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Klassifikation nach ICD 10E75 2 Sonstige SphingolipidosenICD 10 online WHO Version 2019 Gehirn bei Alexander Krankheit Autopsiefall eines vierjahrigen Jungen mit ubermassiger Grosse des Gehirns Makrozephalie und periventrikularer Entmarkung Die Alexander Krankheit Morbus Alexander ist eine seltene Erkrankung aus der Gruppe der Leukodystrophien Es handelt sich um eine genetisch bedingte Storung bei der eine fortschreitende Degeneration der Weissen Substanz von Gehirn und Ruckenmark auftritt Klinisch macht sich die Alexander Krankheit haufig bereits im Kleinkindesalter mit einer Verzogerung der psychomotorischen Entwicklung und einer Zunahme der Schadelgrosse bemerkbar Ursache der bei der Erkrankung auftretenden strukturellen Veranderungen der Stutzzellen des Gehirns Astrozyten und einer Entmarkung sind meist spontan auftretende dominante Mutationen des GFAP Gens das fur ein astrozytares Strukturprotein das saure Gliafaserprotein codiert Eine Heilung der Krankheit ist nicht moglich Erkrankte Kleinkinder uberleben in der Regel das sechste Lebensjahr nicht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtliche Aspekte 2 Epidemiologie 3 Klinisches Bild 4 Diagnostik 5 Pathologie 6 Genetik 7 Prognose und Therapie 8 Veterinarmedizin 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichtliche Aspekte BearbeitenBenannt wurde die Erkrankung nach dem neuseelandischen Pathologen William Stewart Alexander der als junger Arzt in London bei der Neuropathologin Dorothy Stuart Russell 1895 1983 den Sektionsfall eines 15 Monate alten Kindes aufgearbeitet hatte 1 und das Krankheitsbild 1949 erstmals beschrieb 2 Epidemiologie BearbeitenDie Mehrzahl der Krankheitsfalle tritt sporadisch auf also ohne familiare Haufung Bei der Mehrzahl der Patienten beginnt die Alexander Krankheit im Kleinkindesalter wobei Madchen etwas haufiger als Jungen zu erkranken scheinen Die Krankheit ist sehr selten und konnte bislang bei etwa 150 Patienten molekulargenetisch bestatigt werden 3 Klinisches Bild BearbeitenAbhangig vom Manifestationsalter lassen sich verschiedene Formen der Alexander Krankheit abgrenzen Die bei Kindern auftretende infantile Form ist am haufigsten Die Erkrankung macht sich im Alter von ungefahr sechs Monaten bemerkbar kann aber auch zwischen dem ersten und 24 Lebensmonat einsetzen Unspezifisches Leitsymptom bei betroffenen Kindern ist eine ausgepragte Storung der motorischen und geistigen Entwicklung Eine Vergrosserung des Schadels Makrozephalus und des Gehirns Makrozephalie Probleme beim Futtern Schluckstorungen Ataxie Spastizitat und Krampfanfalle konnen hinzutreten Die neonatale Form bei Neugeborenen zeigt den am raschesten fortschreitenden Verlauf mit der schlechtesten Prognose Die juvenile Form bei Jugendlichen verlauft milder die Patienten haben nicht immer eine Makrozephalie und die neurologischen Defizite treten spater auf Bei der adulten Form die bei Erwachsenen auftritt ist das Ausmass degenerativer Veranderungen der Weissen Substanz geringer und es steht haufig eine bulbare Symptomatik mit Schluck und Sprechstorungen im Vordergrund da der Hirnstamm besonders betroffen ist Myoklonien des Gaumensegels konnen auftreten 4 Diagnostik BearbeitenDie Erkrankung kann nicht klinisch diagnostiziert werden das heisst nicht alleine aufgrund einer korperlichen Untersuchung Vielmehr sind technische Untersuchungsverfahren notwendig Bis vor wenigen Jahren war ein bioptischer oder autoptischer Nachweis der fur die Alexander Krankheit charakteristischen pathologischen Veranderungen im Hirngewebe zur Diagnosesicherung notwendig Seit der Charakterisierung des verantwortlichen Gens werden in Verdachtsfallen zunehmend DNA Analysen durchgefuhrt Ebenso kann eine kernspintomografische Untersuchung des Gehirns die Abgrenzung gegenuber anderen Erkrankungen erlauben Bei den kindlichen Verlaufsformen wurden fur die Diagnosestellung folgende neuroradiologische Kriterien vorgeschlagen Ausgedehnte frontale