung mit Metalloxiden 2 Glasfarbung mit Seltenen Erden Oxiden 3 Verwendung 4 Rezeption 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHerkommliche Glasfarbung mit Metalloxiden BearbeitenBereits seit der Antike wurden Glaser mit verschiedenen Metalloxiden gefarbt Eisenhaltiges Schwarzlot wurde bereits in Mesopotamien zur Farbung von Fayencen verwendet In Abhangigkeit von der Konzentration der eingesetzten Metalloxid Zusatze Temperatur Zeit der Warmeeinwirkung und einem reduzierenden oder oxidierendem Milieu wahrend des Schmelzprozesses konnten jeweils unterschiedliche Glasfarben erzeugt werden Unter oxydierenden Bedingungen bringt der Zusatz von Eisen III oxid eine gelblichbraune Farbung des Glases hervor wahrend unter reduzierenden Bedingungen dunkelgrune Glaser hergestellt werden konnen Ein ahnliches Verhalten zeigen auch Zusatze von Mangan IV oxid schwarze Glasfarben in einem oxidierenden Milieu bzw violett bis amethystfarbene Farbungen in einem reduzierenden Milieu 1 Die wichtigsten Zusatze zur Glasfarbung waren weiterhin Kupfer II oxid blaugrun Kupfer I oxid rot Cobalt II III oxid ultramarin bis pink Chrom III oxid grasgrun bis rotgelb Uran IV oxid leuchtend gelb bis grasgrun Annagelb Annagrun mit deutlich hellgruner Fluoreszenz Selen IV oxid rosa Rosalin Selen IV oxid in Bleiglas gelb Selen IV oxid mit Cobalt II oxid rubinrot irisierend Selenrubinrot Selen IV oxid mit Zinn IV oxid dunkelrubinrot sowie Silber helles gelb Silbergelb und Gold tiefes dunkelrot Goldrubin nach Losung in Konigswasser und Tempern bei ca 700 Grad Glasfarbung mit Seltenen Erden Oxiden BearbeitenNach der Entdeckung der Seltenen Erden Elemente Neodym und Praseodym 1895 durch Carl Auer von Welsbach begann man nach Anwendungsmoglichkeiten fur die neu entdeckten Substanzen zu suchen Bereits um 1900 wurden erste Glasfarben mit Seltenen Erden hergestellt der rotviolett fluoreszierende Didymglaswurfel der sich in der Sammlung der Experimental Physik der Universitat Innsbruck befindet und fur Fluoreszenzversuche verwendet wurde besteht aus Bleiglas mit Beimengungen von Zink Neodym und Praseodymoxiden 2 1913 beschrieb C Richard Bohm neben zahlreichen technischen Anwendungsbereichen die Verwendung von Neodym III oxid zur Farbung von Glas Bei Schott in Jena wurden Glasfarbeversuche durchgefuhrt 3 Nach dem Ersten Weltkrieg setzte eine verstarkte Forschung zur Anwendung der Stoffgruppe der Seltenen Erden SE ein So wurde beobachtet dass Glaser eine wesentlich intensivere Farbe zeigten wenn sie mit Zusatzen von Cer Praseodym III IV oder Neodym III oxid geschmolzen wurden 1 1923 wurde eine Methode beschrieben mittels Neodym III oxid Borosilikatglas zu entfarben 4 Der Einsatz von SE Oxiden zur Glasfarbung beschrankte sich zunachst aufgrund der kostspieligen Herstellung der Substanzen auf Laborexperimente Mitte der 1920er Jahre begann der Karlsbader Hersteller von Luxusglas Leo Moser eine Zusammenarbeit mit der Deutschen Glasgluhlicht Auer Gesellschaft sowie mit Franz Weidert und Hermann Heinrichs vom Kaiser Wilhelm Institut fur Silikatforschung 2 Gemeinsam entwickelte man zwischen 1927 und 1930 etwa 50 neue Farbtone mit Hilfe von Zusatzen von Seltenen