Marklagerveranderungen Ein periventrikularer Saum in der T1 Wichtung signalintensiv Ein periventrikularer Saum in der T2 Wichtung signalarm Veranderungen in Basalganglien Thalamus und Hirnstamm Kontrastmittelanreicherung in bestimmten HirnregionenIn Anwesenheit von vier der funf Kriterien gilt die die Diagnose einer Alexander Krankheit als wahrscheinlich 5 Bei der adulten Form lassen sich eine Atrophie und Signalveranderungen im Bereich von Hirnstamm und Ruckenmark nachweisen 6 Pathologie Bearbeiten nbsp Histopathologie der Alexander Krankheit mit Nachweis zahlreicher plumper Rosenthal Fasern im periventrikularen Marklager Hamatoxylin Eosin gefarbtes Autopsiegewebe Vergrosserung 400 fach Die Alexander Krankheit ist primar eine Erkrankung der Astrozyten Stutzzellen des Gehirns Glia deren Intermediarfilament GFAP fehlerhaft gebildet wird Zusammengelagert mit anderen Proteinen bilden sich astrozytare Einschlusse die als Rosenthal Fasern bekannt sind Feingeweblich sind Rosenthal Fasern bei der Erkrankung im gesamten Zentralnervensystem Gehirn und Ruckenmark nachweisbar finden sich jedoch bevorzugt periventrikular und in der Umgebung von Blutgefassen Elektronenmikroskopisch zeigt sich eine enge Verbindung der Rosenthal Fasern mit Intermediarfilamenten Daruber hinaus findet sich bei Kindern eine mangelhafte Myelinisierung und bei alteren Patienten eine Entmarkung Dabei sind sowohl sensorische als auch motorische Nervenfasern betroffen Die Myelinisierungsstorung wird insbesondere bei kleinen Kindern haufig von einer Makrozephalie und manchmal von einem Hydrozephalus begleitet Das Verteilungsmuster der entmyelinisierten Areale stimmt nicht mit dem der Rosenthal Fasern uberein Myelinisierungsstorung und Faserbildung scheinen also voneinander unabhangige Manifestationen der Krankheit zu sein Es wird angenommen dass Veranderungen der Astrozyten sekundar zu einer Myelinisierungsstorung fuhren Genetik BearbeitenDie autosomal dominante Alexander Krankheit wird meist durch spontan auftretende Mutationen des GFAP Gens verursacht das fur ein astrozytares Intermediarfilament das saure Gliafaserprotein codiert 7 In etwa 94 der Falle lasst sich eine GFAP Mutation nachweisen wobei eine Vielzahl verschiedener Mutationen beschrieben worden sind Diese betreffen meist Veranderungen von Aminosaure Resten die evolutionar hoch konserviert und fur die Dimerisation der Proteine und Formation von Mikrofilamenten verantwortlich sind 8 9 Offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen der Art der genetischen Veranderung und der Auspragung der Erkrankung dem Phanotyp Patienten mit einer das Codon 79 betreffenden Punktmutation R79H sind im Allgemeinen weniger schwer erkrankt als Patienten bei denen das Codon 239 betroffen ist 9 Es sind einzelne Familien beschrieben worden in denen mehrere Kinder gesunder Eltern erkrankten 10 In diesen seltenen Fallen liegt vermutlich entweder ein autosomal rezessiver Erbgang vor oder ein Keimbahnmosaizismus mit Weitergabe der dominanten Mutation in Zellen der Keimbahn der gesunden Eltern Tatsachlich scheint die GFAP Mutation uberwiegend das vom Vater stammende Allel zu betreffen was eine Entstehung der Mutation wahrend der Spermienbildung nahelegt 11 Eltern betroffener Kinder ist darum bei fortbestehendem Kinderwunsch eine genetische Beratung empfohlen worden 9 Prognose und Therapie BearbeitenTrotz der Aufklarung der zugrunde liegenden Mutation war bislang keine Heilung moglich und die Behandlung der Alexander Krankheit war daher ausschliesslich symptombezogen und unterstutzend Kinder die die Alexander Krankheit als Kleinkinder entwickeln uberlebten in der Regel das sechste Lebensjahr nicht Laut einer neue Studie variiert der Krankheitsverlauf bei Diagnose im Kindesalter stark da sich vier Subtypen unterscheiden lassen 1a 1b 1c 1d mit je unterschiedlicher Prognose 12 Aktuell befindet sich ein Medikament zur Behandlung von Morbus Alexander in klinischer Studie 13 Daruber hinaus sind zwei Gentherapien in Entwicklung eine