Erden Oxiden von denen zehn Glasfarben in der industriellen Produktion von Moser eingesetzt wurden 1 nbsp Diachroitischer Effekt in NeodymglasernSo wurde beobachtet dass Glaser mit 4 Neodym III oxid in dunnen Schichten blau gefarbt sind wahrend sich in massiven Glasobjekten eine tiefe burgunderrote bis dunkelviolette Farbe zeigt Neodymoxidhaltige Glaser sind daruber hinaus durch eine starke Absorption im gelben Bereich gekennzeichnet In Abhangigkeit von der Beleuchtungsquelle und damit vom Verhaltnis von Rot Blau Anteilen im Licht andert sich der Farbeindruck Wahrend die Glaser im Kunstlicht blau erscheinen zeigen sie bei Tageslicht eine rosa purpur bis intensive violette Farbung Dieser Dichroismus kommt insbesondere bei dicken und geschliffenen Glasobjekten zur Geltung Moser gab diesen Glasern in Anlehnung an das Mineral Alexandrit den Handelsnamen Alexandrit Glas wobei die Namensbezeichnung unglucklich gewahlt war da das Mineral Alexandrit durch einen intensiven Farbwechsel von grun nach rot gekennzeichnet ist 5 Erste Glaser mit Farbung durch Seltene Erden Oxiden wurden von Moser 1928 auf der Fruhjahrsmesse in Leipzig vorgestellt Im folgenden Jahr wurden von der Deutschen Glasgluhlicht Auer Gesellschaft zwei Verfahren zur Rotfarbung von Glasern mittels Zusatz von Seltenen Erden als Patent eingetragen 2 Moser meldete im gleichen Jahr die neuen Farbglaser zum Musterschutz an 6 Zeitgleich mit dem Alexandrit Glas wurde Heliolit Glas vorstellt das ebenfalls uber einen deutlichen Dichroismus von sandgelb apricotfarben nach grun zeigt und durch Zusatze von Neodym und Praseodymoxid eingefarbt wurde 1930 folgte die Einfuhrung des rotvioletten bis grauen Royalit Glases Goldrubinglaser mit Neodym III oxid und Selen gefarbt und dem kommerziell weniger erfolgreichen gelbgrunen Prasemit Glas das mit Praseodym III IV oxid gefarbt wurde und in dunnen Schichten gelb in massivem Glas dagegen dunkelgrun erscheint 1 6 Daruber hinaus experimentierte man mit verschiedenen Mischungsverhaltnissen von Neodym und Praseodym Oxiden Mit einem Mischungsverhaltnis von 1 1 lasst sich eine olivgrune Glasfarbe darstellen wahrend bei einem Verhaltnis von 1 1 5 die Farbe allmahlich verblasst Neodymiumgrau 1 Die Anwesenheit von Cer verleiht Glas einen leichten Gelbstich durch weiteren Zusatz von Titan IV oxid im Verhaltnis 1 2 lasst sich hingegen eine leuchtend zitronengelbe Farbe realisieren Die Kombination von Cer und Metalloxiden ergibt intensive Glasfarben wie u a die Mischung mit Cobalt Pyrexblue oder mit Chrom Smaragdgrun 1 Verwendung BearbeitenAlexandrit Flakon 1926 30 von Marianne Rath Museum fur Angewandte Kunst Wien Link zum Bild Bitte Urheberrechte beachten Heliolit Vase von Hessenglas GmbH Oberursel Link zum Bild Bitte Urheberrechte beachten Royalit Puderdose von Franz Burkert Oberursel Link zum Bild Bitte Urheberrechte beachten Neben der Glasfarbung werden Seltene Erden vielfaltig in der Technik eingesetzt u a als Sonnenschutzglas in Neodym YAG Lasern zum Entfarben von eisenhaltigen Glasschmelzen sowie aufgrund der scharfen Absorptionsbanden der Neodym Glaser in der Astronomie zum Kalibrieren 7 In der Glasverarbeitung erregten die neuen Glasfarben nach der Leipziger Fruhjahrsmesse 1928 grosses Aufsehen Peter Behrens wurde auf die neuartigen Glasfarben aufmerksam und entwarf 1929 eine Glasserie die jedoch nicht in Produktion gegangen ist Durch den guten Kontakt von Leo Moser zu renommierten Glasschleifern und Glaskunstlern wurden Anfang der 1930er Jahre zahlreiche Glasobjekte und Glasserien vorgestellt die durch eine besonders entwickelte Schlifftechnik die brillanten Farben und den einzigartigen Farbwechsel besonders zum Ausdruck brachten So entwarf beispielsweise Marianne Rath fur J amp L Lobmeyr in Wien die Rare Earth Serie mit farbintensiven Schalen und Flakons In Karlsbad entwickelte Heinrich Hussmann eine ganze Reihe von Vasen Jardinieren Schusseln Glasern und Flakongarnituren mit gewellten Oberflachen und scharfen Keilschnittkanten die ein einzigartiges Farbspiel erzeugen 6 In den 1930er Jahren verbreitete sich die Verwendung von Seltenen Erden Glasfarben schnell Die Firma J Riedel nutzen die Seltenen Erden Oxide zur Farbung von Glasstaben die in der Gablonzer Schmuckindustrie weiterverarbeitet wurden 1 In Amerika stellten in den 1930er Jahren die Firmen A H Heisey amp Co Handelsname Empress Glass 8 die Steuben Glass Works Serie Wisteria bis 1934 die Cambridge Glas Company Serie Heatherbloom 1931 bis 1936 9 die Firma Morgantown Alexandrite Glass und die The Fostoria Company Serie Wisteria 1931 1938 zahlreiche neodymoxidgefarbte lavendel bis amethystfarbene Pressglasgefasse und Glasservices her 10 11 Mit dem Zweiten Weltkrieg und dem damit einhergehenden Rohstoffmangel kam die Verwendung von SE Oxiden in der Kunst und Gebrauchsglasherstellung zunachst zum Erliegen Man versuchte die sehr beliebte tiefviolette Glasfarbung zu imitieren meist durch den Einsatz von preisgunstigem und leichter verfugbaren Manganoxid 8 Trotz fehlendem Zusatz von SE Oxiden und fehlendem dichroitischem Effekt wurde das Glas trotzdem unter dem Handelsnamen Alexandrit vertrieben und fuhrte so zu einer Tauschung der Verbraucher z B Glaser von Thomas Webb und Stevens amp Williams in Stourbridge 12 Vereinzelt wurden nach 1948 bei tschechischen Herstellern von hochwertigem Kunstglas wieder neodymoxidgefarbte Glaser vornehmlich Alexandrit Glaser verwendet u a bei Frantisek Halama in Zelesny Brod 13 und als Pink Luxodine bzw Luxodin in der tschechischen Glasfabrik ZBS Zeleznobrodske Sklo A S Hier wurden die hochwertigen Glasvasen die u a von Miroslav Klinger entworfen wurden auch in Alexandrit Glas ausgefuhrt Das Karlsbader Unternehmen Moser setzt bis heute die Tradition fort Seltene Erden Glaser fur die hochpreisige Kunstglasherstellung zu verwenden In den USA wurde in einigen Glasfabriken wie in der Tiffin Glass Company Serie Twilight und Dawn in der Fenton Art Glass Company Serie Wisteria und in der Boyd s Crystal Art Glass Company Serie Alexandrite ab den 1950er Jahren in kleinen Serien lavendelfarbene Neodym Glasobjekte hergestellt Amethystfarbenes Neodym Glas wurde in Amerika auch in der Schmuckindustrie u a von Kramer of NY Eisenberg Weiss und Vogue verwendet 11 Rezeption BearbeitenGlasobjekte wie Vasen und Schalen aus Alexandrit Heliolit Prasemit und Royalit Glas