bei UMass Chan Medical School 14 und eine am San Raffael Telethon Institute for Gene Therapy 15 Veterinarmedizin BearbeitenEine Fibrinoide Leukodystrophie die klinisch der menschlichen Alexander Krankheit ahnelt ist als Einzelfallbeschreibung bei zwei Labrador Retrievern sowie je einem Scottish Terrier einem Zwergpudel und einem Berner Sennenhund beschrieben Die Falle traten zwischen dem Alter von 13 Wochen und neun Monaten auf und fuhrten zu progressiv schlimmer werdender Ataxie Die Prognose ist schlecht bis infaust 16 Literatur BearbeitenRodriguez Alexander disease In Orphanet Encyclopedia 2004 Ubersichtsarbeit Volltext als PDF Memento vom 17 November 2008 im Internet Archive Harding amp Surtees Metabolic and neurodegenerative disease of childhood In David I Graham u a Hrsg Greenfield s Neuropathology 7 Auflage Arnold London 2002 ISBN 0 340 74231 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Alexander Krankheit Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien ELA Europaische Vereinigung gegen Leukodystrophy Der Patientenverband bietet tiefergehende Information und vermittelt arztliche Ansprechpartner zu Morbus Alexander und anderen Leukodystrophien Alexander Krankheit In Online Mendelian Inheritance in Man englisch Alexander Krankheit in Orphanet Ressourcen zu Erforschung und Molekulargenetik der Alexander Krankheit der University of Wisconsin Madison Gabriele Eisenrieder Der Tod hat ein eigenes Zimmer Fallgeschichte Berliner Morgenpost vom 15 November 2008 Susanne Kailitz Bens Botschaft Fallgeschichte Die Zeit vom 19 Januar 2014 Einzelnachweise Bearbeiten Scolding Regenerating myelin In Brain 2004 127 S 2144 2147 PMID 11673315 Volltext Alexander Progressive fibrinoid degeneration of fibrillary astrozytes associated with mental retardation in a hydrozephalic infant In Brain 1949 72 S 373 381 PMID 15409268 Erstbeschreibung anhand dieser Bibliografie Memento vom 3 Dezember 2008 im Internet Archive Pareyson u a Adult onset Alexander disease a series of eleven unrelated cases with review of the literature In Brain 2008 131 Pt 9 S 2321 2331 PMID 18684770 van der Knaap u a Alexander disease diagnosis with MR imaging In AJNR Am J Neuroradiol 2001 22 3 S 541 552 PMID 11237983 Volltext Farina u a Can MR imaging diagnose adult onset Alexander disease In AJNR Am J Neuroradiol 2008 29 6 S 1190 1196 PMID 18388212 Brenner u a Mutations in GFAP encoding glial fibrillary acidic protein are associated with Alexander Disease In Nature Genetics 2001 27 S 117 120 PMID 11138011 Gorospe Alexander disease In Gene Reviews Volltext a b c Rodriguez u a Infantile Alexander disease spectrum of GFAP mutations and genotype phenotype correlation In Am J Hum Genet 2001 69 5 S 1134 1140 PMID 11567214 Wohlwill u a Dysmyelinogenic leukodystrophy report of a case of a new presumably familial type of leukodystrophy with megalobarencephaly In J Neuropathol Exp Neurol 1959 18 3 S 359 383 PMID 13665382 Li u a Propensity for paternal inheritance of de novo mutations in Alexander disease In Hum Genet 2006 119 S 137 144 PMID 16365765 Ylenia Vaia Eleonora Mura Davide Tonduti Type I Alexander disease Update and validation of the clinical evolution based classification In Molecular Genetics and Metabolism Band 138 Nr 3 1 Marz 2023 ISSN 1096 7192 S 107540 doi 10 1016 j ymgme 2023 107540 sciencedirect com abgerufen am 1 Juli 2023 A Study to Evaluate the Safety and Efficacy of ION373 in Patients With Alexander Disease AxD Abgerufen am 1 Juli 2023 amerikanisches Englisch End AxD funds UMass Chan gene therapy research for Alexander disease 31 Marz 2023 abgerufen am 1 Juli 2023 englisch Gene and neural stem cell therapy for lysosomal storage diseases HSR Research Abgerufen am 1 Juli 2023 englisch Fibrinoid leukodystrophy In Merck Veterinary Manual Abgerufen am 3 Juni 2011 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten nbsp Dieser Artikel wurde am 16 Februar 2009 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Alexander Krankheit amp oldid 235081038