finden sich heute in zahlreichen Sammlungen von internationalen Glas und Designmuseen u a im Moser Glasmuseum in Karlsbad im Museum fur Angewandte Kunst Wien Glasmuseum Hentrich Dusseldorf im Passauer Glasmuseum und im Brohan Museum in Berlin Kunstvoll geschliffene und mit SE Oxiden gefarbten Glasobjekte insbesondere aus der fruhen Zeit der Herstellung werden im Kunsthandel verhaltnismassig hoch gehandelt Fur geschliffene und polierte Glasobjekte vor allem aus Alexandrit Glas werden auf Kunstauktionen haufig Preise zwischen mehreren Hundert bis einigen Tausend Euro aufgerufen Literatur BearbeitenC Richard Bohm Die Darstellung der seltenen Erden Band 1 492 S 1905 Reprint 2020 ISBN 978 3 11 236381 2 C Richard Bohm Die Darstellung der seltenen Erden Band 2 483 S 1905 Reprint 2020 ISBN 978 3 11 236459 8 C Richard Bohm Die Verwendung der seltenen Erden Leipzig 1913 115 S Reprint 2021 ISBN 978 3 11 240350 1 Gary D Baldwin Moser Artistic Glass 1998 192 S ISBN 978 1 57080 038 2Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Antonin Langhamer The legend of Bohemian glass a thousand years of glassmaking in the heart of Europe 1 Auflage Tigris Zlin 2003 ISBN 80 86062 11 2 S 273 a b c Claudia Kanowski Margrit Brohan Glaskunst 1889 1939 Berlin 2010 ISBN 978 3 941588 03 5 S 167 C Richard Bohm Die Verwendung der Seltenen Erden Eine Kritische Ubersicht Walter de Gruyter GmbH Berlin Boston 2021 ISBN 978 3 11 240350 1 Metallborse Band 13 1923 S 1036 Stefan Ortel Fabienne und Marc Christoph Blaue Deckeldose Wasserbuffel mit Reiter Vallerysthal ab 1902 aus Alexandritglas Neodym Glas Ende 1920er Anfang 1930er Jahre Neodym und Cer Titan Glaser der Sammlung Ortel Pressglaskorrespondenz PK2008 2 07 S 297 301 a b c Stefan Ortel Fabienne und Marc Christoph Blaue Deckeldose Wasserbuffel mit Reiter Vallerysthal ab 1902 aus Alexandritglas Neodym Glas Ende 1920er Anfang 1930er Jahre Neodym und Cer Titan Glaser der Sammlung Ortel Pressglaskorrespondenz PK2008 2 07 S 299 Mineralienatlas Neodym Abgerufen am 29 Januar 2023 a b Stefan Ortel Fabienne und Marc Christoph Blaue Deckeldose Wasserbuffel mit Reiter Vallerysthal ab 1902 aus Alexandritglas Neodym Glas Ende 1920er Anfang 1930er Jahre Neodym und Cer Titan Glaser der Sammlung Ortel Pressglaskorrespondenz PK2008 2 07 S 298 Crystal Ball Article The Cambridge Colors Heatherbloom Abgerufen am 29 Januar 2023 Stefan Ortel Fabienne und Marc Christoph Blaue Deckeldose Wasserbuffel mit Reiter Vallerysthal ab 1902 aus Alexandritglas Neodym Glas Ende 1920er Anfang 1930er Jahre Neodym und Cer Titan Glaser der Sammlung Ortel Pressglaskorrespondenz PK2008 2 07 S 301 a b Judith van Buskirk Gugudan Neo Whatsis Glass Abgerufen am 29 Januar 2023 englisch Charles Bray Dictionary of glass materials and techniques 2 Auflage A amp C Black London 2001 ISBN 0 7136 5792 8 S 22 Stefan Ortel Fabienne und Marc Christoph Blaue Deckeldose Wasserbuffel mit Reiter Vallerysthal ab 1902 aus Alexandritglas Neodym Glas Ende 1920er Anfang 1930er Jahre Neodym und Cer Titan Glaser der Sammlung Ortel Pressglaskorrespondenz PK2008 2 07 S 300 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Seltene Erden Glaser amp oldid 233320034